Verwaltungsrecht

Klage auf Bewilligung einer Eigenheimzulage (ohne Erfolg), Kaufvertragsabschluss über Förderobjekt nach 30.6.2018 als Fördervoraussetzung (Stichtagsregelung), Selbstbindung der Verwaltung, Förderpraxis, vergleichbare Fälle, Vertrauensschutz (verneint)

Aktenzeichen  RO 7 K 20.1334

Datum:
27.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 13961
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinien – EHZR Nr. 5.1 Spiegelstrich 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung der beantragten Eigenheimzulage auf Basis der Richtlinien für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinien – EHZR). Der ablehnende Bescheid vom 29.6.2020 verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris mit Hinweis auf BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08; BayVGH, B.v 22.5.2020 – 6 ZB 20.216; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 sowie BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris), der die Kammer folgt, gilt: Sind Fördervoraussetzungen in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. Ein Anspruch auf Förderung ist im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann gegeben, wenn die in den Richtlinien genannten Fördervoraussetzungen erfüllt sind und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.
Hiervon ausgehend hat der Beklagte dem Kläger in nicht zu beanstandender Weise die beantragte Zuwendung in Höhe von 10.000,00 Euro (vgl. Nr. 6 Satz 1 EHZR) verwehrt.
2. Gemäß Nr. 5.1 Spiegelstrich 3 EHZR werden Maßnahmen nach Nr. 2 der Richtlinien (hier: Ersterwerb eines bestehenden Zweifamilienhauses) gefördert, für die nach dem 30.6.2018 ein notarieller Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Diese Fördervoraussetzung erfüllt der Kläger nachweislich nicht, nachdem der notarielle Kaufvertrag mit dem Bauträger der „…“ GmbH bereits am 26.3.2018 abgeschlossen wurde.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht entscheidend darauf an, dass das Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO mit Antrag vom 28.1.2019 erst nach dem 30.6.2018 eingeleitet worden und die Mitteilung der Gemeinde nach Art. 58 Abs. 4 Satz 3 BayBO am 7.2.2019 ergangen ist. Im vorliegenden Verfahren handelt es sich entgegen den Angaben des Klägers im Formblatt nicht um einen baurechtlich genehmigten Neubau. Vielmehr ist die fragliche Maßnahme als ein Fall des sogenannten Ersterwerbs anzusehen. Insoweit weist der Beklagte auch zutreffend auf die Erläuterungen zum Formblatt EHZ 1 hin, wonach der Ersterwerb als der Erwerb von neu gebauten Häusern und Eigentumswohnungen direkt vom Bauträger umschrieben ist. Der Kläger hat das fragliche Grundstück in unmittelbarer Verbindung mit der Errichtung des Zweifamilienhauses mit Nebengebäuden von der „…“ GmbH erworben. Ein isolierter Erwerb der fraglichen Grundstücksfläche mit einer anschließenden, vom Verkäufer und Bauträger unabhängigen Errichtung des Gebäudes in eigener Verantwortung und Regie des Klägers ist gerade nicht gegeben. Dafür spricht auch die Höhe des Kaufpreises in Ziffer V. der Nachtragsurkunde vom 11.1.2019 zu den Vorurkunden vom 26.3.2018 und 17.4.2018, die nicht nur den reinen Grundstückspreis betrifft (vgl. die Urkunde vom 11.1.2019, Nr. 65 S / 2019, Bl. 38 bis 46 der Behördenakte).
Zur Abgrenzung, ob nach der Nr. 5.1 EHZR auf die baurechtliche Genehmigung bzw. die Genehmigungsfreistellung (sog. „Bautatbestände“) oder auf den notariellen Kaufvertrag (sog. „Erwerbstatbestand“) abzustellen ist, wird auf die Ausführungen des VG Ansbach (U.v. 11.5.2020 – AN 3 K 20.00109 – juris, Rn. 43 ff.) verwiesen, denen sich die zur Entscheidung berufene Kammer anschließt. Dem Verfahren des VG Ansbach lag anders als im vorliegenden Verfahren der umgekehrte Sachverhalt zu Grunde, dass der dortige Antragsteller die Baugenehmigung für den von ihm selbst durchgeführten Neubau vor dem 30.6.2018 erhalten hat (nebst späterer Tekturgenehmigungen), das unbebaute Grundstück aber erst mit notariellem Kaufvertrag vom 29.10.2018 erworben hat. Das VG Ansbach hat in diesem Verfahren auf den Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung abgestellt und nicht auf den späteren Erwerb des Grundstücks, nachdem der Antragsteller – und nicht wie vorliegend ein Bauträger – das Grundstück selbst bebaut hat.
b) Der Kläger hat weder vorgetragen, dass die auf den 30.6.2018 bezogene Stichtagsregelung in Nr. 5 EHZR bzw. deren Anwendung verfassungswidrig ist, noch ist dies für die Kammer ersichtlich.
Es versteht sich von selbst, dass der Zuwendende bei einer Förderung, die im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt (vgl. Satz 3 der Einleitung der EHZR), den Kreis der Zuwendungsempfänger begrenzen kann. Stichtagsregelungen begegnen in der Rechtsprechung trotz der Härten, die sie mit bringen können, keinen Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (vgl. BVerfG, B.v. 19.5.2015 – 2 BvR 1170/14 – juris m.w.N.). Davon geht das Gericht angesichts der begrenzten Haushaltsmittel für die Eigenheimzulage aus. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum ein früherer Stichtag als der gewählte sachlich eher gerechtfertigt wäre. Hierfür wurde auch nichts Substantiiertes vorgetragen. Im Übrigen hat es der Kläger selbst in der Hand, den Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages zu regeln und damit den Stichtag 30.6.2018 einzuhalten.
c) Die Verwaltungsgerichte haben sich, wie bereits oben ausgeführt, auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der Förderrichtlinien im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt.
Der Einwand des Klägers, dass auch andere Antragsteller aus dem Baugebiet unter den gleichen Voraussetzungen (Abschluss des notariellen Kaufvertrages vor dem 30.6.2018 und Genehmigungsfreistellung gem. Art. 58 BayBO erst nach dem Stichtag) Förderanträge gestellt hätten und diese genehmigt worden seien, und somit eine Ungleichbehandlung und ein Abweichen von der einheitlichen und ständigen Verwaltungspraxis der BayernLabo vorliege, wurde widerlegt. Auf Nachfrage des Gerichts hat sich die BayernLabo mit E-Mail vom 25.5.2021 (Bl. 31 – 32 der Gerichtsakte) glaubhaft dahingehend geäußert, dass bei der Überprüfung der Fälle in dem Baugebiet …insgesamt fünf Objekte innerhalb dieses Baugebiets hätten identifiziert werden können. In einem der Fälle sei der Bauträgerkaufvertrag nachweislich erst im Juli 2018 und somit nach dem Stichtag 30.6.2018 abgeschlossen worden, so dass die Förderfähigkeit gegeben sei. Alle anderen Fälle seien wegen Abschluss des Kaufvertrags vor dem 1.7.2018 abgelehnt bzw. mittlerweile die Zusage widerrufen und die Förderung der Eigenheimzulage zurückgefordert worden. Insoweit kann sich der Kläger auch nicht auf einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und eine unterschiedliche Behandlung der Nr. 5.1 Spiegelstrich 3 EHZR berufen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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