Verwaltungsrecht

Kein Flüchtlingsschutz wegen Wehrdienstentziehung zur Vermeidung persönlicher Risiken und Gefahren in Israel

Aktenzeichen  M 17 S 16.31575, M 17 K 16.31574

Datum:
18.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 166
EMRK EMRK Art. 3, Art. 9
GG GG Art. 16a
Qualifikations-RL Qualifikations-RL Art. 9 Abs. 2 lit. e
AsylG AsylG § 3, § 3a, § 4, § 30, § 36
AufenthG AufenthG § 11, § 60

 

Leitsatz

Die Abweisung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet kann, wenn der Asylbewerber sich auf eine individuelle Verfolgung beruft, unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist. (red. LS Clemens Kurzidem)
Der Vortrag eines nach Israel eingewanderten Asylbewerbers, er werde von Einheimischen diskriminiert, es sei allgemein sehr gefährlich, in Israel zu leben, und die arabische Bevölkerung halte sich nicht an Gesetze, beinhaltet offensichtlich keinen Hinweis auf eine staatliche, politische Verfolgung iSd § 3 AsylG (oder Art. 16a GG), da sich aus der im Einzelfall behaupteten Gefährdung schon nicht der erforderliche Grad der Verfolgungsintensität ergibt. Vielmehr erweist sich das Vorbringen, sich in Israel allgemein benachteiligt zu fühlen und wirtschaftlich kaum Perspektiven zu besitzen, eher als typisches Integrationsproblem eines spät und in ein ihm fremdes Land ausgewanderten Menschen (vgl. VG Augsburg BeckRS 2011, 30897). (red. LS Clemens Kurzidem)
Der Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes in Israel wohnt keine politische Verfolgungstendenz im Sinne des Art. 16a GG, zB in Form einer politischen Disziplinierung und Einschüchterung von politischen Gegnern in den eigenen Reihen, einer Umerziehung von Andersdenkenden oder eine Zwangsassimilation von Minderheiten inne. Im Bestehen der Wehrpflicht und der Strafbarkeit der Wehrpflichtentziehung liegt allein auch keine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 1 lit. a) der Qualifikations-RL iVm Art. 15 Abs. 2 EMRK. (red. LS Clemens Kurzidem)
Nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. c) Qualifikations-RL kann grundsätzlich eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung als Verfolgung angesehen werden (vgl. VGH München BeckRS 2016, 42593), wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass jeder Staat ein legitimes Recht besitzt, Streitkräfte zu unterhalten, seine Staatsangehörigen zum Wehrdienst in den Streitkräften heranzuziehen und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, angemessen zu bestrafen. Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung kann daher regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird (vgl. VGH München BeckRS 2016, 42593). (red. LS Clemens Kurzidem)
Nach den aktuell vorliegenden Erkenntnismitteln kann die Reaktion des israelischen Staats auf eine Wehrdienstentziehung als moderat und jedenfalls nicht als asylrelevant unangemessen angesehen werden. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Verfahren M 17 S 16.31575 und M 17 K 16.31574 werden hinsichtlich des jeweiligen Prozesskostenhilfeantrags zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Ingo Emigholz wird für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (M 17 S 16.31575) und für das Hauptsacheverfahren (M 17 K 16.31574) abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist israelischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Tataren zugehörig und christlichorthodoxen Glaubens. Er reiste nach eigenen Angaben am … 2012 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am … 2012 einen Asylantrag.
Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … 2014 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er in Israel seinen Wehrdienst als normaler Soldat, zuletzt im Rang eines Hauptgefreiten abgeleistet habe. Er müsse seinen Militärdienst (weiter) ableisten und sei verpflichtet, an allen militärischen Einsätzen teilzunehmen. Dies lehne er ab, weil eine sehr hohe Lebensgefahr bestehe. Er stamme aus … und werde in Israel von den Einheimischen nicht richtig angenommen, sondern als Fremder behandelt, so dass es für ihn schwer gewesen sei, dort zu leben. Er habe in Israel ständig gesundheitliche Probleme gehabt. Dies habe zu Schwierigkeiten bei der Arbeit geführt. Allgemein sei es sehr gefährlich in Israel zu leben. Wenn nachts die Sirenen angingen, müsse man Schutzräume aufsuchen. Auch halte sich die arabische Bevölkerung nicht an Gesetze. Ihm sei vorgehalten worden, kein richtiger Jude zu sein und als Mensch 3. Klasse behandelt worden. Da er am Wochenende keine religiösen Aktivitäten ausübe, hätte er auch am Wochenende arbeiten sollen. Nach … könne er nicht zurück, da er seine usbekische Staatsangehörigkeit offiziell abgegeben habe, um die israelische Staatsangehörigkeit annehmen zu können. Auch sei er in … beleidigt und beschimpft worden. Die Russischsprachigen würden dort misshandelt werden. Wenn er nach Israel zurückkehre, würde er dort als Deserteur verurteilt werden. Außerdem würde er wieder krank werden. Das Klima habe ihm dort Probleme bereitet.
Mit Bescheid vom 24. Juni 2016, der dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 29. Juni 2016 zugestellt wurde (Bl. 103 der Behördenakte – d.BA), lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) sowie den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Israel oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Zudem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Selbst nach eigenen Angaben mache der Antragsteller nicht geltend, dass er aufgrund flüchtlingsrechtlich relevanter Anknüpfungstatsachen im Falle der Rückkehr einer Verfolgung ausgesetzt sein würde. Allein die Strafbarkeit von bestimmten Handlungen rechtfertige nicht die Feststellung einer Verfolgung. Israel zähle zu den wenigen Staaten der Welt, die praktisch jeden Wehrpflichtigen auch tatsächlich einberufen. Während die meisten Länder einen Großteil der Wehrpflichtigen gar nicht erst zur Musterung einbestellen, werde in Israel praktisch jeder Erwachsene in die Armee einberufen, was auf den prekären Status Israels als von feindlichen Staaten umgebenes Land zurückzuführen sei. Außerdem habe Israel, als einer von wenigen Staaten, die Wehrpflicht auf beide Geschlechter ausgedehnt. Hier seien Frauen verpflichtet, mindestens zwei Jahre Dienst in den Streitkräften abzuleisten, Männer müssten drei Jahre dienen. Allerdings gebe es eine Reihe von Ausnahmen: So seien israelische Araber (Muslime und Christen, nicht jedoch Drusen) sowie alle nichtjüdischen, schwangeren oder verheirateten Frauen von der Wehrpflicht befreit. Bislang sei es grundsätzlich nur Frauen gestattet, dem Wehrdienst aus Gewissensgründen nicht nachzukommen und einen Ersatzdienst (National Service) zu leisten. Die Verweigerung des Wehrdienstes durch Männer sei mit gesellschaftlicher Ächtung und nicht selten auch mit einem Strafverfahren verbunden; dennoch sei ihre Tendenz steigend. Israel kenne nur ein eingeschränktes Kriegsdienstverweigerungsrecht für wehrpflichtige Frauen, während Kriegsdienstverweigerung von Männern als Befehlsverweigerung oder Desertieren behandelt werde. Die Verweigerung des Militärdienstes sei für Männer eine langwierige Prozedur mit mehreren Anhörungen, an deren Ende sich der Verweigerer vor einem Gewissens-Komitee zu verantworten habe. Darauf würden eventuell Gerichtsverfahren (vergleichbar mit der Totalverweigerung in Deutschland) folgen, an deren Ende der Verweigerer fast immer vom Wehrdienst befreit sei, allerdings unter Umständen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden könne. Als Alternative zur Verweigerung würden innerhalb der Streitkräfte im Regelfall Posten außerhalb der Kampfeinheiten gelten, beispielsweise beim Erteilen von Zivilschutzunterricht an Schulen. Viele der Verweigerer hätten nichts gegen einen Einsatz zur Landesverteidigung, lehnten aber die Besatzung der Palästinenser ab. Im Gegensatz zu Frauen, die Ersatzdienst leisten, würden Männer, die ihrer Wehrpflicht nicht nachkommen, bis heute oft gesellschaftlich geächtet, da es in Israel meist als selbstverständlich gelte, dass ein Mann den Armeedienst leistet. Verweigerung könne auch zu sozialen Benachteiligungen führen. In jüngster Zeit werde eine Verweigerung jedoch (auch bei Männern) zunehmend gesellschaftlich akzeptiert. Die allgemeine Pflicht, Wehrdienst abzuleisten, stelle daher keine politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG dar. Es sei davon auszugehen, dass die Bestrafung der Wehrdienstentziehung grundsätzlich der Aufrechterhaltung der Disziplin diene. Dass eine Bestrafung zielgerichtet gegen ihn wegen eines der in § 3 AsylG genannten Merkmale erfolgen sollte, habe nicht einmal der Antragsteller selbst dargelegt. Bei einer Rückkehr nach Israel drohe dem Antragsteller auch kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG. Eine Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten der EMRK komme nicht in Betracht. Nicht unter Zwangsarbeit im Sinne des Art. 4 EMRK würden z. B. Arbeitspflichten im Wehr- oder Wehrersatzdienst fallen. Soweit der Antragsteller allgemein darlege, dass er in Israel gesundheitliche Probleme gehabt habe, genüge dies nicht für die Feststellung einer konkreten und erheblichen individuellen Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung sei im vorliegenden Fall angemessen, denn Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder ausreichend vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor.
Am 30. Juni 2016 erhob der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München Asylklage und stellte den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes vom 24. Juni 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, dass das Offensichtlichkeitsurteil auf nicht tragfähigen tatsächlichen Annahmen beruhe. Darüber hinaus leide der angefochtene Bescheid wegen wiederholter Verletzung der Vorhaltepflicht an schwerwiegenden Verfahrensfehlern, so dass auch im Lichte der verfassungsrechtlichen Beschleunigungsmaxime eine persönliche Anhörung im Eilrechtsschutzverfahren geboten sei, die hiermit ausdrücklich beantragt werde. Die faktische Entziehung vom Wehrdienst des Antragstellers im Wege der Ausreise sei hier als Nachfluchtgrund einzuordnen. Auch die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass dem Antragsteller nach seiner Rückkehr eine Bestrafung und soziale Ächtung drohen würden. Er habe sich entschlossen, diesen Weg zu gehen, da es in Israel kein Recht zur Wehrdienstverweigerung gebe. Die Frage, ob die Wehrdienstverweigerung Ausdruck einer Gewissensentscheidung des Antragstellers sei und deshalb auch im Rahmen der Prüfung im Asylrecht als schutzwürdig einzustufen sei, könne nur im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Antragstellers durch das Gericht bewertet werden.
Sowohl für das Klageverfahren als auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte der Bevollmächtigte zudem,
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu bewilligen und dem Antragsteller zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte den Bevollmächtigten als Rechtsanwalt beizuordnen.
Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde bislang nicht vorgelegt.
Am 4. Juli 2016 übersandte die Antragsgegnerin die Behördenakten und stellte keinen Antrag.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – anzuordnen, ist zulässig. Insbesondere wurde die Antragsfrist von einer Woche (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) eingehalten.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Entsprechend der Gesetzeslage des Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – DVBl 84, 673 ff. – juris Rn. 40). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
2. Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen. Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.1. Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter dem Antragsteller nicht zusteht. Es ergeben sich schon im Ansatz ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Antragsteller eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vorliegen könnte.
2.1.1. Soweit der Antragsteller im Wesentlichen vortrug, er werde von den Einheimischen diskriminiert, es sei allgemein sehr gefährlich in Israel zu leben und die arabische Bevölkerung halte sich nicht an Gesetze, ergeben sich offensichtlich keine Hinweise für eine staatliche, politische Verfolgung i. S. des § 3 AsylG (oder Art. 16a GG). Die im Einzelfall behauptete Gefährdung erreicht schon nicht den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität. Durch seinen Vortrag, sich in Israel allgemein benachteiligt zu fühlen und wirtschaftlich kaum Perspektiven zu haben, erhellt sich die Situation des Antragstellers eher als eine typische Integrationsproblematik eines spät und in ein ihm fremdes Land ausgewanderten Menschen. Es mag sein, dass er in Usbekistan als „Russischsprachiger“ und in Israel als „Nicht-Jude“ diffamiert werde, wie er meint. Aber eine politische und die Flüchtlingsanerkennung rechtfertigende Verfolgung liegt darin offensichtlich nicht (VG Augsburg, U. v. 10.08.2011 – Au 6 K 11.30189 – juris Rn. 26).
2.1.2. Auch die Furcht des Antragstellers, bei einer Rückkehr nach Israel wegen der von ihm vorgetragenen Wehrpflichtentziehung festgenommen und verurteilt zu werden, führt nicht zu einer (politischen) Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG oder Art. 16a GG.
a) Der Verpflichtung des Antragstellers zum Waffendienst in seinem Herkunftsland Israel wohnt keine politische Verfolgungstendenz im Sinne des Art. 16a GG, z. B. in Form einer politischen Disziplinierung und Einschüchterung von politischen Gegnern in den eigenen Reihen, einer Umerziehung von Andersdenkenden oder eine Zwangsassimilation von Minderheiten, inne. Dafür ergeben sich weder aus der besonderen Ausformung der die Wehrpflicht begründenden Regelungen noch aus ihrer praktischen Handhabung oder ihrer Funktion im allgemeinen politischen System des Staates Israels Anhaltspunkte. Am 26. Mai 1948 gründete der erste Premierminister des neuen Staates Israel, David Ben Gurion, die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte. Gemäß dem israelischen Verteidigungsgesetz von 1949 werden sowohl jüdische Männer als auch jüdische Frauen im Alter von 18 Jahren wehrpflichtig. Die Einführung der Wehrpflicht im Allgemeinen und die Einberufung des Antragstellers im Besonderen basiert nicht auf Gründen der politischen Verfolgung, sondern auf den damals wie heute vorherrschenden Bedrohungen Israels durch benachbarte Länder und der instabilen politischen Lage im Nahen Osten. Die Bestrafung der Wehrdienstentziehung erfolgt zur Aufrechterhaltung der Disziplin innerhalb der Streitkräfte. Nahezu jeder Staat nimmt ein Desertieren von den Streitkräften nicht sanktionslos hin. Dafür, dass die Bestrafung des israelischen Staates auf das Desertieren letztlich wegen einer politischen Überzeugung des Antragstellers oder anderer asylrelevanter Merkmale getroffen werden soll (sog. Polit-Malus; siehe BVerfG, U. v. 11.12.1985 – 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 – juris; BVerwG, U. v. 31.03.1981 – 9 C 6/80 – juris) ist hier konkret nichts ersichtlich.
b) Auch ist der Umstand der Wehrpflicht und der Strafbarkeit der Wehrpflichtentziehung in Israel allein noch nicht als schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: QualfRL) i. V. m. Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK), zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004, anzusehen. Denn Art. 15 Abs. 2 EMRK bezieht sich nur auf Art. 4 Abs. 1 EMRK, nicht aber auch auf Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 Buchst. b) EMRK und auch nicht auf Art. 9 EMRK (VG München, U. v. 17.09.2012 – M 24 K 12.30088).
c) Der Antragsteller vermag sich zudem nicht mit Erfolg auf § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. c) QualfRL zu berufen. Als Verfolgung kann nach diesen Vorschriften grundsätzlich eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung gelten (BayVGH, B. v. 15.02.2016 – 11 ZB 16.30012 – juris Rn. 13; EuGH, U. v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 56; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 1. Aufl. 2009, § 9 Rn. 178). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Staat ein legitimes Recht hat, eine Streitkraft zu unterhalten, seine Staatsangehörigen zum Wehrdienst in dieser Streitkraft heranzuziehen und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, angemessen zu bestrafen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört das in Art. 51 UN-Charta anerkannte Recht zur Organisation der Selbstverteidigung zu den originären und souveränen Rechten eines jeden Staates. Dieses Recht erlaube es den Staaten, die Wehrpflicht ihrer Bürger als staatsbürgerliche Pflicht einzuführen und die Erfüllung dieser Pflicht durch Strafandrohungen zu sichern (BVerwG, B. v. 17.7.1979 – 1 B 492.79; ebenso VGH BW, U. v. 6.2.1985 – A 13 S 223/84; BVerwG, U. v. 06.12.1988 – 9 C 22/88 – juris; so schon BVerwG, B. v. 26.09.1974 – I B 57.74 – juris). Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung kann aber regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung, in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 – 23459/03 – BeckRS 2012 80059; BayVGH, B. v. 15.02.2016 – 11 ZB 16.30012 – juris Rn. 13). Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (Marx a. a. O. Rn. 192).
Nach seinem eigenen Vortrag leistete der Antragsteller bereits Wehrdienst in der israelischen Armee ab, zuletzt im Rang eines Hauptgefreiten. Dem folgend gab der Antragsteller auch in seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am … 2014 gerade nicht an, den Militärdienst etwa aus Gewissensgründen verweigert zu haben bzw. verweigern zu wollen, sondern es vielmehr abzulehnen, an militärischen Einsätzen teilzunehmen, weil damit eine sehr hohe Lebensgefahr verbunden sei. Damit ist Art. 9 EMRK auf den Antragsteller nicht anwendbar, da seinen Äußerungen schon keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnommen werden kann. Seine Einlassungen liefern keine Anhaltspunkte dafür, dass sein vorgetragenes Desertieren – aus den in hebräischer Sprache vorgelegten Unterlagen ist schon nicht ersichtlich, ob der Militärdienst nicht bereits vollständig abgeleistet wurde – von einem ernsthaften und unüberwindbaren Konflikt zwischen der Verpflichtung zum Wehrdienst und seinem Gewissen getragen werde.
Im Übrigen dürfte nach den vorliegenden Erkenntnismitteln die Reaktion des israelischen Staates auf eine Wehrdienstentziehung als moderat angesehen werden, jedenfalls sich die Behandlung des Antragstellers als nicht asylrelevant unangemessen darstellen. So belaufen sich die Haftstrafen für die Weigerung, in den besetzten Gebieten zu dienen, um damit den Gefahren für Leib und Leben zu entgegen, relativ konstant auf in der Regel 28 Tage (teilweise auch nur 14 oder 21 Tage oder in einigen Fällen 35 Tage) (War Resisters’ International, Kriegsdienstverweigerung in Israel: Ein nicht anerkanntes Menschenrecht vom 31.01.2003, www.wriirg.org/de/coisr-03.htm). Selbst für Fahnenflucht hat es bisher höchstens 18 Monate Gefängnis gegeben, meistens handelt es sich um eine Gefängnisstrafe von wenigen Monaten, die allerdings in einem Militärgefängnis abzusitzen ist (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19.02.2004, Az.: 508-516.80/42365 zur Anfrage des VG Köln vom 28.01.2004 – 8 K 10495/02.A).
Nach der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 56) ist im Fall des Antragstellers damit nicht davon auszugehen, dass die ihm drohenden Sanktionen „angesichts der legitimen Ausübung des Rechts auf Unterhaltung einer Streitkraft durch den betreffenden Staat” eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Bestrafung i. S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und c EU-Richtlinie 2011/95/EU, der dem § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG entspricht, darstellen (Rn. 56; dort drohende Freiheitsstrafe von 100 Tagen bis zu 15 Monaten – bei einem Strafrahmen bis zu fünf Jahren).
Der Kläger unterliegt als israelischer Staatsbürger der allgemeinen Pflicht zur Leistung des Wehrdienstes. Er kann die Erfüllung dieser Pflicht, nur weil die Teilnahme an militärischen Einsätzen mit hoher Lebensgefahrverbunden ist, nicht verweigern – jedenfalls nicht, ohne sich den der Pflichtverweigerung geltenden Sanktionen/Bestrafungen auszusetzen (VG Augsburg, U. v. 16.12.2003 – Au 8 K 03.30219 – juris Rn. 29; VG Augsburg, U. v. 10.08.2011 – Au 6 K 11.30189 – juris Rn. 25). Geht es vorliegend somit maßgeblich um die Vermeidung persönlicher Risiken und den mit dem Wehrdienst verbundenen Gefahren, ist die Wertung der speziellen Vorschrift des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) QualfRL heranzuziehen.
d) Aber auch eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG kommt nicht in Betracht. Mit dieser Vorschrift hat der deutsche Gesetzgeber Art. 9 Abs. 2 Buchst. e) QualfRL umgesetzt, wonach als Verfolgung die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt gelten kann, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 QualfRL fallen.
Der Antragsteller hat aber nicht mit hinreichender Plausibilität dargelegt, dass die militärische Einheit, der er angehört, im Rahmen ihrer Einsätze mit hoher Wahrscheinlichkeit Kriegsverbrechen begangen hat oder begehen wird (EuGH, U. v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 – juris Rn. 43 zur EU-Richtlinie 2004/83/EG, die insoweit mit der nunmehr gültigen EU-Richtlinie 2011/95/EU identisch ist). Dabei kann offen bleiben, ob derzeit nach dem Ende der Militäroperation der israelischen Verteidigungsstreitkräfte in den palästinensischen Autonomiegebieten (Operation Protective Edge; Waffenstillstand am 26. August 2014) überhaupt ein bewaffneter Konflikt im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e RL 2011/95/EU vorliegt. Denn der Antragsteller hat nicht plausibel und substantiiert dargelegt, dass die militärische Einheit, der der Antragsteller angehört, im Rahmen ihrer Einsätze mit hoher Wahrscheinlichkeit Kriegsverbrechen begehen wird. Zwar prüft derzeit der Internationale Strafgerichtshof die Aufnahme von Ermittlungen hinsichtlich möglicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg (Die Welt, Artikel vom 16.01.2015, http://www.welt.de/politik/ausland/article136464746/Gerichtshofprueft-Verbrechenim-Gaza-Krieg.html; Amnesty International vom 07.07.2016: Israel/Gaza: Zwei Jahre Straflosigkeit seit Gaza-Krieg, https://www.amnesty.de/2016/7/7/israelgazazweijahrestraflosigkeitseitgazakrieg; SZ Artikel vom 05.07.2015, http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansichtisraelpalaestinaunddasrecht-1.2551561), gleichwohl ermittelt die israelische Militärpolizei in Fällen, in denen Beweise oder Indizien für kriminelle Vergehen vorliegen. Parallel untersucht der Generalanwalt der israelischen Armee unzählige Zwischenfälle, die zu 15 strafrechtlichen Untersuchungen führten (Die Welt, Artikel vom 26.02.2015, ). Ahndet jedoch der die Operationen durchführende Staat Kriegsverbrechen, hält der EuGH (U. v. 26.2.2015 – C-472/13 – Shepherd – ABl EU 2015 C 138, S. 7 – juris Rn. 42) die Wahrscheinlichkeit, dass ein Militärangehöriger dieses Staates zur Begehung von Kriegsverbrechen gezwungen sein könnte, für „wenig plausibel”.
Des Weiteren müsste die Dienstverweigerung das einzige Mittel darstellen, das es dem Antragsteller erlaubt, der Beteiligung an den behaupteten Kriegsverbrechen zu entgehen. Nach dem EuGH-Urteil schließt der Umstand, dass im vorliegenden Fall der Kläger vor seiner Desertion kein Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt hat, jeden Schutz nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e EU-Richtlinie 2011/95/EU aus, sofern er nicht beweist, dass ihm in seiner konkreten Situation kein derartiges Verfahren zur Verfügung stand (Rn. 45; kritisch dazu Marx NVwZ 2015, 575). Nach den derzeitigen Erkenntnismitteln ist die Verweigerung des Militärdienstes für Männer eine langwierige Prozedur mit mehreren Anhörungen, an deren Ende sich der Verweigerer vor einem Gewissens-Komitee zu verantworten hat. Darauf folgen eventuell Gerichtsverfahren, an deren Ende der Verweigerer fast immer vom Wehrdienst befreit ist, allerdings unter Umständen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden kann. Als Alternative zur Verweigerung gelten innerhalb der Streitkräfte im Regelfall Posten außerhalb der Kampfeinheiten, beispielsweise beim Erteilen von Zivilschutzunterricht an Schulen (vgl. Wikipedia, Israelische Verteidigungsstreitkräfte unter https://de.wikipedia.org/wiki/Israelische_Verteidigungsstreitkr%C3%A4fte#Wehrpflicht). Nach alledem bestehen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) keine ernstlichen Zweifel daran, dass eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3, Nr. 5 AsylG bzw. Art. 9 Abs. 2 Buchst. e EU-Richtlinie 2011/95/EU offensichtlich nicht in Betracht kommt.
2.1.3. Eine Verletzung der Vorhaltepflicht seitens des Bundesamtes liegt nicht vor. Dem Antragsteller ist genügend Zeit eingeräumt worden, seine Asylrechtsgründe zu formulieren. Eine persönliche Anhörung war daher im Lichte des § 36 Abs. 3 Satz 4 AsylG im Eilrechtsschutzverfahren nicht geboten.
2.2. Ernstliche Zweifel bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der Versagung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Die Gewährung subsidiären Schutzes kommt nicht in Betracht, weil unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihm bei Rückkehr nach Israel ein ernsthafter Schaden droht. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides des Bundesamtes vom 24. Juni 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.3. Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, liegt eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit nicht vor. Insbesondere ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht aufgrund einer Erkrankung des Antragstellers gegeben. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift kann einen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat wesentlich verschlechtert. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B. v. 2.11.1995 – 9 B 710/94 – DVBl 1996,108). Eine Gefahr ist „erheblich”, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichende Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U. v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – Juris Rn. 8). Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – DVBl 2003,463) auch dann, wenn im Heimatland des Ausländers die notwendige Behandlung oder Medikation seiner Erkrankung zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist.
Gemessen an diesen Grundsätzen besteht bei dem Antragsteller kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Für ihn ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts keine derart schwere Erkrankung dargetan. Der Antragsteller trug lediglich unsubstantiiert ohne Vorlage eines Attests vor, in Israel ständig gesundheitliche Probleme mit dem Atmen gehabt zu haben, was zu Schwierigkeiten bei der Arbeit geführt hätte. Bei einer Rückkehr würde er wieder krank werden. Das Klima habe ihm dort Probleme bereitet. Ausdrücklich erklärte der Antragsteller im Rahmen seiner persönlichen Anhörung, dass es ihm derzeit in Deutschland gesundheitlich viel besser gehe und er sich gerade in keiner ärztlichen Behandlung befinde. Auch sei er in den letzten zwei Jahren hier in Deutschland kaum krank gewesen. Diese Einlassungen machen deutlich, dass für den Antragsteller in Israel mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben aufgrund seines Gesundheitszustandes besteht. Zudem geht das Gericht davon aus, dass Atembeschwerden des Antragstellers auch in Israel behandelbar sind.
Die Haftbedingungen in israelischen Militärgefängnissen – sollte der Antragsteller aufgrund seiner Wehrpflichtentziehung in Beugehaft genommen werden – mögen möglicherweise Standards in deutschen Haftanstalten nicht gleichen, stellen aber keine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr dar (VG Augsburg, B. v. 23.05.2011 – Au 6 S 11.30206 – juris Rn. 43).
2.4. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
3. Der (gerichtskostenfreie, § 83b AsylG) Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Entscheidung über die Verbindung der Verfahren M 17 S 16.31575 und M 17 K 16.31574 zur gemeinsamen Entscheidung bezüglich der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf § 93 Satz 1 VwGO.
5. Ist nach dem Vorstehenden der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erfolglos, so gilt dies auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sowohl für das Antrags- als auch für das Klageverfahren. Denn es fehlt an der gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Aussicht auf Erfolg der Rechtsverfolgung. Hierzu wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen.


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