Verwaltungsrecht

Keine mündliche Verhandlung im Zulassungsverfahren; Anhörungsrüge kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung

Aktenzeichen  9 ZB 21.364

Datum:
12.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6133
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 101 Abs. 3, § 108 Abs. 2, § 124a Abs. 5 S. 1, § 152a

 

Leitsatz

1. Nach § 124a Abs. 5 S. 1 VwGO erfolgt die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung durch Beschluss. Eine mündliche Verhandlung im Zulassungsverfahren ist dabei nicht vorgesehen (§ 101 Abs. 3 VwGO iVm § 124a Abs. 5 S. 1 VwGO) und im Allgemeinen auch sachlich nicht geboten. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Gebot rechtlichen Gehörs gem Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten inhaltlich zu folgen. Dementsprechend stellt die Anhörungsrüge keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung dar. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 ZB 18.1744 2021-01-14 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Rügeverfahrens als Gesamtschuldner, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

Die Anhörungsrüge ist unbegründet, weil der Senat den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 14. Januar 2021 (Az. 9 ZB 18.1744) nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Soweit die Antragsteller beanstanden, die Entscheidung des Senats vom 14. Januar 2021 sei ohne mündliche Verhandlung ergangen, liegt hierin keine Verletzung rechtlichen Gehörs. Denn nach § 124 Abs. 5 Satz 1 VwGO erfolgt die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung durch Beschluss. Eine mündliche Verhandlung im Zulassungsverfahren ist dabei nicht vorgesehen (§ 101 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 5 Satz 1 VwGO) und im Allgemeinen auch sachlich nicht geboten (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – juris Rn. 48; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 76). Auch bedarf es im Zulassungsverfahren keiner weiteren Ermittlungen zum Sachverhalt, sondern allein der Würdigung der fristgerecht dargelegten Zulassungsgründe gem. § 124a Abs. 5 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Im Übrigen beschränken sich die Ausführungen der Antragsteller darauf (erneut) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltend zu machen. Sie führen dazu im Wesentlichen aus, dass das Verwaltungsgericht sein Urteil nicht begründet habe, keine ordnungsgemäße mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht stattgefunden habe, das Verwaltungsgericht eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen habe, die Grundzüge der Planung verletzt worden seien, ohne dass der Bebauungsplan geändert worden sei, die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts statt auf Baurecht und Bauplanungsrecht nur auf eine Nachbarstreitigkeit abstellten, das Verwaltungsgericht die Klageschrift vom 3. Dezember 2016 nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und dadurch eine notwendige Sachaufklärung unterlassen habe sowie die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hätten. Abgesehen davon, dass die Anhörungsrüge nicht dazu dient, (weitere) Zulassungsgründe außerhalb der gesetzlichen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorzutragen oder diese zu vertiefen, wird durch den Vortrag der Antragsteller kein Verstoß gegen den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör durch den Senat geltend gemacht. Vielmehr wird die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 14. Januar 2021 (Az. 9 ZB 18.1744) angegriffen. Damit können die Antragsteller aber nicht durchdringen. Denn das Gebot rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten inhaltlich zu folgen. Dementsprechend stellt die Anhörungsrüge keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer gerichtlichen Entscheidung dar (vgl. BVerwG, B.v. 18.3.2016 – 1 A 1.16 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 9 ZB 16.1846 – juris Rn. 3).
Soweit sich die Antragsteller im Rahmen der Anhörungsrüge auch gegen die Kostenentscheidung im Beschluss vom 14. Januar 2021 (Az. 9 ZB 18.1744) wenden, bleibt der Antrag ebenfalls erfolglos. Abgesehen davon, dass damit wiederum nur die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung gerügt wird, worauf die Anhörungsrüge nicht gestützt werden kann, hat der Senat – entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung – die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den Antragstellern auferlegt, weil die Beigeladene einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Auf die Stellung eines Kostenantrags nach § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO kommt es hierbei nicht an (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 162 Rn. 41).
Die Kostenentscheidung für das Rügeverfahren beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene im Verfahren der Anhörungsrüge sowohl einen Antrag gestellt hat als auch einen die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich, weil für das Verfahren über die Anhörungsrüge eine Festgebühr nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 154 Abs. 4 Satz 3 VwGO).


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