Verwaltungsrecht

Kennzeichenmissbrauch: Gewerbeuntersagung wegen missbräuchlicher Ausgabe von Kurzzeitkennzeichen an Privatpersonen

Aktenzeichen  22 ZB 16.366

Datum:
6.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44716
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
StVG § 6b Abs. 1, § 22a Abs. 1 Nr. 1
FZV § 16a
StPO § 359 Nr. 5, § 373a Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ist der Gewerbetreibende wegen einer Straftat (hier nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG) rechtskräftig verurteilt, müssen Behörde und Verwaltungsgerichte in eigener Verantwortung prüfen, ob die der Bestrafung zugrunde liegenden Tatsachen eine Verneinung der Zuverlässigkeit rechtfertigen; hierbei dürfen sie in der Regel von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts ausgehen, wenn nicht der Betroffene die Richtigkeit des Strafurteils oder Strafbefehls mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen dessen Richtigkeit sprechen (vgl. auch BVerwG BeckRS 1997, 31220808; VGH München BeckRS 2016, 50123). (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Vorbringen des Gewerbetreibenden, sein früherer Rechtsanwalt habe einen Strafbefehl entgegen ausdrücklicher Weisung nicht angefochten und es sei deshalb beabsichtigt, ein Wiederaufnahmeverfahren einzuleiten, ist deshalb nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit einer Gewerbeuntersagung infrage zu stellen, soweit nicht zugleich Tatsachen vorgetragen werden, welche den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts entgegenstehen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Behauptung des Gewerbetreibenden, er habe um die Unzulässigkeit seines Verhaltens nicht gewusst, steht einer Gewerbeuntersagung nicht entgegen, weil ein Gewerbetreibender, dem die für seine Tätigkeit einschlägigen Vorgaben der Rechtsordnung nicht bekannt sind, schon aus diesem Grund nicht die Gewähr für eine gesetzeskonforme Gewerbeausübung bietet. (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein strafbares „Vertreiben“ von Kennzeichen iSv § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG liegt auch dann vor, wenn Kurzzeitkennzeichen gemäß § 16a FZV im Rahmen einer wiederkehrenden Tätigkeit ohne vorherige Anzeige bei der Zulassungsbehörde gemäß § 6b StVG verkauft werden (Anschluss an OLG München BeckRS 2011, 01799). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 14.1623 2015-12-08 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin, die nach Aktenlage ukrainische Staatsangehörige ist, meldete bei der Beklagten am 6. November 2010 das damals behauptetermaßen in der W. H.-straße 66 in Nürnberg ausgeübte Gewerbe „Handel, An- und Verkauf, Im- und Export von gebrauchten Kraftfahrzeugen, Kfz-Zulassungsdienst“ an. Sie wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die ihr gegenüber durch die Beklagte ausgesprochene, vor allem auf den Vorwurf des missbräuchlichen Ausgebens von Kurzzeitkennzeichen gestützte Untersagung dieses Gewerbes.
1. Einem im Heft 50 (Seite 47) des Jahrgangs 2014 der Zeitschrift „Der Spiegel“ erschienenen Artikel zufolge, der sich in den Akten des Verwaltungsgerichts befindet und auf den die Klägerin im Rahmen der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung ausdrücklich Bezug nimmt, hat die in Wiesloch ansässige Kraftfahrzeugzulassungsstelle im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in der Vergangenheit eine Vielzahl von mit der Buchstaben-Zahlen-Kombination „HD-04“ beginnende Kurzzeitkennzeichen (§ 16a FZV) ausgestellt, wobei sich diese Dienststelle damit begnügt habe, dass solche Kennzeichen per E-Mail beantragt wurden, der die Fotokopie eines Ausweises des Antragstellers beigefügt war. Bei diesen Dokumenten habe es sich häufig um solche gehandelt, die als verloren gemeldet gewesen seien oder im Ausland lebende Personen betroffen hätten. Ein in W. ansässiger Unternehmer habe allein im Jahr 2013 von der genannten Zulassungsstelle mehr als 100.000 derartige Kennzeichen bezogen. Diese Erteilungspraxis habe dazu geführt, dass sich bei Verkehrsdelikten oder (sonstigen) Straftaten bzw. anderen rechtswidrigen Handlungen, die unter Verwendung eines mit einem solchen Kurzzeitkennzeichen ausgestatteten Kraftfahrzeugs begangen wurden, der Täter oft nicht habe ermitteln lassen.
2. Am 1. August 2013 traf die Landespolizei in Nürnberg einen Herrn N. beim Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr an, das mit dem vom 31. Juli 2013 bis zum 4. August 2013 gültigen Kurzzeitkennzeichen HD-043833 versehen war. Hierbei handelte es sich nach den Feststellungen der Landespolizei um eines von 24 Kurzzeitkennzeichen, die das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises in den Monaten Januar bis Juli 2013 zugunsten des weißrussischen, nach Aktenlage in Minsk lebenden Staatsangehörigen Aliaksandr M. ausgestellt hatte. Herr N. gab bei seiner polizeilichen Zeugeneinvernahme am 1. August 2013 schriftlich an, er habe das Kennzeichen HD-043833 am 31. Juli 2013 gegen 8.30 Uhr bei dem in der F.-straße 44 in Nürnberg ansässigen Zulassungsdienst „S.“ für 75,00 € gekauft. Es sei ihm „einfach so“ ohne weitere Erklärung ausgehändigt worden. Außerdem bekundete er, wie die Polizei ergänzend zu seiner schriftlichen Zeugenaussage festhielt, Herrn M. weder jemals getroffen zu haben noch ihn auch nur zu kennen.
Durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom 17. März 2014 (Az. 55 Cs 707 Js 61889/14) verhängte das Amtsgericht Nürnberg gegen die Klägerin wegen einer Straftat des missbräuchlichen Herstellens, Vertreibens oder Ausgebens von Kennzeichen (§ 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG) eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 50,00 €, da sie am 31. Juli 2013 im Rahmen ihres Gewerbebetriebs „Zulassungsdienst S.“ ohne vorherige Anzeige beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises das vorerwähnte Kurzzeitkennzeichen an Herrn N. ausgegeben habe.
3. Bereits am 26. Februar 2014 hatte das Amtsgericht Nürnberg gegen die Klägerin einen gleichfalls rechtskräftig gewordenen Strafbefehl erlassen, durch den gegen sie wegen eines weiteren Vergehens nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG eine Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen zu je 50,00 € verhängt wurde. Das Aktenzeichen dieses Strafbefehls lautet auf der Originalurkunde 55 Cs 707 Js 61550/14, in einem vom Bundesamt der Justiz über die Klägerin ausgestellten Führungszeugnis 7 Cs 707 Js 61550/14. Durch diese Entscheidung wurde geahndet, dass die Klägerin am 3. Juli 2013 im Büro ihres „Schilderdienstes“ ohne vorherige Anzeige beim Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises das Kurzzeitkennzeichen HD-043784 an einen Herrn Z. K. ausgegeben und es ihm gegen 100,00 € verkauft hatte.
4. Mit Schreiben vom 28. April 2014 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der vorstehend unter 2. dargestellte Sachverhalt erhebliche Bedenken hinsichtlich ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit begründe. Maßnahmen, die über die insoweit notwendigen Ermittlungen hinausgingen, könne sie dadurch vermeiden, dass sie im Rahmen ihrer Gewerbeausübung allen Verpflichtungen rechtzeitig und vollständig nachkomme. Gleichzeitig wurde die Klägerin aufgefordert, bis spätestens 14. Mai 2014 eine Gewerbeummeldung vorzunehmen, da sie ihre Betriebsstätte in die F.-straße verlegt habe.
Da die Klägerin der letztgenannten Aufforderung nicht nachkam, wurde sie mit Schreiben der Beklagten vom 10. Juni 2014 zur beabsichtigten Verhängung eines Bußgeldes wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 i. V. m. § 146 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a GewO angehört. Sie äußerte sich weder hierzu noch nahm sie zunächst eine Gewerbeummeldung vor.
Ebenfalls unbeantwortet ließ sie ein Schreiben der Beklagten vom 2. Juli 2014, mit dem sie aufgefordert wurde, Auskünfte über bei ihr beschäftigte Personen und deren versicherungsrechtliche Verhältnisse zu erteilen. Gleiches gilt für ein Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2014, in dem sie zur beabsichtigten Gewerbeuntersagung angehört wurde, und den wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 i. V. m. § 146 Abs. 2 Nr. 2 GewO am 21. Juli 2014 erlassenen Bußgeldbescheid.
Nach dem Ergebnis der von der Beklagten im Rahmen des Gewerbeuntersagungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen bestanden am 24. Juli 2014 keine die Klägerin betreffenden Steuerrückstände; jedoch hatte sie damals eine das Jahr 2012 betreffende Steuererklärung noch nicht abgegeben.
5. Durch Bescheid vom 4. September 2014 untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung des angemeldeten Gewerbes und gab ihr unter Zwangsgeldandrohung dessen Einstellung ab der Bestandskraft des Bescheids unter Einräumung einer Abwicklungsfrist von einer Woche auf. Gestützt wurde die Untersagungsverfügung auf die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 sowie darauf, dass sie sich beharrlich geweigert habe, ihrer gewerberechtlichen Meldepflicht nachzukommen, Auskünfte über ihren Gewerbebetrieb zu erteilen und Steuererklärungen abzugeben.
6. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. Dezember 2015 als unbegründet ab.
Die Klägerin beantragt, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus dem der Begründung dieses Rechtsbehelfs dienenden Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 22. März 2016 nicht ergibt, dass die von der Klägerin in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO vorliegen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) versucht die Klägerin namentlich daraus herzuleiten, dass die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 zu Unrecht ergangen seien.
a) Sie macht geltend, ihr früherer anwaltlicher Bevollmächtigter sei beauftragt gewesen, gegen diese beiden strafgerichtlichen Entscheidungen jeweils Einspruch einzulegen; das sei jedoch nicht geschehen. Über seine Untätigkeit habe er sie dadurch getäuscht, dass er ihr ein vom 26. März 2014 datierendes Schreiben vorgelegt habe, das die Einlegung eines sich auf den Strafbefehl vom 17. März 2014 beziehenden Einspruchs zum Inhalt gehabt habe; dieses Schriftstück sei indes nie bei Gericht eingereicht worden. Es sei in Aussicht genommen, die Strafbefehle zeitnah zum Gegenstand von Wiederaufnahmeanträgen zu machen; der Wiederaufnahmegrund ergebe sich aus der Untätigkeit des früheren Bevollmächtigten der Klägerin bzw. der vorsätzlichen Täuschung durch ihn.
Im ersten Rechtszug sei es unstreitig gewesen, dass es sich bei den in den Strafbefehlen behandelten Vorgängen um eine Massenerscheinung handele; insbesondere Nürnberg sei in erheblichem Umfang von dem Phänomen fremder, aus dubiosen Quellen stammender Kennzeichen betroffen gewesen. In Nürnberg seien sie über Mittelsmänner, die mitunter auch nicht davor zurückgeschreckt hätten, Unterlagen zu fälschen, in den „Rechtsverkehr“ gelangt. Ungeachtet dessen seien zunächst alle in Nürnberg ansässigen „Zulassungsstellen“ (gemeint erkennbar: gewerblichen Zulassungsdienste) unter Generalverdacht gestellt und mit Ermittlungsverfahren überzogen worden. Auch die Klägerin bzw. ihr Gewerbebetrieb seien sowohl vor als auch nach dem Erlass der beiden Strafbefehle bzw. den darin erwähnten Taten zahlreichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt gewesen. Ihren nunmehrigen Bevollmächtigten sei indes kein einziges derartiges Verfahren bekannt, das nicht mit einer Einstellung geendet habe, sofern gegen Strafbefehle Einspruch eingelegt und die Sach- und Rechtslage „einer tatsächlichen Klärung zugeführt“ worden sei.
Offensichtlich unzutreffend sei die im angefochtenen Urteil geäußerte Auffassung des Verwaltungsgerichts, die gegen die Klägerin ergangenen Strafbefehle seien vor dem Hintergrund des Urteils des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171) als rechtmäßig anzusehen. Denn dieses Urteil sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
b) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel daran zu begründen, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.
aa) Das angefochtene Urteil weist zutreffend darauf hin, dass es für die Entscheidung der Frage, ob ein Gewerbetreibender unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, auch dann, wenn dieser Vorwurf aus einem mit Kriminalstrafe bedrohten Tun oder Unterlassen hergeleitet wird, nicht ausschlaggebend darauf ankommt, ob gegen den Betroffenen deswegen eine strafrechtliche Sanktion verhängt wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob zur Überzeugung der zuständigen Amtsträger in der öffentlichen Verwaltung und der zur Kontrolle ihrer Entscheidungen berufenen Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit feststeht, dass der Gewerbetreibende ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das den Schluss rechtfertigt, er werde seinen beruflichen Pflichten künftig (weiterhin) nicht nachkommen (vgl. Heß in Friauf, GewO, Stand April 2015, § 35 Rn. 177 m. w. N.). Auch dann, wenn dieses Verhalten den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, befinden die Entscheidungsträger in der vollziehenden Gewalt und bei den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich eigenverantwortlich darüber, ob der Betroffene den ihm zur Last gelegten Lebenssachverhalt nachweislich verwirklicht hat, und welche Prognose vor diesem Hintergrund über sein künftiges gewerbliches Verhalten anzustellen ist.
Eine Einschränkung erfährt diese „Vorfragenkompetenz“ der Verwaltungsbehörden und -gerichte nach § 35 Abs. 3 Satz 1 GewO nur dergestalt, dass zum Nachteil des Gewerbetreibenden nicht vom Inhalt eines Strafurteils und einer ihm gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 GewO gleichstehenden gerichtlichen Entscheidung abgewichen werden darf, soweit die Feststellung des Sachverhalts, die Beurteilung der Schuldfrage (sollte ihr in einem Gewerbeuntersagungsverfahren Rechtserheblichkeit zukommen) und die Erforderlichkeit von Eingriffen in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) inmitten stehen.
Wurde gegen den Gewerbetreibenden wegen eines Verhaltens, das den Schluss auf seine Unzuverlässigkeit im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 (und 2) GewO erlaubt, ein rechtskräftiges Strafurteil oder ein unanfechtbarer Strafbefehl erlassen, so dürfen die Behörden und die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit diesen Umstand allerdings so lange als ein Indiz dafür werten, dass der der strafgerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, als der Betroffene diese Vermutung nicht mit beachtlichen Argumenten erschüttert oder unabhängig hiervon gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit des Strafurteils oder des Strafbefehls sprechen.
bb) Angewandt auf den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus folgendes:
Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung der Feststellung, dass die Klägerin unzuverlässig im gewerberechtlichen Sinn ist, nicht nur darauf berufen, dass gegen sie zwei rechtskräftig gewordene Strafbefehle wegen Vergehen nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG erlassen wurden. Es hat vielmehr eigenständig und eingehend (vgl. die Ausführungen ab Seite 8 Mitte bis Seite 10 unten des angefochtenen Urteils) dargelegt, warum es der Überzeugung ist, dass die Klägerin ein Verhalten praktiziert hat, das den Tatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG erfüllt, und warum sie deshalb nicht die Gewähr für eine künftig ordnungsgemäße Ausübung der ihr untersagten Tätigkeiten bietet. Da das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis in Übereinstimmung mit den den Strafbefehlen vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 zugrunde liegenden Feststellungen tatsächlicher Art steht, scheidet ein Verstoß gegen die Bindungswirkung nach § 35 Abs. 3 GewO aus.
Angesichts der eigenständigen Prüfung der Verwirklichung eines sowohl nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG als auch nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO rechtserheblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht wären eine ggf. entgegen dem Wunsch der Klägerin unterbliebene Anfechtung dieser Strafbefehle und die behauptetermaßen bestehende Absicht, in Bezug auf diese strafgerichtlichen Entscheidungen Wiederaufnahmeverfahren einleiten zu wollen, nur dann geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen, wenn in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung substantiiert Tatsachen vorgetragen worden wären, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die Klägerin am 3. und am 31. Juli 2013 in Wahrheit keine Kennzeichen „vertrieben“ bzw. „ausgegeben“ hat, ohne dies – wie § 6b Abs. 1 StVG das verlangt – vorher bei der zuständigen Zulassungsbehörde angezeigt zu haben. Dahingehende Darlegungen enthält der Schriftsatz vom 22. März 2016 indes nicht.
Unter einem „Ausgeben“ von Kennzeichen im Sinn von § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Weitergabe von Kennzeichen zu verstehen (OLG München, U. v. 12.1.2011 – 4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171/172). Ein „Vertreiben“ von Kennzeichen liegt vor, wenn Kennzeichen im Rahmen einer wiederkehrenden Tätigkeit verkauft werden (OLG München, U. v. 12.1.2011 a. a. O. S. 173). Aus den im Strafbefehl vom 26. Februar 2014 wiedergegebenen Angaben von Herrn K. und den in den Akten der Beklagten enthaltenen Bekundungen des polizeilich einvernommenen Zeugen N. geht hervor, dass im Betrieb der Klägerin Kurzzeitkennzeichen nicht nur im vorbezeichneten Sinne „ausgegeben“ wurden, sondern dass dort auch ein „Vertrieb“ solcher Kennzeichen stattfand, da die Klägerin in beiden Fällen – und damit wiederholt – ein Entgelt für die Überlassung dieser Gegenstände verlangt hat. Der Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 22. März 2016 unternimmt nicht den Versuch, konkret aufzuzeigen, dass und warum die Schilderungen der beiden vorgenannten Personen unzutreffend sind. Der Hinweis in der Antragsbegründung darauf, dass es sich bei der unerlaubten Weitergabe von Kennzeichen um ein Massenphänomen handele, ist schon von der Sache her ungeeignet, den Befund zu erschüttern, dass der Klägerin ein einschlägiges Fehlverhalten zur Last fällt. Auch aus dem Vorbringen, dass gegen mehrere (ggf. sogar alle) der in Nürnberg ansässigen gewerblichen Zulassungsdienste Ermittlungen wegen des Verdachts von Straftaten u. a. nach § 22a StVG durchgeführt wurden, folgt nicht, dass diese Maßnahmen in den beiden Fällen, auf die die Beklagte den Vorwurf der Unzuverlässigkeit der Klägerin gestützt hat, ein unzutreffendes Ergebnis gezeitigt haben.
Gleiches gilt für die Behauptung, die anderen gegen die Klägerin durchgeführten Ermittlungsverfahren seien eingestellt worden. Erfolgt eine Einstellung auf der Grundlage des § 153 Abs. 1 StPO, weil die Staatsanwaltschaft die Schuld des Täters als gering ansieht und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung verneint, wie das in dem die Klägerin betreffenden Ermittlungsverfahren 707 Js 74630/13 geschehen ist, so folgt hieraus mittelbar, dass dem Beschuldigten auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Verhalten zur Last fiel, das objektiv als missbräuchliches Vertreiben oder Ausgeben von Kennzeichen im Sinn von § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG anzusehen ist; andernfalls hätte das Verfahren nämlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen fehlender oder nicht nachweisbarer Erfüllung des Tatbestands eines Strafgesetzes bzw. wegen fehlender Schuld des Täters eingestellt werden müssen. Soweit gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Urkundenfälschung durchgeführte Ermittlungsverfahren nach der letztgenannten Vorschrift eingestellt wurden (vgl. dazu die im ersten Rechtszug vorgelegte staatsanwaltschaftliche Verfügung vom 13.10.2015, Az. 802 Js 25550/14), ist auch dieser Umstand ungeeignet, die Richtigkeit der Feststellung in Frage zu stellen, dass die Klägerin am 3. und am 31. Juli 2013 einen anderen Straftatbestand (nämlich denjenigen des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG) verwirklicht hat. Aber auch dann, wenn – was in der Begründung des Zulassungsantrags freilich nicht konkret dargetan wurde – gegen sie angestrengte Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des missbräuchlichen Vertreibens oder Ausgebens von Kennzeichen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sein sollten, so würde hieraus nicht folgen, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht in den beiden hier inmitten stehenden Fällen nicht in zweifelsfrei richtiger Weise zu der Überzeugung gelangt sind, dass die Klägerin insofern den Tatbestand des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG verwirklicht hat. Das liegt schon deshalb auf der Hand, weil sich in ggf. eingestellten Verfahren der tatsächliche Geschehensablauf abweichend dargestellt haben bzw. die Beweislage schwächer gewesen sein kann als bei den Vorkommnissen, auf die der Bescheid vom 4. September 2014 rekurriert.
Soweit die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags vorbringt, sie habe die Einstellung eines unter dem Aktenzeichen 441 Cs 707 Js 68691/11 geführten Verfahrens deshalb erreicht, weil sie habe vortragen können, dass sie das dort inmitten stehende Kennzeichen nicht verkauft bzw. sie – soweit ein Verkauf stattgefunden habe – dies ordnungsgemäß gemeldet habe, behauptet sie selbst nicht, die Überlassung von Kurzzeitkennzeichen an Herrn K. am 3. Juli 2013 und an Herrn N. am 31. Juli 2013 habe erst nach Erstattung von Anzeigen im Sinn von § 6b Abs. 1 StVG stattgefunden. Auch die Entgeltlichkeit dieser beiden Vorgänge stellt sie nicht in Abrede. Nur ergänzend ist deshalb festzuhalten, dass ihr unabhängig hiervon jedenfalls ein „Ausgeben“ von Kennzeichen im Sinn der dritten Tatbestandsalternative des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG zur Last fiele.
Nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Verwirklichung dieses Straftatbestands hervorzurufen, ist ferner die Behauptung, eine Verurteilung nach der letztgenannten Vorschrift setze die Möglichkeit voraus, die Tatbegehung durch Zeugen nachzuweisen. Denn in Gestalt der schriftlichen Bekundungen von Herrn N. sowie der im Strafbefehl vom 26. Februar 2014 referierten Angaben von Herrn K. (er wird in dieser strafgerichtlichen Entscheidung ausdrücklich als Zeuge bezeichnet) stehen einschlägige Erkenntnismittel zur Verfügung.
Da die Klägerin weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Angriffe gegen die Richtigkeit der Schilderungen von Herrn K. und Herrn N. vorgebracht hat, bestand entgegen dem Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags weder für die Beklagte noch für das Gericht des ersten Rechtszugs eine Notwendigkeit, eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob es im Betrieb der Klägerin zu einem missbräuchlichen Vertreiben oder Ausgeben von Kraftfahrzeugkennzeichen gekommen ist.
Ungeeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzutun, ist auch die Behauptung der Klägerin, das vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171) sei vorliegend nicht einschlägig. Insbesondere trifft es nicht zu, das Oberlandesgericht habe darin zum Ausdruck gebracht, für die Erfüllung des Straftatbestandes des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG komme einer Vermittlung durch Dritte entscheidende Bedeutung zu. Eingangs des Abschnitts II.1 der Gründe seiner Entscheidung hielt das Oberlandesgericht vielmehr fest, die dortigen Angeklagten hätten das Tatbestandsmerkmal des „Ausgebens“ von Kennzeichen deshalb erfüllt, weil sie solche Gegenstände „entweder unmittelbar oder durch Vermittlung Dritter“ weiteren Personen zur Verfügung gestellt hatten. Auf die Frage, ob es im Fall der Klägerin eine Absprache mit Dritten über die Beschaffung von Kurzzeitkennzeichen aus dem Rhein-Neckar-Kreis gab, kommt es deshalb nicht an.
Ebenfalls unbehelflich ist die Behauptung, die Klägerin habe um die Unzulässigkeit ihres Verhaltens nicht gewusst. Ein Gewerbetreibender, dem die für seine Tätigkeit einschlägigen Vorgaben der Rechtsordnung nicht bekannt sind, bietet schon aus diesem Grund nicht die Gewähr für eine gesetzeskonforme Berufsausübung. Unabhängig hiervon ist diese Einlassung nicht glaubhaft. Denn für jedermann liegt – zumindest in Gestalt einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ – auf der Hand, dass eine Handlung wie die Abgabe eines amtlichen Kraftfahrzeugkennzeichens so eng mit den hoheitlichen Funktionen der öffentlichen Verwaltung verbunden ist, dass sie von einer Privatperson nicht vorgenommen werden darf, ohne die zuständige Behörde zumindest hiervon zu unterrichten. Auch von der Klägerin, die nach den Angaben in ihrer Gewerbeanmeldung bereits seit dem 5. November 1996 über eine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland verfügt, kann ein derartiges Mindestmaß an Einsicht in das von Rechts wegen gebotene Verhalten erwartet werden.
Auf den Umstand, dass durch das Vorbringen in der Antragsbegründung Wiederaufnahmegründe im Sinn von § 359 (hier anzuwenden in Verbindung mit § 373a Abs. 2) StPO nicht dargetan werden, ist bei alledem nur ergänzend hinzuweisen. Insbesondere hat die Klägerin entgegen der sich für sie aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Obliegenheit nicht aufgezeigt, dass neue Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die – wie das nach § 359 Nr. 5 StPO erforderlich wäre – geeignet sind, einen Freispruch zu begründen. Eine derartige Erwartung ist in ihrem Fall – selbst wenn die Einlegung von Einsprüchen gegen die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 absprachewidrig unterblieben wäre bzw. die Klägerin über die erfolgte Einleitung solcher Rechtsbehelfsverfahren getäuscht worden sein sollte – so lange unbegründet, als sie nicht dargelegt hat, dass die letztgenannten strafgerichtlichen Entscheidungen der Sache nach mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit zu Unrecht ergangen sind und ihr nunmehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, dies nachzuweisen.
2. Nicht aufgezeigt werden im Schriftsatz vom 22. März 2016 ferner die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
Soweit die Klägerin „besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ im Sinn dieser Bestimmung aus den Umständen herzuleiten versucht, die ihrer Ansicht nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 8. Dezember 2015 begründen, folgt unmittelbar aus der fehlenden Stichhaltigkeit jenes Vorbringens, dass ihr diese Gesichtspunkte auch keinen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu verschaffen vermögen.
„Besondere Schwierigkeiten“ ergeben sich entgegen dem Vorbringen in Abschnitt I.2.b der Antragsbegründung ferner nicht aus dem Umstand, dass das Oberlandesgericht München im Urteil vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171/173) sich zu den „Behördengepflogenheiten im Umgang mit der Ausgabe von Kurzzeitkennzeichen“ ausdrücklich ebenso wenig geäußert hat wie zu dem „Vorstellungsbild der [dortigen] Angeklagten darüber, dass wegen der zwischen ihnen und der Zulassungsstelle geübten Praxis sie von der Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens ausgingen“. Denn die Klägerin zeigt nicht auf, inwiefern diesen beiden Aspekten für die zutreffende Beantwortung der Frage, ob sie selbst unzuverlässig im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, Entscheidungserheblichkeit zukommt. Das wäre nur der Fall, wenn entweder die Zulassungsbehörde im Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises oder aber die Beklagte ihr gegenüber den Anschein hervorgerufen hätten, sie sei befugt, seitens der erstgenannten Behörde zugeteilte Kurzzeitkennzeichen Dritten ohne weiteres zur Verfügung zu stellen. Dass es sich so verhielt, wird im Schriftsatz vom 22. März 2016 nicht in einer dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO genügenden Weise aufgezeigt. Dort wird lediglich behauptet, die Klägerin habe bereits früher auf einen durch die Beklagte geschaffenen Vertrauenstatbestand hingewiesen. Auf welche Weise die Beklagte ein solches Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Handlungsweise der Klägerin begründet habe, wird jedoch weder in der Begründung des Zulassungsantrags selbst in der erforderlichen substantiierten Weise dargestellt, noch enthält der Schriftsatz vom 22. März 2016 insoweit eine hinreichend konkrete Bezugnahme auf früheres Vorbringen.
Besondere Schwierigkeiten der Rechtssache resultieren schließlich nicht aus dem Vorbringen, die dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171) zugrunde liegende Rechtsauffassung sei nicht unumstritten. Denn die Klägerin verweist insofern lediglich darauf, dass Blum in dem Aufsatz „Der Missbrauch von Kurzzeitkennzeichen“ (veröffentlicht unter www.praxisverkehrsrecht.de) den Standpunkt vertreten habe, der Handel mit solchen Kennzeichen lasse sich nicht unter § 22 Abs. 1 Nr. 1 StVG subsumieren. Dieser Hinweis ist bereits deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte und das Verwaltungsgericht die Unzuverlässigkeit der Klägerin nicht aus Verstößen gegen diese Vorschrift, sondern aus der Verwirklichung des Straftatbestands nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG hergeleitet haben. Zwar stellt Blum im gleichen Aufsatz auch in Abrede, dass der Handel mit Kurzzeitkennzeichen von § 22a StVG erfasst werde. Da dieser Autor die von ihm vertretene Auffassung, § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG greife nur dann ein, wenn ein „Schildermacher“ nicht von der zuständigen Verwaltungsbehörde zugeteilte Kennzeichen herstellt oder vertreibt, lediglich apodiktisch in den Raum stellt, ohne sie näher zu begründen, und er in der Fußnote 10 seines Aufsatzes selbst einräumen muss, dass diese Ansicht im fachlichen Schrifttum nicht geteilt wird, wären seine sich auf § 22a StVG beziehenden knappen Ausführungen auch dann nicht geeignet, die Richtigkeit der dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2011 (4St RR 171/10 u. a. – ZfSch 2011, 171) zugrunde liegenden, mit historischen, gesetzessystematischen und teleologischen Argumenten eingehend begründeten Rechtsauffassung als „schwierig“ im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erscheinen zu lassen, wenn sich die Antragsbegründung auf die einschlägigen Passagen im Aufsatz von Blum (a. a. O.) bezogen hätte.
3. Verfahrensmängel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erblickt die Klägerin darin, dass das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ihren früheren Bevollmächtigten nicht als Zeugen einvernommen habe, obwohl dies vom Vorsitzenden der erkennenden Kammer im Laufe der mündlichen Verhandlung als „wohl“ erforderlich bezeichnet worden sei, sie ferner nicht selbst „zu den Strafbefehlen und den Fragen ihrer Mitwirkung“ gehört worden sei, und das Verwaltungsgericht sich kein Bild von den übrigen gegen sie durchgeführten Ermittlungsverfahren und deren Verlauf gemacht habe. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe die aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO resultierende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, kann ein Beteiligter, der – wie bei der Klägerin der Fall – bereits im ersten Rechtszug anwaltlich vertreten war, grundsätzlich nur dann durchdringen, wenn er in der mündlichen Verhandlung einschlägige Beweisanträge gestellt hat (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.; vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO z. B. BVerwG, B. v. 13.3.1992 – 4 B 39.92 – NVwZ 1993, 268; B. v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447/449). Dies ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen. Anders verhält es sich nur dann, wenn sich eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 28.5.2013 – 7 B 46.12 – juris Rn. 4 m. w. N.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.). Dass dies der Fall ist, zeigt die Antragsbegründung nicht auf. Aus den Ausführungen in Abschnitt II.1 dieses Beschlusses ergibt sich vielmehr, dass es auf die Frage, warum die Einlegung von Einsprüchen gegen die Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 unterblieben ist, u. a. deshalb nicht ankommt, weil sich das Verwaltungsgericht anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ein eigenständiges Urteil über die Verwirklichung des Tatbestands des § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG durch die Klägerin gebildet hat, und die Begründung des Zulassungsantrags nicht aufzeigt, dass es hierbei zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt ist. Dargestellt wurde in Abschnitt II.1 dieses Beschlusses ferner, dass ein der Klägerin vorteilhafter Ausgang anderer gegen sie angestrengter Ermittlungsverfahren ohne substantiierte diesbezügliche Angaben nicht den Schluss rechtfertigt, die vorgenannten Strafbefehle seien zu Unrecht erlassen worden.
4. In Abschnitt I.3.b des Schriftsatzes ihrer Bevollmächtigten vom 22. März 2016 rügt es die Klägerin als verfahrensfehlerhaft, dass das Verwaltungsgericht die beanstandungsfreie Ausübung ihres Gewerbes über zwei bis drei Jahre hinweg (nämlich bis zu den strafrechtlich relevanten Vorfällen) unberücksichtigt gelassen habe. Ein weiterer Verfahrensfehler liege darin, dass die Beklagte mit dem Ausspruch der Gewerbeuntersagung – gerechnet ab den ihr zur Last gelegten Taten – zweieinhalb Jahre und ab dem Erlass der Strafbefehle etwa eineinhalb Jahre zugewartet habe. Das lasse darauf schließen, dass eine Gewerbeuntersagung in ihrem Fall nicht zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sei. Auch unabhängig hiervon fehle jede Begründung dafür, warum von ihr eine dauerhafte Gefährdung ausgehe.
Dieses Vorbringen ist seiner Art nach nicht geeignet, die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darzutun. Verfahrensfehler im Sinn dieser Vorschrift können nur aus Verstößen gegen Vorschriften oder Rechtsgrundsätze resultieren, die festlegen, auf welche Art und Weise das Gericht des ersten Rechtszugs einen Rechtsstreit zu führen und seine Überzeugung zu bilden hat. Die Ausführungen in Abschnitt I.3.b der Antragsbegründung betreffen demgegenüber zum Teil die Gestaltung des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte; im Übrigen beinhalten sie Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Verwaltungsgerichtshof wertet dieses Vorbringen deshalb als Geltendmachung zusätzlicher ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Auch aus ihm ergibt sich indes kein Anspruch auf Zulassung der Berufung.
Die Behauptungen über die Zeitspannen, die bis zum Erlass des Bescheids vom 4. September 2014 verstrichen seien, treffen bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Zwischen den von der Klägerin im Juli 2013 begangenen Straftaten und dem Ausspruch der Gewerbeuntersagung verging vielmehr nur etwas mehr als ein Jahr; seit dem Erlass der Strafbefehle vom 26. Februar 2014 und vom 17. März 2014 waren bis dahin nur wenige Monate verstrichen.
Die Beklagte hat in den beiden letzten Absätzen des Abschnitts IV der Gründe des Bescheids vom 4. September 2014 eingehend dargelegt, warum im Fall der Klägerin eine Gewerbeuntersagung im Sinn von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Das Verwaltungsgericht hat sich diese Ausführungen durch die gemäß § 117 Abs. 5 VwGO erfolgte Bezugnahme auf die Bescheidsgründe zu eigen gemacht; im drittletzten Absatz auf Seite 11 des angefochtenen Urteils hat es ergänzende Erwägungen zu diesem Gesichtspunkt angestellt.
Ernstliche Zweifel an der Tragfähigkeit der insoweit angezogenen Gründe ergeben sich aus dem Vorbringen in Abschnitt I.3.b der Antragsbegründung nicht. Angesichts der gravierenden Nachteile, die aus einem Handel mit Kurzzeitkennzeichen für die Möglichkeit der Aufklärung von Straftaten und anderen rechtswidrigen Handlungen sowie zulasten solcher Personen entstehen können, deren Rechtsgüter durch nicht feststellbare Fahrer von mit solchen Kennzeichen ausgestatteten Kraftfahrzeugen geschädigt werden, ließe der Umstand, dass sich die Klägerin durch die Teilnahme an diesem Kennzeichenhandel zumindest im Jahr 2013 einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft hat, den hieraus resultierenden Unzuverlässigkeitsvorwurf selbst dann unberührt, wenn sie ihr Gewerbe bis dahin vorbehaltlos in Einklang mit den Erfordernissen der Rechtsordnung ausgeübt hätte. Die unterbliebene Anzeige der Verlegung ihres Betriebssitzes in die F… belegt jedoch, dass sie sich entgegen dem Vorbringen in der Antragsbegründung auch im Übrigen nicht stets rechtstreu verhalten hat. Nach der Darstellung im Schriftsatz ihres früheren Bevollmächtigten vom 1. April 2015, auf den die Begründung des Zulassungsantrags ausdrücklich Bezug nimmt, fand eine solche Verlegung zunächst am 1. Dezember 2011 in das Anwesen F… 40 statt; später sei die Klägerin mit ihrem Büro in die F… 44 umgezogen. § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO verpflichtet einen Gewerbetreibenden, Betriebsverlegungen „gleichzeitig“ (d. h. synchron mit der Vornahme der Veränderung) bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Diesem rechtlichen Gebot ist die Klägerin nach der Darstellung im Schriftsatz vom 1. April 2015 nicht nachgekommen. Die während des erstinstanzlichen Rechtsstreits eingereichte, vom 19. Oktober 2015 datierende Gewerbeabmeldung vermag diesen Befund nicht zu entkräften. Soweit die Begründung des Zulassungsantrags vorbringt, die Klägerin habe sich auch hinsichtlich der Erfüllung der aus § 14 GewO resultierenden Pflichten auf ihren früheren anwaltlichen Bevollmächtigten verlassen, ist diese Einlassung im Hinblick darauf nicht glaubhaft, dass sie im Schriftsatz vom 1. April 2015 hatte vortragen lassen, sie habe sich im Laufe des Jahres 2014 nach Erhalt der diesbezüglichen Aufforderungen der Beklagten auf das Ordnungsamt der Beklagten begeben, um die Ummeldungen nachzuholen; unterblieben seien sie letztlich deshalb, weil ihr der Mietvertrag über die gewerblichen Räume nicht zur Verfügung gestanden habe.
Diese Abläufe in Verbindung mit der Tatsache, dass die Klägerin die Aufforderung, Auskunft über die bei ihr beschäftigten Personen und ihre versicherungsrechtlichen Verhältnisse zu erteilen, gänzlich unbeachtet ließ, ohne dass die Begründung des Zulassungsantrags diesem Vorwurf in irgendeiner Weise entgegentritt, offenbaren eine ausgeprägte Gleichgültigkeit gegenüber den Anforderungen, die die Rechtsordnung an einen Gewerbetreibenden stellt. Auch dies steht der Richtigkeit der im Schriftsatz vom 22. März 2016 sinngemäß aufgestellten Behauptung entgegen, bei den von der Klägerin begangenen Straftaten nach § 22a Abs. 1 Nr. 1 StVG handele es sich um ein punktuelles rechtsethisches Versagen, durch das die Korrektheit einer künftigen gewerblichen Betätigung durch sie nicht in Frage gestellt werde.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit der Empfehlung in Abschnitt 52.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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