Verwaltungsrecht

(Landes) Disziplinarrecht, Einbehalt von Bezügen während vorläufiger Dienstenthebung, Kosten für Urlaubsreisen, Umzug und Wohnungsausstattung, Einmalige freiwillige Zuwendungen an Kinder und Ehefrau

Aktenzeichen  M 13L DA 19.3361

Datum:
25.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4099
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 39 Abs. 2 S. 1
BayDG Art. 61

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 25. April 2019 vorläufig des Dienstes enthobene Antragsteller begehrt mit seinem Antrag vom 15. Juli 2019 die Berücksichtigung von Kosten für Urlaubsreisen, für einen erfolgten Umzug und Wohnungsausstattung sowie einmaliger freiwilliger Zuwendungen an seine Ehefrau und Kinder bei der Berechnung des Einbehalts nach Art. 39 Abs. 2 BayDG.
Mit Verfügung vom 17. Juni 2019 hat die Landesanwaltschaft Bayern die Einbehaltung von 30 v.H. der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers angeordnet. Bei der Einbehaltsberechnung wurden die Kosten für Urlaubsreisen nicht berücksichtigt, da dem Beamten eine eingeschränkte Lebensführung zuzumuten sei. Geltend gemachte Kosten für Umzug und Wohnungsausstattung seien einmalig anfallende Aufwendungen und keine zu berücksichtigenden monatlichen Belastungen. Während der Unterhalt für die Kinder in vollem Umfang berücksichtigt werde, seien einmalige freiwillige Zuwendungen an Kinder und Ehefrau keine wiederkehrenden monatlichen Belastungen und insoweit nicht zu berücksichtigen.
Hiergegen wende sich der Antragsteller. Sein Bevollmächtigter trägt vor, der Antragsteller verbringe den Urlaub mit den beiden getrenntlebenden Kindern und stehe insoweit unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Mit Schriftsatz vom 27. August 2019 wird beispielhaft zu den Kosten eines Urlaubs auf Sizilien 2018 vorgetragen. Wenngleich die Kosten für Umzug und Wohnungsausstattung keine monatliche Belastung darstellten, seien sie doch angefallen und im Wege einer Umlegung auf einen längeren Zeitraum zu berücksichtigen. Der Antragsteller habe diese vorübergehend aus seinen Rücklagen für die Alterversorgung bestritten, so dass es angemessen sei, diese umzulegen. Dasselbe gelte für die einmaligen freiwilligen Zuwendungen an Kinder und Ehefrau.
Er beantragt,
Die Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 17. Juni 2019 wird insoweit ausgesetzt, als die vom Antragsteller geltend gemachten Kosten für Urlaubsreisen, für Umzug und Wohnungsausstattung sowie freiwilliger Zuwendungen an Kinder und Ehefrau nicht anerkannt wurden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, bei den geltend gemachten Positionen handle es sich nicht um laufende monatliche Belastungen, die im Rahmen einer angemessenen Lebensführung aktuell zu berücksichtigen seien. Der Betrag von jährlich 2496,00 € für Urlaube mit den Kindern sei weder substantiiert dargelegt noch nachvollziehbar.
Art. 6 GG gebiete nicht die staatliche Unterstützung von Urlaubsreisen. Die geltend gemachten Kosten für Umzug und Wohnungsausstattung seien in der Vergangenheit vor der Anordnung des Einbehalts beglichen worden und nicht ersichtlich, wieso sie auf einen längeren Zeitraum umzulegen sein sollen. Dasselbe gelte für die geleisteten einmaligen freiwilligen Zuwendungen an Kinder und Ehefrau. Nachdem die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich seien, könnten auch nur laufende Verbindlichkeiten berücksichtigt werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Nach Art. 61 Abs. 1 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) kann der Beamte bei dem Gericht der Hauptsache u.a. die Aussetzung der Einbehaltung von Dienstbezügen beantragen. Über den Antrag entscheidet nach Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der bei Beschlüssen allein entscheidungsbefugte Vorsitzende der Disziplinarkammer; die Beamtenbeisitzer (Art. 43 Abs. 1 Satz 1, Art. 44 ff. BayDG) wirken nicht mit. Entscheidungen über Anträge nach Art. 61 Abs. 1 BayDG ergehen durch Beschluss ergehen, vgl. Art. 61 Abs. 3 BayDG.
Der – sich nur auf den Umfang des Einbehalts und die Nichtberücksichtigung von geltend gemachten Kosten beziehende – Antrag ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Landesanwaltschaft Bayern über den Umfang des Einbehalts lässt keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit erkennen, vgl. Art. 61 Abs. 2 BayDG.
1. Die Ablehnung der Berücksichtigung von beabsichtigten Urlaubsreisen des Antragstellers mit seinen Kindern bei der Einbehaltsberechnung ist nicht zu beanstanden. Zwar erkennt das Gericht durchaus, dass bei getrenntlebenden Familien Urlaube der Kinder mit einem nicht mehr bei den Kindern lebenden Vater für die Beziehungspflege von Bedeutung sind. Gleichwohl ist einem Beamten im Rahmen der vorläufigen Dienstenthebung und eines Einbehalts von Bezügen zumutbar, sich in seiner Lebensführung entsprechend einzuschränken. Dies kann auch mit sich bringen, Urlaube mit den Kindern noch kostengünstiger als auf Sizilien mit Mietwagen etc. und in zeitlich nur beschränktem Umfang zu gestalten. Hierfür verbleibt dem Beamten nach der antragsgegnerischen Einbehaltsberechnung ein gewisser Abstand zum Regelbedarf, der es ihm (noch) ermöglicht, zeitweise auch Geld für einen zumindest kurzen, kostengünstigen Urlaub beiseite zu legen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ihm – „überobligatorisch“ – monatliche Benzinkosten von 200,- € angerechnet werden; auf die Ausführungen der Landesanwaltschaft Bayern hierzu wird Bezug genommen.
2. Zutreffend verweist die Landesanwaltschaft Bayern hinsichtlich der – vor der Einbehaltsverfügung angefallenen – Kosten für Umzug und Wohnungsausstattung sowie einmaliger freiwilliger Leistungen an Ehefrau und Kinder darauf, dass bei der Berechnung des Einbehalts in der Vergangenheit liegende Kosten keine Berücksichtigung mehr finden können. Maßgeblich bei der Berechnung sind vielmehr zukünftig (noch) anfallende Belastungen. Den seitens des Bevollmächtigten des Antragstellers dem Antragsgegner vorgeworfenen Denkfehler vermag das Gericht insoweit nicht zu sehen.
Soweit der Antragsteller geltend macht, die Kosten für Umzug und Wohnungsausstattung seien zu Lasten der Rücklage für die Altersversorgung erfolgt, so verfängt dies daher vielmehr nicht. Daraus ergibt sich keine den Beamten während der vorläufigen Dienstenthebung treffende und zu berücksichtigende monatliche Belastung. Zu Lasten welcher Altersvorsorge statt einer allgemeinen (Spar) Rücklage der Beamte die Ausgaben getätigt hat, ist im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen. Dabei ist gerade nicht der monatliche Einbehalt, sondern die erfolgte Trennung kausal dafür, dass sich der Beamte seiner Rücklage bedienen musste. Zudem wird sogar weitgehend vertreten, es sei zumutbar, Lebens- oder Rentenversicherungen zeitweilig ruhend zu stellen, zumindest bei Bestehen mehrerer Versicherungen – die monatlichen Ausgaben für die Riester-Rente des Antragstellers hat die Landesanwaltschaft Bayern insoweit berücksichtigt.
Der Antrag war daher abzulehnen. Die Kostenfolge ergibt sich aus Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtskostenfrei.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben