Verwaltungsrecht

Keine Aussetzung der Abschiebung zur Feststellung von Reiseunfähigkeit

Aktenzeichen  10 CE 21.1639

Datum:
22.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22493
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1, Abs. 3, § 146
ZPO § 920 Abs. 2
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1, Abs. 2c

 

Leitsatz

Ein rechtliches Abschiebungshindernis iSd § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG liegt insbesondere dann vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Gefahr für Leib und Leben zu befürchten ist. Infolge der Abschiebung muss, unabhängig vom konkreten Zielstaat, eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands konkret drohen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 E 21.2244 2021-05-19 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren – unter Beiordnung von Rechtsanwältin B. G., P. straße 10, 8… M. – wird abgelehnt.

Gründe

I.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren vor dem Verwaltungsgericht erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihre Abschiebung nach Ungarn einstweilen auszusetzen, bis ihre Reiseunfähigkeit amtsärztlich festgestellt ist. Daneben beantragt sie für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten.
Die Antragstellerin, eine ungarische Staatsangehörige, deren Verlust des Freizügigkeitsrechts bestandskräftig festgestellt ist, beantragte am 13. Februar 2020 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ? aus Furcht vor einem gewalttätigen Mann, vor dem die ungarischen Behörden sie nicht schützen würden, sowie wegen einer Angst- und Panikstörung mit Suizidalität ? internationalen Schutz. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt als offensichtlich unbegründet ab. Über die hiergegen gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht München ist noch nicht entschieden (M 17 K 21.30044). Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in dem vorgenannten Bescheid erlassene Abschiebungsandrohung lehnte das Verwaltungsgericht München ab (M 17 S 21.30045) ebenso wie den unter Bezugnahme auf ärztliche Unterlagen vom 11., 15. und 30. März 2021 gestellten Antrag auf Abänderung des Beschlusses (M 17 S7 21.30654).
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 16. März 2021 ? unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen vom 11. und 15. März 2021 im Zusammenhang mit stationären Klinikaufenthalten ? bei der Antragsgegnerin beantragt, sie amtsärztlich auf ihre Reiseunfähigkeit hin untersuchen zu lassen.
Mit Schreiben vom 16. April 2021 hat die Antragsgegnerin erwidert, dass die in den ärztlichen Bescheinigungen diagnostizierten Zustände der Antragstellerin in Ungarn behandelbar seien. Die Antragstellerin werde daher bis zum 27. April 2021 um Vorlage eines Nachweises über ihre Ausreise bis spätestens am 6. Mai 2021 gebeten, andernfalls behalte sich die Antragsgegnerin die Einleitung der Abschiebung mit ärztlicher Begleitung, Sicherheitsbegleitung und Inempfangnahme in Ungarn vor.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2021 und 17. Mai 2021 hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht – unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen vom 11., 15. und 30. März 2021 sowie zuletzt vom 30. April 2021 im Zusammenhang mit stationären Klinikaufenthalten ? beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, gegen sie Abschiebemaßnahmen einzuleiten oder durchzuführen, bevor nicht ihre Reiseunfähigkeit amtsärztlich festgestellt ist.
Auf telefonische Nachfragen des Verwaltungsgerichts hin, zuletzt am 10. Mai 2021, hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass eine Abschiebung trotz der mittlerweile bis zum 21. Mai 2021 verlängerten Grenzübertrittsbescheinigung nicht konkret geplant sei, ein Abschiebungsverfahren vielmehr noch eingeleitet werden müsse und es außerdem an einem gültigen Reisepass der Antragstellerin fehle.
Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Mai 2021 hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag der Antragstellerin abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, dass schon kein Anordnungsgrund vorliege, weil das Abschiebungsverfahren erst noch eingeleitet werden müsse und die Antragstellerin nicht über einen gültigen Reisepass verfüge. Außerdem fehle es an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin habe die gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nicht durch Vorlage einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG widerlegt. Aus den ärztlichen Bescheinigungen gehe zwar hervor, dass die Antragstellerin gegenwärtig an einer schweren Episode einer rezidivierenden depressiven Störung sowie psychischen und Verhaltensstörungen durch Sedativa und Hypnotika leide und dass Anlass für die stationären Klinikaufenthalte jeweils gewesen sei, dass die Antragstellerin, die Informationen über ihre Abschiebung erhalten habe, starke Suizidgedanken bekommen habe und aus dem Fenster habe springen wollen. Allerdings verhielten sich die ärztlichen Bescheinigungen vom 11. und 30. März 2021 sowie vom 30. April 2021 nicht zu der Reiseunfähigkeit, jedenfalls sei die Antragstellerin nach den vorgenannten Unterlagen jeweils während der Klinikaufenthalte und bei Entlassung von Suizidalität glaubhaft und ausdrücklich distanziert gewesen. Die ärztliche Bescheinigung vom 15. März 2021 genüge mangels hinreichend konkreter Begründung nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG. Im Übrigen sei die angekündigte Ausgestaltung der Abschiebung (ärztliche Begleitung, Sicherheitsbegleitung und Inempfangnahme in Ungarn) zu berücksichtigen. Da die Antragstellerin ihre Reiseunfähigkeit nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nachgewiesen habe, bestehe auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zu weiterer Sachverhaltsaufklärung, insbesondere auch nicht einer amtsärztlichen Untersuchung der Antragstellerin.
Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 hat die Antragstellerin hiergegen Beschwerde eingelegt der Sache nach mit den Anträgen,
die Antragsgegnerin ? unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2021 ? zu verpflichten, die Abschiebung einstweilen auszusetzen, bis ihre Reiseunfähigkeit amtsärztlich festgestellt ist, und ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Zur Begründung trägt die Antragstellerin – unter Bezugnahme auf die bereits vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen sowie den im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Bericht vom 21. Juni 2021 ? vor, dass sie oft stationär im Klinikum für Psychiatrie und Psychotherapie untergebracht sei. Grund hierfür seien, wie diagnostiziert und nachgewiesen sei, depressive Störungen, Verhaltensstörungen, Panikstörungen sowie Asthma, Hypertonie und Diabetes. Im Fall einer Abschiebung nach Ungarn bestehe Suizidgefahr. Es sei fachärztlich festgestellt, dass sie nicht reisefähig sei. Entgegen dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts habe sie nicht beantragt, ihre Abschiebung auszusetzen, sondern die Abschiebung bis zu der Untersuchung ihrer Reisefähigkeit durch das Gesundheitsamt und bis zu dem entsprechenden Ergebnis auszusetzen. Wenn keine Abschiebung geplant sei, dann entstehe der Antragsgegnerin durch die amtsärztliche Untersuchung auch kein Nachteil. Das Verwaltungsgericht habe unzulässigerweise von den Ärzten verlangt, etwaige rechtliche Folgen der fachärztlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen beziehungsweise sich mit einer rechtlichen Frage auseinanderzusetzen. (unter Verweis auf: Gordzielik/Huber in Huber/Mantel, AufenthG, 3. Aufl. 2021, § 60a Rn. 57). Sofern sich eine ausreisepflichtige Person gegen eine Abschiebung mit der Behauptung wende, suizidgefährdet zu sein, sei es gegebenenfalls erforderlich, dass in der ärztlichen Bescheinigung eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit einer medizinisch begleiteten Abschiebung durch einen Facharzt bis zum Zielflughafen nebst einer abgesicherten Übergabe an medizinisches Fachpersonal im Zielstaat erfolgen könne. Dann müsse die Diagnose jedoch als gesichert betrachtet werden. Alleine eine ärztliche Überwachung könne das Problem der Suizidalität nicht lösen, eine Übergabe an ein geschlossenes Krankenhaus in Ungarn sei angesichts der gerichtsbekannten jüngsten Ereignisse in Ungarn, wonach ein Abweichen vom Mainstream nicht erlaubt sei, nicht denkbar.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 und vom 12. Juli 2021 hat die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Überprüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, eine von dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2021 abweichende Entscheidung zu treffen.
Die Antragstellerin hat den geltend gemachten Anordnungsanspruch auf Aussetzung der Abschiebung bis zu der amtsärztlichen Feststellung der Reiseunfähigkeit nach § 60a Abs. 2 AufenthG nicht in einer den Anforderungen des § 123 Abs. 1 und 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO genügenden Weise glaubhaft gemacht. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen hierfür als nicht erfüllt angesehen hat.
Die Antragstellerin hat keine Umstände glaubhaft gemacht, die nahelegen würden, dass die Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Reiseunfähigkeit rechtlich unmöglich ist.
a) Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt insbesondere dann vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Gefahr für das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgut Leib und Leben zu befürchten ist. Erforderlich ist, dass infolge der Abschiebung als solcher ? unabhängig von dem konkreten Zielstaat ? eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes der betroffenen Person konkret droht. Zum einen scheidet daher eine Abschiebung aus, wenn und solange die Person wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich der Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Transport wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht ? sog. Reiseunfähigkeit im engeren Sinn. Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn – außerhalb des Transports – das ernsthafte Risiko besteht, dass der Gesundheitszustand der Person unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig von dem konkreten Zielstaat) sich wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert – Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2020 ? 10 CE 20.369 – juris Rn. 6; B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Dabei wird nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, gemäß § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.
b) Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass die genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
Nicht nachvollziehen kann der Senat die Rüge der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe entgegen dem ausdrücklich gestellten Eilantrag nicht die Aussetzung der Abschiebung bis zu der amtsärztlichen Feststellung der Reise(un) fähigkeit geprüft. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Prüfung erkennbar vorgenommen (vgl. BA S. 2: “bis ihre Reisefähigkeit amtsärztlich festgestellt worden ist” u. BA S. 9: “keinen Anspruch auf amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung ihrer Reiseunfähigkeit”).
Aus den fachärztlich diagnostizierten pathologischen Zuständen als solchen kann die Antragstellerin zu ihren Gunsten keine Aussetzung der Abschiebung herleiten. Hierfür ist, wie erörtert und von der Antragsgegnerin zutreffend betont, eine relevante Verschlechterung des Zustandes im Falle der Abschiebung erforderlich (s.o.). Aus diesem Grund geht auch der – der Sache nach wohl geltend gemachte ? Einwand der Antragstellerin ins Leere, die Antragsgegnerin habe mit ihren angekündigten Vorkehrungsmaßnahmen für die Abschiebung die diagnostizierten Zustände der Antragstellerin als gesichert anerkannt.
Gleiches gilt für die geltend gemachte Suizidgefahr. Die Antragstellerin setzt sich insofern nicht substantiiert mit den differenzierten Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Dies ist nicht dadurch geschehen, dass die Antragstellerin pauschal behauptet, eine Reiseunfähigkeit sei fachärztlich festgestellt. Soweit die Antragstellerin einwendet, das Verwaltungsgericht habe unzulässigerweise verlangt, dass sich die ärztlichen Bescheinigungen mit Rechtsfragen auseinandersetzen, dürfte sie auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts abzielen, wonach sich die ärztlichen Bescheinigungen vom 11. und 30. März 2021 sowie vom 30. April 2021 nicht zu einer etwaigen Reiseunfähigkeit verhalten (vgl. BA S. 8). Damit ist indes erkennbar nicht die Forderung nach einer rechtlichen Würdigung gemeint, sondern lediglich ausdrückt, dass die ärztlichen Bescheinigungen zu dem Szenario einer Abschiebung und deren voraussichtlichen gesundheitlichen Folgen keine Aussage treffen.
Dem Umstand, dass sich die Antragstellerin laut den im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegten ärztlichen Unterlagen von Suizidalität glaubhaft distanziert hat (vgl. BA S. 8), setzt sie auch im Beschwerdeverfahren nichts entgegen. Zudem greift die Antragstellerin die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Defizite der ärztlichen Bescheinigung vom 15. März 2021 nicht an, wonach es an den erforderlichen Angaben zu dem Behandlungsverlauf, der Anamnese, der Methode der Tatsachenerhebung und der Medikation fehle und insgesamt unklar sei, woraus die Suizidgefahr hergeleitet werde (vgl. BA S. 8 f.).
Die von der Antragstellerin nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 21. Juni 2021 ist ebenfalls nicht geeignet, Umstände glaubhaft zu machen, die aktuell eine Annahme der Reiseunfähigkeit in Form der Suizidalität nahelegen (vgl. Senatsakte, Bl. 32: “Pat. ist aktuell glaubhaft distanziert” u. Bl. 34: “Am 21.06.2021 erfolgte die Entlassung in teilstabilisiertem Zustand zurück in die Notunterkunft … . … Zum Zeitpunkt der Entlassung bestand kein Anhalt für akute Eigen- oder Fremdgefährdung” sowie “Keine Suizidalität”). Daran ändert auch die zuletzt im Beschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 8. Juli 2021 nichts. Darin wird allein auf die bei der Antragstellerin diagnostizierten Zustände und Klinikaufenthalte verwiesen und sodann daraus gefolgert, dass die drohende Abschiebung nach Ungarn, wo keine tatsächlichen Bindungen bestünden, für die Antragstellerin eine besondere Härte darstelle, insbesondere mit der Gefahr der Induktion eines erneuten Krankheitsschubs, auch mit Suizidalität. Im Wesentlichen ist die ärztliche Bescheinigung vom 8. Juli 2012 mit derjenigen vom 15. März 2021 wortlautidentisch und leidet an den von dem Verwaltungsgericht aufgezeigten Mängeln (s.o.), die es dem Senat ebenfalls verbieten, die Folgerungen als glaubhaft gemacht anzusehen.
Als nicht durchgreifend erweist sich der Einwand der Antragstellerin, mangels bevorstehender Abschiebung begründe eine amtsärztliche Untersuchung für die Antragsgegnerin keinen Nachteil. Dies ändert nichts an der von dem Verwaltungsgericht zutreffend erörterten Darlegungs- und Beweislast des § 60a Abs. 2c AufenthG für die Widerlegung der vermuteten Reisefähigkeit, welcher die Antragstellerin nicht genügt hat (s.o.). Abgesehen davon macht die Antragstellerin einen Anspruch und damit eine rechtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin geltend, die sich aus dem Vorbringen so gerade nicht ergibt.
Nicht durchdringen kann die Antragstellerin, welche die von dem Verwaltungsgericht angenommene Ausgestaltung der Abschiebung (vgl. BA S. 11) nicht angreift, schließlich ? unter Verweis auf nicht benannte und auch nicht anderweitig konkretisierte Ereignisse in Ungarn, wonach ein Abweichen von dem Mainstream nicht erlaubt sei ? mit dem Einwand, die ärztliche Überwachung könne das Problem der Suizidalität nicht lösen. Abgesehen davon, dass das Beschwerdevorbringen insofern als vage, pauschal und unsubstantiiert einzustufen ist, bezieht es sich auf die Bedingungen in Ungarn und ist damit eine zielstaatsbezogene Erwägung, die im vorliegenden Verfahren, das die Feststellung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses zum Gegenstand hat, dem Rechtsschutzbegehren nicht zu Erfolg verhelfen kann.
2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 8.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Aus den genannten Gründen ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren – unter Beiordnung der Bevollmächtigten – mangels hinreichender Erfolgsaussichten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen.
5. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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