Verwaltungsrecht

Kostenerstattung für die Schülerbeförderung zu einem Staatsinstitut – Erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  7 ZB 18.1986

Datum:
2.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7222
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfrG Art. 1, Art. 3
BayEUG Art. 6, Art. 13, Art. 24a
GG Art. 3
BV Art. 118

 

Leitsatz

1. Ein Staatsinstitut ist keine Unterart der Berufsfachschule im Sinne von Art. 13 BayEUG. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei dem Katalog der in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 SchfrG genannten Schularten handelt es sich um eine abschließende Regelung. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 3 K 16.612 2018-08-01 GeB VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.593,70 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.
I.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Augsburg vom 13. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids und Verpflichtung des Beklagten, ihm die Beförderungskosten zum Besuch des Staatsinstituts für die Ausbildung von Förderlehrern (im Folgenden Staatsinstitut) in Freising für das Schuljahr 2014/2015 zu erstatten, abgewiesen. Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden die vom Verwaltungsgericht zur Begründung des angefochtenen Gerichtsbescheids angeführten Erwägungen nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
1. Der Kläger meint, er habe einen Anspruch auf Erstattung der Beförderungskosten gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG, da es sich bei dem Staatsinstitut um eine Unterart der Berufsfachschule handele; allein die gesonderte Auflistung in Art. 24a BayEUG bzw. Art. 125 BayEUG a.F. führe nicht dazu, dass das Staatsinstitut nicht von der Regelung erfasst sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich für den Anspruch des Klägers auch nichts anderes nach der Einfügung des Art. 24a BayEUG durch die Gesetzesänderung am 1. August 2016, da Ausgangspunkt der Klage die Erstattung der Beförderungskosten für das Schuljahr 2014/2015 gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt noch Art. 125 BayEUG gegolten habe. Die Gesetzesänderung habe auch nicht nur der Klarstellung gedient. Zudem seien die Staatsinstitute sowohl inhaltlich (Lehrpläne) als auch vom Abschluss her (Schulziel) mit anderen beruflichen Schulen, wie der Fachoberschule oder der Berufsoberschule, für deren Besuch die Kostenerstattung für die Schülerbeförderung übernommen werde, vergleichbar.
Mit diesen Einwendungen kann der Kläger nicht durchdringen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass kein Anspruch des Klägers gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG besteht, da das Staatsinstitut keine Unterart der Berufsfachschule i.S.v. Art. 13 BayEUG ist und auch eine analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG vorliegend ausgeschlossen ist. Art. 24a BayEUG wurde durch Gesetz vom 23. Juni 2016 (GVBl. S. 102) eingefügt und ersetzt weitgehend inhaltsgleich den früheren Art. 125 BayEUG. Es handelt sich bei den Staatsinstituten um eine neue Schulart, deren Einführung daher einer Entscheidung des Gesetzgebers bedurfte (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Stand Januar 2019, Art. 24a BayEUG, Erläuterung 1). Berufsfachschulen und Staatsinstitute bildeten folglich nach dem Willen des Gesetzgebers auch schon mit der Einführung von Art. 125 BayEUG zwei unterschiedliche Arten von Schulen, die Gesetzesänderung bezweckte lediglich die Klarstellung, dass Staatsinstitute nicht zu den beruflichen Schulen i.S.v. Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 BayEUG gehören. Gegen die Auffassung des Klägers, Staatsinstitute seien eine Unterart der Berufsfachschule spricht auch, dass der Gesetzgeber die Staatsinstitute im die einzelnen Schularten regelnden Abschnitt II. des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtswesengesetzes eigens unter Nr. d aufgeführt und auch ansonsten nicht in Art. 6 Abs. 2 BayEUG genannt hat.
Der Fall des Klägers wird von Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayEUG auch nicht in analoger Anwendung erfasst. Dass es sich bei dem Katalog der in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 SchKfrG genannten Schularten um eine abschließende Regelung handelt, hat der Senat bereits wiederholt entschieden (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2017 – 7 ZB 16.1642 – juris Rn. 10; B.v. 13.8.2012 – 7 C 12.275 – juris Rn. 3). Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke, da sich der Gesetzgeber unter Bezugnahme auf die Schularten nach dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtswesengesetz bewusst dafür entschieden hat, die Schulwegkostenfreiheit nur für den Besuch bestimmter Schulen vorzusehen. Er differenziert dabei nur nach der Schulart, nicht nach dem Bildungsziel und auch nicht nach den Gründen des jeweiligen Schulbesuchs (vgl. VG Ansbach, U.v. 9.11.2012 – AN 2 K 12.00701 – juris Rn. 17). Ein Anspruch auf Schulwegkostenfreiheit für den Besuch aller Schulen ergibt sich weder aus der Verfassung noch aus dem Schulfinanzierungsgesetz, da die notwendige Beförderung der Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg nur zum Schulaufwand der Grundschulen, Mittelschulen und der Förderschulen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 BaySchFG) gehört. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) darin, dass der Gesetzgeber für Staatsinstitute die Schulwegkostenfreiheit nicht vorgesehen hat. Denn Staatsinstitute bereiten – wie die ebenfalls nicht in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 SchfrG aufgeführten Fachakademien (Art. 18 BayEUG) – auf den Eintritt in eine bestimmte (angehobene) Berufslaufbahn vor. Nach Art. 24a Abs. 2 BayEUG findet am streitgegenständlichen Staatsinstitut die fachliche und pädagogische Ausbildung von Förderlehrerinnen und Förderlehrern statt. Staatsinstitute verfügen über eigene Studienordnungen und stellen damit – vergleichbar mit den Fachakademien – eine Ausbildung unterhalb der Fachhochschulebene dar (vgl. für Fachakademien Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Art. 18 BayEUG, Erläuterung 4). Insoweit besteht ein Differenzierungsgrund gegenüber den im Katalog des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs genannten Schulen (vgl. zur Fachakademie BayVGH, B.v. 13.8.2012 – 7 C 12.275 – juris Rn. 3).
2. Soweit der Kläger geltend macht, das Gericht habe ihn zu Unrecht als nicht anspruchsberechtigt und damit als nicht aktivlegitimiert angesehen, da der Kostenerstattungsanspruch des die Schulwegkosten aufbringenden Vaters des Klägers an den Kläger abgetreten worden sei, vermag dieser Einwand die Zulassung der Berufung nicht zu begründen. Zwar ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch der Kläger aktivlegitimiert. Die Aktivlegitimation betrifft die materiell-rechtliche Frage, ob der vom Kläger behauptete Anspruch in seiner Person besteht (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 20). Aktiv legitimiert ist im Falle der Verpflichtungsklage derjenige, der materiell-rechtlich berechtigt ist, den Anspruch, dessen Existenz er behauptet, gegenüber dem Beklagten geltend zu machen (vgl. Sodan/Ziekow, a.a.O. Rn. 413 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 42 Rn. 73). Unterstellt, das Staatsinstitut gehörte zu den in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG genannten Schulen, so dass der behauptete Anspruch auf Erstattung der Beförderungskosten bestünde, wäre der Kläger materiell-rechtlich anspruchsberechtigt und damit aktivlegitimiert, da den Schülern der in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG genannten Schularten – statt des Anspruchs auf kostenfreie Beförderung auf dem Schulweg – ein Fahrtkostenerstattungsanspruch zusteht, soweit eine beitragsmäßig festgelegte Familienbelastungsgrenze überschritten wird (vgl. dazu die Gesetzesbegründung zur Änderung des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulweges vom 22.6.2005, LT-Drs. 15/3619) An der Aktivlegitimation des Klägers ändert vorliegend auch die Tatsache nichts, dass Unterhaltsleistender der Vater des Klägers ist und der zu erstattende Betrag auf dessen Konto überwiesen werden soll. Inwieweit daneben auch der Unterhaltsleistende oder derjenige, der die notwendigen Schulwegkosten tatsächlich aufbringt, aktivlegimiert wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (so jedenfalls Allmannshofer, Schulfinanzierung in Bayern, Teil 2 Schülerbeförderung Art. 3 SchKfrG Anm. 16 f.). Allerdings hat das Verwaltungsgericht die Abweisung der Klage selbständig tragend darauf gestützt, dass ein Anspruch auf Erstattung der Beförderungskosten ausgeschlossen ist, weil das Staatsinstitut nicht zu den in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG genannten Schularten gehört. Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, muss der Kläger Zulassungsgründe wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darlegen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 61) und damit auch durchdringen, was hier jedoch zu verneinen ist (siehe Nr. 1).
II.
Ungeachtet dessen, ob der Kläger seinen Darlegungspflichten aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in gebotenem Maße nachkommt, weist die Rechtslage – wie sich aus den Ausführungen unter Nr. 1 ergibt – auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
III.
Der Kläger hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt. Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72). Der Kläger formuliert weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage noch legt er die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 2 GKG und entspricht mangels anderweitiger Anhaltspunkte der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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