Verwaltungsrecht

Kostenfreiheit des Schulwegs

Aktenzeichen  W 2 K 19.1561

Datum:
16.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17801
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchBefV § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
BaySchKfrG Art. 1 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Entsprechende Einverständniserklärungen liegen mit den Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 30. April 2020 und des Beklagten vom 28. April 2020 vor.
1. Die Klage bleibt, auch wenn man sie als Verpflichtungsklage auslegt, ohne Erfolg.
Der Bescheid des Landratsamtes Schweinfurts vom 1. August 2019 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 24. Oktober 2019 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten für ihre Tochter N. zur Privaten Wirtschaftsschule Bamberg im Schuljahr 2019/2020 (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO). Die ablehnende Entscheidung ist auch nicht ermessensfehlerhaft (§ 114 VwGO).
1.1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten nach dem Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG – i.d.F. d. Bek. vom 31. Mai 2000, zuletzt geändert durch Verordnung 26. März 2019 (GVBl. S. 98)) in Verbindung mit der Schülerbeförderungsverordnung (SchBefV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1994 (GVBl. S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Februar 2020 (GVBl. S. 144). Auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Beklagten vom 1. August 2019 sowie im Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 24. Oktober 2019 wird insoweit verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend wird ausgeführt:
Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG hat der Landkreis des gewöhnlichen Aufenthalts des Schülers die Aufgabe, die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg u.a. zu dreistufigen Wirtschaftsschulen sicherzustellen. Eine Beförderung durch öffentliche oder private Verkehrsmittel ist nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG notwendig, wenn der Schulweg in eine Richtung mehr als drei Kilometer beträgt und die Zurücklegung des Schulwegs auf andere Weise nach den örtlichen Gegebenheiten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht zumutbar ist.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der SchBefV besteht eine Beförderungspflicht zum Pflicht- und Wahlpflichtunterricht der nächstgelegenen Schule. Diese nächstgelegene Schule ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchBefV diejenige Schule der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar ist. Bei dem Vergleich des Beförderungsaufwands kommt es nicht auf die Entfernung oder den Zeitaufwand an, sondern auf die unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit zu ermittelnden Fahrtkosten (BayVGH, B.v. 14.3.2017 – 7 ZB 16.343 – juris).
Die mit dem geringsten Beförderungsaufwand zu erreichende dreistufige Wirtschaftsschule ist für den Wohnort Knetzgau die Private Wirtschaftsschule Pelzl in Schweinfurt. Zu dieser betragen die monatlichen Beförderungskoten mit einem Bus-Schienen-Abo nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen 95,70 EUR, während sich die monatlichen Beförderungskosten zur Privaten Wirtschaftsschule Bamberg auf 132,80 EUR (VGN-Monatsticket) belaufen.
Damit besteht kein gebundener Anspruch auf Übernahme der Beförderungskosten zur Privaten Wirtschaftsschule Bamberg.
1.2. Auch die Ablehnung der Übernahme der Beförderungskosten im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 2 Abs. 3 und Abs. 4 SchBefV ist nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Ausnahmetatbestände hierfür sind nicht erfüllt.
1.2.1.
Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV soll die Beförderung zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule übernommen werden, wenn die Schülerinnen und Schüler diese Schule wegen ihrer pädagogischen oder weltanschaulichen Eigenheiten besuchen, insbesondere eine Tagesheimschule, eine Schule mit gebundenem oder offenem Ganztagsangebot, eine nicht-koedukative Schule oder Bekenntnisschule.
Dies trifft auf die Private Wirtschaftsschule Bamberg nicht zu.
1.2.2.
Auch die Regelung in § 2 Abs. 4 Nr. 3 SchBefV greift nicht zugunsten der Kläger ein, da der Beförderungsaufwand zur Privaten Wirtschaftsschule Bamberg die ersparten Beförderungskosten zur Privaten Wirtschaftsschule Pelzl in Schweinfurt um mehr als 20% übersteigt.
1.2.3.
Ferner ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Kosten nicht nach § 2 Abs. 4 Nr. 4 SchBefV als betroffener Aufwandsträger übernommen hat. Der Sinn dieser Ausnahmevorschrift liegt darin, Härten aus der Beschränkung auf die Beförderung zur nächstgelegenen Schule, die nicht bereits von den Fällen des § 2 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SchBefV erfasst sind, auszugleichen. Es ist deshalb ermessensgerecht, die Zustimmung nur in außergewöhnlichen Fällen zu erteilen (vgl. BayVGH, B.v. 17.03.2003 – 7 C 03.2893 – juris).
Einen außergewöhnlichen Härtefall haben die Kläger nicht dargelegt. Dass N. bislang unter Übernahme der Schulwegkosten die von ihrem Wohnort etwa gleich weit entfernte M. W. Schule B besucht hat und auf dem Heimweg von Bamberg die Möglichkeit besteht, bei den Großeltern in Ebelsbach auszusteigen, reicht hierfür nicht aus.
Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, ist auch die vom Beklagten erfolgte Ermessensausübung nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat erkannt, dass ihm ein Ermessensspielraum zusteht und diesen nicht überschritten. Seine ablehnende Entscheidung hat er mit dem Überwiegen des Interesses an einer wirtschaftlichen und kostengünstigen Schülerbeförderung begründet. Die erfolgte Entscheidung ist sachlich gerechtfertigt. Hierbei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Bestimmungen über die Kostenfreiheit des Schulwegs nicht nur eine finanzielle Entlastung der Schüler und Eltern bezwecken, sondern zugleich die optimale Organisation der Schülerbeförderung sichergestellt werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2015 – 7 ZB 14.2300 – juris; U.v. 13.4.2011 – 7 B 10.1423 – juris; U.v. 11.2.2008 – 7 B 06.1390 – juris). Dementsprechend verfolgen die Vorschriften über die Kostenfreiheit des Schulwegs auch den Aufbau eines Schülertransportnetzes, das den Schulen tragfähige Einzugsbereiche sichert und das Entstehen unzumutbar langer Schulwege verhindert (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.1999 – 7 ZB 99.1103 – juris; U.v. 11.2.2008 – 7 B 06.1390 – juris). Dem öffentlichen Interesse der auf den näheren Einzugsbereich abstellenden Schulplanung und den Interessen der beteiligten Aufgabenträgern, die auch bei geringerer Schülerzahl die notwendige Beförderung zu den nächstgelegenen Schulen sicherzustellen haben, widerspricht es daher, eine Beförderungspflicht auch zu entfernter liegenden Schulen anzunehmen, ohne dass hierzu durchgreifende Gründe seitens des zu befördernden Schülers geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2015 – 7 ZB 14.2300 – juris; B.v. 10.12.2012 – 7 ZB 12.1623 – juris).
1.3. Schließlich haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Übernahme der „fiktiven Beförderungskosten“ zur nächstgelegenen Schule („Sowieso-Kosten“), d.h. auf Übernahme derjenigen Kosten, die bei einem Besuch der Privaten Wirtschaftsschule Pelzl angefallen wären. Eine derartige Kostenerstattung sieht das Bayerischen Schulwegkostenrecht nicht vor. Sie ist nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen (BayVGH, B.v. 27.2.2015 – 7 ZB 14.2300 – juris; U.v. 14.3.1983 – 7 B 82 A.2161 – BayVBl 1983, 568; siehe bereits BayVerfGH, E.v. 20.4.1990 – Vf. 28-VI-89 – BayVBl 1991, 16). Die Erstattung der fiktiven Beförderungskosten hätte nämlich zur Folge, dass mehr Schüler als bisher eine andere als die nächstgelegene Schule besuchen würden. Dies würde es den Aufgabenträgern erschweren, auch bei geringerer Schülerzahl die notwendige Beförderung zu den nächstgelegenen Schulen sicherzustellen. Außerdem liefe es der auf den näheren Einzugsbereich abstellenden Schulplanung entgegen, durch Übernahme von Beförderungskosten zu entfernter liegenden Schulen die Schülerzahl der nächstgelegenen Schulen zu gefährden (vgl. BayVerfGH, E.v. 20.4.1990 – Vf. 28-VI-89 – VerfGH 43, 81/85 f.).
2. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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