Verwaltungsrecht

Keine Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  7 CE 18.10010

Datum:
27.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 21888
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 43, § 53
LUFV § 4 Abs. 1 Nr. 4, § 7 Abs. 5

 

Leitsatz

Maßgebend für die iRd § 53 HZV erforderliche Ermittlung der Zugänge und Abgänge an Studierenden sind die jeweiligen statistischen Erhebungen über den Bestand der im betreffenden Studiengang eingeschriebenen Studierenden. Eine “Korrektur” der in die Schwundberechnung einbezogenen Bestandszaheln der Studenten kommt nur ausnahmsweise in Betracht. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 7 E 17.20204 2018-02-26 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester (Vorklinik) an der Julius-Maximilians-Universität W. (Universität) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2017/2018.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat den Antrag mit Beschluss vom 26. Februar 2018 abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass an der Universität über die vergebenen Studienplätze hinaus noch weitere freie Studienplätze im Studiengang Humanmedizin im ersten Fachsemester zur Verfügung stünden.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Er macht geltend, die Universität habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht habe ohne eigene Überprüfung die Ausführungen des Antragsgegners zur Berechnung der personellen Kapazität übernommen und auf frühere nicht beanstandete Deputatsminderungen verwiesen (für Dr. D., Dr. H., Dr. A. und Dr. K.). Aus den Vorlesungsverzeichnissen für das Wintersemester 2017/2018 und Sommersemester 2018 ergebe sich jedoch, dass die Deputatsminderungen „nicht mit der Hochschulwirklichkeit übereinstimmten“. Das Lehrangebot sei deshalb zu niedrig angesetzt. Die Schwundquote sei nicht zutreffend ermittelt worden. Hierfür hätte das Verwaltungsgericht lückenlos die Einschreibepraxis im Zeitraum Wintersemester 2014/2015 bis Wintersemester WS 2016/17 aufklären müssen. Nicht zulässig sei es, die nachträglich gerichtlich zugelassenen Studenten hierbei außer Betracht zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 12. März, 23. März, 14. Mai, 23. Mai, 6. Juni und 13. Juni 2018 verwiesen.
Die E-Mail der Universität vom 15. Februar 2018 wurde dem Antragsteller mit Schreiben des Senats vom 15. Mai 2018 übersandt.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde. Es wird auf die Schriftsätze vom 18. April, 24. Mai und 12. Juni 2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch des Antragstellers nicht.
1. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im ersten Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat und die Kapazitätsberechnung nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen anzumerken:
a) Das Lehrangebot ist zutreffend angesetzt.
Die der Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Minderungen der Lehrverpflichtung (§ 46 Abs. 2 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18. Juni 2007 [GVBl S. 401, BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. März 2015 [GVBl S. 74]), betreffen die wissenschaftlichen Mitarbeiter im Beamtenverhältnis (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen [Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV] vom 14. Februar 2007 [GVBl S. 201, BayRS 2030-2-21-WFK], zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 [GVBl S. 286]) Dr. A., Dr. S., Dr. H. und Dr. D. (vgl. Anlage zum Schreiben des Antragsgegners vom 24. Mai 2018). Sie sind – wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat – nach Art und Umfang in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand gerichtlicher Überprüfung gewesen und zu Recht unbeanstandet geblieben (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 15.7.2016 – 7 CE 16.10082 – und ausführlich B.v. 12.2.2014 – 7 ZB 13.10357 – jeweils juris).
Anhaltspunkte, die eine weitere Sachaufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts nahegelegt hätten, sind dem Vortrag des Antragstellers nicht zu entnehmen. Die Universität hat bestätigt, dass die Deputatsermäßigungen Funktionsstellen betreffen, die seit Jahren von denselben Mitarbeitern (s.o.) besetzt sind, die unveränderte Dienstaufgaben wahrnehmen. Die Deputatsermäßigung für Dr. K. ist, wie sich aus dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 24. Mai 2018 ergibt, nicht mehr aktuell und dementsprechend auch nicht in die der Kapazitätsberechnung zugrunde gelegte Gesamtermäßigung von 20 Lehrveranstaltungsstunden eingeflossen. Vielmehr ist die Stelle von Dr. K. (§ 4 Abs. 1 Nr. 8a LUFV) mit 10 Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung des Lehrangebots aufgenommen. Anlass zu einer erneuten Überprüfung der Deputatsermäßigungen besteht deshalb nicht.
Die Erläuterungen der Universität zur Absenkung der Deputatsermäßigungen von 27 Lehrveranstaltungsstunden in 2016/2017 auf 20 Lehrveranstaltungsstunden im streitgegenständlichen Zeitraum sind ebenfalls schlüssig. Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass in der Berechnung der Gesamtdeputatsermäßigung drei Lehrveranstaltungsstunden für wissenschaftliche Mitarbeiter im Beamtenverhältnis (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV) enthalten sind. Diese erklären sich laut Schriftsatz der Universität vom 8. Dezember 2017 – AG 2 – aus einer Konsolidierung der in den Kapazitätsunterlagen enthaltenen Stellengruppen „A 13 alt“ und „A 13 neu“ mit der Folge, dass für diese Stellengruppe gleichmäßig eine Lehrverpflichtung von 10 Stunden („A 13 neu“) in Ansatz gebracht wurde. Da die drei wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. A., Dr. S. und Dr. D. jedoch als „A 13 alt“ lediglich eine Lehrverpflichtung in Höhe von 9 Stunden zu erfüllen haben, wurde die daraus entstehende Minderverpflichtung im Verhältnis zur Berechnung nach Stellenplan durch Ansatz von drei Stunden Deputatsermäßigung ausgeglichen. Nicht durchdringen kann der Antragsteller mit seinem Vortrag, laut Vorlesungsverzeichnis seien die genannten wissenschaftlichen Mitarbeiter in einem Umfang in die Vorlesungen eingebunden, der die Deputatsermäßigungen widerlegen würde. Das Vorlesungsverzeichnis lässt keine konkreten Schlüsse auf die Lehrveranstaltungsstunden eines einzelnen Dozenten zu, weil die aufgeführten Veranstaltungen einer Vielzahl von Mitarbeitern zugeordnet sind.
b) Auch an der Richtigkeit der Schwundberechnung der Universität bestehen keine Zweifel.
Die Studienanfängerzahl ist nach § 53 HZV zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Maßgebend für die Ermittlung der Zugänge und Abgänge sind die jeweiligen statistischen Erhebungen über den Bestand der im betreffenden Studiengang vorhandenen (eingeschriebenen) Studierenden. Eine „Korrektur“ der in die Schwundberechnung einbezogenen Bestandszahlen der Studenten kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn sich die Studentenzahlen aufgrund außergewöhnlicher Einflussfaktoren in „atypischer“ Weise entwickeln und diese im sonstigen Studienverlauf ungewöhnliche Entwicklung in geeigneter Weise rechnerisch auszugleichen oder zu neutralisieren ist. Dies kann etwa bei gerichtlich nachträglich zugelassenen Studenten der Fall sein, wenn sich bei Zugrundelegung der Bestandszahlen eine „ganz ungewöhnliche („positive“) Schwundquote“ ergeben würde (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 21. Juli 2017 – 7 CE 17.10096 u.a. – juris Rn. 16). Eine derartige Situation ist im Hinblick auf die streitgegenständliche Schwundberechnung jedoch nicht gegeben. Die vom Antragsteller begehrte Offenlegung der Zahl der nachträglich zugelassenen Studenten ist damit unbehelflich.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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