Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes

Aktenzeichen  AN 17 K 20.30219

Datum:
28.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 27504
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3a, § 4, § 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 78 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1, Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1. Der Asylsuchende muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich – als wahr unterstellt – ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland hat keine politische Verfolgung unverfolgt und legal aus Kuba ausgereister kubanischer Staatsangehöriger im Falle ihrer Rückkehr dorthin zur Folge. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen, gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unbegründet.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden, weil auf diesen Umstand in der Ladung vom 23. Juni 2020 hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist hinsichtlich des Asylantrags, der sowohl die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Asylanerkennung als auch die Gewährung subsidiären Schutzes umfasst, offensichtlich unbegründet (§ 30 Abs. 1 AsylG), im Übrigen unbegründet. Folglich war die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Bescheid vom 2. März 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat offensichtlich weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und auf Asylanerkennung (Art. 16a Abs. 1 GG) noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Bei der Abweisung einer Asylklage als offensichtlich unbegründet, welche die Unanfechtbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zur Folge hat (§ 78 Abs. 1 AsylG), sind nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts besondere Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung und an die Urteilsbegründung zu stellen. Es muss sich die auf der Hand liegende Aussichtslosigkeit der Klage zumindest eindeutig aus der Entscheidung selbst ergeben (vgl. nur BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3). Das Bundesverfassungsgericht hat zudem den unbestimmten Rechtsbegriff der Offensichtlichkeit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin ausgelegt, dass Offensichtlichkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 AsylG dann vorliegt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (hier: § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Dieselben Anforderungen sind auch an eine gerichtliche Entscheidung über das offensichtliche Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (vgl. BVerfG, B.v. 25.4.2018 – 2 BvR 2435/17 – juris Rn. 21) und an die Abweisung der Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als offensichtlich unbegründet zu stellen (vgl. zu all dem BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3 m.w.N.; BVerfG, B.v. 27.9.2007 – 2 BvR 1613/07 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Darlegung, worauf das Offensichtlichkeitsurteil im Einzelnen gestützt wird, erfordert vor allem dann besondere Sorgfalt, wenn das Bundesamt den Antrag lediglich als (schlicht) unbegründet abgelehnt hat (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – juris Rn. 10 m.w.N.). Steht, wie im Fall der Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet, nur eine Instanz zur Verfügung, so verstärkt dies die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Verfahrens im Hinblick auf die Wahrheitserforschung (vgl. nur BVerfG, B.v. 7.11.2008 – 2 BvR 629/06 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Klage hinsichtlich des Begehrens des Klägers auf Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch hinsichtlich des Antrages auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abzuweisen.
1. Vorliegend ist ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und damit wegen der Identität der Schutzgüter auch ein Anspruch nach Art. 16a Abs. 1 GG offensichtlich nicht gegeben.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die §§ 3 ff. AsylG setzen die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Qualifikationsrichtlinie – QRL, Amtsblatt-Nr. L 337, S. 9) in deutsches Recht um.
Dem Ausländer muss eine Verfolgungshandlung drohen, die mit einem anerkannten Verfolgungsgrund (§ 3b AsylG) eine Verknüpfung bildet, § 3a Abs. 3 AsylG. Als Verfolgungshandlungen gelten gemäß § 3a AsylG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1) oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die für eine Verfolgung im Sinne des Flüchtlingsschutzes nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG relevanten Merkmale (Verfolgungsgründe) sind in § 3b Abs. 1 AsylG näher definiert. Nach § 3c AsylG kann eine Verfolgung sowohl von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten. Nach § 3e AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2) (interner Schutz bzw. innerstaatliche Fluchtalternative).
Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer asylerhebliche Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, das heißt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 -, juris Rn. 19, 32; B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 -, juris Rn. 8). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab bedingt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage einer „qualifizierenden“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung vorzunehmen. Hierbei sind gemäß Art. 4 Abs. 3 RL 2011/95/EU neben sämtlichen mit dem Herkunftsland verbundenen relevanten Tatsachen unter anderem das maßgebliche Vorbringen des Antragstellers und dessen individuelle Lage zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 -, juris Rn. 32 m.w.N.). Damit kommt dem qualitativen Kriterium der Zumutbarkeit maßgebliche Bedeutung zu. Das entspricht dem Begriffsverständnis des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 1 lit. A Nr. 2 GFK und Art. 2 lit. d der Qualifikationsrichtlinie (OVG Lüneburg, B.v. 17.8.2018 – 2 LA 1584/17 -, juris Rn. 12 ff.).
Wurde der betroffene Ausländer bereits verfolgt oder hat er einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten bzw. war er von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht und weisen diese Handlungen und Bedrohungen eine Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund auf, greift zu dessen Gunsten die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Vorverfolgung bzw. Vorschädigung einen ernsthaften Hinweis darstellt, dass sich die Handlungen und Bedrohungen im Fall einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2018 – 1 C 29.17 – juris Rn. 15). Die Vorschrift privilegiert den betroffenen Ausländer durch eine widerlegliche Vermutung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Eine Widerlegung der Vermutung ist möglich, wenn stichhaltige Gründe gegen eine Wiederholung sprechen. Durch Art. 4 Abs. 4 QRL wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte davon befreit, stichhaltige Gründe dafür vorzubringen, dass sich die Bedrohungen erneut realisieren, wenn er in sein Heimatland zurückkehrt.
Dem Ausländer obliegt gleichwohl die Pflicht, seine Gründe für die Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen, was bedeutet, dass ein in sich stimmiger Sachverhalt geschildert werden muss, aus dem sich bei Wahrunterstellung und verständiger Würdigung ergibt, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung droht. Dies beinhaltet auch, dass der Ausländer die in seine Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse, die geeignet sind, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, wiedergeben muss (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO; OVG NW, U.v. 2.7.2013 – 8 A 2632/06.A -, juris Rn. 59 f. mit Verweis auf BVerwG, B.v. vom 21.7.1989 – 9 B 239.89 -, InfAuslR 1989, 349 (juris Rn. 3 f.); B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (juris Rn. 8); B.v. 3.8.1990 – 9 B 45.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 225 (juris Rn. 2)).
Der Asylsuchende muss dem Gericht glaubhaft machen, weshalb ihm in seinem Herkunftsland die Verfolgung droht. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt. In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Asylbewerbers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – m.w.N.).
Schließlich bestimmt § 30 Abs. 1 AsylG, dass ein Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Dies ist nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG insbesondere anzunehmen, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird.
b) Unter Würdigung des klägerischen Vortrags an diesen Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen des Gerichts zu Kuba zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Kuba keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen. Insbesondere ist der Kläger nicht vorverfolgt aus Kuba ausgereist und hat keine beachtlichen Umstände vorgetragen, die sog. Nachfluchtgründe (§ 28 Abs. 1 u. 1a AsylG) zu seinen Gunsten tragen.
Der Kläger hat offensichtlich schon keine Handlungen des kubanischen Staates oder staatlich gelenkter, ziviler Stellen unmittelbar vor seiner Ausreise dargelegt, die Anknüpfungspunkt für eine asylrelevante Verfolgung mit der erforderlichen Eingriffsintensität bieten.
Das ergibt sich schon daraus, dass der Kläger nach eigenen Angaben ohne Probleme mit einem gültigen Visum der Beklagten Kuba auf dem Luftweg verlassen konnte und zudem in seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Februar 2020 bekundete, in seinem Heimatland mit den dortigen Behörden keine Probleme gehabt zu haben bzw. angab, „nur diese Belästigungen. Ansonsten nichts mehr.“ erlitten zu haben (Bl. 118 d. BAMF-Akte). Die Richtigkeit dieser Aufzeichnung seiner Äußerung im Rahmen seiner Anhörung zu den Asylgründen hat der Kläger bestätigt (Bl. 113 d. BAMF-Akte) und auch im Zuge seines gerichtlichen Verfahrens nicht ernstlich in Abrede gestellt.
Darüber hinaus erweist sich der Vortrag des Klägers in Gegenüberstellung seiner vor dem Bundesamt und vor der Bundespolizei getätigten Äußerungen einerseits und seiner Angaben vor Gericht andererseits in den entscheidungserheblichen Punkten zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal als lückenhaft, unsubstantiiert und auch widersprüchlich, ohne dass der Kläger diese Mängel seines Vortrags in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und stimmig auflösen konnte. Das Gericht ist deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger im Kern seines Vortrags nicht zu glauben ist. Es ist auch zu der Überzeugung gelangt, dass der Vortrag des Klägers sich in einer Weise selbst entkräftet, dass die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 und 3 Nr. 1 AsylG gegeben sind.
Zwar erweist sich das Vorbringen des Klägers stringent, soweit er angab, er sei als junger Mann im Alter von 17 Jahren verhaftet worden im Zusammenhang mit seiner Religionseinstellung und auch dahingehend, er sei nach einem (vermeintlich) gescheiterten Fluchtversuch auf See im Alter von etwa 27 Jahren erneut inhaftiert worden. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger zu den Umständen seiner diesbezüglich angegebenen Verhaftungssituationen nicht im Detail vorgetragen hat, kann dieser Vortrag doch als wahr unterstellt werden, denn er beschreibt Situationen, die sich ausweislich der Erkenntnisquellen des Gerichts zur politischen Lage in Kuba in der Vergangenheit dieses Landes unter dem kommunistischen Regime durchaus so zugetragen haben (vgl. etwa: ACCORD, Anfragebeantwortung zu Kuba: Legale und Illegale Ausreisen; Sanktionen bei Verstoß gegen einschlägige Regelungen/Vorschriften, Stand: August 2012; USDOS, Cuba 2019 Human Rights Report, Section 2. c. mit Verweis auf: https://www.state.gov/ religiousfreedomreport/und dort „Cuba“) und der Kläger das nötige Lebensalter besitzt, solche Erlebnisse gemacht haben zu können. Der kubanische Staat verfolgt in allen Lebensbereichen, insbesondere die Reisefreiheit seiner Bürger betreffend, aber auch hinsichtlich der Ausübung von Religion, eine stark überwachende und reglementierende Linie, so dass im Sinne einer wohlwollenden Betrachtungsweise des Vortrags asylerheblicher Umstände das Gericht dem entsprechenden Vortrag des Klägers einen Wahrheitskern nicht absprechen kann. Gleichwohl – und hierauf hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen – erweisen sich die Erfahrungen, die der Kläger im Jugendlichen- und jungen Erwachsenenalter gemacht haben will, jedenfalls nicht mehr als fluchtauslösend für die Begründung seines Asylantrages. Dagegen sprechen in jeder Hinsicht das zeitliche Moment und auch der situative Kontext, wie ihn der Kläger im Verfahren wiedergegeben hat. Der Kläger gab an, er habe im Zusammenhang mit seiner allerersten Verhaftung im Alter von 17 Jahren den Entschluss gefasst, sein Heimatland zu verlassen. Tatsächlich umsetzen habe er ihn ca. zehn Jahre später, was missglückt sei. Unter Berücksichtigung des Alters des Klägers, das er in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts bestätigte, ist seitdem jedoch von ihm kein weiterer Fluchtversuch unternommen worden, mithin über einen Zeitraum von fast 20 Jahren, in dem sich der Kläger mit einer Situation, die seinen Angaben nach von Beobachtung und Belästigung sowie (gelegentlichen) Verhaftungen geprägt war, arrangiert hat und sich trotzdem sowohl an einer höheren Schule bilden und zunächst auch wissenschaftlich arbeitend betätigen konnte, dann aber jedenfalls auch mit einer staatlichen Lizenz noch im Bereich Touristenführer seinem Broterwerb nachgehen konnte. Letztlich legte der kubanische Staat dem Kläger auch hinsichtlich einer Ausreise ins nicht-kommunistische Ausland keine Steine in den Weg, wobei die vom Kläger dazu angegebene Erklärung das Gericht nicht zu überzeugen vermochte. Dass der kubanische Staat den Kläger deswegen habe ausreisen lassen, damit dieser vom Ausland aus Devisen beschaffen könne, ist wenig stimmig mit dem Bild, das der Kläger von sich als „Staatsfeind“ und „Konterrevolutionär“ des kubanischen Regimes zeichnen will. Er hat dabei insbesondere nicht vorgetragen, seine Familie sei auf seine dringende Unterstützung finanzieller Art aus dem Ausland angewiesen, was auch deshalb fernliegend ist, weil sich bereits zwei Schwestern des Klägers in Deutschland aufhalten, von denen eine einer Tätigkeit bei der Deutschen Bahn nachgeht, was zumindest nahelegt, dass damit ein ausreichend hohes Einkommen erzielt wird, um ggf. auch die Mutter des Klägers in Kuba durch die Schwester zu unterstützen, zumal diese nach Angaben des Klägers regelmäßigen Kontakt zu ihrer Familie in Kuba pflegt. Dass der kubanische Staat den Kläger zur Devisenbeschaffung ausreisen ließ, weil der Kläger wissenschaftlich gebildet sei, ist ebenso wenig überzeugend, denn zuletzt hat der Kläger schon längere Zeit nicht mehr offiziell wissenschaftlich gearbeitet und auf seinem erlernten Gebiet keine Publikationstätigkeit o.ä. vorgetragen, die geeignet wäre, ihn als besonders qualifizierten Wissenschaftler auch im Ausland in einer Forschungseinrichtung anzustellen.
Gänzlich unsubstantiiert und lückenhaft erweist sich der Vortrag des Klägers, er sei auch nach den Ereignissen seiner missglückten Flucht auf See Opfer von willkürlichen Verhaftungen geworden, insbesondere anlässlich des Papstbesuches im Jahr 2012 und anlässlich des Besuchs des US-Präsidenten Obama auf Kuba im Jahr 2016. Zwar erweist sich nach der Erkenntnismittellage des Gerichts zum Umgang des kubanischen Staates mit Dissidenten das Mittel der Kurzzeitverhaftung regierungskritischer Personen durchaus als belegt (so bspw.: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kuba, Stand: 23.7.2019, Punkt „9. Allgemeine Menschenrechtslage“, S. 12) und hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch bekundet, die Verhaftungen anlässlich von Staatsbesuchen ausländischer Staatsgäste wären immer nur von kurzer Dauer, also maximal 24 bis 25 Stunden erfolgt. Dem Kläger ist es aber nicht gelungen, dem Gericht überzeugend zu erklären, warum er diese Verhaftungen erstmals in einem Schreiben an das Gericht aus Mai 2020 beschreibt und solche wichtigen Details seines Verfolgungsschicksals, wo sie doch wesentlich stärker ein Indiz für ein fluchtauslösendes Moment darstellen als Erfahrungen, die bereits 20 und mehr Jahre zurückliegen, nicht schon in seiner Anhörung vor dem Bundesamt und auch nicht in seiner Erstbefragung durch die Bundespolizei angegeben hat. In seiner Anhörung vor dem Bundesamt zu seinen Asylgründen war dem Kläger Gelegenheit gegeben worden, in Anwesenheit eines Dolmetschers zu seinen Asylgründen zunächst in freiem Vortrag sein Schicksal darzulegen. Das Bundesamt hat den Kläger dann nachbefragt. Ähnlich erfolgte es durch die Bundespolizei. Der Kläger hat in freiem Vortrag nur äußerst knapp Gründe angegeben und dabei überwiegend auf seine missglückte Seeflucht hingewiesen, wobei er gegenüber der Bundespolizei noch geschildert hatte, der kubanische Staat habe nur angenommen, dass der Kläger auf dem Seeweg habe flüchten wollen. Im Übrigen gab der Kläger nur vage an, belästigt und bedroht worden zu sein und sich nicht beruflich habe verwirklichen zu können. Politisch sei er nicht aktiv gewesen, denn er sei Wissenschaftler und auch kein Mitglied der kommunistischen Partei Kubas. Als Beispiel für die Art der Belästigungen und Bedrohungen, die ihm widerfahren seien, ist dem Kläger keine weitere Verhaftungssituation aus jüngerer Vergangenheit eingefallen, sondern nur, dass ihm auf Arbeit eine Lebensmitteltüte, die ihm zugestanden habe, weggenommen worden sei. Auch in der mündlichen Verhandlung offenbarte sich die Lückenhaftigkeit und Widersprüchlichkeit des klägerischen Vortrags zu den von ihm beschriebenen Verhaftungssituationen. Der Kläger konnte trotz mehrmaliger Nachfrage des Gerichts dazu, wann er denn das letzte Mal verhaftet worden sei, keine stimmige Aussage treffen. Letztlich gab der Kläger an, die letzte Verhaftung sei ihm etwa mit 27 oder 30 Jahren widerfahren, mithin lange vor der Zeit des Papstbesuchs 2012 und des Staatsbesuchs des US-Präsidenten im Jahr 2016 und auch seiner Ausreise aus Kuba. Es ist offenkundig widersprüchlich, dass der Kläger erstmals gegenüber dem Gericht schriftlich einen Vortrag zu derart gewichtigen Fluchtumständen tätigt, diese sogleich unter Hinweis auf das späte Vorbringen wieder dahingehend relativiert, das Schreiben auf Deutsch, das er unterzeichnet hat, habe seine Schwester verfasst, die sich in solchen Dingen nicht gut auskenne. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht klar behauptet, der Vortrag zu den Verhaftungssituationen 2012 und 2016 sei falsch, sondern diese auf Nachfrage des Gerichts zu den Haftbedingungen sogar bestätigt und weiter angegeben, als Regimegegner, der er aus Sicht des kubanischen Staates sei, werde man bei gewichtigen staatlichen Ereignissen entweder beobachtet oder verhaftet. Das überzeugt in keiner Weise. Ergänzend dazu sei noch angemerkt, dass der Kläger letztlich keine weiteren Verfolgungshandlungen des kubanischen Staates anlässlich des Papstbesuches in Kuba im Jahr 2015 vorgetragen hat, obwohl er zu diesen Zeitpunkten das Land noch nicht verlassen hatte, dies zeitlich zwischen den Ereignissen in 2012 und 2016 lag und sich ja auch dieser Staatsbesuch eines katholischen Würdenträgers für den Kläger christlichen Glaubens als bedeutsam darstellen musste, wenn man seine Angaben zu seinem Werdegang als wahr zugrunde legt. Der Vortrag des Klägers zur Anzahl und den näheren Umständen an ihm vorgenommener Verhaftungen bleibt daher auch bei wohlwollender Bewertung seiner Angaben offenkundig widersprüchlich, lückenhaft und unsubstantiiert. Schließlich begründen auch bei Wahrunterstellung mehrmalige, jeweils kurzzeitige Verhaftungen des Klägers im Polizeigewahrsam über einen gestreckten Zeitraum von mehreren Jahren und ohne Darlegung zusätzlicher Gewaltmerkmale, insbesondere körperliche Übergriffshandlungen, für sich genommen noch keine asylerhebliche Verfolgungshandlung.
Dasselbe gilt für den Vortrag des Klägers im Hinblick auf Vorladungen zur Polizei, gelenkten Demonstrationen vor seinem Haus und Beobachtungen seiner Person durch staatliche Stellen. Zu dem letztgenannten Punkt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, er sei durch das CDR beobachtet worden. Nach den Erkenntnismitteln des Gerichts nützen die staatlichen Sicherheitsorgane zwar durchaus die Strukturen des CDR – des „Komitees zur Verteidigung der Revolution“ – um politischen Dissens zu stoppen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kuba, Stand: 23.7.2019, Punkt „5. Sicherheitsbehörden“, S. 9). Der Vortrag des Klägers bleibt aber zu diesem Punkt aus Sicht des Gerichts spekulativ und ohne Detailangaben, wie man denn seiner Aussage nach „praktisch die ganze Zeit überwacht“ wird. Überdies betrifft die Funktion des CDR zur Überwachung der Nachbarschaft eines Wohnviertels alle Bewohner eines solchen Viertels, um sinngemäß die sich aus der Überwachung ergebende erzieherische und aufklärerische Funktion für den kubanischen Staat erzielen zu können. Damit aber betrifft die Überwachung im Rahmen einer organisierten Nachbarschaftswache, wie sie die CDR letztlich verkörpert, einen Großteil der kubanischen Bevölkerung und haftet nicht allein dem Kläger als Verfolgungseingriff an. Jedenfalls fehlt es dazu an spezifischem Vortrag des Klägers, der eine asylerhebliche Verfolgungsintensität allein aufgrund der Überwachung seiner Person oder in Kumulation mit weiteren Handlungen des kubanischen Staates und seiner Organisationen nahelegt.
Eine Verfolgungshandlung des kubanischen Staates gegenüber dem Kläger liegt auch nicht darin, dass es dem Kläger nach dessen Aussage verwehrt wurde, weiterhin als Forscher in Kliniken und an der Universität tätig zu sein, so dass er sich infolge dessen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes als Touristenführer betätigte. Auch insoweit fehlt es an einem nachvollziehbaren, schlüssigen Sachvortrag, der es nahelegt, dass der Kläger Opfer von diskriminierenden Handlungen des Staates oder staatlich gelenkter Stellen im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 2 AsylG geworden ist. Arbeitsrechtliche Konsequenzen im Zusammenhang mit einer politischen Einstellung des Asylantragstellenden sind dabei nur ausnahmsweise geeignet, flüchtlingsrechtliche Qualität zu erreichen, nämlich, wenn diese Maßnahmen die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftsstaates auf Grund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (VG Augsburg B.v. 25.4.2001 – Au 2 S 01.30186, BeckRS 2001, 29463). Das ist bei dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts nicht in der erforderlichen Intensität erreicht oder auch nur ansatzweise schlüssig vorgetragen. Aus dem Vortrag des Klägers wird nicht einmal deutlich, ob er seine Tätigkeit für Krankenhäuser und die Universität selbst aufgegeben hatte oder ihm gekündigt worden war. Gegenüber dem Bundesamt hatte sich der Kläger vielmehr nur dahingehend eingelassen, dass man ihm seine Arbeit erheblich erschwert habe, aber seine Forschungstätigkeit nicht offiziell habe verbieten dürfen. Auch in der mündlichen Verhandlung blieb der Vortrag des Klägers dazu nur vage. Es fehlt somit jedenfalls an der Darlegung der Erheblichkeit diskriminierender Handlungen gemäß § 3a Abs. 1 AsylG, wobei es sich um Umstände gehandelt hat, die allein in der persönlichen Sphäre des Klägers liegen und demnach durch das Gericht nicht anders als durch die Anhörung des Klägers hätten aufgeklärt werden können. Der detailarme und vage Sachvortrag des Klägers geht im Ergebnis der Gesamtbewertung seiner vorgetragenen Asylgründe zu seinen Lasten. Dass ihm der kubanische Staat darüber hinaus jegliche Erwerbstätigkeit erschwert oder unmöglich gemacht habe, wird vom Kläger nicht vorgetragen und liegt insbesondere auch deshalb fern, weil ihm nach seinem Vortrag eine staatliche Lizenz für die Arbeit als Touristenführer erteilt worden war und der Kläger auch nicht vorgetragen hat, er wäre im Zusammenhang mit der Ausübung dieser Tätigkeit besonders oft durch die Polizei oder andere staatliche Organisationen kontrolliert worden.
Gegen fluchtauslösende, asylerhebliche Erlebnisse und Umstände des Klägers sowie seiner begründeten Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Kuba spricht letztlich auch die Tatsache, dass der Kläger zunächst im Rahmen eines Besuchs seiner Schwester mit einem Visum der Beklagten legal ausreisen konnte und im Fortgang des Geschehens nach seiner Einreise nach Deutschland nicht in zeitlich unmittelbarem Zusammenhang ein Asylrecht für sich reklamiert hat. Der Kläger hat vorgetragen, seine Hauptgründe für die Einreise nach Deutschland seien gewesen, dass er das Land habe kennenlernen wollen und dass er Kuba schon immer habe verlassen wollen. Seine Schwester in … lebe schon seit etwa 20 Jahren in Deutschland. Dass er seinen Wunsch, Kuba zu verlassen, schon früher auf dem Wege des Verwandtenbesuchs zu erreichen versucht habe, trägt der Kläger nicht vor. Auch sonst ist es widersprüchlich, dass der Kläger zunächst habe versuchen wollen, sein Visum zu verlängern, um weiter in Deutschland bleiben zu können, weil insoweit nicht deutlich wird, was denn der Kläger geplant hatte, wenn auch eine erteilte Verlängerung der Dauer des Visums abgelaufen wäre. Aus seinem Vortrag wird nicht ersichtlich, dass der Kläger zunächst aus nachvollziehbaren Gründen eine Zeit der Besinnung benötigt hätte, um sich eingehend mit den Möglichkeiten der Beantragung politischen Asyls auseinanderzusetzen oder innerlich zur Ruhe zu kommen. Vielmehr bekundete er in der mündlichen Verhandlung, die Möglichkeit, politisches Asyl zu beantragen, sei ihm erst gekommen, nachdem seine Beziehung zu einer Frau in Spanien in die Brüche gegangen sei. Sogleich setzte er sich zu dieser eigenen Aussage dann aber in Widerspruch, indem er weiter angab, er habe schon immer in Deutschland Asyl beantragen wollen. In diesem Kontext konnte der Kläger, der ja nach eigenem Vortrag gebildet ist und selbständig als Forscher tätig war und es auch vermochte, sich ein Visum der Beklagten zu beschaffen, nicht schlüssig erklären, warum er sich mit den Möglichkeiten der Asylantragstellung nicht schon eingehender nach seiner ersten Einreise nach Deutschland und unter Hilfestellung seiner langjährig in Deutschland lebenden Schwester befasst hat. Dass er Angst vor einer Abschiebung durch die deutschen Behörden gehabt habe, überzeugt nicht einmal im Ansatz. Der Kläger hat ja letztlich in Deutschland und nicht in Spanien Asyl beantragt, obgleich er seiner Aussage nach weniger Angst vor den Reaktionen der spanischen Behörden hatte. Warum er also nicht wenigstens nach seiner Ausreise nach Spanien dort um Asyl nachgesucht hat, sondern sich dazu auf die Rückreise nach Deutschland begeben hatte, ist ebenfalls nicht plausibel dargelegt.
In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass dem Kläger unter den konkreten Umständen (Einreise nach Deutschland auf dem Luftweg, dann Ausreise nach Spanien für die Dauer von mehreren Monaten, dann Wiedereinreise nach Deutschland auf dem Landweg und erst dann Stellung eines Antrages auf Asyl) auch kein Asylrecht aufgrund der Sperrklausel des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG zukommen dürfte, da der Schutzzweck des Art. 16a Abs. 1 GG zum Zeitpunkt der Asylantragstellung im Hinblick auf die Einreise des Klägers aus einem sicheren Drittstaat nicht mehr tangiert sein dürfte (Gärditz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 90. EL Februar 2020, Art. 16a Rn. 356 ff.). Ob dies zutreffend ist oder rechtlich auf die erstmalige Einreise nach Deutschland abzustellen ist, kann aber letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls scheitert eine Rechtsverwirklichung des Klägers aus Art. 16a Abs. 1 GG aus offensichtlichen Gründen deshalb, weil eine Schutzgütergleichheit mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG besteht und eine solche Schutzzuerkennung aus den vorstehenden Erwägungen offensichtlich unbegründet ist.
Es fehlt auch offensichtlich an Nachfluchtgründen asylerheblicher Art im Fall des Klägers. Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die durch den Ausländer im Asylverfahren lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises (VG Regensburg, U.v. 28.07.2017 – RO 2 K 16.32418 – BeckRS 2017, 140156).
Eine exilpolitische Betätigung in der Bundesrepublik hat der Kläger nicht angegeben.
Aber auch die in Deutschland erfolgte Asylantragstellung stellt keinen Umstand dar, der eine begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als Nachfluchttatbestand rechtlich trägt.
Allein die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland hat keine politische Verfolgung unverfolgt und legal aus Kuba ausgereister kubanischer Staatsangehöriger im Falle ihrer Rückkehr dorthin zur Folge (BVerwG, B.v. 7.12.1999 – 9 B 474.99; BayVGH, U.v. 29.7.2002 – 7 B 01.31054; B.v. 6.10.2003 – 7 ZB 03.31113; B.v. 5.6.2008 – 15 ZB 07.30102; VG Augsburg, U.v. 5.7.2011 – Au 7 K 10.30473; VG Ansbach, U.v. 24.9.2015 – AN 3 K 14.30542; alle juris).
Diese Einschätzung wird im Wesentlichen durch die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen bestätigt.
Die Asylantragstellung kann dann zu Problemen beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Sozialleistungen führen, wenn die kubanischen Behörden von der Asylantragstellung erfahren (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 23.7.2019, Punkt „21. Rückkehr“, S. 29; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Kuba: Rückkehr, Stand: 16.2.2009, S. 2 f.).
Jedoch ist bei dem Kläger nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er von solchen Repressalien im Falle seiner Rückkehr betroffen sein wird. Denn den Quellen lässt sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die kubanischen Behörden zu derartigen Repressalien greifen. Die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung reicht für die Annahme einer Rückkehrgefährdung nicht aus. Dass der kubanische Staat überhaupt von der Asylantragstellung erfahren hat, ist unwahrscheinlich, da der Kläger legal aus Kuba ausgereist ist, sich nach aktueller kubanischer Rechtslage bis zu 24 Monate im Ausland aufhalten darf, ohne mit Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise rechnen zu müssen und zudem nach eigenem Bekunden nur eingeschränkten Kontakt zu seiner Familie und einer Kollegin in Kuba pflegt, denen er also offensichtlich Vertrauen entgegenbringt, und von dort keine Neuigkeiten zu seiner Person erhalten hat.
Der demnach nicht vorverfolgt aus Kuba ausgereiste Kläger hat nach Auffassung des Gerichts im Falle einer Rückkehr nach Kuba nicht mit einer im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigenden Rückkehrgefährdung zu rechnen.
2. Der Kläger hat auch offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.
Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht. Insbesondere hat er nicht angegeben, über die als wahr zu unterstellenden allgemein schlechten Haftbedingungen im Polizeigewahrsam, die er im Rahmen der erlittenen Verhaftungen erdulden musste, einer weitergehenden unmenschlichen Behandlung durch die Polizeibeamten ausgesetzt gewesen zu sein. Das betrifft namentlich die Frage der Gabe von Nahrungsmitteln und Getränken während der Inhaftierung, denn einerseits handelte es sich um nur kurze Haftzeiten und andererseits hat der Kläger nach seinem Bekunden nicht wenigstens den Versuch unternommen, mit Getränken und Essen im Polizeigewahrsam durch Nachfrage bei den Beamten versorgt zu werden. Darüber hinaus ist für den Kläger weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er aktuell reell mit einem Strafverfahren in Kuba konfrontiert ist, infolge dessen die reale Möglichkeit eines längeren Haftaufenthaltes unter schlechten, unmenschlichen Haftbedingungen zu gegenwärtigen wäre.
3. Schließlich hat die Klage auch mit dem Hilfsantrag auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf Kuba keinen Erfolg.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.
Ebenso wenig besteht im Falle des Klägers ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für den Kläger, der gut ausgebildet ist und in Kuba bis zu seiner Ausreise eine feste Arbeitsstelle hatte und der auch Familienangehörige dort hat, zu welchen er Kontakt pflegt, im Falle seiner Rückkehr nach Kuba eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, da seine Existenz aus vorgenannten Gründen gesichert ist. Für die Weiterbeschäftigung als Tourguide spricht dabei auch der Umstand, dass diese Tätigkeit nach Angabe des Klägers weitestgehend selbständig nach Erwerb der hierfür notwendigen staatlichen Lizenz ausgeübt wird, so dass nicht erkennbar ist, dass der Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr nach Kuba nach längerer Zeit erwerbslos sein wird, weil seine Arbeitsstelle zwischenzeitlich anderweitig besetzt werden musste.
Die aktuelle Corona-Situation in Kuba, die zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung 5.222 an die Johns-Hopkins-Universität gemeldete Fälle in Kuba, wobei darunter 117 Todesfälle coronabedingt zu verzeichnen waren, aufwies, belegt weder vor dem gesundheitlichen Aspekt noch vor dem Hintergrund der sich pandemiebedingt verschärfenden wirtschaftlichen Situation auch in Kuba (vgl. etwa: Germany Trade & Invest, „Kuba wird die Coronafolgen noch lange spüren“, Stand: 17.7.2020, abrufbar unter: www.gtai.de; „Coronavirus: Situation in Kuba – Aktueller Überblick und Info-Updates“, Stand: 25.8.2020, abrufbar unter: www.wko.at) ein Abschiebungsverbot zu Gunsten des Klägers nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger hat nach eigenem Bekunden keine größeren gesundheitlichen Probleme, insbesondere keine Erkrankungen der Lunge, so dass sich keine Anhaltspunkte für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe der besonders Gefährdeten ergeben. Auch ist das Gesundheitssystem in Kuba durchaus als gut einzustufen, um jedenfalls eine gesundheitliche Mindestversorgung zu garantieren (vgl.: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Kuba, Stand: 23.7.2019, Punkt „20. Medizinische Versorgung“, S. 27 f.). Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie dürfte der Kläger zwar spüren, denn mit einem Rückgang der Tourismuseinnahmen dürfte angesichts der allgemein geltenden Reise- und Sicherheitsbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie zu rechnen sein. Dass dies für den Kläger aber derart existenzielle Folgen zeitigen wird, dass ihm gleichsam die Verelendung und damit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht, ist weder vorgetragen noch nach Überzeugung des Gerichts hoch wahrscheinlich. Der Kläger hatte bekundet, dass sich seine Tätigkeit nicht nur an ausländische Touristen richtet, sondern auch an kubanische Bürger.
4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.
5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen bei der Bemessung der Frist für das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden vom Kläger nicht vorgetragen.
Die Klage war demnach abzuweisen, im Ausspruch hinsichtlich der Entscheidung über den Asylantrag und Antrag auf internationalen Schutz als offensichtlich unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Dieses Urteil ist unanfechtbar, § 78 Abs. 1 AsylG.


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