Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Neubewertung einer staatlichen Skilehrerprüfung

Aktenzeichen  M 27 K 18.865

Datum:
25.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55158
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayAPOFspl § 12 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat im Widerspruchsverfahren allein die Bewertung im Prüfungsbereich „Sportliches Skifahren“ und in der Prüfungsaufgabe 3 des Prüfungsbereichs „Fahrtechniken“ angegriffen. Da die Beklagte den Bescheid vom 25. April 2017 über das Prüfungsergebnis der staatlichen Prüfung für Ski- und Snowboardlehrer 2017 hinsichtlich dieser Prüfungsfelder durch den als „Abhilfebescheid“ bezeichneten Bescheid vom 24. Januar 2018 aufgehoben hat, ist Streitgegenstand vorliegend allein der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Neubewertung der von ihr im Rahmen dieser Prüfungsfelder erbrachten Prüfungsleistungen. Bewertungsfehler in den übrigen Prüfungsfeldern wurden nicht geltend gemacht.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. April ist in der Gestalt, die er durch den Abhilfebescheid vom 24. Januar 2018 gefunden hat, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Neubewertung besteht nicht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Grundlage für die Durchführung der streitgegenständlichen Prüfung sind die Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Fachsportlehrer im freien Beruf in Bayern vom 8. Februar 1999 in der vorliegend anwendbaren bis zum Ablauf des 31. August 2013 geltenden Fassung (GVBl 1999, 40) – BayAPOFspl -. Gegenstand der von der Klägerin beanspruchten Neubewertung sind Felder des praktischen Prüfungsteils der staatlichen Prüfung für Ski- und Snowboardlehrer nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BayAPOFspl i.V.m. Anlage 2 Nr. 8.1.1.1 und 8.1.1.2.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Neubewertung einer erbrachten Prüfungsleistung voraussetzt, dass eine hinreichende Grundlage für eine zutreffende materielle Beurteilung der Prüfungsleistung vorhanden und den Prüfern noch verfügbar ist. Der das Prüfungsrecht beherrschende und verfassungsrechtlich in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Chancengleichheit gestattet es nicht, im Wege der Neubewertung über eine Prüfungsleistung zu entscheiden, wenn eine solche verlässliche Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob die an eine erfolgreiche Prüfung zu stellenden Mindestanforderungen erfüllt sind, nicht oder nicht mehr vorhanden ist. Auch die verfahrensfehlerhaft zustande gekommene oder inhaltlich fehlerhaft bewertete Prüfung muss daher ganz oder teilweise wiederholt werden, wenn und soweit auf andere Weise eine zuverlässige Bewertungsgrundlage für die erneut zu treffende Prüfungsentscheidung nicht zu erlangen ist. Darüber hinaus würde der normativ festgelegte Zweck der Prüfung vereitelt, wenn sie aufgrund einer Neubewertung für bestanden erklärt würde, obwohl es an einer hinreichend zuverlässigen Beurteilungsgrundlage für die Eignungs- und Leistungsbewertung fehlte (vgl. nur BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 6 B 13.96 – juris Rn. 10). Hinsichtlich der Frage, welche Anforderungen an das Vorliegen einer zuverlässigen Bewertungsgrundlage zu stellen sind, ist zu berücksichtigen, dass nach der ständigen Rechtsprechung die Zuordnung der Prüfungsleistung zu einer Note das Ergebnis einer Vielzahl fachlicher und prüfungsspezifischer Wertungen und deren komplexer Gewichtung aufgrund der aufgabenbezogenen Bewertungsmaßstäbe des jeweiligen Prüfers ist (BVerwG, B.v. 19.5.2016 – 6 B 1.16 – juris Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, B.v. 5.12.2016 – 6 B 17/16 – juris Rn. 30).
Praktische Prüfungen sind wie mündliche Prüfungen naturgemäß flüchtig. Es fehlt in derartigen Fällen grundsätzlich an einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage für eine Neubewertung. Ausnahmsweise kann eine Neubewertung nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit der abgelegten Prüfung in Betracht kommen, wenn die Prüferinnen und Prüfer das Geschehen in frischer Erinnerung haben (vgl. VG München, B.v. 18.4.2018 – M 27 E 18.1403 – juris Rn. 24).
Unter Heranziehung dieser Grundsätze kommt eine Neubewertung der streitgegenständlichen Prüfungsleistungen der Klägerin mangels zuverlässiger Bewertungsgrundlage hier nicht in Betracht. Der Prüfungszeitpunkt liegt mittlerweile über eineinhalb Jahre zurück. Unabhängig davon, ob eine etwaige Neubewertung durch die ursprünglichen der nach § 13 Abs. 4 Satz 1 BayAPOFspl vorgeschriebenen zwei Prüfer oder durch neue Prüfer zu erfolgen hätte und ob diesem Personenkreis die damaligen Bewertungsbögen noch vorliegen, kann nach diesem Zeitablauf von einer Rekonstruierbarkeit der konkreten Prüfungssituation in der Erinnerung der bei der Prüfung aus dem Prüferkreis anwesenden Personen nicht mehr ausgegangen werden (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 7).
Eine etwaige Videoaufzeichnung der Prüfungsleistung der Klägerin kann ebenfalls nicht als Bewertungsgrundlage herangezogen werden. Dazu ist zunächst festzustellen, dass eine Videoaufzeichnung jedenfalls der Prüfungsteile „Abfahrt im Gelände“ und „Style“ nach von der Klagepartei nicht bestrittener Auskunft der Beklagten bereits nicht erfolgt ist. Eine Videoaufzeichnung würde im Übrigen aber auch keine taugliche Bewertungsgrundlage im prüfungsrechtlichen Sinne darstellen, da für die Neubewertung gleichermaßen wie für die Erstbewertung gilt, dass der Prüfer die Leistungen persönlich unmittelbar zur Kenntnis nehmen muss (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rn. 684). Eine Videoaufzeichnung kann die detaillierte Wahrnehmung der konkreten Prüfungssituation durch die tatsächliche Anwesenheit der Prüfer vor Ort nicht ersetzen.
Vorliegend kommt mithin allenfalls eine Wiederholung der aufgehobenen Prüfungsteile in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 6 B 13/96 – juris Rn. 13 f.).
II.
Aus diesen Gründen ist die Klage der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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