Verwaltungsrecht

Keine extreme Gefahrenlage in Afghanistan für junge Männer

Aktenzeichen  M 26 K 17.36197

Datum:
15.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10669
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3e, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GG Art. 16a
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Der junge, gesunde und erwerbsfähige Kläger kann sich in einer der großen Städte Afghanistans niederlassen, wo er auch ohne die Unterstützung seiner Familie leben und aufgrund der Entfernung von seinem Heimatort von seinen Verfolgern nicht aufgefunden werden könnte. (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts kann für keine der Regionen Afghanistans angenommen werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die humanitäre Lage in Afghanistan ist nicht so ernst, dass eine Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Auch hat sich die allgemeine Gefahrenlage nicht zu einer extremen Gefahr verdichtet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2018 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat gemäß allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 auf Einhaltung der Ladungsfrist sowie Ladung gegen Empfangsbekenntnis verzichtet.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der angegriffene Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger kann mit Erfolg weder die Anerkennung als Asylberechtigter noch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG noch die subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG begehren. Er hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG. Das Gericht folgt zunächst den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und sieht diesbezüglich von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Es ergänzt im Hinblick auf den für die Beurteilung der Sach- und Rechtlage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 1. HS AsylG) wie folgt:
„Es kann und muss angesichts des Ausbleibens des Klägers zur mündlichen Verhandlung und des Entfallens seiner informatorischen Anhörung durch das Gericht offenbleiben, ob die vom Kläger geschilderten Geschehnisse, auf denen seine Flucht aus Afghanistan beruhen soll, der Wahrheit entsprechen. Dem Bundesamt ist darin zu folgen, dass der Kläger angesichts der Verfolgung seiner Familie durch die Taliban jedenfalls auf andere Gebiete Afghanistans außerhalb seines Heimatortes bzw. seiner Heimatregion hätte ausweichen können.“
Die Beklagte hat so zu Recht die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz und subsidiärem Schutz nach den §§ 3 und 4 AsylG wegen des Vorhandenseins einer inländischen Fluchtalternative gemäß § 3e, im Falle subsidiären Schutzes i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG, abgelehnt.
1. Soweit der Kläger auf eine Bedrohung durch die Taliban verweist, ist das Gericht davon überzeugt, dass es dem Kläger in seiner konkreten Situation zumutbar ist, vor ihnen in andere Landesteile auszuweichen.
Nach § 3e i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG wird der Flüchtlingsstatus bzw. der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. der Gefahr eines ernsthaften Schadens oder Zugang zu Schutz vor einem ernsthaften Schaden hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort nieder lässt. Das setzt voraus, dass dort nicht andere, unzumutbare Nachteile drohen. Dabei sind auch nicht verfolgungsbedingte Gefahren zu berücksichtigen und zwar – im Unterschied zu Art. 16a GG – auch dann, wenn diese am Herkunftsort in gleicher Weise bestehen (vgl. BVerwG, U.v. 29. Mai 2008 – 10 C 11.07 – juris Rn. 31, 32, 16; Heilbronner, Ausländerrecht, Stand: Dezember 2016, Anm. zu § 3e AsylVfG Rn. 10 ff. und zu Art. 16a GG Rn. 216). Zumutbar ist eine Rückkehr daher insbesondere nur dann, wenn der Ort der inländischen Schutzalternative ein wirtschaftliches Existenzminimum ermöglicht. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein verfolgungssicherer Ort dem Ausländer das wirtschaftliche Existenzminimum grundsätzlich immer dann bietet, wenn er dort durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und der Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, etwa in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor ausgeübt werden. Nicht mehr gesichert ist wirtschaftliche Existenzminimum, wenn der Ausländer am Ort der inländischen Fluchtalternative bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100/05 – juris Rn. 11; BVerwG, B.v. 21.5.2003 – 1 B 298/02 – juris Rn. 3; U.v. 1.2.2007 – 1 C 24/06 – juris Rn. 11; U.v. 31.3.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 20).
Gemessen daran ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger in Afghanistan für ihn zumutbar an einem Ort niederlassen kann, an dem er nach seinem individuellen Risikoprofil verfolgungssicher ist und an dem er sein Existenzminimum sicherstellen kann. Damit drohen dem Kläger – auch auf der Grundlage der vorgetragenen Vorverfolgung – bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung oder andere unzumutbare Nachteile (vgl. zum Prognosemaßstab BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris Rn. 18 ff.).
Für den Kläger ist es zumutbar, sich z.B. in Kabul oder Mazar-e-Sharif niederzulassen, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs sowie der Entfernung zu seinem Heimatort in der Provinz A … von seinen Verfolgern nicht aufgefunden würde. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (AA, Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Stand September 2016 – S. 16). Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger z.B. in Kabul oder Mazar-e-Sharif niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Auch seine Verwandten, von denen er sich Geld geliehen hat, könnten ihn dort nicht ausfindig machen.
Dass es der Kläger bisher versucht habe, innerhalb von Afghanistan über einen längeren Zeitraum Schutz zu suchen, wurde nicht vorgetragen. Es ist auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger nach seiner Rückkehr in das Visier etwaiger Verfolger gelangen sollte. Das Risiko, dass die Verfolger auch jetzt noch nach dem Kläger suchen, ist als gering einzustufen, zumal bereits nicht ersichtlich ist, woher die Verfolger überhaupt von einer Rückkehr des Klägers erfahren sollten.
Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland in der Lage wäre, z.B. in Kabul oder Mazar-e-Sharif einen Lebensunterhalt oberhalb des Existenzminimums insoweit zu verdienen, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort aufzuhalten. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass alleinstehende, leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter grundsätzlich in der Lage sind, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris Rn. 12). Davon ist auch im Fall des Klägers als einem jungen Mann, der mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich körperlich und seelisch gesund ist, und der als Inhaber einer KFZ-Werkstatt in Afghanistan über berufliche Erfahrungen verfügt, auszugehen.
2. Die allgemeine Gefährdungslage in Afghanistan kann weder der vorgenannten Annahme einer inländischen Fluchtalternative entgegengehalten werden noch für sich genommen zu der Zuerkennung subsidiären Schutzes führen. Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für keine der Regionen Afghanistans angenommen und die Lage dort nicht derart eingeschätzt, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG anzunehmen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris Rn. 11). Diese Einschätzung ist im Falle des Klägers auch mit Blick auf die jüngsten Erkenntnismittel, namentlich der Vereinten Nationen (vgl. UNAMA: Protection of Civilians in Armed Conflict, Annual Report 2017), noch aktuell. Insbesondere ergibt sich für die Provinz Kabul, die als Zielort einer Abschiebung in Betracht kommt (vgl. zum örtlichen Bezugspunkt der Gefahrenprognose BVerwG, B.v. 14.11.2012 – 10 B 22/12 – juris), bei einer Bevölkerung von 4,5 Millionen Einwohnern (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan i.d.F.v. 30.1.2018, S. 56) und einer Zahl von 1.831 im Jahr 2017 getöteten und verletzten Zivilpersonen ein Risiko von 1 zu 2.470 bzw. eine Gefahrendichte von 0,04%, die erheblich unter der Schwelle beachtlicher Wahrscheinlichkeit liegt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 11.12.2017 – 13a ZB 17.31374 – juris Rn. 7). Vergleichbares gilt für die Provinz Balkh mit der Provinzhauptstadt Mazar-e-Sharif. Dort ergibt sich bei einer Einwohnerzahl von 1,38 Millionen (vgl. EASO, Afghanistan: Security Situation, Dezember 2017, S. 88) und 129 zivilen Opfern im Jahr 2017 (vgl. UNAMA) ein Risiko von 1 zu 10.697 und eine Gefahrendichte von 0,009%. Damit ist auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. dazu BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 23) nicht von einer erheblichen individuellen Gefahr im genannten Sinne auszugehen, zumal die medizinische Versorgungslage in den Nord- und Zentralprovinzen besser ist (vgl. AA, Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Stand September 2016 – S. 23).
3. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.
§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. z.B. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017, 3 A 140/16 – juris Rn. 53 m.w.N.). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.
In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2018 – 13a ZB 17.31287 – UA Rn. 5; B.v. 2.11.2017 – 13 a ZB 17.31033 – juris Rn. 5; B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris Rn. 5; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 55 ff.). Arbeitsfähige, gesunde Männer, wie der Kläger, sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris Rn. 5; B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30929 – juris Rn. 2; B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 60). Gerade Rückkehrer aus dem Westen sind dabei in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch die Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer Afghanistans geflohen sind, wesentlich höher (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 21). Zudem hat der Kläger sieben Jahre die Schule besucht und war Inhaber einer KFZ-Werkstatt, sodass er über eine gewisse Schulbildung und Berufserfahrung verfügt, was es ihm erleichtern dürfte, Arbeit zu finden. Lesen und Schreiben muss er hierfür nicht unbedingt können, denn in Afghanistan ist die Analphabeten-Rate ohnehin hoch. Auf ein unterstützendes Netzwerk, das dem Kläger nach seinen Angaben nunmehr fehlt, kommt es nicht an.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor.
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris Rn. 15).
Für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige ist im Allgemeinen nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen, die zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in entsprechender Anwendung) führen würde (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.1.2018 – 13a ZB 17.31287 – UA Rn. 5; B.v. 2.11.2017 – 13 a ZB 17.31033 – juris Rn. 5; B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris Rn. 13; B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris Rn. 5; B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris Rn. 5). Wie bereits ausgeführt, sind alleinstehende, arbeitsfähige junge Männer auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiäre Unterstützung grundsätzlich in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.
4. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.
5. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 6 des angegriffenen Bescheids keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Klägerseite diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden dabei nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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