Verwaltungsrecht

Krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis

Aktenzeichen  M 2 K 16.35622

Datum:
16.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8134
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3c Nr. 3, § 3e Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 2

 

Leitsatz

1 Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der albanischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen (hier: Verfolgung durch die Mafia) zu schützen, ist nicht auszugehen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Albanien ist die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grds. kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert, auch wenn die Versorgungslage in psychiatrischen Kliniken schlecht ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3 In ganz Albanien sind nach der Erkenntnislage Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten verfügbar, sodass eine psychopharmakologische Therapie fortgesetzt werden kann. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der streitbefangene Bescheid des Bundesamts vom 7. Dezember 2016 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) weder den klageweise hautsächlich verfolgten Anspruch auf Zuerkennung von Asyl (Art. 16a Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) noch hilfsweise auf Gewährung des internationalen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. AsylG) bzw. nationalen (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) Schutzes inne (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Bei der Klägerin liegen zur Überzeugung des Gerichts weder die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl (Art. 16a Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 26 AsylG) noch des internationalen Schutzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. AsylG) noch nationale zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) hinsichtlich Albaniens vor, sodass sich der geltend gemachte Verpflichtungsanspruch als unbegründet erweist.
1. Soweit für die Klägerin geltend gemacht wird, die im Asylverfahren ihrer Eltern für den Fall der Rückkehr nach Albanien geltend gemachte Gefährdung durch Angehörige der Mafia betreffe auch die Klägerin, führte dieser Vortrag bislang nicht zur Gewährung von Asyl, zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus oder eines nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots zugunsten der Eltern und des Bruders der Klägerin. Auf die zutreffenden und von der Klägerin im vorliegenden Verfahren auch nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen im Urteil vom 17. November 2017, M 4 K 16.31014, wird Bezug genommen. Damit fehlt es bei der Klägerin bereits aus diesem Grunde an den Voraussetzungen des Art. 16a Abs. 1, § 1 Abs. 1, §§ 3 ff. AsylG und insbesondere auch an denen für die Schutzgewährung für Familienangehörige nach § 26 Abs. 2 und 5 AsylG.
2. Selbst wenn man – entgegen dem Vorstehenden – den Vortrag, wonach die Familie der Klägerin in Albanien eine Gefährdung durch Angehörige der Mafia befürchten müsse, als wahr unterstellte, würde daraus mit Blick auf § 3e AsylG (i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG) für die Klägerin weder die Zuerkennung der Asylberechtigung (losgelöst vom ohnehin vorliegenden Ausschlusstatbestand nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) noch des Flüchtlingsstatus noch die Gewährung subsidiären Schutzes resultieren. Denn es ist für eine Gewährung sowohl von Asyl als auch für internationalen Flüchtlingsschutz Voraussetzung, dass für den Betreffenden keine inländische Fluchtalternative besteht. Eine solche Alternative ist vorliegend jedoch gerade anzunehmen. Der Klägerin stehen nach Überzeugung des Gerichts – auch unter Berücksichtigung der angeblichen Verbindungen der Mitglieder der Mafia zu den albanischen Polizei- und Sicherheitsbehörden – in Albanien Landesteile, insbesondere in den größeren und damit anonymeren Städten, namentlich in Tirana, zur Verfügung, in denen sie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor etwaiger Gefährdung durch etwaige Mitglieder der Mafia, die ihnen nach eigenen Angaben nachstellen, sicher wäre. Sie könnten also jedenfalls durch Wahl eines Wohnsitzes in urbanen Zentren anderer Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und sie nichtstaatliche Dritte mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden. Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt in Albanien keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes (AA) im Hinblick auf die Einstufung Albaniens als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 20. Oktober 2017, S. 11). Dass es der Familie möglich war, sich in Albanien vor der Mafia zu verbergen, ergibt sich zudem bereits aus dem eigenen Vortrag der Mutter der Klägerin im Rahmen der Anamnese bei der Erstellung des Gutachtens vom 26. Juli 2017. Danach (dort S. 7) hat sich die Familie vor ihrer Ausreise bei der Großmutter mütterlicherseits der Klägerin erfolgreich vor der Mafia versteckt.
Insoweit wäre auch davon auszugehen, dass für sie dort der Zugang zu einer nötigenfalls das Existenzminimum sichernden staatlichen Grundabsicherung möglich wäre (vgl. Bericht des AA, S. 13). Der albanische Staat gewährt bedürftigen Staatsangehörigen im Inland Sozialhilfe und Sozialdienstleistungen, falls kein oder nur ein geringes Einkommen vorhanden ist. Dazu kommt, dass in Albanien Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, subventioniert werden.
3. Auch könnte die Klägerin und ihre Mutter nebst Bruder – unabhängig vom vorstehend Erörterten und selbständig die Entscheidung tragend – vor möglichen Bedrohungen durch Kriminelle Schutz bei den Polizei- und Justizbehörden ihres Heimatlandes suchen.
§ 3c Nr. 3 AsylG, der gemäß § 4 Abs. 3 AsylG auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes entsprechend gilt, setzt bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung voraus, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der albanischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Das Gericht ist unter Auswertung der vorhandenen einschlägigen Erkenntnismittel, insbesondere des o.g. aktuellen Berichts des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Einstufung Albaniens als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG davon überzeugt, dass der albanische Staat grundsätzlich willens und in der Lage ist, vor Übergriffen im Rahmen von privaten Konflikten Schutz zu bieten bzw. hiergegen einzuschreiten oder solchen vorzubeugen (vgl. aktuell OVG NRW, B.v. 24.4.2017 – 11 A 88/17.A – juris Rn. 9, unter umfänglicher Aus- und Bewertung der aktuellen Erkenntnismitteln). Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin und ihre Mutter nebst Bruder bei der albanischen Polizei keinen angemessenen Schutz gegen kriminelle Bedrohungen erlangen könnten. Ihr Vortrag, verschiedene Polizeiangehörige bzw. -dienststellen hätten trotz entsprechender Anzeigen nichts für die Familie unternommen, ein bestimmter Polizeikommissar unterhalte sogar enge verwandtschaftliche Beziehungen zu einem Mafiamitglied, erschöpft sich in unbelegten Behauptungen „ins Blaue hinein“. Gleiches gilt für angeblich im Internet recherchierte, indes im Prozess nicht vorgelegte Belege für die Mafiamitgliedschaft sogar des albanischen Innenministers persönlich. Auch wenn das Polizei- und Justizwesen Albaniens noch Defizite und Unzulänglichkeiten aufweisen mag und daher auch nicht auszuschließen ist, dass es einzelne Verbindungen zwischen Mitgliedern der Mafia und den Polizei- und Sicherheitsbehörden geben kann, folgt daraus nichts anderes. Asylrechtlich relevanter Maßstab ist nämlich nicht, dass in Albanien das gleiche Schutzniveau wie z.B. in der Bundesrepublik Deutschland erreicht wird. Entscheidend ist vielmehr, dass in Albanien staatlicher Schutz gegen kriminelles Unrecht nichtstaatlicher Akteure in einem in asylrechtlicher Hinsicht hinreichenden Ausmaß gewährleistet ist. Hierfür spricht schließlich bereits auch die normative – sowohl mit Verfassungs- als auch Unionsrecht konforme (vgl. überzeugend und detailliert VG Berlin, B.v. 22.12.2015 – 33 L 357.15 A – juris Rn. 13 ff.) – Einordnung von Albanien als sicherem Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG i.V.m. Anlage II. Die Klägerin hat – über die vorgenannten unsubstantiierten Behauptungen hinaus – keine belastbaren Tatsachen oder Beweismittel angeführt, die die Annahme begründen würden, dass ihr abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung oder ernsthafter Schaden i.S.d. §§ 3 f. AsylG durch Kriminelle (Mafia) drohen würde.
Nach alledem fehlt es für die Klägerin an den Voraussetzungen der Schutzgewährung nach Art. 16a GG, § 1 Abs. 1, §§ 3 ff. AsylG sowie gemäß § 26 Abs. 2 und 5 AsylG
4. Auch hinsichtlich der nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfolgten Ablehnung nationaler Abschiebungsverbote bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheids.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich für die Klägerin in Albanien weder mit Blick auf die dortige allgemeine wirtschaftliche, soziale und humanitäre Situation noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine im Rahmen von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Abschiebungsschutz relevante Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung ergeben wird.
4.1 Allein wegen der Lebensbedingungen in Albanien vermag sich die Klägerin weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse ist nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten, sodass auch nur dann die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt sein können (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 ff.).
Das Gericht geht insbesondere im Lichte des vorgenannten aktuellen Berichts des Auswärtigen Amtes nicht davon aus, dass der Klägerin mit ihrer Mutter und Bruder in Albanien eine Existenzgrundlage gänzlich fehlen wird und sie dort im Sinne eines außergewöhnlichen Einzelfalls eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung erwarten muss. Die Lebensbedingungen sind in Albanien grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRGK aufweisen (vgl. aktuell z.B. VG München, B.v. 8.5.2017 – M 2 E 17.37375). Der albanische Staat gewährt – wie vorstehend bereits ausgeführt – bedürftigen Staatsangehörigen im Inland Sozialhilfe und Sozialdienstleistungen, falls kein oder nur ein geringes Einkommen vorhanden ist (vgl. Bericht AA, aaO S. 13). Damit ist auch für die Klägerin und ihre Mutter nebst Bruder in jedem Fall die Grundversorgung ausreichend gesichert. Dazu kommt, dass in Albanien Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, subventioniert werden. Das Gericht verkennt nicht, dass sich das Leben in Albanien für die Kläger und ihre Mutter nebst Bruder jedenfalls zunächst durchaus als schwierig und hart erweisen kann. Die asylrechtlich sehr hohen Voraussetzungen, unter denen eine wirtschaftlich schlechte Lage im besonderen Einzelfall ausnahmsweise zu einem nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot führen kann, sind jedoch im Fall der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts nicht erfüllt.
4.2 Die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG liegen auch mit Blick auf eine psychische Erkrankung der Mutter der Klägerin nicht vor.
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot kann sich – stets unter der Voraussetzung eines hinreichenden tatsächlichen Nachweises, der sich insbesondere am Maßstab des § 60a Abs. 2c AufenthG orientiert, – auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn sich die Erkrankung im Heimatstaat erheblich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Dabei liegt eine für den Abschiebungsschutz relevante Verschlechterung nicht schon dann vor, wenn „nur“ eine bestmögliche Vorsorge, Linderung oder Heilung eines Krankheitszustands im Abschiebungszielland im Vergleich zu einer (Weiter-)Behandlung im Bundesgebiet nicht zu erwarten ist, sondern vielmehr erst dann, wenn im Fall der Rückkehr alsbald eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung mit der Folge einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben zu befürchten wäre. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG regelt dazu, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden.
4.2.1 Eine solche zielstaatsbezogene lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung ist bei der Mutter der Klägerin nicht gegeben. Selbst wenn man – entgegen dem Urteil vom 17. November 2017, M 4 K 16. 31014, UA S. 9 ff. – mit dem Gutachten vom 26. Juli 2017 bei der Mutter der Klägerin vom Nachweis einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung und einer schweren Depression ausginge und daher sowohl eine psychopharmakologische Therapie als auch eine psychotherapeutische Behandlung zur Vermeidung eines ansonsten sehr wahrscheinlichen Suizids (vgl. dazu insbesondere auch den Vortrag der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Mutter der Klägerin am 14. März 2018 einen Suizidversuch unternommen habe) als dringend indiziert ansehen würde, ergibt sich hieraus mit Blick auf die in Albanien zur Verfügung stehenden entsprechenden medizinisch-therapeutischen Möglichkeiten für die Mutter der Klägerin (und in der Folge auch für die Klägerin) keine lebensbedrohliche Situation.
In Albanien ist die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken grundsätzlich kostenlos über eine staatliche Krankenversicherung gesichert, auch wenn die Versorgungslage in psychiatrischen Kliniken schlecht ist (vgl. Bericht AA, S. 13 f.). In ganz Albanien sind nach der Erkenntnislage Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten verfügbar, sodass eine psychopharmakologische Therapie fortgesetzt werden kann. Auch besteht neben der Behandlung mit Psychopharmaka für die Mutter der Klägerin die Möglichkeit, sowohl in Allgemeinkrankenhäusern als auch in psychiatrischen Kliniken sowie in psychiatrischen Tageskliniken und Ambulatorien, die im Land vorhanden sind, entsprechende psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zudem sind insbesondere in Tirana Psychologen und Psychotherapeuten niedergelassen und auch Nichtregierungsorganisationen ansässig, die Dienstleistungen für psychisch kranke Personen anbieten. Mögen dabei auch teilweise Mängel und Zugangserschwernisse festzustellen sein, ist der Therapiezugang bei der Behandlung von Patienten mit psychischen Leiden in Albanien jedenfalls grundsätzlich uneingeschränkt möglich (vgl. Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 14. Oktober 2016 und der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. Februar 2013; World Health Organisation (WHO), Mental health Atlas country profile 2014 Albania, im Internet frei abrufbar unter http://www.who.int/mental_health/evidence/ atlas/profiles-2014/alb.pdf; VG München, GB.v. 2.5.2016 – M 17 K 16.30321). Der – durchaus mögliche – Umstand, dass die Behandlung im Heimatland in medizinischer Hinsicht – jedenfalls ohne entsprechende Eigenanteilsleistung – nicht einer im Bundesgebiet vorhandenen bestmöglichen Versorgung und Linderung entspricht und bei andauernder optimaler medizinischer Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland eine höhere Lebensqualität als im Heimatland erreicht werden könnte, begründet die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht. Gerade auch der eigene Vortrag der Mutter der Klägerin im Rahmen der Anamnese bei der Gutachtenerstellung vom 26. Juli 2017 zeigt im Übrigen auf, dass es ihr sehr wohl in der Vergangenheit bereits möglich war, für ca. einen Monat in einer psychiatrischen Klinik in Tirana behandelt zu werden (vgl. dort S. 7).
Festzustellen ist schließlich auch, dass sich das Gutachten vom 26. Juli 2017, das zu dem zusammenfassenden Ergebnis kommt, bei einer Rückführung der Mutter der Klägerin und ihrer Kinder würde mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer massive Verschlechterung des psychischen Zustandes der Mutter sowie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Suizidversuch zu rechnen sein, nicht mit der Frage auseinandersetzt, wie sich die Situation der Mutter der Klägerin und ihrer Kinder im Lichte der vorstehend erörterten therapeutischen Möglichkeiten im Heimatland darstellen würde. Damit bleibt die indes maßgebliche Frage nach den zielstaatsbezogenen Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation der Mutter der Klägerin in ihrem Heimatland voraussichtlich ergeben werden, unerörtert, obwohl es gerade darauf entscheidungserheblich ankommt. Die gesetzliche Vermutung nach § 60a Abs. 2c AufenthG, wonach der Abschiebung (hier zielstaatsbezogene) gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, ist folglich nicht widerlegt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Vortrags der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Mutter der Klägerin aktuell einen Suizidversuch unternommen habe und sich in klinischer Behandlung befinde. Auch hieraus ist hinsichtlich eines krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses der Mutter der Klägerin nichts über das vorstehend Erörterte hinaus abzuleiten.
4.2.2 Endlich ist das erkennende Gericht, unabhängig vom Vorstehenden, auch der Auffassung, dass die von der Mutter der Klägerin vorgelegten Atteste und Gutachten jedenfalls in ihrer Gesamtschau so widersprüchlich sind, dass das Gericht ihren Angaben zu den traumaauslösenden Vorgängen nicht zu glauben vermag. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf das den Beteiligten bekannte Urteil vom 17. November 2017, M 4 K 16.31014, im Verfahren der Eltern und des Bruders der Klägerin Bezug genommen. Wie dort ausgeführt (UA S. 9 ff.), setzt sich das Gutachten vom 26. Juli 2017 gerade nicht mit den unterschiedlichen und teilweise erheblich widersprüchlichen Angaben der Mutter der Klägerin auseinander. Insbesondere gilt dies hinsichtlich des fast vollständigen Austauschs bzw. durchgreifend neu gewichteten Vortrags der Mutter der Klägerin zur angeblich fluchtauslösenden Bedrohung durch die albanische Mafia einerseits und zu Gewalt und Zwang innerhalb der Familie, namentlich durch den Ehemann, zuvor durch einen Cousin, andererseits (vgl. dort S. 4 bis 8).
4.2.3 Es ist endlich zur Überzeugung des Gerichts auch davon auszugehen, dass die Klägerin (und ihr älterer Bruder) – jedenfalls übergangsweise und/oder im Falle einer gegebenenfalls notwendigen stationären psychiatrischen bzw. psxchotherapeutischen Behandlung der Mutter in Albanien – bei den nach eigenen Angabe loyal zur Mutter der Klägerin stehenden Geschwistern der Mutter (also bei Onkel bzw. Tante) unterkommen können. Im Rahmen der Anamnese schildert die Mutter der Klägerin ihr Verhältnis gerade zu ihren beiden jüngeren Geschwistern als sehr eng und vertraut, da insbesondere der Bruder sowohl versucht habe, ihr bei der Flucht vor ihrem Ehemann zu helfen, als bereits auch von einer Eheschließung abgeraten hatte (vgl. S. 6 und 7). Die Schwester sei zudem eine wichtige Bezugsperson (S. 5). Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz vom 8. März 2018 kann also schon mit Blick auf die eigenen Ausführungen der Mutter der Klägerin im Rahmen ihrer Anamnese bei der Gutachtenerstellung nicht davon die Rede sein, dass eine Unterstützung durch die Familie der Mutter der Klägerin aufgrund der Trennung von ihrem Ehemann nicht in Frage kommen würde. Ob dies auch für die Großmutter mütterlicherseits der Klägerin gilt, kann sonach offenbleiben.
Nach alledem kann sich die Klägerin mit Erfolg weder auf die Gewährung von Asyl (Art. 16a Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) noch auf die Zuerkennung internationalen Schutzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. AsylG noch auf die Feststellung von nationalen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Albaniens berufen. Vor diesem Hintergrund sind die nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung und die dazu gesetzte einwöchige Ausreisefrist ebenso wenig zu beanstanden wie die Einreise- und Aufenthaltsverbote.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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