Verwaltungsrecht

Keine Chance auf Zulassung zum Medizinstudium in München

Aktenzeichen  7 CE 16.10143 u. a.

Datum:
26.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 51 Abs. 2 Nr. 4, § 54
BayHZG BayHZG Art. 4 Abs. 1 S. 7
GKG GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2
VwGO VwGO § 122 Abs. 2 S. 3, § 123, § 146 Abs. 4 S. 6, § 152 Abs. 1, § 154 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Im Wintersemester 2015/2016 war die Ausbildungskapazität im ersten klinischen Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin an der Ludwig-Maximilian-Universität München ausgeschöpft. Dabei lag der Festsetzung der Zulassungszahl nicht die personelle Ausstattung zugrunde, sondern – wegen Fehlens einer ausreichenden Zahl von Patienten für die Ausbildung im klinischen Teil des Studiums – das anhand patientenbezogener Einflussfaktoren überprüfte, niedrigere Berechnungsergebnis. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelung der patientenbezogenen Einflussfaktoren bei der Berechnung der Aufnahmekapazität für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin ist – wie vom VGH München (BeckRS 2014, 55306) bereits entscheiden – unverändert sachgerecht. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 3 E 15.18338 2016-02-16 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin und der Antragsteller tragen jeweils die Kosten der Beschwerdeverfahren.
III.
Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird jeweils auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin und der Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten klinischen Fachsemester an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) nach Maßgabe der Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2015/2016. Sie machen geltend, die LMU habe ihre Aufnahmekapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Anträge jeweils mit Beschlüssen vom 16. Februar 2016 abgelehnt.
Mit den vorliegenden Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie tragen vor, bei der Berechnung der patientenbezogenen Ausbildungskapazität sei der grundlegend geänderten, kürzeren Verweildauer der Patienten in den Universitätskliniken Rechnung zu tragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Schriftsätze des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 18. April 2016 Bezug genommen.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die LMU im Wintersemester 2015/2016 ihre Ausbildungskapazität im ersten klinischen Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin (Zweiter Studienabschnitt) ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen der streitgegenständlichen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:
Der Festsetzung der Zulassungszahl der im ersten klinischen Fachsemester aufzunehmenden Studienbewerber liegt nicht die aufgrund der personellen Ausstattung berechnete Aufnahmekapazität (§§ 43 ff. HZV) zugrunde, sondern – wegen des Fehlens einer ausreichenden Anzahl geeigneter Patienten für die Ausbildung im klinischen Teil des Studiengangs Medizin (§ 51 Abs. 2 Nr. 4 HZV) – das nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 HZV anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren überprüfte und zu einer niedrigeren Aufnahmekapazität führende Berechnungsergebnis (§ 54 Abs. 2 HZV). Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Regelung der patientenbezogenen Einflussfaktoren bei der Berechnung der Aufnahmekapazität für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin (§ 54 Abs. 1 HZV) – wie der Senat bereits entschieden hat – unverändert sachgerecht.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 28. Juli 2014 – 7 CE 14.10038 u. a. – (juris Rn. 15 f.) hierzu grundlegend ausgeführt:
„Der Umfang der Tätigkeit von Lehrpersonen in der Krankenversorgung und die bei der Ermittlung der Ausbildungskapazität im klinischen Studienabschnitt des Studiengangs Humanmedizin zu berücksichtigenden patientenbezogenen Einflussfaktoren sind ständigem Wandel unterworfen. Es ist Aufgabe des Verordnungsgebers, die Entwicklung der maßgeblichen Faktoren zu beobachten und die Normen gegebenenfalls anzupassen. Allerdings kommt ihm hierbei eine Einschätzungsprärogative zu. Die Zeitabstände für eine Ermittlung der maßgeblichen Umstände, die ohnehin nicht naturwissenschaftlich beweisbar sind, und für eine Überprüfung der Richtigkeit der ursprünglichen Annahmen lassen sich nicht abstrakt festlegen. Solange sich nicht aufdrängt, dass die Regelungen und die ihnen zugrundeliegenden Annahmen fehlerhaft oder überholt sind, ist es nicht Aufgabe des Gerichts im kapazitätsrechtlichen Eilverfahren, die einschlägigen Bestimmungen durch andere Vorgaben zu ersetzen. Hinsichtlich der Wahrnehmung von Aufgaben in der Krankenversorgung durch Lehrpersonen und der Zählweise bei der Ermittlung einer ausreichenden Anzahl geeigneter Patientinnen und Patienten für die Ausbildung im Studiengang Medizin sieht der Senat trotz des geänderten Abrechnungssystems im Gesundheitswesen und dessen mögliche Auswirkungen auf die Verweildauer der Patienten in den Kliniken keine Veranlassung, die entsprechenden Regelungen in der Hochschulzulassungsverordnung rechtsschöpfend im Wege der Notkompetenz zu korrigieren.
Der Unterausschuss ‚Kapazitätsverordnung‘ der (damaligen) ZVS hat sich zuletzt in seiner Sitzung vom 30./31. August 2007 nach Erhebung entsprechender Daten mit der Frage befasst, mit Hilfe welcher Berechnungsparameter nach der Neuordnung der Vergütung künftig die patientenbezogene Aufnahmekapazität im Studiengang Medizin ermittelt werden sollte (vgl. BayVGH, B. v. 12.6.2014 – 7 CE 14.10012 – juris Rn. 21). Aufgrund eines hierzu vorgelegten Berichts der Arbeitsgruppe ‚Medizin‘, wonach die Zahl der tagesbelegten Betten im Erhebungszeitraum nicht rückläufig war, wurde von einer zunächst angedachten Überarbeitung der einschlägigen Bestimmungen Abstand genommen. Selbst wenn aber entgegen dieser nunmehr sieben Jahre zurückliegenden Erhebung die Zahl und die Aufenthaltsdauer der stationären Patienten seither rückläufig wären und sich hierdurch die patientenbezogene Ausbildungskapazität im klinischen Studienabschnitt reduziert hätte, würde dies die Richtigkeit der entsprechenden Bestimmungen nicht zwingend in Frage stellen. Die Ausbildung der Studierenden im klinischen Teil des Studiums findet auch vor Beginn des Praktischen Jahres bereits in erheblichem Umfang am Krankenbett statt. So sollen die Studierenden nach dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung entsprechend dem Stand ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen praktischer Übungen am Patienten unterwiesen werden (§ 2 Abs. 3 Satz 5 der Approbationsordnung für Ärzte [ÄApprO] vom 27.6.2002 [BGBl S. 2405], zuletzt geändert durch Verordnung vom 2.8.2013 [BGBl S. 3005]). Ihnen ist ausreichend Gelegenheit zu geben, unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes am Patienten tätig zu werden, soweit dies zum Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich ist (§ 2 Abs. 3 Satz 7 ÄApprO). Dabei sind unzumutbare Belastungen des Patienten durch den Unterricht zu vermeiden (§ 2 Abs. 3 Satz 8 ÄApprO). Beim Unterricht am Krankenbett darf jeweils nur eine kleine Gruppe von Studierenden gleichzeitig unmittelbar am Patienten unterwiesen werden, und zwar beim Unterricht in Form der Patientendemonstration eine Gruppe von höchstens sechs und bei der Untersuchung eines Patienten durch Studierende eine Gruppe von höchstens drei (§ 2 Abs. 3 Satz 9 ÄApprO). Es liegt auf der Hand, dass die Einhaltung dieser Vorgaben eine ausreichende Zahl von für die Lehre geeigneten Patientinnen und Patienten (Art. 4 Abs. 1 Satz 7 BayHZG) erfordert und dass sich hierbei insbesondere eine längere Verweildauer der Patienten in der Klinik günstig auswirkt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn der Verordnungsgeber an den bisherigen Festlegungen für die Berücksichtigung der stationär in tagesbelegten Betten aufgenommenen Patienten und der lediglich ambulant behandelten und damit für die Ausbildung weniger geeigneten Patienten festhält (vgl. auch OVG Berlin-Bbg, B. v. 18.3.2014 – OVG 5 NC 13.13 – juris Rn. 11-20; NdsOVG, B. v. 22.8.2013 – 2 NB 394.12 – juris Rn. 18).“
Ergänzend ist zu bemerken, dass die LMU bei der Berechnung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität teilstationäre Leistungen ohnehin berücksichtigt. Der hierauf bezogene Einwand der Antragsteller ist damit insoweit gegenstandslos.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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