Verwaltungsrecht

Keine Verfahrensaussetzung bei Entscheidung in der Sache in Untätigkeitsklageverfahren

Aktenzeichen  21 C 19.631

Datum:
6.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 9762
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75 S. 3, § 146 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 75 S. 3 VwGO kommt nicht in Betracht, wenn die beklagte Behörde über den in der Sache gestellten Antrag bereits entschieden hat. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 5 K 18.1900 2019-03-06 Ent VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. März 2019 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Dem Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine auf der Grundlage des § 75 Satz 3 VwGO ergangene Aussetzung des Klageverfahrens.
Die Regierung der Oberpfalz ordnete mit Bescheid vom 27. August 2012 das Ruhen der dem Kläger erteilten Approbation als Arzt an. Grundlage dafür war insbesondere ein Gutachten des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. F. vom 6. August 2012.
Ein auf Veranlassung der Regierung von … von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. erstelltes Gutachten vom 11. August 2016 kommt zu dem Ergebnis, es könne nicht befürwortet werden, dass dem Kläger die ärztliche Approbation wiedererteilt werde; er leide an einer schweren psychischen Erkrankung (schizotype Störung – ICD-10 F21), die chronisch sei und bei der keine Besserung zu erwarten sei.
Der Kläger beantragte am 11. August 2017 bei der Regierung von … die „Wiedererteilung der ärztlichen Approbation“ und verwies auf einen Arztbrief des Prof. Dr. S. (Max-Planck-Institut für Psychiatrie) vom 1. Februar 2017. Danach stehe die Entlassungsdiagnose (Anankastische Persönlichkeitsstörung – ICD-10 F60.5) aus Sicht der unterzeichnenden Ärzte einem beruflichen Wiedereinstieg grundsätzlich nicht entgegen.
Am 17. Mai 2018 ließ der Kläger (Untätigkeits-)Klage erheben. Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 teilte die Regierung von … dem Kläger mit: Eine abschließende Beurteilung sei zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Nach der nunmehr vorliegenden internen fachärztlichen Stellungnahme sei von einer fortbestehenden gesundheitlichen Nichteignung des Klägers auszugehen.
Das Verwaltungsgericht Regensburg setzte mit Beschluss vom 6. März 2019 das Klageverfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO in Hinblick auf eine von der Regierung von … im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens in Auftrag gegebene, erneute Begutachtung des Klägers aus.
Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die statthafte (§ 146 Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen des § 75 Satz 3 VwGO für die vom Verwaltungsgericht beschlossene Aussetzung des Klageverfahrens liegen nicht vor.
1. Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden worden, kann die Untätigkeitsklage – wie hier – nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht setzt nach § 75 Satz 3 VwGO das gerichtliche Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist (nur) dann aus, wenn der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen wurde und dafür ein zureichender Grund besteht.
Danach war dem Verwaltungsgericht eine Aussetzung schon deshalb verwehrt, weil die Regierung von … über den der Sache nach gestellten Antrag, die Ruhensanordnung vom 27. August 2012 aufzuheben, bereits mit Schreiben vom 24. Mai 2018 abschließend entschieden hatte. Unschädlich ist dabei, dass dieses Schreiben nicht den formalen Anforderungen an einen Bescheid entspricht. Denn bei der gebotenen objektiven Würdigung (vgl. Müller in Huck/Müller, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 35 Rn. 20 m.w.N.) ist dessen Inhalt nur als Ablehnung des Aufhebungsantrags zu verstehen. Das Schreiben beginnt mit dem Hinweis, eine abschließende Beurteilung sei wegen der laufenden internen fachärztlichen Bewertung der neu eingegangenen Unterlagen zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die sich anschließende Feststellung, wonach aufgrund der nun vorliegenden Stellungnahme von einer fortbestehenden gesundheitlichen Nichteignung auszugehen sei, nur als abschließende und damit verbindliche Entscheidung über den Antrag zu verstehen. Das gilt umso mehr, als nachfolgend ausdrücklich auf die vom Kläger mit dem Antrag eingereichten Unterlagen dahingehend Bezug genommen wird, dass sie die bereits vorliegenden Gutachten nicht entkräften könnten.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO
3. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil bei einer erfolgreichen in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht besonders aufgeführten Beschwerde keine Gerichtskosten erhoben werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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