Verwaltungsrecht

Gymnasialeignung nach Abschluss der Realschule

Aktenzeichen  7 CE 19.2143

Datum:
18.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6721
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BaySchO § 7 Abs. 2 S. 1
GSO § 7 Abs. 2 S. 4
VwGO § 123

 

Leitsatz

1. Eine einstweilige Anordnung, ein neues pädagogisches Gutachten zu erstellen, das die uneingeschränkte Eignung eines Realschülers für den Bildungsweg des Gymnasiums (§ 7 Abs. 2 Satz 4 GSO) bestätigt, kommt einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich und deshalb nur in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache wahrscheinlich ist. (Rn. 15 und 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Entscheidung über die Eignung eines Schülers für den Bildungsweg des Gymnasiums besteht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer pädagogischer Beurteilungsspielraum der Kassenkonferenz. Es ist nicht zu beanstanden, die bisherigen Noten bei dieser Beruteilung zu berücksichtigen.  (Rn. 17 und 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 E 19.1655 2019-09-27 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Erstellung eines pädagogischen Gutachtens, das ihm die uneingeschränkte Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums bescheinigt. Dies ist im Falle des Antragstellers Voraussetzung für die Aufnahme in eine Einführungsklasse, deren erfolgreicher Abschluss zum Eintritt in die Jahrgangsstufe 12 des Gymnasiums berechtigt.
Nachdem der Antragsteller zum Schuljahr 2014/2015 vom Gymnasium an die …Realschule Nürnberg (künftig: Realschule) gewechselt hatte, erlangte er im Schuljahr 2018/2019 den Abschluss der Mittleren Reife. Im Jahreszeugnis der 10. Klasse erzielte er einen Notendurchschnitt in den Vorrückungsfächern von 2,3. Die Abschlussprüfung der Realschule in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik und Physik absolvierte er mit einem Notendurchschnitt von 3,25. Zu Beginn des Jahres 2019 beantragten die Erziehungsberechtigten des Antragstellers für diesen bei der Schule die Erstellung eines pädagogischen Gutachtens zur Aufnahme in eine Einführungsklasse, deren erfolgreicher Abschluss zum Eintritt in die Jahrgangsstufe 12 des Gymnasiums berechtigt. Laut pädagogischem Gutachten vom 17. Juli 2019 ist die Klassenkonferenz einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass dem Antragsteller die uneingeschränkte Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums nicht bestätigt werden kann. Mit Bescheid vom 25. Juli 2019 wies die Realschule den Widerspruch gegen das Pädagogische Gutachten (im hier interessierenden Teil) zurück. Über die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht entschieden.
Den Antrag, im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller ein pädagogisches Gutachten zu erteilen, aus dem sich die uneingeschränkte Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums ergibt, lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 27. September 2019 ab. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Im Rahmen der Interessenabwägung sei den öffentlichen Interessen der Schule größeres Gewicht beizumessen. Die Entscheidung der Schule, dem Antragsteller die uneingeschränkte Eignung für das Gymnasium nicht zu bestätigen, erscheine unter Berücksichtigung der Vorläufigkeit des Verfahrens sowie des derzeitigen Verfahrensstands rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Insoweit seien auch die äußerst geringen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das Begehren, dem Antragsteller ein pädagogisches Gutachten mit der uneingeschränkten Eignung für das Gymnasium ausstellen zu lassen, gehe über das der prüfungsrechtlichen Fallkonstellation grundsätzlich adäquate Klageziel, eine erneute Bewertung und Begutachtung der Fähigkeiten und Leistungen des Antragstellers zu erwirken, hinaus und bedeute der Sache wie auch dem ausdrücklich formulierten Antragsbegehren nach eine Vorwegnahme der Hauptsache. Diese sei nur dann möglich, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der Hauptsache bestehe. Es müsse mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass bei Vermeidung festgestellter Fehler die erforderliche erneute Begutachtung zu dem gewünschten positiven Ergebnis führen werde. Daran fehle es hier. Die einstimmig getroffene Entscheidung der Klassenkonferenz, dass der Antragsteller nicht uneingeschränkt für den Bildungsweg des Gymnasiums geeignet sei, beruhe auf einer gerichtlich nur begrenzt nachprüfbaren pädagogischen Prognose. Die Kritik des Antragstellers erschöpfte sich im Wesentlichen darin, den Einschätzungen der Schule eine subjektive eigene Bewertung gegenüberzustellen, ohne Bewertungsfehler in tatsächlicher oder fachlicher Hinsicht aufzuzeigen. Die im Rahmen der drei Hauptkriterien im pädagogischen Gutachten „Merkmale des allgemeinen Lern- und Leistungsvermögens“, „Merkmale der Selbstkompetenz“ sowie „Merkmale des Lern- und Arbeitsverhaltens“ dargestellten Einzelbewertungen des Antragstellers seien geeignet, in konsistenter Weise das getroffene Gesamtergebnis zu tragen. Um die uneingeschränkte Eignung für das Gymnasium bestätigen zu können, hätte es einer wesentlich höheren Quote von Einzelbewertungen „trifft voll zu“ bedurft. Diese Bestnote sei jedoch nur in drei von 18 Einzelbewertungen erzielt worden. Ein Eingriff in das von der Klassenkonferenz selbst zugrunde gelegte Bewertungsgefüge sei nur gerechtfertigt, wenn das abschließende Ergebnis unhaltbar und nahezu willkürlich erscheine. Ein Blick auf das Jahreszeugnis zeige, dass der Antragsteller in den Fächern, die auch Gegenstand der Abschlussprüfung an der Realschule gewesen seien, lediglich einen Notendurchschnitt von 3,25 erzielt habe, der deutlich unter dem Leistungsniveau liege, welches nach § 7 Abs. 2 GSO einen unmittelbaren Wechsel in die 11. Jahrgangsstufe oder die Vorbereitungsklasse des Gymnasiums ermögliche.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. September 2019 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ein neues pädagogisches Gutachten mit der uneingeschränkten Eignung für das Gymnasium zu erteilen,
hilfsweise,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. September 2019 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller ein neues pädagogisches Gutachten mit einer uneingeschränkten Eignung für das Gymnasium zu erteilen.
Zur Begründung trägt er vor, der Antrag vom 27. August 2019, der auf die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners gerichtet gewesen sei, dem Antragsteller das begehrte pädagogische Gutachten zu erteilen, sei mit Schriftsatz vom 31. August 2019 dahingehend erweitert worden, dass hilfsweise eine vorläufige Erteilung des begehrten pädagogischen Gutachtens bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren beantragt werde. Bei diesem handle es sich um ein qualitatives Minus. Über diesen Hilfsantrag habe das Verwaltungsgericht nicht entschieden, obwohl es den Hauptantrag als unbegründet abgelehnt habe. Jedenfalls bei dem im Hilfsantrag formulierten Begehren liege keine Vorwegnahme der Hauptsache vor, weil die dem Antragsteller zugesprochene Rechtsposition nach einem erfolglos durchgeführten Klageverfahren wieder rückgängig gemacht werden könne. Infolgedessen sei der vom Verwaltungsgericht angelegte Maßstab an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs unrichtig. § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO sehe für den Wechsel in das Gymnasium zwei Alternativen vor, nämlich entweder das Erreichen eines Notendurchschnitts von 2,0 oder besser in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik im Abschlusszeugnis oder die Vorlage eines pädagogischen Gutachtens der in der Jahrgangsstufe 10 besuchten Schule, in dem die Eignung für das Gymnasium uneingeschränkt bestätigt werde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne bei der Entscheidung, ob der Antragsteller uneingeschränkt geeignet sei, deshalb nicht auf die in der Realschule und/oder die in der Abschlussprüfung erzielten Noten abgestellt werden.
Aufbau und Inhalt des pädagogischen Gutachtens erschöpften sich darin, dass drei Oberpunkte „Merkmale des allgemeinen Lern- und Leistungsvermögens“, „Merkmale der Selbstkompetenz“ und „Merkmale des Lern- und Arbeitsverhaltens“ durch Unterpunkte konkretisiert würden. Bei jedem der Unterpunkte existierten vier Möglichkeiten zur Bewertung im Bereich von „trifft voll zu“ bis hin zu „trifft nicht zu“. Die Bewertung des Antragstellers sei mit zwei Ausnahmen im ersten und zweiten Bereich, also mit „trifft voll zu“ und der nächstmöglichen Bewertungsstufe, die mit „trifft zu“ umschrieben werden könne, bewertet worden. Damit habe er 88,88% in diesen beiden Bewertungsstufen erreicht und sei damit uneingeschränkt geeignet.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Insbesondere sei das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller in der Hauptsache nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein würde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Sie werden zum Gegenstand dieser Entscheidung gemacht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung wird ergänzend ausgeführt:
Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Antragsteller entgegen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO keinen Anordnungsanspruch für sein Begehren glaubhaft gemacht hat. Die vom Antragsteller beantragte einstweilige Anordnung mit dem Inhalt, ein neues pädagogisches Gutachten zu erstellen, das die uneingeschränkte Eignung des Antragstellers für den Bildungsweg des Gymnasiums nach § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO bestätigt, kommt in der Sache einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich. Die Entscheidung über die Eignung des Antragstellers kann nur einheitlich und eindeutig sein, so dass mit einer von der Bewertung der Klassenkonferenz abweichenden Neubewertung deren Bewertung hinfällig würde. Eine Neubewertung kann – anders als ein Zeugnis – nicht vorläufig sein. Das Verlangen nach einer Neubewertung mit einem bestimmten Ergebnis – und sei es auch „nur“ eine vorläufige Neubewertung – ist stets auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Durch die Erteilung des begehrten pädagogischen Gutachtens mit dem Ausspruch uneingeschränkter Eignung für das Gymnasium würden Tatsachen geschaffen, die sich für den Fall des Unterliegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht mehr (vollständig) rückgängig machen ließen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Haupt- oder der Hilfsantrag in den Blick genommen wird, weil eine einstweilige Anordnung stets nur einen vorläufigen Zustand regelt (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht das Vorliegen einer Fallgestaltung verneint, die ausnahmsweise eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren gebieten würde. Das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache steht einer Anordnung nach § 123 VwGO dann nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v. 18.4.2013 – 10 C 9.12 – NVwZ 2013, 1344 Rn. 22). Letzteres ist nicht der Fall.
Die Entscheidung über die uneingeschränkte Eignung eines Schülers für den Bildungsweg des Gymnasiums im Rahmen eines pädagogischen Gutachtens nach § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO kann nicht aufgrund einer rein rechtlichen Subsumtion eines Sachverhalts unter einen gesetzlichen Tatbestand getroffen werden, sondern beruht auf einer komplexen Bewertung aller Leistungen und einer Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Schülers in Bezug auf seinen voraussichtlichen weiteren schulischen Erfolg (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2002 – 7 CE 02.2433 – juris Rn. 14; B.v. 22.12.1992 – 7 CE 92.3380 – juris Rn. 8 f.). Die Mitglieder der Klassenkonferenz müssen bei diesem wertenden Urteil und der darauf begründeten Prognose von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer fachlich-pädagogischen Tätigkeit erworben haben. Diese komplexen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen; sie könnten grundsätzlich auch mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht nicht ersetzt werden. Die spezifisch fachlich-pädagogische Entscheidung über die uneingeschränkte Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums muss daher der Letztentscheidungskompetenz der Klassenkonferenz überlassen bleiben. Insoweit steht ihr ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer pädagogischer Beurteilungsspielraum zu (vgl. BayVGH, U.v. 17.10.2003 – 7 B 02.2186 – juris Rn. 32). Die Entscheidungskompetenz der Klassenkonferenz ist allerdings nicht unbegrenzt. Ein Schüler hat auch in diesem Bereich einen Anspruch auf eine soweit wie möglich tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle.
Das Gericht hat daher zu prüfen, ob die Klassenkonferenz bei ihrer Entscheidung den Sinngehalt und Zweck der Eignungsbeurteilung nach § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO verkannt hat, ob sie frei von sachfremden, vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gedeckten Erwägungen entschieden hat – solche Erwägungen wären im rechtlichen Sinne als willkürlich anzusehen – und ob sie ihre pädagogische Wertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die – soweit notwendig – vollständig ermittelt wurden und einer sachlichen Überprüfung standhalten, soweit das im bezeichneten Rahmen möglich ist. Bestreitet ein Schüler diese Tatsachen und Feststellungen, auf denen die pädagogische Beurteilung der Klassenkonferenz beruht, so hat das Gericht dem nachzugehen. Schließlich muss die pädagogische Beurteilung in sich schlüssig und nachvollziehbar sein und darf den Erfordernissen rationaler Abwägung nicht widersprechen.
Gemessen daran spricht bei Würdigung des Beschwerdevorbringens (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) kein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass der vom Antragsteller verfolgte Anspruch auf Erteilung eines pädagogischen Gutachtens, das die uneingeschränkte Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums bestätigt, in der Hauptsache erfolgreich sein wird. Anhaltspunkte dafür, dass die Klassenkonferenz sachfremde Erwägungen angestellt hätte, sind nicht ersichtlich. Soweit der Antragsteller vorträgt, § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO normiere zwei Alternativen für einen Wechsel an das Gymnasium und es könne im Rahmen der 2. Alternative gerade nicht auf die an der Realschule erzielten Noten ankommen, kann er damit nicht durchdringen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 4 GSO ist Voraussetzung für die Aufnahme in eine Einführungsklasse ein Durchschnitt aus den Noten in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik von 2,0 oder besser im Abschlusszeugnis oder ein pädagogisches Gutachten der in der Jahrgangsstufe 10 besuchten Schule, in dem die Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums uneingeschränkt bestätigt wird. In Betracht kommt für den Antragsteller ersichtlich nur die zweite Alternative, da der in der ersten Alternative der Vorschrift erforderliche Notendurchschnitt nicht erfüllt wird. Dementsprechend wird im pädagogischen Gutachten die Beurteilung, ob ein Schüler uneingeschränkt geeignet für das Gymnasium ist, nach den Kriterien „Merkmale des allgemeinen Lern- und Leistungsvermögens“, „Merkmale der Selbstkompetenz“ und „Merkmale des Lern- und Arbeitsverhaltens“ getroffen. Die in diesem Bewertungssystem aufgeführten Kriterien sollen eine Feststellung dahingehend ermöglichen, in welchem Maße der Antragsteller über die für die gymnasiale Eignung erforderlichen Kriterien verfügt. Dass das Ergebnis der Bewertung jedenfalls teilweise seine Entsprechung in den Noten des Antragstellers findet, liegt auf der Hand. Insofern ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht feststellt, dass die von der Klassenkonferenz vorgenommene Bewertung als „nicht uneingeschränkt geeignet“ durch die vom Antragsteller in den Fächern Deutsch (Note 4), Englisch (Note 2), Mathematik (Note 4) und Physik (Note 3) erzielten Leistungen plausibilisiert wird und keinesfalls willkürlich erscheint.
Ebenso nicht durchdringen kann der Antragsteller mit seinem Vortrag, er habe bei den im pädagogischen Gutachten zu den Oberpunkten „Merkmale des allgemeinen Lern- und Leistungsvermögens“, Merkmale der Selbstkompetenz“ und „Merkmale des Lern- und Arbeitsverhaltens“ jeweils enthaltenen Unterpunkten, die eine 4-stufige Skala von „trifft voll zu“ bis hin zu „trifft nicht zu“ enthielten, bis auf zwei Ausnahmen die Bewertung „trifft voll zu“ und „trifft zu“ und damit mit einem Bewertungsergebnis von 88,88% in den beiden oberen Kategorien eine uneingeschränkte Eignung erhalten. Die Entscheidung über die uneingeschränkte Eignung des Antragstellers für den Bildungsweg des Gymnasiums ist Ausfluss des pädagogischen Beurteilungsspielraums der Klassenkonferenz (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 BaySchO), zu dem auch die Bewertung von Lern- und Arbeitsverhalten, der Selbstkompetenz und des Leistungsvermögens gehören (vgl. BayVGH, B.v. 11.9.2009 – 7 CE 09.2169 – juris Rn. 16). Welches Ausmaß an Einzelbewertungen mit dem Prädikat „trifft voll zu“ bzw. „trifft zu“ die Klassenkonferenz für erforderlich hält, um die uneingeschränkte Eignung bejahen zu können, ist deren Beurteilungsspielraum überlassen. Das von der Klassenkonferenz dieser Beurteilung im Vergleich zu anderen Schülern, die ebenfalls die Erteilung eines pädagogischen Gutachtens zum Zwecke der Aufnahme in die Einführungsklasse für das Gymnasium beantragt haben, zugrunde gelegte Bewertungsgefüge und die Einstufung des Antragstellers hierin ist keiner gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Unabhängig davon ist das Ergebnis des pädagogischen Gutachtens aber plausibel, da der Antragsteller lediglich dreimal (von 18 Einzelbewertungen) das höchste Prädikat erhalten hat, und sich damit seine uneingeschränkte Eignung für einen Wechsel an das Gymnasium jedenfalls nicht aufdrängt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers dient das Gutachten nicht nur dazu, die persönliche Entwicklung und das Verhalten eines Schülers zu dokumentieren, sondern es soll auch eine Prognose über die Leistungs- und Lernfähigkeit bzw. Lernwilligkeit eines Schülers ermöglichen. Die Behauptung des Antragstellers, aufgrund der individuellen Eigenschaften eines Kindes sei es naturgemäß so, dass keines bzw. lediglich ein geringer Bruchteil der Kinder über ein Verhalten „trifft voll zu“ verfüge und damit § 7 Abs. 2 Satz 4 Alt. 2 GSO nur ein geringer Anwendungsbereich verbleibe, ist nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).


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