Verwaltungsrecht

Klage gegen Kostenbescheid zur Ermahnung im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems; Rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit

Aktenzeichen  M 26 K 16.1512

Datum:
4.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GebOst § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1
StVG StVG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 6a Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2

 

Leitsatz

Bringt eine Partei in einem Befangenheitsantrag “generelle Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheit von Richtern und Gerichten” zum Ausdruck und verlangt wegen dieser Bedenken Erklärungen von VG und BayVGH zu Begebenheiten und Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren, die sie betroffen haben und gegebenenfalls auch noch betreffen mögen, ist der Antrag rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte nach Anhörung im Wege des Gerichtsbescheids entschieden werden (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2. Über den Rechtsstreit war durch die erkennende Kammer zu entscheiden, ohne dass es zuvor einer Entscheidung zu den vom Kläger vorgebrachten Erwägungen zur Befangenheit von Richtern und Gerichten bedurfte.
Der Kläger brachte generelle Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheit von u. a. Richtern und Gerichten zum Ausdruck und verlangte wegen dieser Bedenken Erklärungen vom Bayerischen Verwaltungsgericht München und vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu Begebenheiten und Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren, die ihn betroffen haben und gegebenenfalls auch noch betreffen mögen. Soweit der Kläger im Hinblick darauf, dass die geforderten gerichtlichen Stellungnahmen unterblieben sind, ein gegen die Richter der erkennenden Kammer gerichtetes Ablehnungsgesuch überhaupt gestellt haben sollte, ist dieses als rechtsmissbräuchlich anzusehen und deshalb unbeachtlich. Der vom Kläger angeführte Ablehnungsgrund ist völlig ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu rechtfertigen (s. BayVGH, B.v. 14.6.2006 – 9 BV 05.1863 – juris Rn. 7 m. w. N.; OVG Hamburg, B.v. 16.01.2006 – 4 Bf 435/03 – juris Rn. 1 m. w. N.). Denn das erkennende Gericht war unter keinem denkbaren Gesichtspunkt veranlasst, im Rahmen der hier anhängigen Anfechtungsklage gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 10. März 2016 (§ 88 VwGO) zu vom Kläger aufgeworfenen Fragen zu anderweitigen Verfahren Stellung zu nehmen.
3. Die Klage gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 10. März 2016 hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kostenbescheid der Beklagten vom 10. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3.1. Die Festsetzung der Gebühr für die Ermahnung vom … Januar 2016 in Höhe von a… EUR beruht auf § 6a Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz – StVG, § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr – GebOSt – und Nr. 209 der Anlage zu § 1 GebOSt. Die Geltendmachung der Auslagen (für die Zustellung der Ermahnung) in Höhe von b… EUR folgt aus § 6a Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 StVG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.
3.2. Nach der im Rahmen der Überprüfung des Kostenbescheids gebotenen summarischen Prüfung (§ 14 Abs. 2 Verwaltungskostengesetz – VwKostG; BayVGH, B.v. 15.4.2015 – 11 BV 15.134 – juris m. w. N.) ist die Ermahnung vom … Januar 2016 auch zu Recht zum Stand von 5 Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erfolgt.
Für den Kläger waren im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Ermahnung vier mit Punkten bewertete Entscheidungen zu Verkehrszuwiderhandlungen im Fahreignungsregister eingetragen. Drei der eingetragenen Verkehrsdelikte (vom …4.2008, …5.2011 und …5.2011) waren nach dem alten Mehrfachtäterpunktsystem korrekt mit insgesamt 10 Punkten (s. Anlage 13 zur Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – in der jeweils gültigen Fassung) und nach der Umrechnung in das Fahreignungs-Bewertungssystem nach der seit 1. Mai 2014 geltenden Rechtslage mit insgesamt 4 Punkten zu bewerten (s. § 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG). Eine Tat (vom …3.2014) war erst nach dem 1. Mai 2014 (am …12.2015) in das Fahreignungsregister eingetragen worden und daher gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 3 StVG nach der neuen Rechtslage mit einem Punkt zu bewerten (s. Anlage 13 FeV in der ab 1.5.2014 gültigen Fassung). Die mit Punkten bewerteten Taten waren sämtlich noch verwertbar (s. § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG i. V. m. § 29 Abs. 1, 4, 5 und 6 Straßenverkehrsgesetz in der bis 30.4.2014 gültigen Fassung – StVG a. F.) Die Ermahnung war gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG daher bei insgesamt 5 Punkten zwingend auszusprechen, nachdem eine Verwarnung nach dem Mehrfachtäterpunktsystem bei 10 Punkten (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F.) zuvor unterblieben war.
3.3. Die Einwendungen des Klägers zu einzelnen Punktebewertungen sind nicht durchgreifend.
Soweit der Kläger der Meinung ist, dass er am … April 2008 keine Straftat nach § 21 Abs. 1 StVG (Fahren ohne Fahrerlaubnis) begangen haben könne, ist zunächst auf § 4 Abs. 5 Satz 4 StVG hinzuweisen. Nach dieser Vorschrift ist die Beklagte hinsichtlich der Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem (§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG) an die rechtskräftigen Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten gebunden. Die Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde am … Januar 2010 rechtskräftig. Im Übrigen war – worauf der Kläger hinweist – die aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom … Mai 2007 resultierende Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach deren Entzug zwar am … Februar 2008 abgelaufen. Die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erfolgte auf den Antrag des Klägers vom … April 2008 jedoch erst am … September 2008. Der Kläger hatte am … April 2008 somit noch keine Fahrerlaubnis inne.
Die vom Kläger außerdem noch vorgelegte Einstellungsmitteilung des Regierungspräsidiums Kassel vom … Januar 2016 betrifft eine Handlung am … April 2015, die im Fahreignungsregister nicht eingetragen ist und der Ermahnung folglich auch nicht zugrunde lag.
4. Die Kostenentscheidung in diesem Verfahren beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 20,09 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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