Verwaltungsrecht

Keine drohende staatliche Verfolgung wegen (unberechtigten) Verdachts auf Mitgliedschaft in der Rebellengruppe „Mouvement des Forces démocratiques de la Casamance“ (MFDC)

Aktenzeichen  M 17 K 16.31308

Datum:
6.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29a, § 36
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Droht einem Schutzsuchenden im Senegal ein Strafverfahren, so führt dies nicht zur Verfolgung, da das senegalesische Rechtssystem, das im Wesentlichen auf dem französischen Recht basiert und die Gewaltenteilung garantiert, nach rechtsstaatlichen Grundsätzen abläuft. (redaktioneller Leitsatz)
Auch wenn im Senegal die Bedingungen in den Gefängnissen und in der Justiz nicht den deutschen Maßstäben genügen, ist damit nicht die gesetzliche Vermutung in § 29a AsylG widerlegt, da ein Schutzsuchender keinen Anspruch auf ein nach deutschen Maßstäben durchgeführtes Strafverfahren hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 verzichtet.
2. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen Nr. 7 des Bescheids vom 27. Mai 2016 richtet (2.1.), im Übrigen ist sie unbegründet (2.2.), da der Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
2.1. Bezüglich Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage beträfe lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Klägers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; Funke/Kaiser, GK-AufenthG, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass von Klägerseite keine substantiierten Bedenken gegen die Länge der Befristung vorgebracht wurden.
2.2. Im Übrigen ist die Klage zulässig (vgl. insbesondere zu Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids, vgl. Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 189), aber unbegründet.
2.2.1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling oder Asylberechtigter rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar. Das Gericht nimmt insoweit auf die Begründung des Bundesamtes Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland des Klägers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – Rn. 65). Gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken.
Der Kläger hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die von dem Kläger angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
a) Der Kläger kann gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 AsylG schon deshalb offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag auf dem Landweg über Spanien eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist. Darüber hinaus kann gemessen an seinem Vortrag von einer (vom Staat ausgehenden) politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16 a GG offensichtlich nicht die Rede sein.
b) Das Vorbringen des Klägers, dass er nach seiner Rückkehr von den Rebellen getötet werde, wenn er diesen in die Hände fallen würde, lässt bereits keine Anknüpfung an die für die Flüchtlingseigenschaft maßgeblichen Merkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG erkennen. Danach bedarf es einer begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Der Kläger trägt vielmehr vor, Opfer terroristischen Handelns geworden zu sein, ein verfolgungsrelevanter Bezug ist nicht erkennbar.
Zudem erfordert § 3c Nr. 3 AsylG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der senegalesischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Der senegalesische Staat nimmt keine Repressionen Dritter hin, d. h. der Kläger könnte hier grundsätzlich Hilfe erlangen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 15. Oktober 2014 – „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG“ [Stand: August 2014], dort unter II. 2. „Repressionen Dritter“, S. 13; VG München, B. v. 24.3.2016 – M 4 S 16.30549 – UA S. 7; VG München, B. v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30464 – UA S. 6; VG München, B. v. 22.3.2016 – M 15 S 16.30357 – UA S. 8; VG München, B. v. 10.3.2016 – M 21 S 16.30061 – UA S. 9). Das Gericht teilt gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln daher die Einschätzung des Bundesamtes, dass der senegalesischer Staat bei einer derartigen Bedrohung, bei der es sich um terroristisches Unrecht eines nichtstaatlichen Akteurs handelte, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 3c Nr. 3, § 3d Abs. 1 und 2 AsylG).
Ferner ist davon auszugehen, dass – jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden – ganz offensichtlich eine inländische Fluchtalternative (§ 3e AsylG) besteht (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 21. November 2015 und 15. Oktober 2014 – „Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG“ [Stand: August 2015 bzw. August 2014], dort unter II. 3. „Ausweichmöglichkeiten“, S. 12f.; VG Augsburg, B. v. 24.04.2013 – Au 7 S 13.30107; VG München, B. v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30464 – UA S. 6). Der Kläger kann durch Verlegung seines Wohnsitzes in urbane Zentren anderer Landesteile Senegals, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und nichtstaatliche Dritte mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden. Zumal die Wiedererkennung des Klägers durch die Rebellengruppen fraglich erscheint. Der Vortrag ist mithin nicht geeignet, die besonderen Voraussetzungen zu erfüllen, die § 29a Abs. 1 AsylVfG an das Widerlegen bzw. die Erschütterung der Regelvermutung der Verfolgungssicherheit im Senegal knüpft. Schließlich gab der Kläger selbst an im Jahre 2012 in die Region von Thiès in den Nordsenegal geflohen zu sein und dort unbehelligt ohne eine Verfolgung durch die Rebellen befürchten zu müssen habe leben können.
c) Soweit der Kläger vorträgt, dass er befürchte vom senegalesischen Militär getötet zu werden, da er mit den Rebellen zusammen gewesen sei, vermag er dadurch nicht die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung zu erschüttern.
Zunächst trug der Kläger vor, selbst mit anderen Jungen gefangen genommen worden zu sein. Sie hätten das Diebesgut der Rebellen transportieren müssen. Der Kläger behauptete sodann, dass er 2011 an der Seite der Rebellen mitgekämpft habe. Auf wiederholte Nachfrage des Anhörers, ob er tatsächlich an der Seite der Rebellen mitgekämpft habe, und dem Hinweis, dass terroristische Aktivitäten auch in Deutschland verfolgt werden könnten, revidierte der Kläger seine Einlassung und gab nun an, nicht für die Rebellen gekämpft, sondern lediglich deren Diebesgut aus den Überfällen transportiert zu haben. Zu dieser Tätigkeit sei er von den Rebellen gezwungen geworden. Waffen habe er keine getragen, eine Ausbildung hätte er nicht erhalten. Die Rebellen seien Angehörige der MFDC gewesen. Die korrekte Bedeutung der Abkürzung MFDC konnte der Kläger auf Nachfrage allerdings nicht wiedergeben, ebenso wenig konnte er auf Nachfrage den Namen des Chefs der MFDC benennen. Nachdem der Kläger – nach eigenem Vortrag – über zwei Jahre von der MFDC gefangen gehalten wurde, erscheint dies selbst unter Berücksichtigung des geringen Bildungsstandes des Klägers als unglaubwürdig. Insgesamt bleiben die Einlassungen des Klägers zu einer vermeintlichen staatlichen Verfolgung wegen seiner erzwungenen Zusammenarbeit mit dem MFDC vage, nicht substantiiert und widersprüchlich. Sie werden nicht durch nachprüfbare Details gestützt und ergeben keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine drohende Gefahr bei Rückkehr. Konkrete Hinweise und konkrete Vorkommnisse zu einer staatlichen Verfolgung als Mitglied der Rebellen wurden nicht genannt, geschweige denn belegt. Im Übrigen ist es unwahrscheinlich, dass dem Kläger die vermeintliche Mitarbeit bei den Rebellen als Transporteur seitens der staatlichen Stellen vorgeworfen werden könnte, zumal bekannt ist, dass die Rebellen junge Menschen zum Dienst gezwungen haben. Die noch im Winter 2011/2012 zu beklagenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Armee und den Rebellen der MFDC haben seit 2012 deutlich nachgelassen. Im Frühjahr 2014 hat der Führer der MFDC einen einseitigen Waffenstillstand verkündet. Die Regierung Sall hat internationale Vermittlungen zur Befriedung angestoßen. Bereits im Juli 2004 wurde ein Amnestiegesetz erlassen. Angehörige der MFDC sind nicht schon aufgrund ihrer MFDC-Mitgliedschaft einer Verfolgung ausgesetzt, sondern erst bei Einsatz von Gewalt zur Erlangung der Unabhängigkeit. Die Regierung bekundet ihren politischen Willen, die kulturellen, ethnischen und religiösen Besonderheiten der Casamance zu respektieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylVfG vom 11.09.2013, Stand: August 2014, II.3, S. 12).
Aber auch wenn man die Einlassungen des Klägers als wahr unterstellte und er bei seiner Rückkehr in den Senegal tatsächlich immer noch von den senegalesischen staatlichen Behörden gesucht würde, hätte er ein Strafverfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu erwarten. Die Gewaltenteilung im Senegal ist rechtlich garantiert. Das senegalesische Rechtssystem basiert im Wesentlichen auf dem französischen Recht. Berufungsmöglichkeiten sind im Prinzip für alle Gerichte vorgesehen (Lagebericht I.1, S. 6). Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Im Strafverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Die Verhängung grausamer oder erniedrigender Strafen erfolgt nicht. Körperstrafen nach der Scharia sind ausgeschlossen, da das islamische Recht nur im Familien- und Erbrecht, nicht aber im Strafrecht Anwendung findet. Auch wenn die Bedingungen in den Gefängnissen und in der Justiz nicht den deutschen Maßstäben genügen, ist damit die gesetzliche Vermutung in § 29a AsylG nicht widerlegt. Einen Anspruch auf ein nach deutschen Maßstäben durchgeführtes Strafverfahren hat der Kläger nicht. Insbesondere ist eine Strafverfolgungs- und Zumessungspraxis, die allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion, Nationalität, sozialer Gruppe oder politischen Überzeugung diskriminiert, nicht erkennbar (Lagebericht II.1.5, S. 9).
2.2.2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
a) Auch bei Annahme einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG durch einen nichtstaatlichen Akteur kommt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. der entsprechenden Anwendung des § 3c Nr. 3 AsylG die Gewährung subsidiären Schutzes nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung, dass der Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, fehlt.
b) Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse im Senegal vermag sich der Kläger weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) erfüllen (BVerwG, U. v. 31.01.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, S. 1167ff. – juris Rn. 23 – 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U. v. 24.07.2013 – A 11 S 697/13 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aufweisen. Unter Berücksichtigung der derzeit Lebensverhältnisse im Senegal (vgl. dazu den streitgegenständlichen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG) reicht hierfür der bloße Verweis auf eine schwierige wirtschaftliche Situation im Senegal schon im Ansatz ganz offensichtlich nicht aus. Als junger arbeitsfähiger Mann ist der Kläger zudem in der Lage, wie jeder andere dort Lebende in der vergleichbaren Situation, seinen Lebensunterhalt in seinem Heimatland durch eigene Tätigkeit, z. B. wieder in der Landwirtschaft, sicherzustellen.
c) Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus EMRK ergäbe, ist nicht ersichtlich. Die behauptete Bedrohungslage erfüllt diese Voraussetzungen jedenfalls nicht. Ungeachtet dessen, dass die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes zumutbar ist, besteht für den Kläger – wie dargestellt – die Möglichkeit, sich in einem anderen Landesteil niederzulassen.
Die geltend gemachte Erkrankung des Klägers (Hepatitis B) stellt kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar. Abgesehen davon, dass keine Atteste o.ä. vorgelegt wurden, ist nicht ersichtlich, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers zu erwarten ist. Dies gilt insbesondere, da der Beistand des Klägers im Rahmen der persönlichen Anhörung am … 2016 vortrug, dass der Kläger zweimal beim Arzt gewesen sei und die Arztsekretärin mitgeteilt habe, dass kein aktueller Befund mehr vorliege.
2.2.3. Schließlich ist auch die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG in Nr. 6 des Bescheids vom 27. Mai 2016 rechtmäßig.
Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger gegen dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere keine Ermessensfehler geltend gemacht hat.
3. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der § 34 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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