Verwaltungsrecht

Jugendhilfe – Inobhutnahme eines Säuglings

Aktenzeichen  M 18 S 20.4482

Datum:
2.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26148
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
FamFG § 151
SGB VIII § 42

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die gerichtliche Anordnung der Herausgabe ihres Sohnes an sie.
Die Antragstellerin ist Mutter eines am … geborenen Sohnes M. Zwei weitere Kinder der Antragstellerin (geb. 2015 und 2016) wurden in Polen in Obhut genommen und leben bei Pflegefamilien.
Nachdem der Antragsgegnerin bekannt wurde, dass die Antragstellerin wieder schwanger war, wurde bereits im Vorfeld mit der Antragstellerin vereinbart, dass sie nach der Geburt des Kindes Unterstützung durch eine Kinderkrankenschwester als Hilfe zur Erziehung erhalten solle.
Die Antragstellerin beantragte mit Formblatt datiert vom 18. August 2020 Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII. Auf dem Formblatt finden sich als weitere Angaben, dass die Hilfe für ein halbes Jahr ab 18. August 2020 im Umfang von 15 Stunden pro Woche einschließlich vier Hausbesuchen wöchentlich erfolgen solle (Blatt … der Behördenakte).
Im Folgenden wurde die Hilfe offenbar gewährt und die ambulante Kinderkrankenpflege … mit der Leistung beauftragt; ein entsprechender Genehmigungsbescheid findet sich in der vorgelegten Behördenakte nicht.
Mit E-Mail vom 15. September 2020 teilte die Antragstellerin der ambulanten Kinderkrankenpflege mit, dass sie die Kinderkrankenschwester nicht mehr weiter empfangen und jegliche Gespräche zum Aufklären nicht möchte. Dazu sei ihrer Meinung nach ein Familiengericht zuständig. Es habe wenig mit Mitarbeitern zu tun. Sie strebe ein eigenständiges Leben an und hoffe trotzdem auf die Unterstützung, damit ihr ihr Sohn nicht weggenommen werde.
Nachdem die ambulante Kinderkrankenpflege diese E-Mail an die Antragsgegnerin weiterleitete, wurde entsprechend einem undatierten Aktenvermerk der Antragsgegnerin (Blatt … der Behördenakte) vereinbart, dass vorerst die ambulante Kinderkrankenpflege versuche, Kontakt zu Antragstellerin zu halten. Als fachliche Bewertung wird festgehalten, dass ohne fachliche Unterstützung durch die ambulante Kinderkrankenpflege nicht sichergestellt werden könne, dass das Neugeborene adäquat versorgt und betreut werde.
In weiteren wiederum undatierten Aktenvermerken (Blatt … der Behördenakte) wird festgehalten, dass die ambulante Kinderkrankenpflege keinen Kontakt mehr zur Kindsmutter aufbauen habe können und sich ernsthaft Sorgen um das Wohl des Kindes mache. In Rücksprache und nach Sichtung einer Videointeraktion von Mutter und Kind sehe die ambulante Kinderpflege eine klare und akute Gefährdung von M., sodass eine mündliche § 8a Meldung erfolge. Bereits während der Betreuung hätten sich die Auffälligkeiten/Probleme bei der Antragstellerin und im Umgang mit ihrem Sohn gemehrt. Als Beispiel seien zu nennen: körperliche Anspannung von. M., insbesondere auf dem Arm der Antragstellerin, marmorierte Haut, Vermeidung des Blickkontakt mit der Mutter durch Abwendung des Köpfchens, sehr zögerliche Aufnahme und kaum Halten des Blickkontakt, wenn dieser von den betreuenden Fachkräften initiiert worden sei, ernste Gesichtsausdruck, flache Mimik, Schluckauf, wenig Interesse an der Umwelt, Säugling werde mehrere Sekunden mit dem Gesicht auf das Kopfkissen gelegt (Sauerstoffmangel), Feuchttücher würden mehrfach benutzt, Hungersignale des Kindes fehlinterpretiert.
Die Antragsgegnerin nahm daraufhin den Sohn der Antragstellerin am … 2020 in Obhut und übergab ihn einer Bereitschaftspflege. Entsprechend dem undatierten Aktenvermerk (Blatt … der Behördenakte) wurde nach der Inaugenscheinnahme des Wohnumfelds und des Kindes durch die Mitarbeiter der Antragsgegnerin festgestellt, dass die Art des Umgangs von der Antragstellerin mit ihrem neugeborenen Sohn, die Fehlinterpretation seiner kindlichen Grundbedürfnisse und die mangelnde Fähigkeit der Kindesmutter zur Empathie darauf schließen ließen, dass die Kindesmutter nur unzureichend auf eine intuitive elterliche Kompetenz zurückgreifen könne. Das Kind zeige bereits nach wenigen Wochen deutliche Anzeichen einer beginnenden Resignation und Apathie. Die Kindesmutter habe eine eigene Priorisierung von Notwendigkeiten und stelle ihre Interessen und Anliegen über die lebensnotwendigen Bedürfnisse des Kindes. Aufgrund der psychischen Auffälligkeiten der Kindesmutter, deren fehlender Kooperationsbereitschaft, Hilfen anzunehmen, sowie dem Abbruch der Unterstützung durch die Kindesmutter sei die vorläufige Inobhutnahme erforderlich gewesen.
Der Antragstellerin wurde im Rahmen der Inobhutnahme eine Elterninformation zur Inobhutnahme sowie eine Information zur Kostenbeitragspflicht persönlich übergeben. Die Antragstellerin verweigerte die Bestätigung der Übergabe der Informationen und erklärte, mit der Inobhutnahme nicht einverstanden zu sein (Blatt … ff. der Behördenakte).
Mit E-Mail der Antragstellerin vom 19. September 2020 an die Antragsgegnerin widersprach diese nochmals der Inobhutnahme und führte insbesondere aus, dass sie Probleme mit der Kinderkrankenschwester gehabt habe. Sie stille ihren Sohn, kuschle viel mit ihm und sei stets voller Liebe und Zuwendung. Die Behauptungen der Kindertagespflege seien falsch, auch die untersuchenden Ärzte würden bestätigen, dass ihr Sohn vollkommen gesund sei, sie und ihr Sohn möchten nur Ruhe und nicht dauernd kontrolliert werden. Sie sei bereit zu kooperieren und erkenne die Problematik; sie werde aber alles dagegen tun, wenn auf Gefühlen und ihrer Erziehungsfähigkeit herumgetrampelt werde.
Mit Schreiben datiert vom 15. September 2020, bei Gericht eingegangen am 19. September 2020, beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München sinngemäß,
ihr Kind unverzüglich an sie herauszugeben.
Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass die erhobenen Vorwürfe nicht berechtigt seien. Sie habe den ganzen Tag und Nacht gelitten, dass ihr Sohn nicht mehr bei ihr sei. Ihre Brust sei voller Milch. Sie habe vorgeschlagen, eine andere ambulante Pflege einzurichten, dies habe das Jugendamt nicht hören wollen. Sie hätten ihr keine Möglichkeit gegeben sich zu verteidigen, seien unruhig gewesen und hätten nur noch mit Kind schnell wieder weg wollen. Sie habe sich von ihrem Kind nicht verabschieden können. Die Geburtsklinik und die Kinderärzte würden bestätigen, dass aus ihrer Sicht alles passe.
Als Anlage waren eine ärztliche Bescheinigung im Hinblick auf eine Milchstauung sowie ein psychiatrisches Facharztgutachten vom … beigefügt. Darin wird ausgeführt, dass das Gutachten auf Ersuchen der Antragstellerin im Hinblick auf ihre psychische Gesundheit und Erziehungsfähigkeit erstellt worden sei. Zusammenfassend wird festgestellt, dass zum Untersuchungszeitpunkt keinerlei Hinweise auf eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis oder eine affektive Störung gefunden worden seien. Bezüglich des Lebenslaufes und der Selbsteinschätzung der Antragstellerin ergebe sich der Verdacht auf eine abhängige (asketische) Persönlichkeitsstörung. Es handle sich dabei um eine persönliche Reizakzentuierung, bei der die Betroffenen ihre eigenen Bedürfnisse unter die anderer Personen unterordnen würden. Trotz der vorhandenen leichten psychischen Auffälligkeiten sei die Antragstellerin in der Lage mit entsprechender institutioneller Unterstützung ihre Kinder zu erziehen. Eine bewusste Schädigung der Kinder durch die Antragstellerin könne ausgeschlossen werden. Des Weiteren wurden die Behandlungsberichte der Geburtsklinik vorgelegt sowie der Untersuchungsbericht der U3-Untersuchung vom … 2020 des behandelnden Kinderarztes, nach dem als Gesamtergebnis keine Auffälligkeiten festgestellt wurden.
Am 21. September 2020 sprach die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin vor. Gemäß einer internen E-Mail (Blatt … der Behördenakte) habe die Antragstellerin einer Maßnahme nach § 19 (gemeint SGB VIII) zugestimmt. Ihr vorrangiges Motiv sei jedoch, ihren Sohn bei sich zu haben. Einen pädagogischen Hilfebedarf sehe sie nicht oder nur sehr eingeschränkt. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie für sich und gegenüber der Einrichtung einen klaren Hilfebedarf benennen solle, um überhaupt aufgenommen zu werden. Die Antragstellerin sei vor allem gegen Ende des Gesprächs versöhnlich erschienen und habe Ansätze der Bereitschaft zur Zusammenarbeit gezeigt.
Mit Schreiben vom 22. September 2020 regte die Antragsgegnerin beim Amtsgericht München – Familiengericht – eine schnellstmögliche Anhörung zur Einschränkung der elterlichen Sorge nach § 1666 BGB im Rahmen einer einstweiligen Anordnung an. Die ambulante Kinderkrankenpflege übermittelte der Antragsgegnerin am 22. September 2020 die schriftliche Meldung der Kindeswohlgefährdung.
Mit E-Mail vom 23. September 2020 wandte sich eine Mitarbeiterin der … an die Antragsgegnerin und bat unter Vorlage einer Schweigepflichtsentbindung durch die Antragstellerin darum, mitzuteilen unter welchen Bedingungen seitens der Kinder- und Jugendhilfe eine Rückführung des Kindes akzeptiert werde. Die Antragstellerin sei durchaus bereit, zu kooperieren und Hilfe bei der Erziehung des Kindes in Anspruch zu nehmen. Sie habe bereits Kontakt mit einer Einrichtung aufgenommen; hier wäre noch zu klären, ob diese 5-Stunden-Betreuung in der Woche prinzipiell für eine Rückführung ausreichen würden.
Die Antragstellerin übersandte dem Gericht im Folgenden umfangreich weitere Unterlagen, darunter ein Fotokonvolut mit Fotografien von sich und dem Säugling sowie kinderärztliche Behandlungsberichte.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 24 September 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Inobhutnahme rechtmäßig erfolgt sei, da das Wohl des Kindes dringend gefährdet gewesen sei. Es sei zu befürchten gewesen, dass das Wohl des Kindes aufgrund der bereits bestehenden gravierenden Vernachlässigung noch weiter beeinträchtigt werden würde. Die Art des Umgangs der Antragstellerin mit ihrem neugeborenen Sohn, die Fehlinterpretation seiner kindlichen Grundbedürfnisse und ihre mangelnde Fähigkeit zur Empathie ließen darauf schließen, dass die Antragstellerin nur unzureichend auf eine intuitive elterliche Kompetenz zugreifen könne. Das Kind zeige bereits nach wenigen Wochen deutliche Anzeichen einer beginnenden Resignation und Apathie. Die Antragstellerin habe eine eigene Priorisierung von Notwendigkeiten und stelle ihre Interessen und Anliegen über die lebensnotwendigen Bedürfnisse ihres neugeborenen Sohnes. Ohne adäquate und längerfristige fachliche Unterstützung sei eine dauerhafte psychische und physische Beschädigung des Kindes zu befürchten.
Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass am … September 2020 Umgangskontakte der Antragstellerin mit ihrem Sohn stattgefunden hätten. Dabei habe die Einrichtung beobachtet, dass der Säugling, nachdem die Antragstellerin ihren Sohn auf den Arm genommen habe, dieselben Anzeichen wie in der Gefährdungsmeldung beschrieben gezeigt habe. Sein Arm sei erschlafft, er habe ein resigniertes, beginnendes apathisches Verhalten gezeigt. Man habe dies bemerkenswert gefunden, da der Säugling ein solches Verhalten am Wochenende bei der Bereitschaftspflege kein einziges Mal gezeigt habe. Im Umgang mit ihrem Sohn habe die Aufmerksamkeit der Antragstellerin immer wieder auf ihren Sohn gelenkt werden müssen, da sie immer wieder mit verschiedenen Themen angefangen und nicht den Umgang mit ihrem Sohn priorisiert habe.
Am 25. September 2020 legt die Antragsgegnerin die Behördenakte vor.
Das Gericht bat in Telefonaten am 25. September 2020 bei der Antragsgegnerin um Vorlage weiterer, nicht in der Akte befindlichen Unterlagen bis zum 28. September 2020.
Die Antragsgegnerin teilte am 28. September 2020 telefonisch mit, dass ihr erst jetzt der Beschluss des Amtsgerichts München vom 23. September 2020 vorliege und übermittelte diesen per Telefax. In dem Beschluss des Amtsgerichts München – Familiengericht – wird der Antragstellerin das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen und das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen für das Kind M., geboren am … 2020, vorläufig entzogen. Soweit die Rechte entzogen wurden, wurde die Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Rechte auf das Stadtjugendamt München übertragen.
Mit Schreiben vom 28 September 2020 forderte das Gericht daraufhin die Antragstellerin auf, ihren Antrag zurückzunehmen, da diesem nunmehr aufgrund der Entscheidung des Familiengerichts das Rechtsschutzbedürfnis fehle.
Die Antragstellerin legte weitere Unterlagen vor und bat in weiteren Schreiben an das Familiensowie Verwaltungsgericht um schnellstmögliche Entscheidung.
Mit Telefax vom 30. September 2020 übermittelte die Antragsgegnerin einen Bescheid vom 30. September 2020, in dem die am 18. September 2020 mündlich verfügte und bekannt gegebene Inobhutnahme schriftlich bestätigt (Ziffer 1 des Bescheides) sowie unter Ziffer 2 des Bescheides festgestellt wurde, dass die sofortige Vollziehung der Inobhutnahme am 18. September 2020 mündlich angeordnet worden sei. In den Gründen wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Inobhutnahme vorgelegen hätten. Die Summe der im einzelnen angeführten Gefährdungen hätten für ein neugeborenes Kind im Alter von vier Wochen lebensbedrohliche Auswirkungen, die eine sofortige Inobhutnahme erforderlich gemacht hätten. Eine Kooperationsbereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit und Annahme von Hilfe habe nicht bestanden. Vielmehr hätte die Antragstellerin die Hilfe endgültig abgebrochen. Insofern habe zum Zeitpunkt der mündlichen Bekanntgabe der Inobhutnahme eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes bestanden. Aufgrund der Dringlichkeit des Einschreitens habe mit der rechtzeitigen Entscheidung des Familiengerichts nicht gerechnet werden können. Mildere Mittel sei nicht ersichtlich gewesen. Bisherige Bemühungen, Angebote von Leistungen und Hilfen seien nicht mit ernstlichem Willen zu Veränderungen angenommen worden und daher ausgeschieden. Bei einem gemeinsamen Gespräch am 22. Juli 2020 habe die Antragstellerin ebenfalls die ihr angebotene und empfohlene Hilfe einer Unterbringung gemäß § 19 SGB VIII kategorisch abgelehnt.
Zur Begründung der sofortigen Vollziehung wird im Bescheid ausgeführt, dass der Schutz des Kindes keinen zeitlichen Aufschub geduldet habe. Im Gefahrenabwehrrecht könnten die Interessen, die Voraussetzungen für den Erlass eines Verwaltungsaktes sein, zugleich die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen. Dies gelte auch und gerade für die Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII, zumal Voraussetzung der Inobhutnahme das Vorliegen einer dringenden Gefahr sei. Insofern sei auf die oben genannten Gründe zu verweisen.
Es wurde mitgeteilt, dass der Bescheid der Antragstellerin am nächsten Tag per Boten persönlich übergeben werden solle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Behördenakte sowie die vorgelegten Unterlagen der Antragstellerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.
Das Gericht legt die Anträge der Antragstellerin gemäß §§ 122, 88 VwGO sachgerecht dahingehend aus, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Inobhutnahme sowie die Herausgabe des Kindes M. an sich begehrt.
Der Antrag ist unzulässig, mindestens unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessensabwägung. Sofern der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen ist, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen, § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.
Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts fehlt der Antragstellerin aufgrund der vorläufigen Entziehung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung für ihren Sohn M. für das vorliegende Verfahren zumindest hinsichtlich der Herausgabe ihres Sohnes an sie das Rechtsschutzbedürfnis.
Soweit ein Rechtsschutzbedürfnis im Übrigen anzunehmen sein sollte (s.u.), überwiegt zumindest das Interesse der Antragstellerin an einer (unbedingten) Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung nicht.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO; über die Rechtmäßigkeit einer Inobhutnahme entscheidet ausschließlich das Verwaltungsgericht und nicht das Familiengericht (st. Rspr., vgl. OVG NW, B.v. 11.9.2019 – 12 B 1020/12; OLG Frankfurt, B.v. 22.1.2019 – 4 WF 145/18; OVG Lüneburg, B.v. 18.9.2009 – 4 LA 706/07 – jeweils juris).
Im Rahmen der Inobhutnahme ist zwischen dem form- und fristfreien Widerruf der Zustimmung zur Inobhutnahme, der dazu führt, dass nach § 42 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII unverzüglich eine Entscheidung des Familiengerichts über die für die Zukunft erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen ist, und dem Widerspruch nach § 70 VwGO der zur Überprüfung der Inobhutnahme führt, zu unterscheiden. Die Antragstellerin hat der Inobhutnahme spätestens mit der vorliegenden Antragstellung, welche an die Antragsgegnerin weitergeleitet wurde, schriftlich im Sinne des § 70 VwGO widersprochen.
Die Inobhutnahme stellt für die Antragstellerin einen belastenden Verwaltungsakt gemäß § 31 S. 1 SGB X dar (vgl. Wiesner in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 42 Rn. 67, 68a). Der Verwaltungsakt der Inobhutnahme wird gemäß §§ 37 Abs. 1, 39 Abs. 1 SGB X mit seiner Bekanntgabe an die Sorgeberechtigten, die gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X auch mündlich erfolgen kann, wirksam.
Unabhängig von der im vorliegenden Eilverfahren bestehenden Antragsbefugnis der Antragstellerin (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 9.1.2017 – 12 CS 16.2181; VG Würzburg, B.v. 28.7.2020 – W 3 S 20.894 – jeweils juris) fehlt jedoch zumindest dem Antrag auf Herausgabe des Kindes an die Antragstellerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis.
Auch der vorläufige Rechtsschutz erfordert ein Rechtsschutzbedürfnis (Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 123 Rn. 34). Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Inanspruchnahme des Gerichts (Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, vor § 40 Rn. 11). Es ist in jeder Lage eines Verwaltungsrechtsstreits zu prüfen und ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Antragsteller sein Ziel auf andere Weise schneller und einfacher erreichen könnte, wenn selbst ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt.
Zwar ist mit der Entscheidung des Amtsgerichts München – Familiengericht – vom 23. September 2020 die Inobhutnahme nicht beendet, sondern stellt diese auch weiterhin die Rechtsgrundlage für die Wegnahme des Kindes der Antragstellerin dar (vgl. VG Würzburg, B.v. 28.7.2020 – W 3 S 20.894 – juris). Allerdings kann das Gericht die Herausgabe des Kindes an die Antragstellerin nicht wirksam anordnen, da damit in die Rechte der durch das Familiengericht angeordneten Ergänzungspflegschaft eingegriffen würde. Verfahren, die die Kindesherausgabe betreffen, sind gemäß § 151 Nr. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) den Familiengerichten zugewiesen (vgl. Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, SGB VIII § 42 Rn. 47, beck-online). Der Antrag beim Verwaltungsgericht geht daher ins Leere, die Antragstellerin kann beim Verwaltungsgericht keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erreichen. Das Verwaltungsgericht kann auch Beschlüsse des Familiengerichtes weder überprüfen noch ändern. Dies kann ausschließlich über familienrechtlichen (Eil-)Verfahren erfolgen, sodass die Antragstellerin hierauf zu verweisen ist.
Das Gericht sieht daher vorliegend – unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme – keinen Raum für einen stattgebenden Beschluss insbesondere mit der Verpflichtung zur Herausgabe des Kindes M. an die Antragstellerin, sodass das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist und der Antrag als unzulässig abzuweisen ist.
Im Übrigen wäre der Antrag auch als unbegründet abzuweisen, da das Gericht zwar die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs gegen die Inobhutnahme als offen beurteilt, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung jedoch nur mit einer Maßgabe möglich erscheint, der wiederum die familiengerichtliche Entscheidung entgegensteht.
Das Gericht kann im Ergebnis offen lassen, ob auch bei Vorliegen eines das Sorgerecht wesentlich einschränkenden vorläufigen Beschlusses des Familiengerichts – wie vorliegend – im Übrigen noch Raum für eine stattgebende Entscheidung im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO besteht und damit von der Zulässigkeit des Antrags (im Übrigen) auszugehen ist (so nunmehr VG Würzburg, B.v. 28.7.2020 – W 3 S 20.894 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 9.1.2017 – 12 CS 16.2181- jeweils juris [jedoch im Ergebnis ohne Stattgabe, so dass die in einem solchen Fall auszusprechende mögliche Tenorierung offen bleibt]; Kirchhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. Stand: 11.08.2020, § 42 SGB VIII, Rn. 91_1; a.A. Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, SGB VIII § 42 Rn. 47, beck-online; differenzierend OVG NW, B.v. 11.9.2012 – 12 B 1020/12 – juris; Lauterbach, Die Inobhutnahme im Spannungsfeld zwischen Kinder- und Elternrecht, JAmt 2014, 10, beck-online). Denn der Antrag ist zumindest unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Verwaltungsakte grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Eine Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 1 SGB VIII wird vom Tatbestand des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 VwGO nicht umfasst, die aufschiebende Wirkung entfällt daher auch nicht ausnahmsweise kraft Gesetzes. Im Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hat dem gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO die Begründung schriftlich zu erfolgen (VG Würzburg, B.v. 5 6.2018 – W 3 S 18.745 – juris Rn. 23 m.w.N.; OLG Frankfurt, B.v. 22.1.2019 – 4 WF 145/18 – juris – Leitsatz 2, Rn. 15). Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85). Zwar mögen bei Maßnahmen die zur Abwehr von Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter dienen und die grundsätzlich nur in akuten Gefährdungssituationen in Betracht kommen – wie der Inobhutnahme (vgl. OVG MV, B.v. 26.4.2018 – 1 LZ 238/17 – juris, Leitsatz, Rn. 6) – die Anforderungen zur Begründung des besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses deutlich geringer sein, dennoch können sie nicht völlig entfallen.
Die Inobhutnahme stellt sich auch nicht als Notstandsmaßnahme im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO dar, die die Begründungspflicht insgesamt entfallen lässt. Ein Notstand liegt vor, wenn für ein bedeutsames Rechtsgut Gefahr in Verzug besteht. Der bundesrechtliche und prozessuale Begriff des „Gefahrenverzugs“ muss aus dem Zusammenhang der Einzelregelungen des § 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgelegt werden. Gefahr ist nur dann „im Verzug“, wenn deren Abwendung keinen Aufschub duldet, wenn also gerade durch das Fertigen der an sich regelmäßig erforderlichen formellen Rechtfertigung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zweck des Verwaltungsakts vereitelt zu werden droht (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 23.11.1992 – 2 M 148/92 – juris Rn. 13 m.w.N.). Die Befreiung von der Begründungspflicht für Notstandsmaßnahmen soll folglich dazu dienen, eine Behörde im Fall eines Notstands umgehend handeln zu lassen. Selbst wenn im Zeitpunkt der Inobhutnahme ein solcher Notstand vorgelegen haben sollte, ist diese spätestens nach der erfolgten Inobhutnahme entfallen und die Behörde in der Lage, umgehend die Anordnung des Sofortvollzuges zu begründen.
Die Antragsgegnerin hat vorliegend erstmals mit Bescheid vom 30. September 2020 den Sofortvollzug schriftlich begründet. Erst mit diesem Zeitpunkt konnte die mündlich erklärte Inobhutnahme damit wirksam für sofort vollziehbar erklärt werden. Bis dahin kam dem umgehend erfolgten Widerspruch der Antragstellerin gegen die Inobhutnahme damit kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu. Vollzieht die Behörde einen Verwaltungsakt trotz aufschiebender Wirkung einer Klage bzw. eines Widerspruchs, liegt ein Fall der sogenannten faktischen Vollziehung vor. In diesem Fall kann das Gericht die (bereits bestehende) aufschiebende Wirkung zwar nicht anordnen, es kann jedoch nach § 80 Abs. 5 VwGO analog feststellen, dass der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat (VG Würzburg, B.v. 28.7.2020 – W 3 S 20.894 – juris Rn. 43 ff; B.v. 5.6.2018 – W 3 S 18.745 – juris Rn. 24 m.w.N).
Das Gericht weist insoweit ergänzend darauf hin, dass auch in der der Antragstellerin im Rahmen der Inobhutnahme übergebenen Elterninformation vom 18. September 2020 keine wirksame Begründung des Sofortvollzugs gesehen werden kann. Denn in dieser Erklärung werden die konkreten Gründe für die Inobhutnahme nicht ausgeführt, sondern die Inobhutnahme ausschließlich mit der qualifizierten Meldung durch die ambulante Kinderkrankenpflege begründet, ohne dass diese Meldung im Weiteren dargelegt wurde.
Nachdem zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts der Sofortvollzug nunmehr wirksam bergründet wurde, hat das Gericht im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes gegen die Inobhutnahme summarisch zu beurteilen.
Im Rahmen dieser summarischen Prüfung hat das Gericht zwar Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme, sieht eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung jedoch nur mit der Maßgabe der Fortsetzung der ursprünglich installierten Jugendhilfemaßnahme als ermessensgerecht. Eine solche Maßgabe kann jedoch auf Grund des familiengerichtlichen Beschlusses derzeit nicht wirksam ausgesprochen erden, so dass der Antrag abzuweisen war.
Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ist das Jugendamt berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Die Inobhutnahme stellt sich als wesentlicher Eingriff in das grundrechtlich gemäß Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht dar (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2017 – 12 CS 16.2181 – juris Rn. 4 ff.). Sie kommt bei Widerspruch der Personensorgeberechtigten nur in akuten Gefährdungssituationen in Betracht, die eine abwartende Entscheidung des Familiengerichts nicht erlauben; sie ist ultima ratio (vgl. OVG M-V, B.v. 26.4.2018- 1 LZ 238/17 – juris).
Darüber hinaus erscheint eine Inobhutnahme nur dann als erforderlich und verhältnismäßig, sofern nicht andere Maßnahmen, insbesondere auch öffentliche Hilfen, zur Verfügung stehen, die nicht bzw. weniger in das Elternrecht nach Art. 6 GG eingreifen (vgl. LPK-SGB VIII/Jan Kepert, 7. Aufl. 2018 Rn. 27, SGB VIII § 42 Rn. 27).
Nachdem die Antragstellerin in ihrer E-Mail vom 15. September 2020 an die ambulante Kinderkrankenpflege die weitere Inanspruchnahme der Jugendhilfemaßnahme verweigerte, bestand unzweifelhaft für die Antragsgegnerin Handlungsbedarf. Allerdings irritiert bereits, dass die Antragsgegnerin nach dem Abbruch der Jugendhilfemaßnahme durch die Antragstellerin ausschließlich die ambulante Kinderkrankenpflege veranlasst hat, nochmals mit der Antragstellerin Kontakt aufzunehmen und nicht selbst das nachdrückliche Gespräch mit der Antragstellerin unter Darlegung der andernfalls erfolgenden Konsequenzen bei Abbruch der Jugendhilfemaßnahme, nämlich ggf. der Einschaltung des Familiengericht (worauf die Antragstellerin im Übrigen sogar selbst in ihrer E-Mail hingewiesen hat) bzw. einer Inobhutnahme, gesucht hat. Insoweit ergeben sich auch aus den Aktenvermerken keine Hinweise darauf, dass zumindest unmittelbar vor der Inobhutnahme ein solches Gespräch mit der Antragstellerin gesucht wurde; was diese in ihren Stellungnahmen an das Gericht auch abstreitet und vielmehr von einem sehr raschen Vorgehen berichtet.
Selbst wenn man zugrunde legt, dass aufgrund der zunächst lediglich mündlich vorliegenden Gefährdungsmeldung durch die betreuende Einrichtung von einer akuten Gefährdungssituation auszugehen war, die das Abwarten einer vorrangigen familiengerichtlichen Entscheidung nicht zu lies, dürfte dies jedoch spätestens am 21. September 2020, als die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin vorsprach und sich entsprechend dem internen Vermerk der Antragstellerin zu der Weiterführung der bisher installierten Jugendhilfemaßnahmen bzw. zusätzlicher Maßnahmen bereit erklärte, entfallen sein. Auch im Folgenden hat die Antragstellerin mehrfach sowohl gegenüber der Antragsgegnerin als auch dem Gericht erklärt, dass sie wieder zur Aufnahme der Jugendhilfemaßnahme bereit sei. Aus den Akten ergeben sich nach summarische Prüfung keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der umfangreichen Unterstützung der Antragstellerin durch die Hilfe zur Erziehung für das Kind eine solche akute Gefährdungssituation vorliegen würde, die ein umgehendes Einschreiten ohne Einschaltung des vorrangig zuständigen Familiengerichts rechtfertigen könnte. In den bis zur Entscheidung über die Inobhutnahme vorliegenden Aktenvermerken wird insoweit jeweils lediglich ausgeführt, dass ohne fachliche Unterstützung durch die ambulante Kinderkrankenpflege nicht sichergestellt werden könne, dass das Neugeborene adäquat versorgt und betreut wird. Hingegen erfolgte, solang die Jugendhilfemaßnahme durchgeführt wurde, keinerlei Information an die Antragsgegnerin, dass trotz dieser installierten Maßnahme mit einer Gefährdung des Säuglings zu rechnen sei. Das Gericht bezweifelt daher insbesondere auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen, dass eine solche akute Gefährdungssituation des Säuglings unter weiterer Installation der Jugendhilfemaßnahme gegeben war. Die Antragsgegnerin kann sich nicht ausschließlich darauf zurückziehen, die weitere Klärung über das Familiengericht herbeizuführen und die Antragstellerin mit der Suche einer geeigneten sie begleitenden Einrichtung beauftragen, ohne sie dabei konkret zu unterstützen.
Das Gericht hat daher nach summarische Prüfung zum vorliegenden Zeitpunkt unter Zugrundelegung der ernsthaften Bereitschaft der Antragstellerin zur Wiederaufnahme der ursprünglich eingerichteten Jugendhilfemaßnahme Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme. Im Rahmen der Ermessensentscheidung könnte jedoch – unabhängig von der Entscheidung des Familiengerichts – die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Inobhutnahme nur unter der Maßgabe erfolgen, dass die Jugendhilfemaßnahme fortgesetzt wird. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ohne eine solche Maßgabe erscheint nicht möglich.
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit der Maßgabe, dass die Jugendhilfemaßnahme fortgesetzt wird, kommt jedoch wiederum mangels Rechtsschutzinteresses nicht in Betracht. Denn der Antragstellerin wurde mit Beschluss des Familiengerichts vom 23. September 2020 auch das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen vorläufig entzogen, so dass sie der Maßgabe derzeit nicht nachkommen kann.
Der Antrag war daher zum jetzigen Zeitpunkt insgesamt abzulehnen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.


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