Verwaltungsrecht

Keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Ablehnung eines hilfsweise gestellten Beweisantrags

Aktenzeichen  1 ZB 18.30107

Datum:
17.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23419
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K 17.44478 2017-11-23 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) bzw. liegt nicht vor.
Mit der Gehörsrüge wird geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag, eine Stellungnahme bzw. ein Behördengutachten durch das Auswärtige Amt einzuholen zum Beweis der Tatsache, dass das Ladungsschreiben vom 26. Januar 2014 authentisch sei, der Urheber des Ladungsschreibens der Kongolesische Geheimdienst ANR sei und der Kläger nach dem Erkenntnisstand des Auswärtigen Amtes mit einer Verhaftung im Falle einer Rückkehr in die D.R. Kongo zu rechnen habe, rechtsfehlerhaft abgelehnt worden sei. Es handle sich entgegen der Auffassung des Gerichts nicht um einen bloßen Beweisermittlungsantrag, auch stünden das Vorladungsschreiben des ANR und die Gefahr der Verhaftung des Klägers in unmittelbarem Zusammenhang. Die Ablehnung des Beweisantrages mit der Begründung, dass es nach Auffassung des Gerichts den vom Kläger geschilderten Vorfall vom 30. Dezember 2013 nicht gegeben habe oder bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags davon auszugehen sei, dass der Kläger nicht von kongolesischen Sicherheitsbehörden gesucht worden sei oder werde, weil er nicht politisch aktiv gewesen sei, stelle eine vorweggenommene Beweiswürdigung dar.
Die in dem angegriffenen Urteil erfolgte Ablehnung des hilfsweise gestellten Beweisantrags ist prozessrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Ablehnung eines Hilfsbeweisantrages grundsätzlich nur mit der Aufklärungsrüge angegriffen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 4.3.2015 – 1 B 9.15 – juris Rn. 3; B.v. 30.5.2014 – 10 B 43.14 – juris Rn. 7) oder auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) begründen kann (vgl. BVerfG, B.v. 22.9.2009 -1 BvR 3501/08 – juris Rn. 13). Es wurde bereits nicht dargelegt, dass sich dem Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen; der geltend gemachte Gehörsverstoß liegt nicht vor.
Ob ein Beweisantrag entscheidungserheblich ist, ist im Rahmen der konkreten Verfahrenssituation und auf der Grundlage des einfachen Rechts zu beurteilen. Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinander gesetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfG, B.v. 22.5.2015 -1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Klägers und des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamteindrucks zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass dieser seine Verfolgungsgeschichte nur erfunden habe, um ein Bleiberecht im Bundesgebiet zu erlangen. Der Beweiswert des angeblichen Vorladungsschreibens des kongolesischen Geheimdienstes ANR vom Januar 2014 sei nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21. Juni 2017 sehr gering. Diesem Lagebericht zufolge könne jedes Dokument mit vom Besteller vorgegebenen Inhalt von der formalen zuständigen Stelle käuflich erworben werden. Der vorgetragene Erhalt der Vorladung wirke konstruiert und nicht glaubhaft.
Ausgehend von diesen Feststellungen und der Würdigung des Sachverhalts durch das Gericht, die mit der Verfahrensrüge nicht angegriffen werden können, musste sich dem Gericht weder eine Beweisaufnahme aufdrängen noch ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung des Beweisantrags erkennbar. Eine verbotene Vorwegnahme der Beweiswürdigung liegt in der Regel nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht beim Angebot eines Indizienbeweises von der beantragten Beweiserhebung absieht, weil die unter Beweis gestellte Hilfstatsache für den Nachweis der Haupttatsache zu seiner gerichtlichen Überzeugung nicht ausreicht (vgl. BVerwG, B.v. 20.5.1998 – 7 B 440.97 – juris). Auch braucht das Tatsachengericht Beweisanträgen zum Verfolgungsgeschehen nicht nachzugehen, wenn die Schilderung, die der Asylkläger von seinem persönlichen Verfolgungsschicksal gibt, in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist (vgl. BVerwG, B.v. 9.9.1997 – 9 B 412.97 – juris Rn. 7). Aufgrund der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der ersten beiden Beweistatsachen ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Beweisantrag insoweit auf einen Beweisermittlungsantrag hinausläuft (vgl. BVerwG, B.v. 10.8.2011 – 10 B 6.11 – juris Rn. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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