Verwaltungsrecht

Keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, wenn es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit fehlt

Aktenzeichen  20 ZB 18.30059

Datum:
16.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 198
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3, Abs. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Die Berufungszulassungsgründe im Asylprozess sind abschließend geregelt. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung sind dort nicht vorgesehen.  (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert die Formulierung einer konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage und die Erläuterung, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist und ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die bloße Bezugnahme auf eine Reihe von Medienberichten und der pauschale Verweis auf Fundstellen im Internet kann zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, ob irakische Staatsangehörige kurdischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit in ihrem Heimatland verfolgt werden, nicht ausreichen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 K 17.32946 2017-11-29 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29. November 2017 (Az. B 3 K 17.32946) ist unzulässig, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe im Asylgesetz nicht vorgesehen sind bzw. nicht entsprechend den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt sind.
1. Soweit die Kläger geltend machen lassen, das angegriffene Urteil sei rechtsfehlerhaft, zielen sie auf die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ab (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Berufungszulassungsgrund ist jedoch nach der abschließenden Regelung in § 78 Abs. 3 AsylG im Asylprozess nicht vorgesehen.
2. Des Weiteren lassen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Dieser Zulassungsgrund ist jedoch nicht entsprechend den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
Als grundsätzlich bedeutsam werfen die Kläger die Fragen auf,
ob irakische Staatsangehörige kurdischer volks- und sunnitischer Glaubenszugehörigkeit in ihrem Heimatland aufgrund ihrer Religion[s]- und Volkszugehörigkeit verfolgt werden,
ob für diese Volksgruppe inländische Fluchtalternativen existieren und damit,
ob in diesen Personen die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. der subsidiäre Schutzstatus festzustellen ist.
Zur Begründung verweisen die Kläger auf verschiedene Links zu aktuellen neutralen Medienberichten im Internet und legen drei englischsprachige Berichte des British Telegraph vom 20. Januar 2016, des Human Rights Watch vom 3. November 2016 sowie der Aljazeera News vom 7. November 2016 über die aktuelle Situation der oben genannten Volksgruppe im Irak vor.
Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG jedoch nicht dargetan. Denn diese Darlegung erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). „Darlegen“ bedeutet schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis. Etwas „darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 2.10.1961 – 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90/91; B.v. 9.3.1993 – 3 B 105.92 – NJW 1993, 2825). Der Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung, mit der sich die Begründung des Zulassungsantrags substantiiert auseinandersetzen muss (BVerfG, B.v. 2.3.2006 – 2 BvR 767/02 – NVwZ 2006, 683). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger im Zulassungsantrag nicht gerecht. Abgesehen davon, dass die aufgeworfenen Fragen in ihrer Allgemeinheit keiner Klärung in einem Berufungsverfahren zugänglich sind, fehlt es zur Darlegung der Entscheidungserheblichkeit (Klärungsfähigkeit) der aufgeworfenen Fragen an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Des Weiteren ist die bloße Bezugnahme auf eine Reihe von Medienberichten, die noch dazu nur zu einem kleinen Teil dem Zulassungsantrag beigelegt sind, im Sinne des Darlegungsgebotes nicht ausreichend. Denn Sinn und Zweck des Darlegungsgebotes ist es u.a., das Zulassungsverfahren zu vereinfachen, indem dem Rechtsmittelführer auferlegt wird, vorzutragen, warum er die gesetzlich vorgesehenen Zulassungsgründe als gegeben erachtet (BVerfG, NVwZ 2000, 1163). Der bloße pauschale Verweis auf Fundstellen im Internet, aus dem nicht einmal hervorgeht, welche Informationen sich hinter dem jeweiligen Link verbergen, kann daher zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichen (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2017 – 20 ZB 17.30632 – juris; GK-AsylG, 105. ErgLfg April 2016, § 78 Rn. 613 a.E.), ebenso wenig der Verweis auf vorgelegte Berichte ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit denselben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.
Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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