Verwaltungsrecht

Keine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen Nichtbescheidung eines Terminverlegungsantrags

Aktenzeichen  11 ZB 17.30219

Datum:
27.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 107838
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 164, § 415, § 418 Abs. 2

 

Leitsatz

Wird ein Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu Unrecht abgelehnt oder nicht verbeschieden, obwohl das noch möglich gewesen wäre, so ist der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) berührt (BVerwG BeckRS 9998, 45715). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 9 K 16.32744 2016-12-19 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Die Berufung ist nicht wegen der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Die Kläger machen insoweit geltend, anders als in der Sitzungsniederschrift angegeben, habe die Klägerbevollmächtigte nicht mitgeteilt, dass weder die Kläger noch sie selbst am Termin teilnehmen werden. Stattdessen habe sie mitgeteilt, dass die Klägervertreterin erkrankt sei und deswegen zur Sitzung nicht erscheinen könne. Sie habe gebeten, dies dem zuständigen Richter unverzüglich mitzuteilen. Außerdem habe sie die Verlegung des Termins beantragt, da sie arbeitsunfähig und letztlich nicht verhandlungsfähig gewesen sei. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 19. Dezember 2016 bis 23. Dezember 2016, ausgestellt am 19. Dezember 2016, wurde im Zulassungsverfahren vorgelegt.
Wird ein Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu Unrecht abgelehnt oder nicht verbeschieden, obwohl das noch möglich gewesen wäre, so ist der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) berührt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.1985 – 9 C 84.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 178 S. 68, v. 26.1.1989 – 6 C 66.86 – BVerwGE 81, 229).
Ein entsprechender Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör liegt hier jedoch aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht vor.
Der Akte des Verwaltungsgerichts lässt sich ein Terminsverlegungsantrag der Klägerbevollmächtigten nicht entnehmen. Vielmehr liegt ein Aktenvermerk der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2016 vor, wonach die Klägerbevollmächtigte mitgeteilt habe, dass sie heute nicht zur mündlichen Verhandlung um 11:00 Uhr komme. Auch die Kläger nähmen nicht an der Verhandlung teil. Es gibt ersichtlich keinen Grund, an der Richtigkeit des Aktenvermerks zu zweifeln und anzunehmen, die Geschäftsstelle hätte entgegen dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten, wonach sie krankheitsbedingt nicht zur Verhandlung kommen könne und deshalb die Absetzung des Termins beantrage, vermerkt, dass weder die Klägerbevollmächtigte noch die Kläger an der Verhandlung teilnehmen werden. Gegen einen Terminsverlegungsantrag spricht auch, dass sich die Klägerbevollmächtigte in der Folgezeit nicht mehr erkundigt hat, ob der Termin tatsächlich verlegt oder ob stattdessen verhandelt und eine Entscheidung, wie am 19. Dezember 2016 geschehen, niedergelegt worden ist. Schließlich hat sie sich auch nach Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und des vollständigen Urteils am 3. Januar 2017 nicht an das Verwaltungsgericht gewandt, sondern einen entsprechenden Vortrag und erstmals die Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Zulassungsbegründung vom 3. Februar 2017 getätigt.
Auch ist in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2016 protokolliert, die Klägerbevollmächtigte habe telefonisch mitteilen lassen, dass weder sie noch die Kläger persönlich am Termin teilnehmen werden. Einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO hat die Klägerbevollmächtigte beim Verwaltungsgericht nicht gestellt. Unabhängig vom Anwendungsbereich des § 165 ZPO stellt das Protokoll jedenfalls eine öffentliche Urkunde nach §§ 415 Abs. 1, 417 ZPO dar, die den vollen Beweis des durch das Gericht beurkundeten Vorgangs erbringt, sodass die Kläger mit der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht durchdringen können, solange sie nicht gemäß § 415 Abs. 2 ZPO (vgl. auch § 418 Abs. 2 ZPO) den Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet worden ist, erbracht haben und das Protokoll entsprechend berichtigt wurde.
2. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) setzt voraus, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier.
Die Klägerbevollmächtigte meint zwar, dass es vorliegend um Grundsatzfragen gehe, denen das Verwaltungsgericht nicht gründlich genug nachgegangen sei, nennt jedoch weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage noch legt sie eine Bedeutung, die über den Einzelfall hinausginge, dar. Mit Verweis auf ihre Ausführungen in der Klagebegründung macht sie eine fehlerhafte Anwendung des Gesetzes durch das Verwaltungsgericht im hier vorliegenden Fall geltend. Den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gibt es in asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten (vgl. § 78 Abs. 3 AsylG) jedoch nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
4. Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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