Verwaltungsrecht

Kein Anordnungsanspruch wegen fehlender Konkurrenzsituation infolge unterschiedlicher Bewährungszeiten

Aktenzeichen  3 CE 17.1264

Datum:
20.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3
LlbG LlbG Art. 17 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
BayDG BayDG Art. 7 Abs. 2, Art. 8 Abs. 2

 

Leitsatz

Üben Antragsteller und Bewerbungskonkurrent einen nach A 9 bis A 11 gebündelten Dienstposten aus, und hat der Konkurrent im Verhältnis zum Antragsteller ein um eine Besoldungsstufe niedrigeres statusrechtliches Amt inne, kann sich eine Konkurrenzsituation um ein später jeweils angestrebtes Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A 11 auf absehbare Zeit infolge der noch anstehenden Bewährungszeiten nicht ergeben. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 17.1304 2017-05-23 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluss verwiesen wird, hat den beantragten Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil der Antragsgegner keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht habe. Der Beigeladene könne auf dem streitbefangenen Dienstposten keinen Bewährungsvorsprung erlangen, da es vorliegend nicht um die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens im Sinne eines Beförderungsdienstpostens gehe, der nur unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes vergeben werden dürfe, sondern um eine reine Dienstpostenkonkurrenz. Die hiergegen von der Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
Der Antragsgegner hat in der Beschwerdeerwiderung darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zum 1. Mai 2017 auf den streitgegenständlichen Dienstposten bestellt worden ist, und hält die Beschwerde deshalb für unzulässig. Der Antragsteller hat die Beschwerde daraufhin nicht für erledigt erklärt, sondern beantragt, nunmehr nicht nur zu untersagen, dass die ausgeschriebene Stelle als Dienstgruppenleiter bei der PI 22 München-Bogenhausen einem anderen Bewerber übertragen wird, sondern auch, dass die Übertragung der Stelle vorläufig rückgängig zu machen sei, solange über die Bewerbung des Antragstellers nicht bestandskräftig entschieden sei.
Unabhängig davon, ob die Beschwerde sowie die Antragsänderung zulässig sind, hat die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bietet die umstrittene Stelle weder für den Antragsteller noch für den Beigeladenen eine Beförderungsmöglichkeit, denn beide Beamte hätten einen Dienstposten inne, der mit A 09/11 bewertet sei und daher eine Beförderung bis A 11 zulasse, also demselben Statusamt, mit dem auch der mit A 11/00 ausgeschriebene Dienstposten bewertet sei, sodass mit der Übertragung des Dienstpostens weder ein beruflicher Aufstieg noch eine Statusänderung verbunden sei. Dagegen wendet der Antragsteller ein, das Verwaltungsgericht verkenne die Bedeutung einer reinen Dienstpostenkonkurrenz sowie den Anknüpfungspunkt des Statusamts für die Frage, ob es sich um Beförderungsbewerber handle. Die ausgeschriebene Stelle sei für beide Bewerber ein Beförderungsdienstposten. Dass diese im Zeitpunkt ihrer Bewerbung jeweils Bündelungsdienstposten innegehabt hätten, ändere hieran nichts. Bei Ausschreibungen müsse, sofern sich die Behörde darauf festlege, dass der Leistungsgrundsatz Anwendung finden solle, dieser hier auch zur Anwendung kommen, weil beide Bewerber das Statusamt A 11 noch nicht erreicht hätten. Der Beigeladene werde auf dem Dienstposten Erfahrungen sammeln, die als Bewährungsvorsprung später nicht mehr ausgeklammert werden könnten.
Damit kann der Antragsteller nicht durchdringen. Die vorliegend umstrittene Frage, aus welcher Perspektive sich beurteilt, ob ein Beförderungsdienstposten vorliegt, wenn die Bewerber jeweils einen Bündelungsdienstposten innehaben, begründet – selbst wenn man den Rechtsstandpunkt des Antragstellers zugrunde legt – nicht für sich genommen schon die Dringlichkeit der Sache (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 53). Diese Frage, bei deren Beurteilung der Senat nicht an die Einschätzung der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und höheren Dienstes der Bayerischen Polizei vom 20. August 1997 i.d.F. vom 31. März 2003 (Bestellungsrichtlinien – RBestPol) gebunden ist, die einerseits in Nr. 2 ausdrücklich ausführen, dass ein Dienstposten mit Bandbreitenwirkung (z.B. A 9/11) niederwertiger ist, als ein Dienstposten, der nur mit dem oberen Wert des Dienstpostens (hier A 11) bewertet ist, andererseits in Nr. 2.1 den Grundsatz aufstellen, dass die bewerbende Person – Eignung für den Dienstposten vorausgesetzt – den Vorrang haben soll, deren Besoldungsamt am Ende der Ausschreibungsfrist dem Wert des Dienstpostens am nächsten steht, wobei bei Dienstposten mit Bandbreitenwirkung (z.B. A 9/11) der obere Wert (in diesem Fall A 11) maßgebend sein soll, kann offenbleiben.
Der Beigeladene hat im Verhältnis zum Antragsteller ein um eine Besoldungsstufe niedrigeres statusrechtliches Amt inne (ersterer A 9, letzterer A 10), so dass sich eine Konkurrenzsituation um ein später jeweils angestrebtes Beförderungsamt der Besoldungsgruppe A 11 auf absehbare Zeit nicht ergibt. Ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 kann dem Antragsteller mit seiner derzeitigen Beurteilung erst nach einer Bewährungszeit von 45 Monaten gerechnet ab seiner Beförderung zum Oberkommissar am 1. Mai 2015 übertragen werden. Der Beigeladene könnte nach einer – soweit dem Senat ersichtlich noch nicht erfolgten – Beförderung nach A 10 bei bestmöglicher Beurteilung (16 bis 12 Punkte) frühestens 36 Monate später nach A 11 befördert werden (Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 LlbG, Nummer 4.6.1 der Beförderungsrichtlinien für die Beamten und Beamtinnen der Bayerischen Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz vom 21. Januar 2014 – BefRPolVS). Vor dem Hintergrund, dass die Vergabe des Dienstpostens an den Beigeladenen im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache ohne weiteres wieder rückgängig gemacht werden könnte, da der Beigeladene wie jeder andere Beamte auch keinen Anspruch auf ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn hat und jedenfalls bei großen Behörden wie der Bayerischen Polizei anderweitige konkret-funktionelle Dienstposten hierfür zur Verfügung stehen, ergibt sich keine Eilbedürftigkeit der Sache. Der Anordnungsgrund fehlt sowohl für die ursprünglich beantragte Sicherungsanordnung als auch für die in der Beschwerdeinstanz begehrte Regelungsanordnung, die erfolgte Dienstpostenbesetzung vorläufig wieder rückgängig zu machen.
2. Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass der Antragsteller auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Insoweit genügt es nicht, dass sich der Antragsteller auf den Bewerbungsverfahrensanspruch, den verfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatz sowie darauf beruft, die wesentlichen Auswahlerwägungen müssten schriftlich fixiert sein. Der Antragsgegner hatte sich zunächst darauf gestützt, dass dem Antragsteller in der aktuellen dienstlichen Beurteilung keine Führungseignung zuerkannt worden ist. Insoweit ist es in Anbetracht des Umstands, dass inzwischen zum zweiten Mal die Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße gegen den Antragsteller verhängt worden ist (Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums Oberpfalz vom 25. Januar 2017), nicht nachvollziehbar, wenn der Antragsteller behauptet, diese Beurteilung sei nicht mehr hinreichend aktuell. Zwar steht die Verhängung einer Geldbuße bei Bewährung einer Beförderung des Beamten nicht entgegen (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BayDG i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Indes fehlt es sowohl an einer Feststellung dieser Bewährung, noch könnte behauptet werden, aus dem Dienstvergehen vom 26. September 2016 könne nicht auf einen Eignungsmangel für den angestrebten Dienstposten geschlossen werden, da dem Antragsteller gerade ein Versagen in seiner Vorbildfunktion als stellvertretender Dienstgruppenleiter vorgehalten wurde. Die Einwände gegen die im Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums München vom 2. Februar 2017 angestellten Auswahlerwägungen, die bei einem Vorsprung von zwei Punkten im Gesamturteil des nur mit einer Probezeitbeurteilung versehenen Beigeladenen gegenüber der aktuellen dienstlichen Beurteilung des Antragstellers auf die innere Ausschöpfung der Beurteilungen hinsichtlich der doppelt gewichteten Einzelmerkmale Teamverhalten, Entschlusskraft/Entscheidungsfreude/Verantwortungsbereitschaft abstellt, in denen der Abstand zwischen den Bewerbern noch größer ist, sind ohne Substanz. In der Gesamtschau ist damit derzeit nicht ersichtlich, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zug kommen könnte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG, wobei der Senat auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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