Verwaltungsrecht

keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG

Aktenzeichen  10 C 21.1475

Datum:
11.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18496
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 25a Abs. 1

 

Leitsatz

Wird ein die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ablehnender nicht mit Rechtshelfen angegriffen, ist für die Annahme eines atypischen Falles iSv § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kein Raum. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 21.182 2021-04-22 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg anhängige Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG weiter.
Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, also wenn dieser vollständig vorliegt und der Prozessgegner Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ändert sich im Laufe des Verfahrens die Sach- und Rechtslage zugunsten des Antragstellers, ist ausnahmsweise jedoch der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – hier des Beschwerdegerichts – maßgeblich, wenn nach dem materiellen Recht bei einer Entscheidung in der Hauptsache im Laufe des Verfahrens eingetretene Entwicklungen zu berücksichtigen sind (BayVGH, B.v. 5.10.2018 – 10 C 17.322 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zutreffend festgestellt, dass die Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat. Das Verwaltungsgericht hat dies damit begründet, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG sowohl das Fehlen einer Duldung als auch das Fehlen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhalts) entgegenstehe.
Dem hält der Kläger mit der Beschwerde entgegen, ihm sei zwar zuletzt keine Duldung mehr erteilt worden, er habe jedoch aufgrund der schleppenden Rückführung von vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen einen Anspruch auf eine Duldung. Die Berufung des Beklagten auf die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts sei treuwidrig, weil er selbst durch die Versagung einer Beschäftigungserlaubnis dafür verantwortlich sei, dass er (der Kläger) keiner Erwerbstätigkeit nachgehen dürfe. Ohne das Erwerbstätigkeitsverbot könnte er sofort eine Arbeitsstelle bei seinem (früheren) Ausbildungsbetrieb antreten. Das Verwaltungsgericht hätte insofern das Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalls prüfen müssen. Dieses Vorbringen bietet keinen Anlass zur Abänderung des Beschlusses des Erstgerichts.
Das Verwaltungsgericht ist jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis das Fehlen der Regelerteilungsvoraussetzung eines gesicherten Lebensunterhalts (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) entgegensteht. Dass der Lebensunterhalt des Klägers nicht gesichert ist, ist unstreitig. Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob ein atypischer Fall deswegen vorliege, weil der Beklagte die Erwerbslosigkeit durch die Versagung einer Beschäftigungserlaubnis selbst verursacht habe, greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob der häufig auftretende Fall einer beschäftigungsverbotsbedingten Erwerbslosigkeit im Falle der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG überhaupt ein atypischer Sonderfall sein kann (bejahend VGH BW, B.v. 10.9.2001 – 11 S 2212/00 – juris Rn. 5 im Fall des § 30 Abs. 3 AuslG a.F.). Ein atypischer Fall käme nach Auffassung des Senats allenfalls in Frage, wenn der Ausländer nachweist, dass ihm die Aufnahme einer seinen Lebensunterhalt sichernden Erwerbstätigkeit möglich gewesen wäre, er sich um die Erteilung einer erforderlichen Beschäftigungserlaubnis nachdrücklich bemüht und eine etwaige Versagung einer solchen Erlaubnis (erfolglos) angefochten hat (OVG Lüneburg, B.v. 18. März 2010 – 8 ME 24/10 – juris Leitsatz 3; ähnlich OVG LSA, B.v. 29.3.2010 – 2 O 8/10 – juris Rn. 14 zu § 104a Abs. 1 AufenthG). Nachdem der Kläger den die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 25. November 2020 nicht mit Rechtshelfen angegriffen hat, ist für die Annahme eines atypischen Falles im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG kein Raum. Das Verfahren über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist nicht der Platz, um inzident die Rechtmäßigkeit von bestandskräftigen Ablehnungsbescheiden in Verfahren über die Erteilung einer Erwerbstätigkeitserlaubnis zu überprüfen.
Ob der Kläger einen materiellen Anspruch auf die Erteilung einer Duldung hat und ob ein solcher für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG ausreichend wäre, bedarf angesichts der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts keiner Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfallende Gebühr streitwertunabhängig ist.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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