Verwaltungsrecht

Keine Abschiebungsverbote hinsichtlich Elfenbeinküste

Aktenzeichen  W 2 K 18.31508

Datum:
7.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36336
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Es kann davon ausgegangen werden, dass ein gesunder, junger, arbeitsfähiger Mann in der Lage sein wird, sich in einer der zahlreichen Großstädte der Elfenbeinküste eine den Anforderungen des Art. 3 EMRK entsprechende Existenz aufzubauen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
1. Der Bundesamtsbescheid vom 10. Juli 2018 ist im verfahrensgegenständlichen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung von nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung in die Elfenbeinküste und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls rechtmäßig.
Das Gericht folgt der entsprechenden Begründung im Bescheid vom 10. Juli 2018 hinsichtlich der Versagung von Abschiebungsverboten und verweist auf die dortigen Ausführungen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
1.1 Es liegen keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11). Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27.5.2008 – 26565/05, U.v. 28.6.2011 – 8319/07).
Solche Umstände sind vom Kläger weder vorgetragen, noch ersichtlich. Mit seiner Arbeitserfahrung als Automechaniker kann davon ausgegangen werden, dass der gesunde, junge, arbeitsfähige Kläger in der Lage sein wird, sich in einer der zahlreichen Großstädte der Elfenbeinküste, beispielsweise in Abidjan, eine den Anforderungen des Art. 3 EMRK entsprechende Existenz aufzubauen. Vor seinem gewaltbereiten Stiefbruder braucht er – zumindest in den entfernt gelegenen Landesteilen – keine Angst zu haben. Dieser wird nach den eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung bereits polizeilich gesucht. Der Kläger könnte sich im Falle weiterer Nachstellungen durch seinen Stiefbruder zudem hilfesuchend an die dortige Polizei wenden. Für die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in der Elfenbeinküste wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen im verfahrensgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
Nennenswerte gesundheitliche Einschränkungen sind beim Kläger offensichtlich nicht vorhanden. Seine angebliche Verletzung, die er sich bei der Vereitelung des Überstellungsversuchs zugezogen habe, ist nicht mehr erkennbar. Andere gesundheitsbedingte Einschränkungen wurden im Gerichtsverfahren weder durch ärztliche Atteste unterfüttert, noch erreichen sie auf der Grundlage seiner Behauptungen überhaupt den für ein Abschiebungsverbot relevanten Schweregrad. Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass, an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
1.2 Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
1.3 Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hat die Klage insgesamt keinen Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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