Verwaltungsrecht

Keine Verfolgung eines Anhängers des Zarathustra Glaubens im Iran

Aktenzeichen  W 8 K 18.32447

Datum:
4.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5161
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 108

 

Leitsatz

1. Die Würdigung der Angaben des Klägers zur Konversion ist ureigene Aufgabe des Gerichts im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gemäß § 108 VwGO. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Staatliche bzw. nichtstaatliche Repressionen drohen für konvertierte Christen im Iran nur dann, wenn sie in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten, wie etwa Gottesdiensten, teilnehmen, oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – entsprechend ihrer christlichen Prägung nach außen zeigen wollen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge decken sich mit den zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln sowie mit der einschlägigen Rechtsprechung.
In der Sache ist das Gericht zum gegenwärtigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht davon überzeugt, dass dem Kläger aufgrund seiner Konversion schon heute bei einer Rückkehr in den Iran eine beachtliche Verfolgungsgefahr droht. Unter Berücksichtigung der aktuellen abschiebungsrelevanten Lage im Iran hat der Kläger derzeit keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG.
Gemäß §§ 3 ff. AsylG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Bedrohung liegt dann vor, wenn anknüpfend an Verfolgungsgründe wie die Religion (vgl. dazu Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 – so genannte Anerkennungsrichtlinie oder Qualifikationsrichtlinie bzw. § 3b AsylG) Verfolgungshandlungen im Sinne von Art. 9 der Anerkennungsrichtlinie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (§ 3a AsylG). Eine schwerwiegende Verletzung der Religionsfreiheit kann eine Verfolgungshandlung darstellen, wenn der Betreffende auf Grund der Ausübung dieser Freiheit tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Dabei ist es nicht zumutbar, von seinen religiösen Betätigungen Abstand zu nehmen, um nicht verfolgt zu werden (EuGH, U.v. 5.9.2012 – C-71/11 und C-99/11 – ABl. EU 2012, Nr. C 331 S. 5 – NVwZ 2012, 1612).
Verfolgungshandlungen müssen an diese Gründe anknüpfend mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (siehe zum einheitlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – BVerwGE 140, 22; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09 – BVerwGE 136, 377). Eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit liegt dann vor, wenn die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist letztlich, ob es zumutbar erscheint, dass der Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt (BVerwG, U.v. 3.11.1992 – 9 C 21/92 – BVerwGE 91, 150; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118/90 – BVerwGE 89, 162). Über das Vorliegen einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegebenen Gefahr politischer Verfolgung entscheidet eine wertende Gesamtbetrachtung aller möglichen verfolgungsauslösenden Gesichtspunkte, wobei in die Gesamtschau alle Verfolgungsumstände einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob diese schon im Verfolgerstaat bestanden oder erst in Deutschland entstanden und von dem Ausländer selbst geschaffen wurden oder ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem nach der Flucht eingetretenen Verfolgungsgrund und entsprechend den schon in dem Heimatland bestehenden Umständen gegeben ist (BVerwG, U.v. 18.2.1992 – 9 C 59/91 – Buchholz 402.25, § 7 AsylVfG Nr. 1).
Dem Kläger ist es nicht gelungen, die für seine Ansprüche relevanten Gründen in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Zum einen leistete der Kläger aufgrund gesteigerter und teilweise widersprüchlicher Angaben zur Überzeugung des Gerichts kein zweifelsfreies Vorbringen. Zum anderen hat der Kläger auf der Basis seiner Angaben zum jetzigen Stadium seiner Konversion bei einer Rückkehr in den Iran noch keine politische Verfolgung zu befürchten.
Aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung sowie des schriftlichen Vorbringens des Klägers ist das Gericht nicht überzeugt, dass bei einer Rückkehr in den Iran eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit besteht. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger schon jetzt aufgrund einer persönlichen religiösen Prägung entsprechend seiner neu gewonnenen Glauben- und Moralvorstellungen auf Dauer das unbedingte Bedürfnis hat, seinen Glauben auch in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen öffentlich auszuüben. Insbesondere erachtet das Gericht es nicht als glaubhaft, dass schon jetzt eine andauernde unumkehrbare religiöse Prägung vorliegt und dass der Kläger auch bei einer Rückkehr in den Iran seinen Glauben öffentlich leben würde. Die Würdigung der Angaben des Klägers zur Konversion ist ureigene Aufgabe des Gerichts im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gemäß § 108 VwGO (BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19).
Erforderlich für die Annahme einer beachtlichen Verfolgungsgefahr wäre, dass im Falle einer Rückkehr einer konvertierten Person in den Iran davon auszugehen ist, dass diese ihren neu aufgenommenen Glauben – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – aktiv im Iran ausüben will bzw. nur gezwungenermaßen, unter den Druck drohender Verfolgung auf eine Glaubensbetätigung verzichten würde. Staatliche bzw. nichtstaatliche Repressionen drohen etwa für konvertierte Christen im Iran nur dann, wenn sie in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten, wie etwa Gottesdiensten teilnehmen, oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – entsprechend ihrer christlichen Prägung nach außen zeigen wollen (vgl. zuletzt etwa BayVGH, B.v. 19.7.2018 – 14 ZB 17.31218; B.v. 9.7.2018 – 14 ZB 17.30670 – juris m.w.N.).
Die entsprechenden Grundsätze können auch auf dem Abfall vom Islam angewendet werden, selbst wenn es noch nicht zu einer endgültigen Zuwendung zu einer anderen Religion gekommen ist. Danach kommt es für die Frage einer Verfolgungsgefahr im Iran wegen Apostasie (auch ohne Aufnahme eines neuen Glaubens) bzw. Atheismus maßgeblich darauf an, ob die vom Glauben abgefallene Person ihre Religionslosigkeit für sich selbst als verpflichtend empfindet, um ihre nichtreligiöse Identität zu wahren und dass deshalb im Fall ihrer Rückkehr in den Iran davon auszugehen ist, dass sie ihre Religionslosigkeit – und die damit verbundene Abkehr vom Islam – aktiv im Iran ausüben oder nur erzwungenermaßen, unter dem Druck drohender Verfolgung auf die ihr allein entsprechende Lebensform verzichten wird (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2019 – 14 ZB 17.31930 und 14 ZB 17.31931 – juris m.w.N.).
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ist das Gericht im jetzigen Stadium des konkreten Konversionsprozesses des Klägers noch nicht überzeugt, gerade weil sich der Kläger nach eigenen Angaben noch im Aufnahmestadium befindet und nach dem eigenen Verständnis seiner Glaubensgemeinschaft zum jetzigen Zeitpunkt offenbar noch nicht so weit ist, jetzt schon förmlich aufgenommen zu werden.
Zwar ist aus der Sicht des iranischen Staates bei der Konversion nicht auf einzelne förmliche Akte der neuen Religion abzustellen, sondern auf den nach außen getragenen Abfall vom Islam und der Hinwendung zu einer anderen Religion. Jedoch ist es erforderlich, die Lösung vom Islam nach außen zu manifestieren, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sich der Betreffende nachhaltig und auf Dauer nach außen hin erkennbar ernstlich vom islamischen Glauben abgewandt hat. Eine solche erkennbar nach außen sich manifestierende Lösung vom Islam kann insbesondere in der jeweiligen, den Regeln der Religionsgruppe entsprechenden Aufnahme zu sehen sein, etwa in einer Taufe (HessVGH, B.v. 23.2.2010 – 6 A 1389/09.A – Asylmagazin 2010, 120, veröffentlicht auch unter: https://www.asyl.net/ rsdb/m16712/ bzw. https://www.asyl.net/fileadmin/user_upload/dokumente/16712.pdf). Hinzu kommt, dass nach Erkenntnis des Auswärtigen Amtes im Iran Apostasie, der Abfall vom Islam, erst angenommen wird, wenn der eigentliche Übertritt in eine andere, dem Islam nicht zurechenbare Glaubensgemeinschaft vorgenommen wird (so ausdrücklich Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Schwerin vom 25.8.2015). Eine solche, nach außen erkennbare Manifestation der Konversion vom Islam zum Zarathustra-Glauben und der damit entscheidende Qualitätsumschwung ist beim Kläger noch nicht eingetreten.
Hinzu kommt, dass nach der Auskunftslage nicht jedem Anhänger des Zarathustra Glaubens Verfolgung droht. Nach einer älteren Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Karlsruhe vom 22. Dezember 2004 führt die Konversion eines Moslems zu den Zoroastriern nicht zu staatlichen Repressionen, jedenfalls nicht für ein einfaches Mitglied. Dazu trägt wohl auch bei, dass nach den Grundprinzipien des Glaubens der Zoroastrier diese sich gerade auch im Iran den Bedingungen der Umwelt und der Gesellschaft anpassen sollen, sodass sich auch die Sicherheitskräfte insofern kooperativ zeigen (siehe Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Erkenntnisse Iran, August 2014, S. 33).
Allerdings verkennt das Gericht nicht, dass im Iran gerade die Konversion zu einer Religion und der Abfall vom Glauben zu Verfolgungsmaßnahmen führen können, wenn es zu öffentlichen Äußerungen bzw. insbesondere zu Missionstätigkeit kommt. Gefährdet ist insbesondere, wer sich öffentlich zum Atheismus oder zu einer anderen Religionsgemeinschaft bekennt und für diese wirbt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9.1.2019, Stand: November 2018, S. 12 und 14; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 3.7.2018, S. 42 f. und 46 ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran: Gefährdung von Konvertierten vom 7.6.2018; ACCORD, Anfragebeantwortung zu Iran: Rechtslage für AtheistInnen; Strafbarkeit bzw. Bestrafung vom Abfall vom Islam vom 25.3.2015). Nach alledem kann es bei entsprechendem Verhalten im Einzelfall zu Repressalien kommen (vgl. VG Bayreuth, U.v. 3.12.2014 – B 3 K 13.30029 – juris; Schleswig-Holsteinisches VG, U.v. 6.9.2012 – 6 A 209/10 – juris; VG Düsseldorf, U.v.27.3.2007 – 5 K 378/07.A – juris; U.v. 8.11.2005 – 2 K 1497/04.A – juris; VG Darmstadt, U.v. 9.2.2007 – 5 E 710/06.A – juris; VG Hamburg, U.v. 17.8.2005 – 10 A 275/03 – juris; OVG NRW, B.v. 27.5.2005 – 5 A 1816/05.A – juris; B.v. 13.2.2002 – 5 A 4412/01.A – juris).
Ausgehend von diesen Vorgaben ist das Gericht mit Bezug auf den Kläger nicht von einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit überzeugt.
Dem Gericht mangelt es zum einen schon an einem hinreichend glaubhaften Vorbringen. Ins Auge fällt insbesondere die Steigerung des klägerischen Vorbringens im Lauf des Verfahrens. Während der Kläger ursprünglich gegenüber dem Bundesamt nur erwähnte, anlässlich eines Kartenspiels und einer Diskussion positiv über den Zarathustra Glauben und negativ über den Islam gesprochen zu haben, ließ er kurz vor der mündlichen Verhandlung unter Vorlage von verschiedenen Unterlagen bzw. Fotos und Filmen vorbringen, er habe anlässlich des Gedenktages für Cyros die dortige Gedenkstätte besucht. Dabei sei sein Nummernschild notiert worden und sie seien auch für einen Tag festgenommen worden. Das Sicherheitsamt habe dann ihre Wohnung gefunden und sei zu ihnen nach Hause gekommen. In der mündlichen Verhandlung erweiterte er die Aussage dahin, dass sie mit ihren Autos eine Blockade gemacht hätten und aufgrund dessen festgehalten worden seien. Des Weiteren erwähnte der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung, dass aufgrund des Notierens seines Nummernschildes in den letzten sechs bzw. acht Monaten fünfmal sein Vater bzw. sein Bruder mitgenommen worden seien. Eine glaubhafte Begründung, warum er diesen früheren Vorfall nicht schon beim Bundesamt erwähnt hat, konnte der Kläger nicht bringen. Vielmehr bestätigte er in der mündlichen Verhandlung, dass er so zwei verschiedene Gründe vorgebracht habe, einerseits die Blockade mit dem notierten Nummernschild und andererseits sein Gespräch über den Glauben anlässlich des Kartenspiels.
Auffällig ist weiter, dass sich der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung insofern widersprüchlich ausdrückte, als er einmal sagte, innerhalb von acht Monaten hätten sie fünfmal seinen Vater bzw. seinen Bruder mitgenommen. Später im Verlauf der Verhandlung aber erklärte er, die Ereignisse seien innerhalb der letzten sechs Monate gewesen. Weiter erklärte er abweichend, sein Bruder und sein Vater seien achtmal festgenommen worden und sein Bruder einen Monat inhaftiert.
Des Weiteren konnte der Kläger den Widerspruch nicht völlig aufklären, wieso er anlässlich seiner Befragung zunächst angegeben hat, am 17. August 2018 konfessionslos zu sein. Einerseits nannte er dazu als Grund, der Zarathustra Glauben sei keine Religion, sondern ein Weg. Als weitere Begründung gab er dann an, bei der betreffenden Anhörung hätten es die Anhörer nicht aufschreiben können.
Im Übrigen erklärte der Kläger selbst, dass ihm schriftliche Dokumente, dass der iranische Staat gegen ihn vorgeht, etwaige Vorladungen, Haftbefehle und dergleichen, nicht bekannt seien.
Ins Bild passt, dass der Kläger über den Flughafen in Teheran problemlos ausreisen konnte. Denn dies spricht dafür, dass seitens des iranischen Staates keine ernsthaftes Verfolgungsinteresse besteht.
Aber selbst wenn man die Angaben des Klägers zugrunde legt, fehlt es beim Kläger bereits an einer vollzogenen Konversion und eine Manifestation nach außen. Der Kläger hat selbst nicht angegeben, dass er in identitätsprägender Weise das Bedürfnis verspüre, mit anderen zusammen nach außen sein Abfall vom Islam und seine Zuwendung zum Glauben des Zarathustra kundzutun. Er selbst gab an, vor fünf Jahren angefangen zu haben, sich zu informieren und seit drei Jahren sei er Anhänger des Zarathustra Glaubens. Der Kläger räumte indes ein, im Iran selbst noch keinen direkten Kontakt zu Anhängern dieser Glaubensgemeinschaft gehabt zu haben. Er habe sich vielmehr selbst informiert und versucht, Material zu bekommen. Gegen einen identitätsprägenden Glaubenswechsel spricht auch schon der Umstand, dass der Kläger nicht etwa deswegen im Iran aufgefallen sein will, weil er entsprechend seines Glaubens gelebt hat, sondern vielmehr weil er auf Aufforderung hin in einer Diskussion mit anderen anlässlich eines Kartenspiels über seinen Glauben gesprochen und dabei den Islam kritisiert habe. Dabei gab er selbst an, er sei kein hohes Tier. Auch beim Bundesamt sprach der Kläger nur darüber, dass es um seine Abneigung zum Islam und seine Zuneigung zu Zarathustra gegangen sei, aber nicht, dass er schon endgültig vom islamischen Glauben abgefallen ist und sich dem Glauben der Zarathustra zugewendet hat. Der Kläger betonte weiter, dass es einen Unterschied zwischen Forschung und Neigung gebe. Des Weiteren ist zu ergänzen, dass die vom Kläger selbst angegebene Neigung zum Zarathustra Glauben etwas anderes ist, als ein ernsthafter und nachhaltiger Glaubenswandel, der aufgrund einer andauernden religiösen Prägung beruht und zu einer identitätsprägenden Glaubensbetätigung nach außen führt. Auch im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigen vom 15. Februar 2019 ist noch ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger zum Zarathustra Glauben konvertieren wolle. Also noch nicht endgültig konvertiert ist. Er kommuniziere mit Anhängern in Deutschland und befinde sich aber noch im Aufnahmestadium.
Der Kläger bemüht sich in Deutschland gerade, wie auch die vorgelegten Unterlagen belegen, um Kontakt etwa mit dem Deutschen Zarathustrischen Verein in Hannover, aber er hat selbst eingeräumt, dass eine förmliche Aufnahme noch nicht erfolgt ist. Diese sei vielmehr „bald“ vorgesehen. Welche Voraussetzung es für die Aufnahme gibt, ob eine Prüfung und dergleichen erfolgt, wusste der Kläger nicht. Vielmehr sprach er lediglich davon, dass er Gebete zugesandt bekommen habe und diese zunächst auswendig lernen müsse. Auch beim Bundesamt räumte der Kläger noch ein, er wisse noch nicht alles. Weiter brachte er vor, er habe noch nicht gebetet, weil er keine Gebete gehabt habe.
Nach alledem hat das Gericht zwar einerseits schon den Eindruck, dass der Kläger sich nach seinen Möglichkeiten Informationen über den Glauben Zarathustras besorgt und auch damit befasst hat. Aber das Gericht kann andererseits nicht erkennen, dass der Kläger den Glauben an Zarathustra schon vollkommen verinnerlicht hat und dass es ihm ein religiöses Grundbedürfnis ist, diesen öffentlich mit anderen und nach außen hin zu leben. Der Kläger hat insofern – auf gerichtliche Frage nach seiner Glaubensbetätigung, konkret wie er seinen Glauben praktiziere – eingeräumt, dass er nach der offiziellen Bekanntgabe seines Interesses über einen Messengerdienst, einen Kanal, quasi eine Seite, bekommen habe, über die er sich dann weiter informieren könne. Nach eigener Aussage trifft sich der Kläger in Deutschland offenbar mangels Gelegenheit nicht mit anderen Gläubigen. Einzig ist er seit einem Monat im Internet auf Instagram insoweit aktiv. Außerdem räumte der Kläger ein, es koste Zeit, die Gebete auswendig zu lernen, und dann werde erst entschieden, ob man praktisch dazugehöre. Nach alledem ist dem Gericht nicht ersichtlich, wie dem Kläger bei einer Rückkehr in den Iran – wenn er seinen Glauben so ausübt wie bislang in Deutschland – Verfolgung drohen sollte, weil seine Glaubensbetätigung keine Außenwirkung hat.
Nach alledem fehlt es dem Gericht zum jetzigen Zeitpunkt an der Überzeugungsgewissheit einer bereits endgültigen und auf Dauer vollzogenen und nach außen hin manifestierten Konversion. Auch wenn der Kläger auf einem guten Weg weg vom Islam und hin zum Glauben des Zarathustra sein mag, ist er jedenfalls noch nicht so weit. Wenn der Kläger diesen Weg fortsetzt und mit der förmlichen Aufnahme nach außen manifestiert, um weiter entsprechend seines neuen Glaubens diesen dauerhaft und mit entsprechender Außenwirkung zu leben und öffentlich zu praktizieren, bleibt ihm unbenommen, rechtzeitig einen Asylfolgeantrag zu stellen.
Nach dem vorstehend Gesagten sind weiter insgesamt betrachtet keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt wären. Im Übrigen wird auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Dies gilt auch hinsichtlich der Begründung der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.


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