Verwaltungsrecht

Häusliche Quarantäne, Enge Kontaktperson, Kindertagesstätte

Aktenzeichen  M 26b S 21.4663

Datum:
6.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 26847
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die 2016 geborene Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung häuslicher Quarantäne als enge Kontaktperson.
Die Antragstellerin besucht eine Kindertagesstätte in M.. In der Gruppe der Antragstellerin befinden sich ca. 25 Kinder.
Mit Schreiben der Beigeladenen vom 1. September 2021 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie nach der aktuellen Klassifizierung des Robert-Koch-Instituts und den Vorgaben des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege als enge Kontaktperson anzusehen sei und sich aufgrund dieser Mitteilung gemäß Ziffer 2.1.1.1 der dem Schreiben als Anlage beigefügten Allgemeinverfügung „Quarantäne von Kontaktpersonen und von Verdachtspersonen, Isolation von positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getesteten Personen“ (AV Isolation) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 14. April 2021, geändert durch Bekanntmachung vom 28. Mai 2021, unverzüglich bis einschließlich 10. September 2021 in Isolation begeben müsse.
Mit Schreiben vom 2. September 2021, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage und beantragte gleichzeitig:
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom gleichen Tag gegen den Bescheid der Landeshauptstadt München vom 01.09.2021 wird wiederhergestellt.
Mit Schreiben vom 3. September 2021 stellte die Antragstellerin klar, dass sich Klage und Antrag gegen den Freistaat Bayern als Urheber der Allgemeinverfügung richte.
Zur Begründung macht die Antragstellerin geltend, die Mitteilung stütze sich auf die AV Isolation vom 14. April 2021, obwohl diese bereits am Vortag durch eine Neuregelung ersetzt worden sei, die nach Nr. 10 der AV Isolation n.F. am 1. September in Kraft getreten sei.
Für die Gruppe der Antragstellerin sei mit gleichlautenden Bescheiden ohne jede sachliche Differenzierung und ohne Berücksichtigung des Einzelfalls pauschal für jedes Kind der Gruppe Quarantäne angeordnet worden. Lediglich Kinder, die in dem betroffenen Zeitraum nicht in der Einrichtung waren, seien ausgenommen worden. Die Bayerische Staatsregierung habe neuerdings die Direktive ausgegeben, im Interesse eines möglichst verlässlichen Schulunterrichts in Präsenz und zur Gewährleistung der Betreuung der Kinder in Kindertageseinrichtungen die Quarantäne mit Augenmaß anzuordnen und eine Quarantäne bei Fällen in Schulklassen und Kindertagesstätten möglichst auf wenige Fälle zu beschränken.
Für die Antragstellerin, die keinerlei Symptome aufweise, sei es bereits die 3. Quarantäneanordnung. Da sie bereits am 29. August 2021 durch die Kindertagesstätte darüber informiert worden sei, dass in ihrer Gruppe eine Infektion aufgetreten sei, habe sie bereits am 31. August 2021, das entspreche dem 5. Tag (nach dem angenommenen Kontakt zum Indexfall), einen PCR-Test mit negativem Ergebnis durchführen lassen. Da der Name des infizierten Kindes aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt worden sei, sei unbekannt, ob die Antragstellerin überhaupt Kontakt mit diesem gehabt habe.
Das Gesundheitsamt habe das ihm zustehende Ermessen hinsichtlich der Frage des „Ob“ und des „Wie lange“ der Quarantäne nicht ausgeübt, indem es eine Standardquarantäne von 14 Tagen schematisch für alle Kinder angeordnet habe, ohne dabei den Einzelfall differenziert zu betrachten und insbesondere die Kindesbelange zu berücksichtigen. Die Maßnahme sei unverhältnismäßig. Im Falle der Antragstellerin sei zu berücksichtigen gewesen, dass sie bereits wiederholt von Quarantänemaßnahmen betroffen sei. Sie dürfe trotz negativen PCR-Tests das Haus nicht verlassen, während z.B. eine Gartenparty ohne Abstand und Maske von 5.000 Schulkindern, die zuvor direkten Kontakt zu einem infizierten Kind gehabt hätten und sich am Vortag freigetestet hätten, möglich sei Das Kindeswohl sei außer Acht gelassen worden, da nicht abgewogen worden sei, dass jegliche Isolation der kindlichen Entwicklung und Psyche schade. Die Regelung in Ziffer 6.1.1 der AV Isolation n.F., wonach die Möglichkeit der Freitestung auf Schüler beschränkt sei, sei gleichheitswidrig, da es offenbar hierfür keine wissenschaftliche Rechtfertigung gebe, wie der Blick auf anderslautende Regelungen anderer Bundeländer zeige. Dieser Ermessensausfall sei nicht heilbar.
Mit Schreiben vom 3. September 2021 beantragt der Beklagte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei bereits unzulässig, da es sich bei der Mitteilung des Status als enge Kontaktperson nicht um einen Verwaltungsakt handle und die Isolationspflicht unmittelbar aus der AV Isolation folge. Gegen diese richte sich aber der Antrag nicht.
Die Antragstellerin sei als enge Kontaktperson quarantänepflichtig. Trotz des Versuches, zu einer gewissen Lockerung im Bereich der Kontaktpersonenermittlung zu gelangen, erfolge die Identifizierung als enge Kontaktperson gemäß der Begründung der AV Isolation weiterhin nach den fachlichen Kriterien des RKI durch das zuständige Gesundheitsamt.
Die Kategorien des Ermessens und des Ermessensfehlers seien auf die Einordnung als enge Kontaktperson durch das Gesundheitsamt der Beigeladenen nicht anwendbar, da es sich bei der Mitteilung der Kontaktpersoneneigenschaft um keinen Verwaltungsakt handle. Entscheidend sei, dass die Einordnung als Kontaktperson in Übereinstimmung mit den Vorgaben des RKI erfolge. Daher sei auch unschädlich, dass das Schreiben auf eine alte Fassung der AV Isolation Bezug nehme, da diese nicht Ermächtigungsgrundlage für die Mitteilung, sondern die Quarantäneanordnung selbst sei. Die Frage, wie oft ein Betroffener sich schon in Quarantäne befunden habe, sei für die Einordnung als Kontaktperson unerheblich.
Die AV Isolation sei rechtmäßig. Die unterschiedliche Regelung für Schulkinder und Kinder, die Kindertagesstätten besuchten, in Nr. 6.1.1 der AV Isolation n. F. sei sachlich aufgrund der zwischen diesen Gruppen bestehenden Unterschieden gerechtfertigt und in der Begründung zur AV Isolation n.F. dargestellt. Die besondere Bedeutung schulischer Bildung werde berücksichtigt. Infektionsrisiken, die sich durch das vorzeitige Ende der Quarantäne ergeben, könne adäquat durch die in § 13 Abs. 2 Satz 1 der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV) geregelte dreimal wöchentlichen Testung der Schülerinnen und Schüler begegnet werden, während § 14 Abs. 1 der 14. BayIfSMV vorsehe, dass noch nicht eingeschulte Kindern von der Einrichtung, die sie besuchen, 2 Tests pro Woche zur Verfügung gestellt würden. Eine Testobliegenheit, Testnachweispflicht bzw. Zugangsbeschränkung bei Nichtvorlage eines Testnachweises für Kindertagesstätten sei allerdings nicht geregelt. Ganz allgemein stünden im Übrigen sowohl Kinder bis zum 6. Geburtstag als auch noch nicht eingeschulte Kinder getesteten Personen gleich. Insofern sei bei Kindern, die Kindertagesstätte besuchten, keine vergleichbare Sicherheit wie bei Schülerinnen und Schülern im Falle eines vorzeitigen Quarantäneendes gegeben.
Die Beigeladene führt mit Schreiben vom 3. September 2021 aus, ihr sei am 27. August 2021 bekannt geworden, dass bei einer Mitarbeiterin der Kindertagesstätte, in der die Antragstellerin betreut werde, eine akute Infektion mit dem Coronavirus vorgelegen habe. Im Zuge der Prüfung habe sich ergeben, dass die betroffene Mitarbeiterin seit dem 25. August 2021 als infektiös anzusehen gewesen sei. An diesem Tag hätten sich zwei Gruppen der Kindertagesstätte, unter anderem die Gruppe der Antragstellerin, auf einem gemeinsamen Tagesausflug befunden. Dieser habe auch eine jeweils 90-minütige gemeinsame Anund Abfahrt per Bus umfasst. Die Kinder seien dabei zwar im Umfeld ihrer jeweiligen Gruppen geblieben, die betroffene Mitarbeiterin habe sich jedoch innerhalb des gesamten Busses bewegt. Vor dem Hintergrund einer unzureichenden Lüftungssituation, der Dauer der Fahrt und der Bewegung der Mitarbeiterin im gesamten Bus sei von einem Aufenthalt der anwesenden Kinder in einem gemeinsamen Raum mit der betroffenen Mitarbeiterin bei hoher Aerosolbildung über einen Zeitraum von mehr als 10 Minuten auszugehen, was nach den Richtlinien des RKI zwingend zu einer Einordnung aller Anwesenden als enge Kontaktpersonen führe.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen
II.
Die Auswechslung der ursprünglichen Antragsgegnerin, der jetzigen Beigeladenen, durch den jetzigen Beklagten ist eine zulässige Klageänderung, da das Gericht sie für sachdienlich hält. (§ 91 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Der nunmehr gegen den Freistaat Bayern als Erlasser der AV Isolation gerichtete Antrag ist gemäß §§ 88, 122 VwGO dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen die Allgemeinverfügung Isolation gerichteten Klage begehrt.
Die Antragstellerin wendet sich ausweislich ihrer Antragsbegründung gegen ihre Einstufung als enge Kontaktperson und die Anordnung der Quarantäne, die sie insbesondere für ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig hält. Da sich die Anordnung der Quarantäne aus der Allgemeinverfügung „Quarantäne von Kontaktpersonen und von Verdachtspersonen, Isolation von positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getesteten Personen“ (AV Isolation) vom 31. August 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 602), ergibt, die gemäß Art. 35 Satz 2 BayVwVfG Verwaltungsaktqualität besitzt, ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage statthaft. Die Mitteilung der Beigeladenen über die Einstufung der Antragsteller als enge Kontaktpersonen ist als unselbstständige Mitwirkungshandlung zur Allgemeinverfügung gemäß § 44a Satz 1 VwGO nicht selbständig anfechtbar. Nachdem sich sämtliche Pflichten des Betroffenen unmittelbar aus der Allgemeinverfügung ergeben und sich die Bedeutung der Mitteilung des Gesundheitsamts darin erschöpft, für den konkret Betroffenen die Allgemeinverfügung in Kraft zu setzen, geht die Mitteilung über die Einstufung als enge Kontaktperson als unselbstständige Verfahrenshandlung in der Allgemeinverfügung auf. Dementsprechend wird diese Einstufung in der Allgemeinverfügung als „Mitteilung“ und nicht als „Anordnung“ bezeichnet. Die Frage, ob die Einstufung als enge Kontaktperson zu Recht erfolgt ist, wird vom Gericht im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Allgemeinverfügung inzident geprüft.
2. Der so verstandene Antrag der Antragstellerin hat keinen Erfolg; er ist zulässig, aber unbegründet.
2.1 Der Antrag ist zulässig, er ist insbesondere statthaft, da nach § 28 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfalten.
2.2 Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung unter Abwägung des von der Behörde geltend gemachten Interesses an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und des Interesses des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung einer Klage. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Im vorliegenden Fall hat die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg, so dass das öffentliche Interesse am Vollzug der Anordnung das private Interesse der Antragstellerin überwiegt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich bei der Quarantäneanordnung um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
2.2.1 Rechtsgrundlage für die Quarantäneanordnung ist § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde unter anderem dann, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Sie kann gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG insbesondere die Absonderung von Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern anordnen (vergleiche zur Anwendung von § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG auf die häusliche Quarantäne: BayVGH, B.v. 6.11.2020 – 20 CS 20.2573 – beck online Rn. 14; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Oktober 2020 – 13 ME 386/20 -, Rn. 5, juris; Johann/Gabriel in BeckOK, Infektionsschutzrecht, Stand 1.7.2020, § 30 Rn. 5.1; a.A. Lindner in Schmidt, COVID-19, 2. Aufl. 2020, § 17 Rn. 79).
Aus dem Vorstehenden folgt im Übrigen auch zwingend, dass die Mitteilung der zu diesem Zeitpunkt veralteten Fassung der AV Isolation durch die Beigeladene keine rechtlichen Auswirkungen hat, da erstens die insoweit in Bezug genommenen Regelungen in Nr. 2.1.1.1 der alten und der neuen Fassung jeweils gleich lauten und zweitens die AV Isolation nicht die Ermächtigungsgrundlage für die Mitteilung, sondern die Quarantäneanordnung selbst enthält.
2.2.2 Die Anordnung der Quarantäne ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die Vorgaben des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG erfüllt. Danach sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Allgemeinverfügung Isolation erfüllt diese Anforderungen; sie ist umfangreich begründet, insbesondere wird darin dargelegt, weshalb im Falle der Identifikation als enger Kontaktfall durch das Gesundheitsamt eine Absonderung als erforderlich angesehen wird.
2.2.3 Die Anordnung der Quarantäne als enge Kontaktperson begegnet auch materiell-rechtlich keinen Bedenken.
Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Krankheitserreger im Sinne von § 2 Nr. 1 IfSG, der zur Lungenkrankheit COVID-19, einer übertragbaren Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG, führen kann und rechtfertigt daher grundsätzlich die Anordnung einer Quarantäne als Schutzmaßnahme. Insoweit folgt das Gericht der zutreffenden Begründung der AV Isolation und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Gemäß 2.1.1.1 i.V.m. Nr. 1.1 der AV Isolation haben sich enge Kontaktpersonen, d.h. Personen, denen vom Gesundheitsamt mitgeteilt wurde, dass sie aufgrund eines engen Kontakts zu einem bestätigten Fall von COVID-19 nach den jeweils geltenden Kriterien des Robert Koch-Instituts enge Kontaktpersonen sind, die ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, unverzüglich nach der Mitteilung des Gesundheitsamtes in Quarantäne zu begeben, sofern keine andere Anordnung der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erfolgt.
Enge Kontaktpersonen nach der geltenden Einstufung des Robert Koch-Instituts sind Ansteckungsverdächtige im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG und daher richtige Adressaten einer Schutzmaßnahme. Nach § 2 Nr. 7 IfSG ist ein Ansteckungsverdächtiger eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Letzteres anzunehmen, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Dafür ist es nicht erforderlich, dass sich die Aufnahme von Krankheitserregern „geradezu aufdrängt“; eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt aber nicht. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil (vgl. grundsätzlich BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, 3 C 16/11, BVerwGE 142, 205, juris Rn. 31). Für die vorzunehmende Risikoprognose gilt der allgemeine Grundsatz des Gefahrenabwehrrechts, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Bei der Risikoabschätzung ist also das Gewicht des drohenden Schadens bzw. des zu schützenden Rechtsguts wertend einzubeziehen.
Die Einordnung der Antragstellerin als enge Kontaktperson und damit als Ansteckungsverdächtiger begegnet keinen Bedenken. Nach den derzeit gültigen Kriterien des Robert Koch-Instituts, dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht und eine besondere Expertise eingeräumt hat, werden Personen als enge Kontaktpersonen mit erhöhtem Infektionsrisiko definiert, wenn ein enger Kontakt (kleiner 1,5 m, Nahfeld) länger als 10 Minuten ohne adäquaten Schutz, d.h. Fall und Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt einen Mund-Nasen-Schutz oder eine FFP2-Maske, bestand, wenn ein Gespräch mit dem Fall ohne adäquaten Schutz oder direkter Kontakt mit respiratorischem Sekret bestand oder wenn ein gleichzeitiger Aufenthalt von Kontaktperson und Fall im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand für mehr als 10 Minuten, auch wenn durchgehend und korrekt Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske getragen wurde.
Unter den beispielhaften Konstellationen für enge Kontaktpersonen sind optional, d.h. nach „Ermessen“ des Gesundheitsamtes, auch im Hinblick auf die Praktikabilität, genannt: Personen mit Aufenthalt mit dem bestätigten COVID-19-Fall in einem Raum (auch für eine Dauer von weniger als 10 Minuten) oder schwer zu überblickender Kontaktsituation (zum Beispiel Schulklassen, gemeinsames Schulessen, Gruppenveranstaltungen) und unabhängig von der individuellen Risikoermittlung (Robert Koch-Institut, Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen, Stand 11.08.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_ Coronavirus/Kontaktperson/Management.html).
Zu beachten ist hierbei, dass es sich bei dem Tatbestandsmerkmal „Ansteckungsverdächtiger“ und damit bei der fachlichen Einschätzung, ob jemand als enge Kontaktperson einzuordnen ist, um ein Tatbestandsmerkmal handelt, das der vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ein Beurteilungsspielraum kommt dem prüfenden Gesundheitsamt hierbei nicht zu, freilich reicht es aber aus, wenn die fachliche Einschätzung des Gesundheitsamts fachlich begründet und nachvollziehbar ist. Ein Ermessen im Rechtssinne ist dem Gesundheitsamt hierbei nicht eingeräumt, so dass insofern auch keine Ermessensfehler denkbar sind.
Die Beigeladene hat dargelegt, wonach die Antragstellerin als enge Kontaktperson einzuordnen ist. Im Zuge der Fallprüfung habe sich ergeben, dass eine Mitarbeiterin der betroffenen Kindertagesstätte seit dem 25. August 2021 als infektiös anzusehen gewesen sei. An diesem Tag hätten sich 2 Gruppen der Kindertagesstätte, unter anderem die Gruppe der Antragstellerin, auf einem gemeinsamen Tagesausflug befunden. Dieser habe auch eine jeweils 90-minütige gemeinsame Anund Abfahrt per Bus umfasst. Die Kinder seien dabei zwar im Umfeld ihrer jeweiligen Gruppen geblieben, die betroffene Mitarbeiterin habe sich jedoch innerhalb des gesamten Busses bewegt. Vor dem Hintergrund einer unzureichenden Lüftungssituation, der Dauer der Fahrt und der Bewegung der Mitarbeiterin im gesamten Bus sei von einem Aufenthalt der anwesenden Kinder in einem gemeinsamen Raum mit der betroffenen Mitarbeiterin bei hoher Aerosolbildung über einen Zeitraum von mehr als 10 Minuten auszugehen, was nach den Richtlinien des RKI zwingend zu einer Einordnung aller Anwesenden als enge Kontaktpersonen führe. Diese fachlichen Ausführungen sind nachvollziehbar und überzeugend und entsprechen den Vorgaben des RKI. Ihnen ist die Antragstellerin auch inhaltlich nicht entgegengetreten.
Dass die Antragstellerin bereits zum 3. Mal in Quarantäne gehen muss, kann und darf Beigeladene bei der Einstufung als enge Kontaktperson nicht als Entscheidungskriterium berücksichtigen.
2.2.4 Die Anordnung der Quarantäne steht im Ermessen der Behörde, welches gemäß § 114 VwGO gerichtlich überprüfbar ist. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, insbesondere liegt der gerügte Ermessensausfall nicht vor. Es handelt sich bei der Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 IfSG um eine Generalklausel, die die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet. Nur hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – also dem „wie“ des Eingreifens – ist der Behörde ein Ermessen eingeräumt. Die Behörde muss ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Generalklausel im Interesse des effektiven Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausüben. Dass der Antragsgegner diesen Anforderungen ausreichend gerecht geworden sein dürfte, zeigt die umfangreiche Begründung der AV Isolation mit den dort angestellten Erwägungen, auf die es im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich ankommt, da die AV Isolation als allgemeinverfügender Verwaltungsakt Gegenstand der Anfechtungsklage ist (so im Ergebnis auch VG Regensburg B. v. 11.11.2020 – RN 14 E 20.2714, BeckRS 2020, 30558, Rn. 30). Dagegen kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Mitteilung der Beigeladenen an, dass die Antragstellerin als Kontaktperson einzuordnen ist und sich deshalb in Isolation zu begeben hat, da diese kein Ermessen beinhaltet, sondern auf einer fachlichen Einschätzung des Ansteckungsverdachts auf der Tatbestandsseite der Rechtsgrundlage basiert.
Die Anordnung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; sie ist insbesondere auch hinsichtlich der Länge nicht zu beanstanden.
Nach der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts vom 17. August 2021 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) steigen die Fallzahlen im Bundesgebiet nach einem deutlichen Rückgang im 2. Quartal nun wieder rasch an. Die Zahl der Todesfälle befindet sich aktuell auf niedrigem Niveau. Die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus evtl. auch intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steigt allerdings derzeit wieder an. Es lassen sich zunehmend weniger Infektionsketten nachvollziehen, Ausbrüche treten auf. Neben der Fallfindung und der Nachverfolgung der Kontaktpersonen bleiben die individuellen infektionshygienischen Schutzmaßnahmen weiterhin von herausragender Bedeutung (Kontaktreduktion, AHA + L und bei Krankheitssymptomen zuhause bleiben). Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen. In den letzten Wochen ist es zu einem raschen Anstieg des Anteils von Infektionen mit der Delta-Variante gekommen, die inzwischen die dominierende Variante in Deutschland ist. Aufgrund der leichten Übertragbarkeit dieser Variante und der noch nicht ausreichenden Impfquoten muss mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den nächsten Wochen gerechnet werden. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland daher insgesamt weiterhin als hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat eingeschätzt.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Anordnung einer Isolation (Quarantäne) erheblich in die Grundrechte der Antragstellerin, insbesondere in die Bewegungsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG) eingreift und zudem das Familienleben einer erheblichen Belastung aussetzt ist. In Anbetracht des gewichtigen Ziels der Pandemiebekämpfung und des damit verfolgten Schutzes von Leben und Gesundheit der Bevölkerung und des Funktionierens des staatlichen Gesundheitssystems erweist sich die Quarantäneordnung dennoch als verhältnismäßig.
Die Quarantäneanordnung dient einem legitimen Zweck. Das Isolieren von Erkrankten und die Nachverfolgung von Kontaktpersonen ist seit Beginn des Corona-Geschehens in Deutschland eine zentrale Säule der Bekämpfungsstrategie. Die Quarantäneanordnung ist geeignet, Infektionsketten zu unterbrechen und der Ausbreitung der Pandemie entgegenzuwirken. Sie ist auch erforderlich, dieses Ziel zu erreichen. Da die Nachverfolgung und Isolation von Kontaktpersonen eine wesentliche Säule der Pandemiebekämpfung darstellt, ist ein milderes, aber ebenso wirksames Mittel in der derzeitigen Situation nicht ersichtlich. Die getroffene Anordnung ist auch angemessen. Dem Eingriff in die Rechte der Antragstellerin steht der Schutz von Gesundheit und Leben der Allgemeinheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), insbesondere demjenigen von Risikopatienten, sowie der Schutz des öffentlichen Gesundheitssystems vor einer Überlastung bei ungehinderter Ausbreitung des Infektionsgeschehens gegenüber. Angesichts der hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben, der möglichen gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines möglichen erneuten Anstiegs von Infektionen und Erkrankungen einer Vielzahl von Personen ist der Eingriff trotz seiner Intensität als angemessen zu bewerten.
Zur Rolle von Kindern im Rahmen der Pandemie stellt das Robert Koch-Institut in seinem Epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html, Stand 14.7.2021) Folgendes fest: In Studien, in denen Kontaktpersonen von infektiösen Personen untersucht wurden, zeigte sich bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen meist eine geringere Empfänglichkeit. Kinder im Kindergartenalter waren weniger empfänglich für eine Infektion mit SARS-CoV-2 als Kinder im Schulalter. Untersuchungen von Ausbrüchen in Kitas, die dem Infektionsgeschehen in Haushaltsituationen vorangingen, ergaben, dass Kinder eine höhere Empfänglichkeit und Infektiosität gegenüber VOC Alpha zu haben scheinen, als dies beim bisherigen Wildtyp der Fall gewesen war. Die Infektiosität im Kindesalter wurde bisher selten untersucht und kann daher nicht abschließend bewertet werden. Insgesamt scheinen Kinder weniger infektiös zu sein als Erwachsene. Auf Basis von Haushaltsuntersuchungen gibt es jedoch Hinweise darauf, dass die Empfänglichkeit und Infektiosität von mit der Alpha-Variante infizierten Kindern im Kindergartenalter im Vergleich zu den vorher zirkulierenden Varianten angestiegen ist.
Somit ist davon auszugehen, dass auch Kinder im Kindergartenalter zum Infektionsgeschehen beitragen und damit eine konsequente Umsetzung der Quarantänemaßnahmen zur Unterbrechung von Infektionsketten geboten ist.
Nach alledem bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Quarantäneanordnung.
2.2.5 Auch die voraussichtliche Dauer der Quarantäne von 14 Tagen und die Erforderlichkeit eines negativen Testergebnisses zu deren Beendigung ist nicht zu beanstanden. Nach Nr. 6.1.1 der AV Isolation endet grundsätzlich bei allen engen Kontaktpersonen, ausgenommen Schüler, die häusliche Quarantäne, wenn der enge Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall mindestens 14 Tage zurückliegt, während der Isolation keine für COVID-19 typischen Krankheitszeichen aufgetreten sind und eine frühestens 14 Tage nach dem letzten Kontakt durchgeführte Testung (Nukleinsäuretest oder Antigentest, durchgeführt durch medizinische Fachkräfte oder vergleichbare, hierfür geschulte Personen) ein negatives Ergebnis zeigt, mit dem Vorliegen des negativen Testergebnisses. In anderen Fällen entscheidet die zuständige Kreisverwaltungsbehörde über das Ende der Quarantäne.
Der Bemessung der Quarantänedauer liegt die Inkubationszeit von in den meisten Fällen maximal 14 Tagen zugrunde (Robert-Koch-Institut, Kontaktpersonennach Verfolgung bei SARS-CoV-2 Infektionen, 1.1 Allgemeine Hinweise; Stand 11.08.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html); dass insofern auf die maximale Inkubationszeit und nicht etwa den Medianwert abgestellt wird, ist unter präventiven Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, zumal das infektiöse Zeitintervall bei symptomatischem Krankheitsverlauf bei mindestens 14 Tagen nach Symptombeginn, bei asymptomatischem Krankheitsverlauf bei mindestens 14 Tagen nach der Probennahme für den positiven Labornachweis liegt (Robert Koch-Institut, a. a. O.). Eine Beendigung der Quarantäne nach sieben Tagen aufgrund eines negativen Testergebnisses bei dem Antragsteller zu 1 kommt daher nicht in Betracht, da der Antragsteller aufgrund der genannten Inkubationszeit auch später noch erkranken kann. Die Forderung eines negativen Testergebnisses am Ende der Quarantänezeit findet seine Rechtfertigung in der Überlegung, dass damit ausgeschlossen werden kann, dass ein Betroffener etwa gegen Ende der Quarantänezeit – ggf. auch asymptomatisch – an COVID-19 erkrankt, nach Ablauf der Quarantänezeit unerkannt infektiös ist und so die Gefahr der Ansteckung weiterer Personen besteht. Daher scheidet auch eine frühere Freitestung des Erkrankten aus.
Nachdem hier ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen der letzte Kontakt zwischen Antragstellerin und Quellfall am 27. August 2021 stattgefunden hat, ergibt sich, wie von der Beilgeladenen mitgeteilt, ein Quarantäneende für den 10. September 2021.
Der Vortrag, dass die Antragstellerin als Besucherin einer Kindertagesstätte gegenüber Schülern, die sich nach Nr. 6.1.1 der AV Isolation in der neuen Fassung nach fünf Tagen freitesten können, ungleich behandelt werde, führt nicht zur Annahme eines Gleichheitsverstoßes durch die angefochtene Regelung der Quarantänedauer. Der Antragsgegner verweist insoweit auf die Begründung der AV Isolation n.F. zu Nr. 6.1, wo ausgeführt ist, dass „angesichts der besonderen Bedeutung schulischer Bildung gerade auch in Form von Präsenzunterricht sowie den bisherigen Belastungen der Schülerinnen und Schüler seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 eine Verkürzung der Quarantänedauer auf fünf Tage möglich [ist]. Auch wenn die Inkubationszeit grundsätzlich bis zu 14 Tagen beträgt, ist eine Verkürzungsmöglichkeit auf fünf Tage zur Erreichung von Bildungsgerechtigkeit und zur Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs vertretbar. Um auch den Interessen des Infektionsschutzes gerecht zu werden, wird die 14. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ein umfassendes Testkonzept an bayerischen Schulen vorsehen, das im Fall eines positiven Infektionsfalles in einer Klasse für die Schülerinnen und Schüler der betroffenen Klasse ausgeweitet werden kann“.
Diese Begründung, die die insoweit maßgeblichen Ermessenserwägungen des Antragsgegners enthält, hält einer rechtlichen Nachprüfung stand. Die Ungleichbehandlung von Kindergarten- und Schulkindern ist durch das Vorliegen sachlicher Gründe gerechtfertigt. Zwar dürften die Gruppen der Kindergarten- und Schulkinder, zumindest im Grundschulalter, aus infektiologischer Sicht vergleichbar sein, da beide Gruppen etwa gleich stark infektionsgefährdet sind und Kinder im Kindergartenalter sogar weniger empfänglich für eine Infektion mit SARS-CoV-2 als Kinder im Schulalter sein könnten (s. oben S. 15). Allerdings dürften Kleinkinder nach der Lebenserfahrung anderseits wiederum weniger zuverlässig im Einhalten allgemeiner Hygienemaßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung sein. Es dürfte aber vom Zweck der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt sein, wenn der Antragsgegner die Ziele der Verwirklichung von Bildungsgerechtigkeit und die Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs zur Rechtfertigung von Regelungen, die Schüler gegenüber Kindergartenkindern bevorzugen, heranzieht. Nach § 28a Abs. 6 Sätze 2 und 3 IfSG sind bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit vereinbar ist. Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht zwingend erforderlich ist. Die Schule ist ein gesellschaftlicher Bereich, dessen möglichst reibungsloses Funktionieren angesichts des staatlichen Bildungsauftrages und der Verantwortung des Staates für das Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG) von besonderer Bedeutung ist, wodurch es gerechtfertigt ist, dass für diesen Bereich gewisse infektiologisch vertretbare Erleichterungen bestehen. Dies ist insbesondere auch im Hinblick darauf ermessensgerecht, dass der Antragsgegner in § 13 der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14.BayIfSMV) vom 1. September 2021 für den Bereich der Schule ein umfassendes Testkonzept regelt. So ist die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung Schülerinnen und Schülern grundsätzlich nur erlaubt, wenn sie drei Mal wöchentlich einen Testnachweis erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. Dagegen besteht im Bereich von Kindertageseinrichtungen ein solch engmaschiges Testkonzept gerade nicht, wie ein Blick auf § 14 der 14. BayIfSMV zeigt. In Kindertageseinrichtungen sind lediglich pro Betreuungswoche zwei Tests in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 anzubieten oder die kostenlose Abholung von zwei Selbsttests in den Apotheken zu ermöglichen. Eine Testobliegenheit für nicht eingeschulte Kinder beim Besuch einer Kindertagesstätte besteht demnach gerade nicht.
Nachdem sich die Quarantäneanordnung einschließlich der voraussichtlichen Dauer und der bestehenden Testpflicht am Ende der Quarantänezeit somit aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweist, war der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes und Ziffer 1.5 Satz 1 das Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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