Verwaltungsrecht

Kosten einer erledigten Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  M 4 K 16.31311

Datum:
10.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 80
VwGO VwGO § 75, § 161 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

Nach § 161 Abs. 3 VwGO fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten dem Beklagten nur zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Bei einer Untätigkeitsklage rechtfertigt allein der Umstand, dass die Beklagte dem Antrag stattgegeben und sich insoweit in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, nicht, ihr die Kosten des Verfahrens vollständig aufzuerlegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom 6. Juli 2017 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenpartei hat mit Schreiben 27. Juni 2017 (vorab) einer etwaigen Erledigungserklärung generell zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- einzustellen.
Die Kostenentscheidung ist nicht nach der speziellen Regelung des § 161 Abs. 3 VwGO zu treffen, sondern nach § 161 Abs. 2 VwGO. Nach § 161 Abs. 3 VwGO fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Zwar liegt ein Fall des § 75 VwGO vor, da die Klägerin im Dezember 2014 einen Asylantrag gestellt hat und der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. Mai 2017 ist (Klageerhebung 6. Juli 2016). Damit war die (Drei-Monats-)Frist des § 75 Satz 2 VwGO eingehalten und die Klage unabhängig davon zulässig, ob ein zureichender Grund dafür vorlag, dass die Behörde noch nicht entschieden hat (vgl. Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 27. Lfg. Oktober 2014, § 75 Rn. 7).
Doch die weitere Voraussetzung, dass die Klägerin mit der Bescheidung ihres Antrags vor Klageerhebung rechnen durfte, ist nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung nämlich dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Klägerseite dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, U. v. 23.7.1991 – 3 C 56.90 – NVwZ 1991, 1180, 1181 – juris Rn. 9). So verhält es sich hier. Das Gericht geht davon aus, dass die Belastung oder richtigerweise Überlastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge seit Sommer 2014 (und damit noch vor Asylantragstellung der Klägerin) allgemein und auch der Klägerseite bekannt ist. Folge ist, dass die Behandlung der vorliegenden Anträge nur schleppend vorangeht. Durfte die Klägerin sonach mit einer Entscheidung über den Asylantrag vor Klageerhebung nicht rechnen, verbleibt es bei der Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO (vgl. VG Stuttgart, B. v. 22.5.2003 – 2 K 412/03 – juris Rn. 7 f.). Danach ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Der Umstand allein, dass die Beklagte dem Antrag stattgegeben und sich insoweit in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, rechtfertigt hier nicht, ihr die Kosten des Verfahrens vollständig aufzuerlegen. Da – wie dargestellt – das Bundesamt das Verfahren der Klägerin nicht liegengelassen, sondern mangels ausreichender Kapazitäten „nur“ nicht mit der wünschenswerten Beschleunigung betrieben hat, war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis der Bescheid ergehen würde.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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