Verwaltungsrecht

Landesinterne Umverteilung bereits erstverteilter Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat zurück in eine Aufnahmeeinrichtung

Aktenzeichen  M 24 S 16.1003, M 24 K 16.1002

Datum:
18.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DVAsyl DVAsyl § 8 Abs. 1
AsylG AsylG § 29a, § 47 Abs. 1a S. 1, § 50 Abs. 4 S. 5

 

Leitsatz

1 Die ohne Übergangsregelung seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 am 24. Oktober 2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24. Oktober 2015 gestellt haben und vor diesem Tag aus der Aufnahmeeinrichtung heraus erstverteilt worden sind (VGH München BeckRS 2016, 40766). (redaktioneller Leitsatz)
2 Medizinische Aspekte, die einer landesinternen Umverteilung entgegenstehen können, müssen von einem Asylbewerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht geltend gemacht und belegt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag (M 24 S 16.1003) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten wird sowohl für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (M 24 S 16.1003) als auch für das Hauptsacheverfahren (M 24 K 16.1002) abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind kosovarischer Staatsangehöriger, die als Asylbewerber in einer ihnen zugewiesenen Unterkunft in … wohnen.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom … Januar 2016 wies die Regierung von Oberbayern den Antragstellern als künftigen Wohnsitz die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung … in … zu, in die sie spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides einzuziehen hätten. Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl daran, die Antragsteller von der Anschlussunterbringung in die zuständige Aufnahmeeinrichtung umzuverteilen und dadurch der Wohnpflicht des § 47 Abs. 1a AsylG Geltung zu verschaffen.
Am … März 2016 erhoben die Antragsteller durch ihre Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom … Januar 2016. Über die unter dem Aktenzeichen M 24 K 16.1002 bei Gericht anhängige Klage wurde noch nicht entschieden. Zugleich beantragten die Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen und die Regierung von Oberbayern und die zuständige Ausländerbehörde (Landratsamt … vom Eilantrag in Kenntnis zu setzen und zu veranlassen, dass von dort keine Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden, solange noch nicht über den Antrag entschieden wurde.
Des Weiteren wurde beantragt,
den Klägern für das Klage- und für das Antragsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihnen die Unterzeichnende zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte als Rechtsanwältin beizuordnen.
Die Antragsteller seien im Januar 2015 nach Deutschland eingereist; über ihre Asylanträge vom … März 2015 sei noch nicht entschieden worden. Der Bescheid vom … Januar 2016 sei den Antragstellern erst am … Februar 2016 ausgehändigt worden. Der Bescheid sei rechtswidrig, weil keine Anhörung der Antragsteller vor dessen Erlass erfolgt sei und weil der Antragsgegner die besonderen Umstände der Antragsteller nicht ausreichend berücksichtigt habe bzw. weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt sei. Die Antragstellerinnen zu 2), zu 3) und zu 4) seien schwer erkrankt bzw. traumatisiert. Die Antragstellerin zu 3) werde gerade stationär behandelt. Die ärztlichen Bescheinigungen würden nachgereicht werden. Ein Umzug in eine große Aufnahmeeinrichtung sei den Antragstellerinnen aus medizinischen Gründen nicht zumutbar.
In der Aufnahme- und Rückführungseinrichtung in … finde keine normale Beschulung in einer Regelschule statt. Die Schüler würden in sehr großen Gruppen nur ein paar Stunden am Tag in Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtet. Deutschunterricht gebe es nicht. Die bisherige Schul- und Integrationsleistung der Kinder werde damit zunichte gemacht. Die Antragstellerinnen zu 3), zu 4) und zu 5) würden nun seit über einem Jahr Regelklassen in der Regelschule besuchen. Der gegenüber den Regelschulklassen deutlich eingeschränkte Unterricht in … diskriminiere die Kinder gegenüber deutschen Kindern, aber auch im Verhältnis zu den Kindern von Asylsuchenden aus anderen Herkunftsländern. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen sachlichen Grund. Das Recht auf Bildung gem. Art. 28 der UN-Kinderrechtskonvention dürfe nicht aus migrationspolitischen Erwägungen relativiert werden.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei begründet, da der angegriffene Bescheid rechtswidrig sei und bereits durch den Umzug eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller bestünde, die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Auch wenn das Gericht den Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen beurteilen sollte, ergebe eine Folgenabwägung, dass es den Antragstellern vor dem Hintergrund der Schwere eines möglichen Eingriffs in ihre Rechte nicht zuzumuten sei, das Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Mit Schreiben vom … März 2016 beantragte der Antragsgegner, die Klage abzuweisen und
den Antrag abzulehnen.
Eine Anhörung sei gemäß § 50 Abs. 4 Satz 4 AsylG entbehrlich gewesen. Der stationäre Aufenthalt der Antragstellerin zu 3) sei nach Rücksprache der Ausländerbehörde offenbar am … März 2016 beendet worden. Vor allem vor dem Hintergrund der unsicheren Aufenthaltsperspektive bestehe kein Anspruch auf Besuch einer Regelschule. Im Übrigen sei die Zuweisung der Antragsteller an ihren jetzigen Wohnort erst zum … Februar 2015 erfolgt. Die rechtlichen Grundlagen zur Grundschulerziehung und weiterführenden Bildung minderjähriger Asylbewerber fänden sich in Art. 10 der EU-Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 und in Art. 14 der Richtlinie 2013/33/EU. Danach werde unter bestimmten Voraussetzungen ein Zugang zum Bildungssystem „in ähnlicher Weise wie den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates“ gewährt. Darüber hinaus könnten die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Zugang auf das öffentliche Bildungssystem beschränkt bleiben müsse, insbesondere könne der Unterricht auch in Unterbringungszentren erfolgen (vgl. Art. 10 Abs. 1 der RL 2003/9/EG und Art. 14 Abs. 1 der RL 2013/33/EU).
Mit Telefax vom … März 2016 übermittelte die Bevollmächtigte der Antragsteller im Antragsverfahren ein fachärztliches Attest eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom … März 2016 im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 4). Der behandelnde Facharzt stelle eine ernsthafte behandlungsbedürftige psychiatrische Störung fest. Eine Umverlegung nach … würde die Antragstellerin zu 4) aus ihrer derzeitigen stabilisierenden Umgebung herausreißen. Außerdem bestehe die Gefahr einer Selbstgefährdung bei einer Verlegung.
Mit Beschluss vom … März 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Mit Telefax vom … und … März 2016 übermittelte die Bevollmächtigte der Antragsteller im Antragsverfahren die Schulbescheinigungen und die Zwischenzeugnisse für die Antragstellerinnen zu 3) und 4) und die Bestätigung über den Kindergartenbesuch für die Antragstellerin zu 6) und machte weitere Ausführungen zur fehlenden Regelbeschulung in der Aufnahmeeinrichtung in …
Mit Telefax vom … März 2016 übermittelte die Bevollmächtigte der Antragsteller im Antragsverfahren einen ärztlich-psychologischen Bericht eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des …, Ambulanz … vom … März 2016 im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 4), in dem festgestellt wurde, dass zum Untersuchungszeitpunkt (11. März 2016) keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung festgestellt werden konnte, sich die Antragstellerin zu 4) glaubhaft von akuter Suizidalität distanzieren konnte und paktfähig war. Als zusammenfassende Beurteilung und Empfehlung wurde ausgeführt, dass bei der Antragstellerin zu 4) aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe. Aufgrund der traumatischen Erfahrungen (sexueller Missbrauch, Gewalt innerhalb der Familie, Flucht) benötige sie dringend psychotherapeutische Unterstützung und stabilisierende Maßnahmen. Ein Umzug in das sogenannte Balkanlager und somit die Herausnahme aus dem aktuellen stabilen Umfeld sei aus fachärztlicher Sicht gefährdend für die Antragstellerin zu 4). Insbesondere bestehe die Gefahr, dass sich die Suizidalität und somit Eigengefährdung verstärke.
Mit Schreiben vom … März 2016 ergänzte die Antragsgegnerin ihre Ausführungen dahingehend, dass die vorgebrachten Einschränkungen im schulischen Bereich während der Dauer des Asylverfahrens hinzunehmen seien. Sowohl das Attest vom … März 2016 als auch das vom … März 2016 würden von einer Umverteilung in die „Aufnahme- und Rückführungseinrichtung“ bzw. das „sogenannte Balkanlager“ abraten, ohne dies jedoch konkret zu erörtern, zumal sich aus dem Attest vom … März 2016 ergebe, dass sich die Antragstellerin zu 4) glaubhaft von akuter Suizidalität distanziert habe und der Befund auch im Übrigen unauffällig gewesen sei. Insbesondere das … betreibe in … eine Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Die medizinische Versorgung der Antragstellerin zu 4) sei somit sichergestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten M 24 S 16.1003 und M 24 K 16.1002 Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Eilantrag bleibt in der Sache erfolglos.
1.1. Mit ihrem Antrag begehren die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) sofort vollziehbare Zuweisungsentscheidung im Bescheid vom … Januar 2016.
1.2. Das Verwaltungsgericht … ist zur Entscheidung über diesen Antrag als Gericht der Hauptsache sachlich zuständig gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 45 VwGO; seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO. Es handelt sich vorliegend um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz, da Kern der Streitigkeit eine Vorschrift des Asylgesetzes, nämlich § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG, ist (BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 4). Die Antragsteller hatten im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG -) ihren Aufenthalt nach dem Asylgesetz im Regierungsbezirk Oberbayern (ARE I in Ingolstadt) und damit im Gerichtsbezirk (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO) zu nehmen. Zur Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
1.3. Der zulässige Antrag ist unbegründet und war daher abzulehnen.
1.3.1. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht abzuwägen zwischen dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
1.3.2. Nach summarischer Prüfung ist vorliegend davon auszugehen, dass sich der streitgegenständliche Bescheid als rechtmäßig erweisen und die Klage der Antragsteller deshalb voraussichtlich erfolglos bleiben wird, so dass das staatliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiegt.
1.3.2.1. Rechtsgrundlage der im streitgegenständlichen Bescheid von Amts wegen verfügten landesinternen Umverteilung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Asyldurchführungs-verordnung (DVAsyl). Nach dieser Vorschrift kann aus Gründen des öffentlichen Interesses durch die insoweit nach § 8 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl zuständige Regierung, in deren Bezirk die Verteilung erfolgen soll, landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk erfolgen.
Dass öffentliche Interesse i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 DVAsyl (i. V. m. § 8 Abs. 5 DVAsyl i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Aufnahmegesetz (AufnG)) ergibt sich vorliegend aus § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift sind (abweichend von § 47 Abs. 1 AsylG, wonach Asylbewerber längstens sechs Monate zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung verpflichtet sind) Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S. v. § 29a AsylG i. V. m. Anlage II zum AsylG verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags nach § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet oder nach § 27a AsylG als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Nach § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG bleiben die §§ 48 bis 50 AsylG unberührt.
Die ohne Übergangsregelung seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungs-gesetzes vom 20. Oktober 2015 am 24. Oktober 2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet dabei auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24. Oktober 2015 gestellt haben und vor diesem Tag aus der Aufnahmeeinrichtung heraus erstverteilt worden sind. Die Einzelrichterin schließt sich insoweit den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (in BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 7) an:
Die Bestimmung des § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG, wonach die §§ 48 bis 50 AsylG unberührt bleiben, spricht für sich genommen nicht gegen die Annahme des Beklagten, dass auch solche Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat der neu geschaffenen Wohnpflicht unterliegen, die bereits auf die Regierungsbezirke verteilt wurden. Damit ist lediglich bestimmt, dass die Wohnpflicht des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG aus den in den §§ 48 bis 50 AsylG geregelten Gründen endet. Es kann jedoch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Gründe, die zu einem Ende der aus § 47 Abs. 1 (a. F.) folgenden Wohnpflicht geführt haben, auch einer späteren Umverteilung in eine auf der Grundlage des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG bestehende Aufnahmeeinrichtung entgegenstehen. Denn diese Aufnahmeeinrichtungen wurden eigens für den Zweck geschaffen, bei Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf – wie den Antragstellern – eine abschließende sowie im Ergebnis schnellere Bearbeitung der Asylverfahren und eine raschere Beendigung des Aufenthalts zu gewährleisten (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 33 f.).
Die Antragsteller sind als kosovarischer Staatsangehörige auch Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S. v. § 47 Abs. 1a, §§ 29a AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. Dass sie aufgrund einer (abweichend von § 29a Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) positiven Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht mehr verpflichtet wären, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, wurde weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.
Die im Regierungsbezirk … in … gelegene … ist dabei auch eine Aufnahmeeinrichtung i. S. v. § 47 Abs. 1a, § 44 Abs. 1 AsylG, wobei vorliegend dahinstehen kann, ob sie als Dependance zur in § 3 Satz 1 Nr. 2 DVAsyl genannten „Aufnahmeeinrichtung … oder als eigenständige zusätzliche Aufnahmeeinrichtung im Regierungsbezirk … nach § 3 Satz 3 DVAsyl anzusehen ist.
1.3.2.2. Der streitgegenständliche Bescheid verstößt auch nicht gegen die in § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG bzw. § 8 Abs. 6 DVAsyl genannten Anforderungen. Der Haushaltsgemeinschaft der Antragsteller wurde durch eine gemeinsame Umverteilung Rechnung getragen.
Dass sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht i. S. v. § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG bzw. § 8 Abs. 6 DVAsyl vorliegen würden, die die Umverteilungsentscheidung rechtswidrig erscheinen ließen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus den vorgelegten Unterlagen zur psychischen Erkrankung der Antragstellerin zu 4). Diese bescheinigen der Antragstellerin zu 4) zwar eine ernsthafte psychiatrische behandlungsbedürftige Störung bzw. eine posttraumatische Belastungsstörung. Allerdings ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht, weshalb eine Therapie nicht auch im Raum … möglich sein sollte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 4) ausweislich des fachärztlichen Attestes eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom … März 2016 erstmals am … März 2016 bzw. ausweislich des ärztlich-psychologischen Berichts eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des …, Ambulanz … vom … März 2016 erstmals am … März 2016 bei den genannten Fachärzten vorstellig geworden ist, so dass durch einen Umzug bereits keine seit längerer Zeit bestehende Therapie unterbrochen wird. Im Übrigen ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass die medizinische Versorgungssituation im Raum Ingolstadt schlechter als am derzeitigen Wohnort wäre. Auf die Ausführungen der Antragsgegnerin vom 18. März 2016 zur Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des … in … wird insoweit verwiesen. Soweit in den vorgelegten Unterlagen die Aussagen enthalten sind, dass die Gefahr der Selbstgefährdung der Antragstellerin zu 4) bei einer Verlegung nach … erhöht ist bzw. die Gefahr besteht, dass sich die Suizidalität und somit Eigengefährdung verstärkt, sind diese Aussagen zu allgemein gehalten, um daraus das Vorliegen eines sonstigen humanitären Grundes von vergleichbarem Gewicht ableiten zu können, zumal beide Gutachten nur auf einer einmaligen Untersuchung beruhen und in dem ärztlich-psychologischen Bericht vom … März 2016 zuvor festgestellt wurde, dass sich die Antragstellerin zu 4) glaubhaft von akuter Suizidalität distanzieren konnte. Medizinische Aspekte, aus denen sich sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem, einer landesinternen Umverteilung entgegenstehenden Gewicht ergeben können, haben die Antragsteller im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO) vorzulegen und zu belegen. Speziell bei psychischen Erkrankungen haben diese Belege den insoweit typisierten Qualifikationsanforderungen zu genügen, insbesondere soweit es um posttraumatische Belastungsstörungen geht (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129, 251, juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris Rn. 15). Darüber hinaus sind bei bloß bayerninternen Umverteilungen – angesichts der in Deutschland verfügbaren Medikamente und der im Raum …t dichten medizinischen Versorgung – die Antragsteller im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht des Weiteren gehalten, solche fachärztlichen/fachtherapeutischen Belege vorzulegen, die eine explizite Begründung enthalten, warum eine Therapie im Raum … nicht möglich sein sollte und womit (mit welcher Wahrscheinlichkeit) konkret gerade im Falle einer Verlegung der Therapie in den Raum … zu rechnen wäre. Vor diesem Hintergrund sind an die Darlegung und Belegung gesundheitlicher Gefahren, die mit einer landesinternen Umverteilung in die Aufnahme- und Rückkehreinrichtung verbunden sein können, insgesamt hohe Anforderungen zu stellen.
Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass der Schulbesuch der Antragstellerinnen zu 3) bis 5) nicht auch in … fortgesetzt werden könnte. Auch in der Ankunfts- und Rückkehreinrichtung besteht ein adäquates Beschulungsangebot. Nach Art. 14 Abs. 1 der RL 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 ist minderjährigen Kindern von Antragstellern bzw. minderjährigen Antragstellern Zugang zum Bildungssystem „in ähnlicher Weise wie den eigenen Staatsangehörigen“ zu gewähren, wobei der Unterricht auch in Unterbringungszentren erfolgen kann.
1.3.2.3. Der streitgegenständliche Bescheid leidet auch nicht unter Ermessensfehlern (§ 114 VwGO). Die vorliegende landesinterne Umverteilungsentscheidung bedarf gemäß § 8 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. 4 Satz 2 DVAsyl i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG zum einen von vornherein keiner expliziten Begründung. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass der Bescheid vom 28. Januar 2016 auf ermessensfehlerhaften Erwägungen beruhen könnte; vielmehr dient er der Umsetzung der bundesrechtlich in § 47 Abs. 1a AsylG verankerten Pflicht der Antragsteller, (wieder) in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
1.4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Eilverfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
2. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Bevollmächtigten werden sowohl für das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (M 24 S 16.1003) als auch für das Klageverfahren (M 24 K 16.1002) abgelehnt.
2.1. Für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfeanträge ist das Verwaltungsgericht … als Gericht der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig (s.o. unter Nr. 1.2.).
Die Zuständigkeit des Einzelrichters über den Prozesskostenhilfeantrag ergibt sich für das Eilverfahren aus § 76 Abs. 4 AsylG. Aufgrund des Übertragungsbeschlusses der Kammer vom … März 2016 ist der Einzelrichter auch zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag im Klageverfahren zuständig (§ 76 Abs. 1 AsylG).
2.2. Nach § 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach einen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dabei bereits dann gegeben, wenn ein Obsiegen des Beteiligten ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Die Erfolgsaussichten des gerichtlichen Verfahrens müssen im Zeitpunkt der Bewilligungsreife als offen zu beurteilen sein (BayVGH B. v. 23.10.2005 – 10 C 04.1205 – juris).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da weder der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO noch die Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO haben. Auf die vorstehenden Ausführungen wird insofern Bezug genommen. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten konnte auch von einer Aufforderung zur Vorlage der Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 2 ZPO abgesehen werden.
Da den Antragstellern keine Prozesskostenhilfe gewährt wird, war auch der Antrag auf Beiordnung der zur Vertretung bereiten Bevollmächtigten abzulehnen (§ 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO).
2.3. Die Entscheidungen über die Prozesskostenhilfe ergehen kostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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