Verwaltungsrecht

Kein krankheitsbezogenes Abschiebungshindernis wegen einer postraumatischen Belastungsstörung in Bezug auf den Senegal

Aktenzeichen  M 10 S 16.31451

Datum:
31.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 3e, § 4, § 29a
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Eine fachärztlich diagnostizierte und attestierte posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) iSv Ziff. 43.1 der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10) mit Schweregrad 3 rechtfertigt es nicht, bei einem Asylsuchenden in Bezug auf den Senegal von einem krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG auszugehen, wenn eine Traumatherapie und -bearbeitung im Senegal zugänglich und finanzierbar ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), durch den sein Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist.
Der ohne Ausweispapiere in das Bundesgebiet eingereiste Antragsteller ist nach eigenen Angaben 1992 geborener Staatsangehöriger der Republik Senegal vom Volk der Mandinka und muslimischen Glaubens.
Am 29. Mai 2015 stellte er einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 9. Februar 2016 gab der Antragsteller zu seinem Reiseweg an, er habe den Senegal am 26. Dezember 2011 verlassen und sei über Mali, Burkina Faso, Niger und Libyen am 26. September 2013 nach Italien gelangt, wo er sich 16 Monate lang aufgehalten habe; schließlich sei er im März 2015 über Österreich nach Deutschland gereist.
Seine Mutter, zwei Geschwister sowie Onkel mit Familie lebten noch im Senegal. Der Antragsteller habe Bäcker und Maler gelernt und bis zu seiner Ausreise als Bäcker gearbeitet. Von dem Geld, was er verdient habe, habe er durchschnittlich leben können.
Zu seinen Asylgründen trug er vor, sein Problem seien die Rebellen in der C. gewesen. Sein Vater sei Lkw-Fahrer und Rebell gewesen. Da der Vater habe aussteigen wollen, sei er 2005 von den Rebellen als Verräter umgebracht worden.
Bis zu seiner Ausreise habe der Antragsteller dann zusammen mit seiner Mutter und den Geschwistern mit in der Hütte seines geschiedenen Onkels im Dorf … in der Region … gewohnt. Dort habe er die Kühe seiner Mutter gehütet und ihr in ihrem Laden geholfen. 2010 seien die Kühe dann von Rebellen gestohlen worden. Er habe dieses einem Onkel, der beim Militär gewesen sei, erzählt, der sich darum habe kümmern wollen. Am 20. Dezember 2011 hätten die Rebellen dann das Dorf beschossen und 13 Menschen getötet. Zu den Toten habe auch der Onkel des Antragstellers gehört. Die Rebellen hätten dann das Dorf geplündert und 20 junge Männer, darunter auch den Antragsteller, mitgenommen. Die Verschleppten seien drei Tage im Wald bei den Rebellen gewesen, sie hätten kaum etwas zu essen bekommen und die Rebellen hätten den Antragsteller geschlagen und ihn mit ihrem Zeichen am Bein gebrandmarkt. Sie hätten ihm gesagt, sein Vater sei Rebell gewesen und auch sein Sohn müsse ein Rebell sein, sonst würde er getötet. Am dritten Tag sei dem Antragsteller zusammen mit zwei anderen Entführten dann die Flucht gelungen. Nach zwei Stunden im Wald seien sie zu einer Straße gekommen, wo sie einen Lkw gestoppt und dem Lkw-Fahrer, der aus Mali gekommen sei, ihre Situation erklärt hätten. Der Lkw-Fahrer habe gesagt, dass er sie nur mitnehmen könne, wenn sie über ein Ausweispapier verfügten. Der Antragsteller habe seine Geburtsurkunde dabei gehabt und der Fahrer habe ihn mit nach Mali genommen. Das sei am 26. Dezember 2011 gewesen. Er sei dann nicht mehr in den Senegal zurückgekehrt und habe seine Flucht so begonnen. Probleme mit der Polizei, der Justiz oder anderen Behörden habe er im Senegal nicht gehabt. Bei einer Rückkehr befürchte der Antragsteller, die Rebellen würden ihn überall finden. Entweder müsse er dann mit den Rebellen kämpfen und Leute töten oder er würde selber getötet werden.
Zu seiner gesundheitlichen Situation legte der Antragsteller dem Bundesamt folgende fachärztliche Atteste vor:
– Internistischen Befund des Dr. med. … vom 8. Dezember 2015, worin dem Antragsteller ein sehr schlechter psychischer Zustand attestiert wird, der sich in Gewichtsabnahme und Magenbeschwerden äußere;
– Ärztlich-therapeutische Stellungnahmen der Dr. med. … (praktische Ärztin, Psychotherapie) vom 22. Dezember 2015 und 12. Februar 2016; hiernach wurde beim Antragsteller eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS nach ICD 10 F 43.1) infolge einer Traumatisierung durch den Bürgerkrieg in seinem Heimatland und die mehrjährige Flucht diagnostiziert und eine Traumatherapie mit stabilisierenden Techniken im Umfang von zunächst 10 Stunden für indiziert gehalten;
– Zweitdiagnose der Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin … vom 17. Februar 2016, wonach es sich um eine PTBS nach ICD 10 F 43.1 mit Schweregrad 3 nach SKID handle, die dringend behandlungsbedürftig sei; Medikamente reichten nicht aus; es sei eine Traumatherapie über mindestens ein Jahr erforderlich; bei einer Rückführung drohe eine Retraumatisierung und die Gefahr, dass sich der Patient etwas antue; derzeit seien suizidale Tendenzen zu verneinen.
Weiterhin legte der Antragsteller eine Fotodokumentation der bestehenden Vernarbungen an seinem rechten Unterarm und seinem linken Bein ein sowie Ausdrucke aus dem Internet zu dem Rebellenangriff des MFDC auf den Militärposten in … vom 21. Dezember 2011 in französischer und deutscher Sprache und einen Report 2011 zum Senegal von Amnesty International vor.
Auf Anfrage bei dem europäischen Dienst Medical Country of Origin Information („MedCOI“) zur Behandelbarkeit von PTBS im Senegal wurde dem Bundesamt unter dem 4. Mai 2016 mitgeteilt, dass die Behandlung durch Psychologen verfügbar sei und auch die Möglichkeit einer narrativen Expositionstherapie bestehe (vgl. i.e. S. 100-110 der Bundesamtsakte).
Mit Bescheid vom 1. Juni 2016, am 14. Juni 2016 mittels PZU zugestellt, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie den Asylantrag jeweils als offensichtlich unbegründet ab (Ziff. 1 und 2). Zudem lehnte es den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Ziff. 3) und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Ziff. 4). Gleichzeitig forderte es den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche ab Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziff. 5). Außerdem wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziff. 6); das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 7).
In den Gründen wird ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsland im Sinne von § 29a Abs. 2 AsylG. Er habe nichts vorgetragen, was ein Abweichen von dieser allgemeinen Einschätzung gebieten würde. Aus dem Vorbringen des Antragstellers lasse sich keine flüchtlingsrelevante Verfolgung ersehen, die die Regelvermutung nach § 29a Abs. 2 AsylG entkräften würde. Zunächst sei der Vortrag des Antragstellers schon nicht widerspruchsfrei und die geschilderten Zusammenhänge kausal nicht begründet. Nachdem 2005 sein Vater von den Rebellen als Verräter getötet worden sei, habe er nach eigenem Vortrag zwei weitere Jahre in Bani gelebt, ohne dass die Rebellen Interesse daran gezeigt hätten, ihn in irgendeiner Weise zu rekrutieren oder für ihre Zwecke – sei es durch Drohungen oder ähnliches repressives Verhalten – gefügig zu machen. Auch nach seinem Umzug zu der Mutter nach … wegen familiärer Auseinandersetzungen um das Erbe seines Vaters habe er dort dann bis zum Jahr 2011 weiterhin unbehelligt gelebt und seinen Lebensunterhalt bestritten. Der Antragsteller selbst sei nach eigenem Bekunden weder durch eigenes Zutun (bspw. Eigene politische Aktivität) noch aufgrund eines der asylrechtlich zu berücksichtigenden Merkmale (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) in den Fokus der Rebellengruppe geraten.
Es sei bekannt, dass die Zivilbevölkerung im Landesteil C. unter den Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und senegalesischer Armee gelitten habe; seit drei Jahrzehnten sei es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen, weil Rebellengruppen für eine größere Autonomie der C. eingetreten seien. So sei es in 2011 zu Überfällen, Raub und Tötungen gekommen. Diese lokal begrenzten bewaffneten Auseinandersetzungen in der C. hätten dort auch Fluchtbewegungen der betroffenen Bevölkerung ausgelöst, Teile der Zivilbevölkerung seien aus den jeweiligen Kampfgebieten nicht nur über die praktisch offenen Grenzen nach Guinea-Bissau und Gambia, sondern auch in die befriedeten Zonen, insbesondere in das Gebiet in und um die Regionalhauptstadt … sowie in den nördlichen, vom Konflikt nicht betroffenen Teil Senegals geflohen. Fluchtbewegungen seien nicht behindert und die C.-Flüchtlinge seien staatlicherseits nicht behelligt worden. Hierzu sei zu berücksichtigen, dass die C. geografisch weitgehend vom übrigen Staatsgebiet getrennt sei. Seit dem Machtwechsel 2012 herrsche nunmehr ein weitgehend eingehaltener de-facto Waffenstillstand. Der Antragsteller habe nicht deutlich gemacht, warum er die Möglichkeit der Zuflucht an den allgemein aufgesuchten Fluchtorten innerhalb des Senegals nicht genutzt habe. Auch habe er sich nach seiner Entführung im Jahr 2011 zur Strafverfolgung nicht schutzsuchend an den Staat gewandt. In Bezug auf den Vortrag seiner Entführung sei nicht glaubhaft, dass er seine Geburtsurkunde dabei hatte und die Rebellen diese bei ihm beließen. Auch wäre zu vermuten gewesen, dass der Antragsteller seine Mutter und Geschwister von seien Schicksal in Kenntnis gesetzt hätte. Somit dränge sich der Eindruck auf, dass die Schilderung des Sachverhaltes nicht umfänglich dem eigenen Erleben entspreche, sondern der Antragsteller in Punkten auf allgemein bekannte Sachverhalte Bezug nehme und diese mit der Ausreise kontextualisiere.
Auch seien aufgrund der gegenwärtigen Auskunftslage keine stichhaltige Gründe ersichtlich, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr in den Senegal ein ernsthafter Schaden nach § 4 Abs. 1 AsylG wie Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts drohen würde. Soweit der Antragsteller vortrage, bei seiner Rückkehr durch die Rebellengruppen bedroht zu sein, sei auf die seit Jahren veränderte politische Situation in der C. sowie den bestehenden Waffenstillstand zu verweisen. Es sei nicht bekannt und erkennbar, dass die Rebellengruppen fortgesetzte Rekrutierungen betrieben. Zudem wäre auch in diesen Fällen der Staat schutzwillig und schutzbereit. Auch stünden dem Antragsteller weiterhin regional andere Niederlassungsmöglichkeiten zur Verfügung, an denen er sich subjektiv geschützter fühlen könne. Das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne des Asylrechts sei für den Senegal zu verneinen.
Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor.
Zwar könne nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK in Betracht kommen, wenn der Antragsteller im Falle seiner Abschiebung Gefahr liefe, im Aufnahmeland auf völlig schlechte humanitäre Verhältnisse zu treffen, dass dies im Einzelfall als erniedrigende oder unmenschliche Behandlung anzusehen sei. Dies sei aber angesichts der Verhältnisse im Senegal nicht zu befürchten. Im Hinblick auf seine wirtschaftliche Situation sei festzuhalten, dass der Antragsteller erwerbsfähig sei. Er habe eine selbstständige Tätigkeit sowie die Berufe des Bäckers und Malers ausgeübt und damit seinen Lebensunterhalt bestritten. Nach eigenem Bekunden habe er vor seiner Ausreise damit ungefähr 300.000 FCA monatlich erwirtschaften können, was ungefähr einer Summe von rund 450 Euro monatlich entspreche und gemessen am nominalen Pro-Kopf-Einkommen des Landes ein vergleichbar gutes Einkommen darstelle. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller im Herkunftsland wieder eine Tätigkeit aufnehmen könne, die seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entspreche und die seinen Lebensunterhalt sicherstellen könne.
Dem Antragsteller drohe bei einer Rückkehr in den Senegal schließlich auch keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben, die nach Maßgabe der hierzu ergangenen Rechtsprechung zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen könne. Insbesondere rechtfertige die Angabe des Antragstellers, an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (kurz: PTBS; engl. Posttraumatic stress disorder – PTSD) zu leiden, nicht die Annahme eines Abschiebungsverbotes. Das Gesundheitswesen Senegals umfasse staatliche, private und konfessionelle Einrichtungen und es existierten gesetzliche Regelungen im Falle von Krankheit, Arbeitsunfall und Berufskrankheit. Soweit die vorliegenden fachärztlichen Atteste unter Hinzuziehung anerkannter Testverfahren leitlinienbasiert zur Diagnose einer PTBS kommen, seien diese nicht zu beanstanden. Sie beinhalteten ferner die therapeutische Empfehlung einer Traumatherapie, da eine medikamentöse Behandlung nicht ausreichend sei. Zu einer aktuellen oder erforderlichen medikamentösen Behandlung seien jedoch weiterhin keine Ausführungen erfolgt, so dass dem Bundesamt keine Hinweise auf eine laufende und fortgesetzte durchgeführte Pharmakotherapie vorlägen. Vielmehr stellten die ärztlichen/therapeutischen Atteste auf die Durchführung einer psychotherapeutischen Traumatherapie ab. Eine solche ist im Herkunftsland erreichbar. So böten in Dakar mehrere öffentliche Krankenhäuser sowohl Kurzzeit- als auch Langzeittherapien in ambulanter und stationärer Behandlung an. Positiv für den Antragsteller dürfte sich bei der Behandlung im Heimatland zudem auswirken, dass auf die Sprachmittlung durch einen Dolmetscher verzichtet werden könne und zudem das Vertrauensverhältnis zum Therapeuten nicht durch das Beisein eines Dritten mögliche Verzerrungen erfahren würde, bspw. durch selektives Verschweigen schambesetzter Inhalte. Daneben seien auch die gängigen pharmakologischen Inhaltsstoffe und Medikamente im Herkunftsland erhältlich.
Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.
Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und nach entsprechender Ermessensausübung auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet; Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate sei im Fall des Antragstellers angemessen.
Am 21. Juni 2016 hat der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 1. Juni 2016 zum Verwaltungsgericht München erhoben (Az. M 10 K 16.31450). Mit dieser wird unter Aufhebung des Bescheids die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Anerkennung des Antragstellers als Asylberechtigten bzw. zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 und Abs. 7 AufenthG geltend gemacht. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wird im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung von Klage und Antrag führen die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 1. Juli 2016 aus, der Antragsteller sei als Flüchtling anzuerkennen; zwar sei er im Senegal lediglich von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt worden, allerdings hätten ihm die staatlichen Einrichtungen nicht geholfen. Dies sei schon der Fall gewesen, als 2010 die Kühe seiner Familie von Rebellen gestohlen worden seien. Damals habe sich der Antragsteller an seinen Onkel als Angehörigen des Militärs gewandt. All dessen Bemühungen seien aber aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit der Rebellen erfolglos geblieben. Zwar habe der Antragsteller 2005 bis 2010 relativ unbehelligt in der Region C. leben können, was zum einen dem Friedensabkommen 2004 geschuldet sei und zum anderen der Tatsache, dass der Antragsteller damals noch nicht volljährig gewesen sei und die Rebellen regelmäßig nur volljährige Personen rekrutierten.
Der Antragsteller könne nicht auf eine inländische Fluchtalternative verwiesen werden, da er nach seinem Umzug in das Dorf … ebenfalls von Rebellen erkannt, verschleppt und gefoltert worden sei. Hiernach habe er sich nicht schutzsuchend an den Staat gewandt, weil er zum einen bereits 2010 insoweit keine Hilfe vom Militär erhalten hätte und sein Vertrauen erschüttert gewesen wäre; zum anderen sei er einfach froh gewesen, den Rebellen entkommen zu sein. Der Antragsteller habe auf der Flucht um sein Leben fürchten müssen. In dieser Ausnahmesituation sei es nicht möglich gewesen, zunächst beim ohnehin überforderten Militär oder anderen staatlichen Stellen Schutz zu suchen.
Auch sei die Ablehnung von Abschiebungsverboten in dem Bescheid rechtswidrig. Nach den vorgelegten Attesten leide er an einer PTBS. Die Atteste belegten, dass sich die Erkrankung des Antragstellers bei einer Abschiebung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmern würde, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führen würde. Der Antragsteller müsse wegen seiner Krankheit durchgehend medikamentös behandelt und therapiert werden. Dies sei für ihn in seinem Heimatland nicht möglich. Auch wenn im Senegal eine psychotherapeutische Traumatherapie zur Verfügung stünde und es mehrere öffentliche Krankenhäuser gebe, welche Kurzzeit- und Langzeittherapien anböten, gebe es immer wieder Probleme mit Medikamenten und Ärzten; zum anderen könnte sich der Antragsteller diese Therapien nicht leisten. Auch könne er nicht auf finanzielle Unterstützung seiner Familie zurückgreifen, seine Mutter lebe noch in der C. und verfüge selbst nur über geringe finanzielle Mittel. Die adäquate medizinische Versorgung des Antragstellers wäre mit überaus hohen Kosten verbunden, die ohne familiäre Unterstützung nicht gewährleistet sei. Deshalb sei nach einer Rückkehr des Antragstellers in sein Heimatland mit einer alsbaldigen Verschlechterung seines Gesundheitszustands konkret zu rechnen.
Ergänzend zur Klage-/Antragsbegründung legten die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers einen Internetausdruck einer senegalesische Onlinezeitschrift vom 19. August 2013 in französischer Sprache (Titel: „2192 psychisch Kranke irren im Senegal umher“) sowie den Auszug eines Bescheids des Bundesamtes (ins Netz gestellt beim Informationsverbund Asyl und Migration) vor.
Die Antragsgegnerin hat die Asylakten vorgelegt, ohne sich in der Sache zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (auch im Verfahren Az. M 10 K 16.31450) sowie der vorgelegten Bundesamtsakte verwiesen.
II.
1. Das Gericht legt den Antrag sachdienlich dahingehend aus, dass er darauf gerichtet ist, die kraft Gesetzes nach § 75 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziff. 5 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 1. Juni 2016 sowie die nach § 84 Abs. 1 Satz 2 AufenthG kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte Einreise- und Aufenthaltsverbot in Nr. 6 des Bescheids anzuordnen.
2. Der so verstandene Antrag ist zulässig, insbesondere wurde er innerhalb der Frist von einer Woche (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) gestellt.
3. Der Antrag bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Nach Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG i. V. m. § 30 Abs. 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen, in denen der Asylantrag und der Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sind, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (grundlegend zur Ablehnung des Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ und zum Umfang der gerichtlichen Prüfung: BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/189 ff. = juris Rn. 86 ff.). Anknüpfungspunkt zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs durch das Gericht muss daher die Prüfung sein, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann.
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung in § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, jedoch gebieten die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen der Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG die diesbezügliche Berücksichtigung auch im Verfahren nach § 36 AsylG (vgl. zur Rechtslage nach dem dem Abschiebungsverbot gemäß § 60 AufentG entsprechenden § 51 Ausländergesetz 1990: BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166/221).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen vorliegend im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung.
Das Bundesamt hat die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Anerkennung als Asylberechtigter jeweils zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt (nachstehend a.); auch die Ablehnung des Antrags auf subsidiären Schutz (b.) sowie die Entscheidung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen, sind nicht zu beanstanden (c.).
a. Der Senegal ist in der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG als sogenannter sicherer Herkunftsstaat gelistet. Vom Antragsteller sind keine Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die eine von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat abweichende Bewertung rechtfertigen (vgl. § 29a Abs. 1 AsylG). Der Asylantrag war somit nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Die gleiche Beurteilung gilt für die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet.
aa. Das Gericht folgt insoweit zunächst den Ausführungen des Bundesamtes im angegriffenen Bescheid vom 1. Juni 2016 und nimmt gemäß § 77 Abs. 2 AsylG hierauf Bezug.
bb. Soweit der Antragsteller im Falle seiner Rückkehr eine Zwangsrekrutierung bzw. im Falle einer Weigerung eine Lebensbedrohung sowie Racheakte durch Rebellengruppen in der C. als Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure als Asylgrund anführt, wird hierzu ergänzend ausgeführt:
Auch wenn die Zivilbevölkerung im Landesteil C. im Süden des Landes immer noch unter der regionalen Abgeschiedenheit und dem schwelenden Konflikt zwischen den sogenannten Rebellen und der senegalesischer Armee zu leiden hat, hat sich die Lage dort seit 2012 deutlich entspannt (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21.11.2015 – Stand August 2015 – Gz. 508-516.80/3 SEN – nachfolgend: Lagebericht 2015 – S. 5 f., 12 f.).
In dem seit 1982 immer wieder aufflammenden Konflikt der senegalesischen Streitkräfte mit der Rebellenbewegung „Mouvement des forces démocratiques de la C.“ (kurz: MFDC) ist es auf beiden Seiten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen, wobei die Übergänge zwischen politischen und kriminellen Motiven der einzelnen Fraktionen fließend sind (Lagebericht 2015 S. 12).
In diesem Rahmen ist auch der vom Antragsteller vorgetragenen und dokumentierte Angriff der MFDC-Rebellen auf den Militärposten von … zu sehen, der laut dem vorgelegten Online-Presseauszug auf beiden Seiten – u. a. durch den Unfall eines Militärfahrzeugs – zu Todesopfern geführt hat, und der nach seinen Angaben letztlich Auslöser für die Flucht des Antragstellers gewesen ist.
Jedoch haben die noch im Winter 2011/2012 zu beklagenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Armee und Rebellen der MFDC seit 2012 deutlich nachgelassen. Damals wurden Mitarbeiter einer humanitärer Minenräumorganisationen entführt. Seit der Lösung dieser Fälle Ende 2012 ist es zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen (Lagebericht 2015 S. 13).
Im Frühjahr 2014 verkündete der Führer der MFDC, Salif Sadiò, einen einseitigen Waffenstillstand (Lagebericht 2015 S. 13).
Die senegalesische Regierung hat außerdem Maßnahmen ergriffen, die Infrastruktur in der C. zu verbessern und die wirtschaftliche Basis zu erweitern (Lagebericht 2015 S. 5). Dabei bekundet sie ihren politischen Willen, die kulturellen, ethnischen und religiösen Besonderheiten dieser Region zu respektieren. So hat Präsident Sall hat die Befriedung und wirtschaftliche Förderung der C. zur Priorität erklärt (Lagebericht 2015 S. 5).
Auch hat seine amtierende Regierung internationale Vermittlungen zur Befriedung der C. angestoßen (Lagebericht 2015 S. 13).
cc. Das Bundesamt weist zudem zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller sich vor seiner Ausreise schutzsuchend an die Behörden – ggf. auch außerhalb der C. – hätte wenden können. Es ist nach der Auskunftslage davon auszugehen, dass der senegalesische Staat willens und in der Lage ist, von Rebellen verfolgte Staatsangehörige zu schützen.
dd. Unabhängig des de facto-Waffenstillstands in der C. bleibt das Begehren des Antragstellers auf Asylanerkennung bzw. auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aber jedenfalls schon deshalb ohne Erfolg, weil ihm in Anwendung von § 3d, § 3e AsylG ausreichender interner Schutz bei einer Rückkehr in den Senegal zur Verfügung steht.
Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen 2011 in der C. flohen Teile der Zivilbevölkerung aus den jeweiligen Kampfgebieten nicht nur über die praktisch offenen Grenzen nach Guinea-Bissau und Gambia, sondern auch in die befriedeten Zonen innerhalb der C., insbesondere in das Gebiet in und um die Regionalhauptstadt Ziguinchor, sowie in den nördlichen, vom Konflikt nicht betroffenen Teil Senegals. Die Fluchtbewegungen wurden nicht behindert und die C.-Flüchtlinge wurden staatlicherseits nicht behelligt (Lagebericht 2015 S. 12).
b. Die Ablehnung der Zuerkennung subsidiären Schutzes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere steht dem Antragsteller jedenfalls ausreichender interner Schutz im Senegal zur Verfügung (§ 4 Abs. 3 i. V. m. § 3d, § 3e AsylG). Auch insoweit folgt das Gericht den Ausführungen des Bundesamtes im Bescheid vom 1. Juni 2016 und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
c. Schließlich ist auch die Verneinung (nationaler) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG durch das Bundesamt nicht zu beanstanden. Auch diesbezüglich folgt das Gericht zunächst den Ausführungen im angegriffenen Bescheid und nimmt hierauf Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Insbesondere die betreffend den Antragsteller fachärztlich diagnostizierte und attestierte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) im Sinne von Ziff. 43.1 der Internationale Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10) mit Schweregrad 3 rechtfertigt es nicht, bei ihm von einem krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 bis 4 AufenthG auszugehen.
Hierzu wird ergänzend ausgeführt:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Diese Regelung erfasst damit grundsätzlich nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr. schon zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG; vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – DVBl 2003, 463; U. v. 25.11.1997 -9 C 58/96 – BVerwGE 105; bzgl. § 60 Abs. 7 AufenthG vgl. BVerwG, B. v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris jeweils m. w. N.).
Wird eine psychische Erkrankung wie eine PTBS als Abschiebungshindernis geltend gemacht, stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerwG, B. v. 26.7.2012 – 10 B 21/12 – juris Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris Rn. 15) wegen der Unschärfen des Krankheitsbildes an deren Substantiierung besondere Anforderungen, namentlich die Vorlage eines aktuellen fachärztlichen Attests, aus dem sich u. a. nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
Zwar genügt der Befund der Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin … vom 17. Februar 2016 in Zusammenschau mit den ärztlich-therapeutische Stellungnahmen der Dr. med. … vom 22. Dezember 2015 und 12. Februar 2016 im Wesentlichen diesen Mindestanforderungen.
Jedoch lässt sich daraus im vorliegenden Fall für den Antragsteller kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis ableiten.
Eine vorhandene Erkrankung kann nach ständiger Rechtsprechung ein Abschiebungshindernis begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sie sich aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen, z. B. auch aus finanziellen Gründen, tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 a. a. O. juris Rn. 3; BayVGH, U. v. 3.7.2012 a. a. O. juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B. v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56 m. w. N.).
Diese ständige Rechtsprechung hat nunmehr in der Neufassung des § 60 Abs. 7 AufenthG durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) ausdrücklichen normativen Niederschlag gefunden.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Außerdem liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
In Anwendung dieser Maßstäbe geht das Gericht mit dem Bundesamt davon aus, dass die diagnostizierte und attestierte psychische Erkrankung des Antragstellers in Form der PTBS 3. Schweregrades im Senegal behandelt werden kann.
Nach dem Befund der Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin … vom 17. Februar 2016 besteht die notwendige Behandlung in einer Traumatherapie mit EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing = Desensibilisierung und Neu-Verarbeitung durch Augenbewegungen) sowie einer Traumabearbeitung nach Luise Reddemann über mindestens ein Jahr. Eine medikamentöse Behandlung wird als nicht ausreichend erachtet; Medikamente wurden auch nicht verordnet.
Auf Anfrage bei dem europäischen Dienst „MedCOI“ zur Behandelbarkeit von PTBS im Senegal wurde dem Bundesamt unter dem 4. Mai 2016 mitgeteilt, dass die Behandlung durch Psychologen verfügbar sei und es auch die Möglichkeit einer narrativen Expositionstherapie bestehe (vgl. i.e. S. 100-110 der Bundesamtsakte). Insbesondere bietet das öffentliche Centre hospitalier national universitaire de Fann (CHNU) in Dakar die psychiatrische Behandlung von PTBS auch mit Mitteln der EMDR an (vgl. S. 103 der Bundesamtsakte).
Mit dem Bundesamt geht das Gericht auch davon aus, dass dem Antragsteller die voraussichtlich über ein Jahr erforderliche Traumatherapie und -bearbeitung im Senegal auch zugänglich und insbesondere finanzierbar ist.
Laut dem bereits zitierten Bericht des Auswärtigen Amtes über die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland vom 21. November 2015 (S. 15) verfügt der Senegal grundsätzlich über gut ausgebildete Ärzte und auch das Angebot an meist aus Frankreich importierten Medikamenten ist umfassend. Dennoch ist das staatliche Gesundheitssystem insoweit unzureichend, als Patienten ihre Medikamente, Operationen und Krankenhausaufenthalte selbst finanzieren müssen. Dies verursacht vor allem Probleme bei chronischen Erkrankungen, häufig muss in solchen Fällen die gesamte erweiterte Familie für die dauerhaften Behandlungskosten aufkommen.
Der Antragsteller ist – anders als die Klägerin im von den Verfahrensbevollmächtigten zitierten Verfahren Az. M 21 K 11.30881 – ein arbeitsfähiger und nach eigenen Angaben auch arbeitsfreudiger (vgl. S. 91 der Bundesamtsakte) alleinstehender junger Mann ohne Unterhaltsverpflichtungen, der im Senegal u. a. eine selbstständige Tätigkeit sowie die Berufe des Bäckers und Malers ausgeübt und damit seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Nach eigenem Bekunden hat er in … ungefähr 300.000 CFA Francs monatlich erwirtschaften können, was einer Summe von rund 457 Euro entspricht und gemessen am nominalen Pro-Kopf-Einkommen des Landes (laut Länderinformation des Auswärtigen Amtes circa 882 Euro/Jahr) ein vergleichbar gutes Einkommen darstellt. Mit dem Bundesamt geht das Gericht daher davon aus, dass der Antragsteller im Herkunftsland wieder eine Tätigkeit aufnehmen kann, die seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entspricht und die seinen Lebensunterhalt einschließlich der anfallenden Kosten für eine zeitlich begrenzte Traumatherapie und -bearbeitung sicherstellt.
Vor diesem Hintergrund und insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungen in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG kann zur Überzeugung des Gerichts beim Antragsteller im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland nicht von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgegangen werden.
d. Damit ist insgesamt die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassenen Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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