Verwaltungsrecht

Konkurrenz von Versetzungs- und Beförderungsbewerbern

Aktenzeichen  AN 1 K 18.01165

Datum:
18.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25209
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
RBestPol Nr. 3
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Bei einer Dienstpostenkonkurrenz zwischen Um- und Versetzungsbewerbern kann eine Stellenbesetzung jederzeit rückgängig gemacht werden, ohne dass dem der Grundsatz der Ämterstabilität entgegensteht (ebenso stRspr BayVGH BeckRS 2017, 131772). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Dienstherrn kommt eine Organisationsfreiheit dahingehend zu, ob er eine Stelle durch Umsetzung, Versetzung oder Beförderung besetzt; entscheidet er sich für eine Umsetzung oder Versetzung und damit für eine Besetzung ohne Statusveränderung ist er nicht an den Grundsatz der Bestenauslese gebunden.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Entscheidung für einen Versetzungsbewerber aufgrund seiner hohen Verwendungsbreite, seines großen Wissens im Bereich der Schutzpolizei sowie langjähriger Erfahrung und Bewährung als Leiter der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums hat der Dienstherr sich auf dienstliche Gründe gestützt und damit sein Ermsesen pflichtgemäß ausgeübt, wenn Anzeichen für Willkür dabei nicht erkennbar sind. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
a) Dass der Beigeladene zwischenzeitlich auf den streitgegenständlichen Dienstposten umgesetzt worden ist, führt nicht zum Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses. Nach st. Rspr. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (z.B. B.v. 20.10.2017 – 3 CE 17.1991 – juris Rn. 7 f.; B.v. 29.9.2015 – 3 CE 15.1604 – juris Rn. 17) kann bei einer Dienstpostenkonkurrenz zwischen Um- bzw. Versetzungsbewerbern eine Stellenbesetzung jederzeit rückgängig gemacht werden, ohne dass dem der Grundsatz der Ämterstabilität entgegenstehen würde. Der streitbefangene Dienstposten kann jederzeit durch Versetzung oder Umsetzung des Beigeladenen wieder freigemacht werden. Der Beigeladene hat seinerseits keinen Anspruch auf ein bestimmtes Amt im konkret-funktionellen Sinn.
b) Nicht entscheidungsrelevant ist, welche Folgen sich für die Zulässigkeit der Klage aufgrund der Wahl des Klägers in den Bayerischen Landtag (**. Wahlperiode …*) verbunden mit dem Erwerb der Rechtsstellung als Mitglied des Bayerischen Landtags ergeben, mit der Folge, dass der Kläger wegen Art. 30 Abs. 1 BayAbgG derzeit daran gehindert ist, den ausgeschriebenen Dienstposten anzutreten. Ob es für das Fortbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses ausreicht, dass der Kläger ein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Höhe des Ruhegehaltes geltend gemacht hat, kann dahinstehen, da die Klage jedenfalls unbegründet ist.
2. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung). Auch wenn Art. 33 Abs. 2 GG jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt, folgt hieraus vorliegend für den Kläger kein Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung im Rahmen eines Leistungsvergleiches.
Der Grundsatz der Bestenauslese gilt dann nicht, wenn sich der Dienstherr entscheidet, eine Stelle nicht unbeschränkt auszuschreiben, sondern im Wege der Versetzung oder Umsetzung zu besetzen. Dem Dienstherrn kommt eine Organisationsfreiheit zu, wie er offene Stellen besetzen will. Dabei hat er nach pflichtgemäßem Ermessen das Recht, zwischen Umsetzung, Versetzung oder Beförderung zu wählen. Entscheidet er sich, eine offene Stelle durch vorhandene Bewerber zu besetzen, und ist damit kein beruflicher Aufstieg von Bewerbern aus niedrigeren Besoldungsgruppen und keine Statusveränderung verbunden, ist er nicht gehalten, diese Maßnahme an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG auszurichten (BVerfG, B.v. 28.11.2007 – 2 BvR 1431/17 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 9.1.2015 – 32 B 12.1126 -, juris).
Der Beklagte hat mit dem Hinweis in der Stellenausschreibung, dass Umsetzungen nach Nr. 3 der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und des höheren Dienstes der Bayerischen Polizei vom 20.8.1997 i.d.F. vom 21.3.2003 Az. IC 3 – 0302.3 – 2 (RBestPol) vorrangig durchgeführt werden können, hinreichend klargestellt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der – wie hier – dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht an Auswahlverfahren nach Nr. 2 RBestPol teilnehmen. Der Beklagte hat seine Organisationsfreiheit auch nicht durch eine Festlegung auf Gleichbehandlung von Umsetzungs-, Versetzungs- und Beförderungsbewerbern eingeschränkt. Denn nur wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschlossen hätte, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-/Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, hätte der Kläger Anspruch auf ein Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese (vgl. auch BVerfG, B.v. 28.2.2007 – 2 BvR 2494/06, juris; BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5; B.v. 9.1.2013 – 3 CE 12.2491 – juris; B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris).
Umsetzungs-/Versetzungsbewerber können – auch nach erfolgter Ausschreibung – vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern oder zwingende persönliche Gründe vorliegen und Kosten dadurch nicht anfallen. Die Besetzung des Dienstpostens wegen zwingender persönlicher Gründe soll grundsätzlich nur nach erfolgter Ausschreibung des Dienstpostens durchgeführt werden (vgl. Nr. 3.1.2 und 3.1.4 RBestPol).
Dies bedeutet, dass die getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich des Klägers nur den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen (aber sehr weit gespannten) Ermessens genügen muss und nicht willkürlich sein darf (BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5; B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris Rn. 37).
Der Beklagte hat die Entscheidung über die Versetzung des Beigeladenen ermessensfehlerfrei auf das Erfordernis besonderer dienstlicher Gründe gestützt. Sie beruhte maßgeblich auf der Erwägung, dass der Beigeladene ein sehr erfahrener Beamter der 3. QE, insbesondere im schutzpolizeilichen Bereich, sei. Es entspreche einer sinnvollen und erfolgversprechenden Personalentwicklungsmaßnahme, den Beigeladenen im Alter von … Jahren im Wege der Umsetzung die selbständige Leitung einer (kleineren) Dienststelle anzuvertrauen und dafür seinen bisherigen Dienstposten als Leiter der Einsatzzentrale für einen potentiellen Beförderungsbewerber auszuschreiben.
Nach Auffassung der Kammer liegt es innerhalb des personalpolitischen und organisatorischen Gestaltungsspielraums des Beklagten, welche Dienstposten er als besonders geeignet betrachtet, um Beförderungsbewerbern ein Vorankommen zu ermöglichen. Entsprechend unterfällt es auch dem Gestaltungsspielraum des Beklagten, dafür zu sorgen, dass diese Dienstposten immer wieder für Beförderungsbewerber zur Verfügung stehen. Wenn der Beklagte im Rahmen der Feststellung der besonderen dienstlichen Gründe berücksichtigt, dass durch die Versetzung der bisherige Dienstposten des Beigeladenen als Leiter der Einsatzzentrale für Beförderungsbewerber frei gemacht wird, so handelt es sich dabei nach Überzeugung der Kammer um die Berücksichtigung dienstlicher Belange, die die vorrangige Versetzung des Beigeladenen rechtfertigen.
Zwar hat der Beklagte dem Kläger die von ihm berücksichtigten dienstlichen Gründe im Schreiben vom 12. Dezember 2017, mit dem der Kläger über die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung und über die Auswahl des Beigeladenen als Versetzungsbewerber informiert worden war, nicht ausdrücklich mitgeteilt. Da diese Gründe aber ausdrücklich im Auswahlvermerk vom 22. November 2017 festgehalten sind, konnte sich der Kläger im Wege der Akteneinsicht in den Besetzungsvorgang ausreichend über die maßgeblichen Gründe informieren. Es liegt damit gerade kein Fall vor, in dem die maßgeblichen Erwägungen erstmals während des gerichtlichen Verfahrens zur Kenntnis gebracht worden sind oder der Beklagte zwischen der Mitteilung an den unterlegenen Bewerber und der Ernennung des ausgewählten Bewerbers nicht eine angemessene Zeit abgewartet hat. Die Rechtsstellung des Klägers wurde durch die Mitteilung vom 12. Dezember 2017 gerade nicht beeinträchtigt (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 -, juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 10.3.2009 – 1 B 1518/08 -, juris Rn. 43 ff.; OVG Saarl., B.v. 13.6.2012 – 1 B 142/12 -, juris Rn 35 ff.), zumal vorliegend Art. 33 Abs. 2 GG ohnehin keine Anwendung findet.
Dass für den Kläger möglicherweise ebenfalls Gesichtspunkte sprechen, die eine Berücksichtigung als besondere dienstliche Gründe rechtfertigen könnten, ist unerheblich, da der Kläger nicht Versetzungsbewerber, sondern Beförderungsbewerber war. Als Beförderungsbewerber könnte der Kläger ausschließlich im Rahmen eines an den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Leistungsvergleich ausgewählt werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Klägervertreter zitierten Urteil des VG Augsburg vom 6. Oktober 2016 (Au 2 K 16.662). Entgegen der Annahme des Klägervertreters handelt es sich bei dem diesem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalts nicht um einen ähnlich gelagert Fall, da dort der besondere dienstliche Grund für die Umsetzung/Versetzung des Beigeladenen in zu erwartenden Spannungen zwischen dem dortigen Kläger und dem kollegialen Umfeld der zu besetzenden Stelle gesehen worden war, und das Verwaltungsgericht diesbezüglich weitere Aufklärungsmaßnahmen für erforderlich erachtet hat. Der Bevollmächtigte übersieht, dass das Verwaltungsgericht Augsburg unter Bezugnahme auf die Urteile vom 17. Januar 2013 (VG Augsburg, U.v.17.1.2013 – Au 2 K 11.1781 – juris) und vom 10. Mai 2012 (VG Augsburg, U.v. 10.5.2012 – Au 2 K 11.700 – Rn. 25 n.v.) grundsätzlich darauf verwiesen hat, dass z.B. die Aufrechterhaltung eines ungestörten Dienstbetriebs sowie eine größtmögliche personelle Kontinuität bei der Ausübung von Leitungsfunktionen besondere dienstliche Gründe darstellen können. Im Übrigen unterscheidet sich der vorliegende Fall dahingehend von dem durch das Verwaltungsgericht Augsburg entschiedenen, dass dienstliche Gründe, nämlich Überlegungen zur Personalentwicklung herangezogen worden sind, mit denen sich das Verwaltungsgericht Augsburg gar nicht befasst hat.
Auch ist es nicht zutreffend, dass hinsichtlich des Alters des Klägers und des Beigeladenen unterschiedliche Maßstäbe angewandt worden seien. So sei dem Kläger die Teilnahme am Personalentwicklungsprogramm unter Hinweis auf sein fortgeschrittenes Lebensalter verwehrt worden, während das Alter bei der Versetzung des Beigeladenen keine Rolle gespielt habe. Nach Auffassung der Kammer fehlt es hinsichtlich des Erwerbs zusätzlicher Qualifikationen im Rahmen des Personalentwicklungsprogramms und der Besetzung eines Dienstpostens bereits an vergleichbaren Sachverhalten. Falls der Bevollmächtigte des Klägers mit seinem Einwand auf Nr. 2.11.2 RBestPol Bezug nehmen sollte, wonach Beamte, die das … Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr auf einen Dienstposten wechseln können, für den sie eine besondere fachliche Ausbildung benötigen und praktische Erfahrungen erforderlich sind, wenn sie diese Fachkenntnisse noch nicht besitzen bzw. nicht mehr besitzen, so ist festzustellen, dass diese Regelung nur für Beförderungsbewerber, die sich um einen höherwertigen Dienstposten bemühen, gilt, nicht aber für Versetzungsbewerber (VG Augsburg, U.v. 17.1.2013 – AU 2 K 11.1781 – juris Rn. 26).
Die Bewerbung des Klägers musste demnach bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht berücksichtigt werden, weil er als Beförderungsbewerber gemäß der Ausschreibung gegenüber dem Beigeladenen nur nachrangig für die Besetzung des Dienstpostens in Betracht gekommen wäre. Ein Leistungsvergleich zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen im Sinn einer Bestenauslese war nicht veranlasst. Auf den Sachvortrag des Klägers, wonach er (aus seiner subjektiven Sicht) für den Posten gleich gut oder sogar besser geeignet sei als der Beigeladene, kommt es nicht an.
Die Klage war daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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