Verwaltungsrecht

Landesinterne Umverteilung eines bereits erstverteilten Asylbewerbers aus einem sicheren Herkunftsstaat zurück in eine Aufnahmeeinrichtung

Aktenzeichen  M 24 S 16.1498, M 24 K 16.1497

Datum:
27.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DVAsyl DVAsyl § 8
AsylG AsylG § 47a Abs. 1a

 

Leitsatz

Die ohne Übergangsregelung seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 am 24. Oktober 2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24. Oktober 2015 gestellt haben und vor diesem Tag aus der Aufnahmeeinrichtung heraus erstverteilt worden sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag (M 24 S 16.1498) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten wird sowohl für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (M 24 S 16.1498) als auch für das Hauptsacheverfahren (M 24 K 16.1497) abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger, der als Asylbewerber zunächst einer Unterkunft in … zugewiesen worden war.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. Februar 2016 wies die Regierung von Oberbayern dem Antragsteller als künftigen Wohnsitz die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung … in … zu, in die er spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides einzuziehen hätte. Es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl daran, den Antragsteller von der Anschlussunterbringung in die zuständige Aufnahmeeinrichtung umzuverteilen und dadurch der Wohnpflicht des § 47 Abs. 1a AsylG Geltung zu verschaffen.
Am 31. März 2016 erhob der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 25. Februar 2016. Über die unter dem Aktenzeichen M 24 K 16.1497 bei Gericht anhängige Klage wurde noch nicht entschieden. Zugleich beantragte der Antragsteller,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 25. Februar 2016 anzuordnen.
Des Weiteren wurde beantragt,
dem Antragsteller und Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm den Unterzeichnenden beizuordnen.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei geboten, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit der Klage angefochtenen Bescheides bestünden. Der Antragsteller leide bereits seit längerem an einer paranoiden Schizophrenie und sei aufgrund dieser Erkrankung gegenwärtig im Bezirkskrankenhaus (BKH) … in Behandlung. Aufgrund seiner Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis sei der Antragsteller weiterhin auf eine engmaschige psychiatrische Behandlung und auf eine regelmäßige psychopharmakologische Behandlung angewiesen. Bei einer drohenden Verbringung nach … sei bei dem Antragsteller mit einer erhöhten Suizidalität zu rechnen. Er leide gegenwärtig an einer zunehmenden Unruhe und Schlaflosigkeit. Ferner seien beim Antragsteller psychotische Symptome wie Verfolgungswahn und optische Halluzinationen gegeben. Der Antragsteller sei bereits von 17. März bis 16. April 2015 und vom 11. Juni bis 3. September 2015 im BKH … in stationärer Behandlung gewesen. Seit dem 3. September 2015 bis zu seiner aktuellen Aufnahme in das BKH … habe er sich in der Nachsorgeambulanz des BKH … befunden. Der Antragsteller habe in … bzw. in … soziale Kontakte, die in der Vergangenheit dazu beigetragen hätten, dass sich sein Gesundheitszustand stabilisiere. Er habe zuletzt auch bei der Familie seines Freundes (in …) gewohnt. In … würde auch seine Verlobte wohnen. Bei einer Verbringung nach … seien regelmäßige Besuche durch Freunde bzw. durch seine Verlobte nicht möglich. Es sei daher davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand des Antragsstellers weiter verschlechtern werde. Bereits in der Vergangenheit sei die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft aus medizinischer Sicht nicht zu empfehlen gewesen. Deswegen sei dem Antragsteller gestattet worden, bei der Familie seines Freundes zu wohnen. Ferner sei bislang unklar, ob die engmaschige psychiatrische Behandlung, die der Antragsteller benötige, in … möglich sei.
Hierzu wurden Berichte des BKH … vom 24. März 2016 und 15. Juni 2015 und eine ärztliche Kurzinformation vom 16. April 2015 vorgelegt.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, dass der Antragsteller nicht mehr in stationärer Behandlung sei. Es fänden gegenwärtig nur noch ambulante Nachbehandlungstermine, ca. alle zwei Wochen, statt.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2016 teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, dass der Antragssteller seit 23. Mai 2016 wieder stationär im BKH … in Behandlung sei. Die Suizidgedanken des Antragstellers hätten zuletzt wieder so stark zugenommen, dass eine stationäre Behandlung erforderlich geworden sei. Des Weiteren wurde ein Bericht des BKH … vom 19. Mai 2016 (über den stationären Aufenthalt vom 19. März 2016 bis 13. April 2016) vorgelegt. Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 wurde die Mitteilung insofern berichtigt, dass sich der Antragsteller seit 19. Mai 2016 erneut in stationärer Behandlung im BKH … befinde.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2016 teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, dass der Antragsteller am 8. Juni 2016 aus der stationären psychiatrischen Behandlung entlassen worden sei. Er werde gegenwärtig noch ambulant behandelt. Hier fänden ca. alle 2-3 Wochen ärztliche Konsultationen statt. Ferner werde die medikamentöse Behandlung fortgesetzt. Am 10. Juni 2016 habe der Antragsteller geheiratet.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 beantragte der Antragsgegner, die Klage abzuweisen und
den Antrag abzulehnen.
In tatsächlicher Hinsicht sei ergänzend vorzutragen, dass dem Antragsteller die Wohnungsnahme bei der Familie seines Freundes in … von der zuständigen Stadt … nicht genehmigt worden sei. Er halte sich somit rechtswidrig dort auf. Nachdem der Antragssteller aus der stationären Behandlung entlassen worden sei, sei kein Grund mehr ersichtlich, der der Umverteilung entgegenstehen würde. Die behauptete ambulante Behandlung werde nicht belegt. Ebenso werde nicht belegt, warum die ambulante Behandlung nicht auch in … erfolgen oder der Antragsteller (nach …) anreisen könnte. Am Klinikum …t befinde sich beispielsweise das Zentrum für psychische Gesundheit, das insbesondere auch über eine psychiatrische Institutsambulanz verfüge. Daneben seien in … zahlreiche Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie ansässig, die eine ambulante Betreuung übernehmen könnten.
Mit Beschluss vom 23. Juni 2016 wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache (M 24 K 16.1497) zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten M 24 S 16.1498 und M 24 K 16.1497 Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Eilantrag bleibt in der Sache erfolglos.
1.1. Mit seinem Antrag begehrt der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) sofort vollziehbare Zuweisungsentscheidung im Bescheid vom 25. Februar 2016.
1.2. Das Verwaltungsgericht … ist zur Entscheidung über diesen Antrag als Gericht der Hauptsache sachlich zuständig gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 45 VwGO; seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO. Es handelt sich vorliegend um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz, da Kern der Streitigkeit eine Vorschrift des Asylgesetzes, nämlich § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG, ist (BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 4). Der Antragsteller hatte im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG -) seinen Aufenthalt nach dem Asylgesetz im Regierungsbezirk Oberbayern …) und damit im Gerichtsbezirk (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO) zu nehmen. Zur Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
1.3. Der zulässige Antrag ist unbegründet und war daher abzulehnen.
1.3.1. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht abzuwägen zwischen dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
1.3.2. Nach summarischer Prüfung ist vorliegend davon auszugehen, dass sich der streitgegenständliche Bescheid als rechtmäßig erweisen und die Klage des Antragstellers deshalb voraussichtlich erfolglos bleiben wird, so dass das staatliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt.
1.3.2.1. Rechtsgrundlage der im streitgegenständlichen Bescheid von Amts wegen verfügten landesinternen Umverteilung ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Asyldurchführungs-verordnung (DVAsyl). Nach dieser Vorschrift kann aus Gründen des öffentlichen Interesses durch die insoweit nach § 8 Abs. 2 Satz 2 DVAsyl zuständige Regierung, in deren Bezirk die Verteilung erfolgen soll, landesintern eine Umverteilung in einen anderen Landkreis oder eine andere kreisfreie Gemeinde im selben oder in einem anderen Regierungsbezirk erfolgen.
Dass öffentliche Interesse i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 DVAsyl (i. V. m. § 8 Abs. 5 DVAsyl i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Aufnahmegesetz (AufnG)) ergibt sich vorliegend aus § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift sind (abweichend von § 47 Abs. 1 AsylG, wonach Asylbewerber längstens sechs Monate zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung verpflichtet sind) Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S. v. § 29a AsylG i. V. m. Anlage II zum AsylG verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags nach § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet oder nach § 27a AsylG als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Nach § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG bleiben die §§ 48 bis 50 AsylG unberührt.
Die ohne Übergangsregelung seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungs-gesetzes vom 20. Oktober 2015 am 24. Oktober 2015 verbindliche Regelung des § 47 Abs. 1a AsylG findet dabei auch auf solche Asylbewerber Anwendung, die ihren Asylantrag vor dem 24. Oktober 2015 gestellt haben und vor diesem Tag aus der Aufnahmeeinrichtung heraus erstverteilt worden sind. Die Einzelrichterin schließt sich insoweit den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (in BayVGH, B. v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 7) an:
Die Bestimmung des § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG, wonach die §§ 48 bis 50 AsylG unberührt bleiben, spricht für sich genommen nicht gegen die Annahme des Beklagten, dass auch solche Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat der neu geschaffenen Wohnpflicht unterliegen, die bereits auf die Regierungsbezirke verteilt wurden. Damit ist lediglich bestimmt, dass die Wohnpflicht des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG aus den in den §§ 48 bis 50 AsylG geregelten Gründen endet. Es kann jedoch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Gründe, die zu einem Ende der aus § 47 Abs. 1 (a. F.) folgenden Wohnpflicht geführt haben, auch einer späteren Umverteilung in eine auf der Grundlage des § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG bestehende Aufnahmeeinrichtung entgegenstehen. Denn diese Aufnahmeeinrichtungen wurden eigens für den Zweck geschaffen, bei Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf – wie den Antragstellern – eine abschließende sowie im Ergebnis schnellere Bearbeitung der Asylverfahren und eine raschere Beendigung des Aufenthalts zu gewährleisten (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 33 f.).
Der Antragsteller ist als kosovarischer Staatsangehörige auch Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat i. S. v. § 47 Abs. 1a, §§ 29a AsylG i. V. m. der Anlage II zum AsylG. Dass er aufgrund einer (abweichend von § 29a Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) positiven Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht mehr verpflichtet wären, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, wurde weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.
Die im Regierungsbezirk Oberbayern in … gelegene … ist dabei auch eine Aufnahmeeinrichtung i. S. v. § 47 Abs. 1a, § 44 Abs. 1 AsylG, wobei vorliegend dahinstehen kann, ob sie als Dependance zur in § 3 Satz 1 Nr. 2 DVAsyl genannten „Aufnahmeeinrichtung … oder als eigenständige zusätzliche Aufnahmeeinrichtung im Regierungsbezirk Oberbayern nach § 3 Satz 3 DVAsyl anzusehen ist.
1.3.2.2. Der streitgegenständliche Bescheid verstößt auch nicht gegen die in § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG bzw. § 8 Abs. 6 DVAsyl genannten Anforderungen. Dass sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht i. S. v. § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG bzw. § 8 Abs. 6 DVAsyl vorliegen würden, die die Umverteilungsentscheidung rechtswidrig erscheinen ließen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus den vorgelegten Unterlagen zur psychischen Erkrankung des Antragstellers.
Medizinische Aspekte, aus denen sich sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem, einer landesinternen Umverteilung entgegenstehenden Gewicht ergeben können, hat der Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO) vorzulegen und zu belegen. Speziell bei psychischen Erkrankungen haben diese Belege den insoweit typisierten Qualifikationsanforderungen zu genügen, insbesondere soweit es um posttraumatische Belastungsstörungen geht (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129, 251, juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 17/07 – juris Rn. 15). Darüber hinaus ist bei bloß bayerninternen Umverteilungen – angesichts der in Deutschland verfügbaren Medikamente und der im Raum Ingolstadt dichten medizinischen Versorgung – der Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht des Weiteren gehalten, solche fachärztlichen/fachtherapeutischen Belege vorzulegen, die eine explizite Begründung enthalten, warum eine Therapie im Raum … nicht möglich sein sollte und womit (mit welcher Wahrscheinlichkeit) konkret gerade im Falle einer Verlegung der Therapie in den Raum … zu rechnen wäre. Vor diesem Hintergrund sind an die Darlegung und Belegung gesundheitlicher Gefahren, die mit einer landesinternen Umverteilung in die Aufnahme- und Rückkehreinrichtung verbunden sein können, insgesamt hohe Anforderungen zu stellen.
Diesen Anforderungen genügen die vom Antragsteller vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht. Diesen ist zu entnehmen, dass sich der Antragsteller von 19. Mai 2016 bis 08. Juni 2016 zum vierten Mal in stationär-psychiatrischer Behandlung aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie befunden hat, bei seiner Entlassung am 8. Juni 2016 jedoch von akuter Suizidalität glaubhaft distanziert und absprachefähig ist. Weshalb eine ambulante Behandlung nicht auch im Raum … möglich sein sollte, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Wie vom Antragsgegner dargelegt, ist die medizinische Versorgungssituation im Raum … nicht schlechter als am derzeitigen Wohnort. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Antragssteller die alle 2-3 Wochen in … stattfindenden ärztlichen Konsultationen nicht auch von … wahrnehmen könnte, wenn er die Anbindung an das Bezirkskrankenhaus … aufrechterhalten möchte.
Auch die Tatsache, dass der Antragsteller am 10. Juni 2016 geheiratet hat, stellt keinen sonstigen humanitären Grund von vergleichbarem Gewicht i. S. v. § 47 Abs. 1a Satz 2 i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 5 AsylG bzw. § 8 Abs. 6 DVAsyl dar. Zum einen ist von Antragstellerseite bereits nicht vorgetragen worden, ob und ggf. welchen Aufenthaltstitel seine Frau für einen Aufenthalt im Bundesgebiet besitzt, aus dem er ein eigenes Aufenthaltsrecht ableiten könnte. Zum anderen wäre – um die familiäre Bindung im Bundesgebiet ausüben zu können – das aufenthaltsrechtliche Antragsverfahren zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach den §§ 27 ff des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorgesehen, das im Übrigen nach der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 AufenthG grundsätzlich die Nachholung des Visumsverfahrens vorsieht und mithin eine vorübergehende, auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) hinnehmbare Trennung mit Auslandsaufenthalt bedingt bzw. bedingen kann.
1.3.2.3. Der streitgegenständliche Bescheid leidet auch nicht unter Ermessensfehlern (§ 114 VwGO). Die vorliegende landesinterne Umverteilungsentscheidung bedarf gemäß § 8 Abs. 4 i. V. m. § 7 Abs. 4 Satz 2 DVAsyl i. V. m. § 50 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 47 Abs. 1a Satz 2 AsylG zum einen von vornherein keiner expliziten Begründung. Zudem ist auch nicht ersichtlich, dass der Bescheid vom 25. Februar 2016 auf ermessensfehlerhaften Erwägungen beruhen könnte; vielmehr dient er der Umsetzung der bundesrechtlich in § 47 Abs. 1a AsylG verankerten Pflicht des Antragstellers, (wieder) in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich der Bescheid nicht damit auseinandergesetzt, dass der Antragsteller privat bei der Familie seines Freundes in … gewohnt hat oder immer noch wohnt, weil vorliegend keine private Wohnsitznahme, die zu einem Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft berechtigen würde, gestattet worden war.
1.4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Eilverfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
2. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Bevollmächtigten werden sowohl für das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (M 24 S 16.1498) als auch für das Klageverfahren (M 24 K 16.1497) abgelehnt.
2.1. Für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfeanträge ist das Verwaltungsgericht … als Gericht der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig (s.o. unter Nr. 1.2.).
Die Zuständigkeit des Einzelrichters über den Prozesskostenhilfeantrag ergibt sich für das Eilverfahren aus § 76 Abs. 4 AsylG. Aufgrund des Übertragungsbeschlusses der Kammer vom 23. Juni 2016 ist der Einzelrichter auch zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag im Klageverfahren zuständig (§ 76 Abs. 1 AsylG).
2.2. Nach § 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach einen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist dabei bereits dann gegeben, wenn ein Obsiegen des Beteiligten ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Die Erfolgsaussichten des gerichtlichen Verfahrens müssen im Zeitpunkt der Bewilligungsreife als offen zu beurteilen sein (BayVGH B. v. 23.10.2005 – 10 C 04.1205 – juris).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da weder der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO noch die Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO haben. Auf die vorstehenden Ausführungen wird insofern Bezug genommen.
Da dem Antragsteller keine Prozesskostenhilfe gewährt wird, war auch der Antrag auf Beiordnung des zur Vertretung bereiten Bevollmächtigten abzulehnen (§ 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO).
2.3. Die Entscheidungen über die Prozesskostenhilfe ergehen kostenfrei.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben