Verwaltungsrecht

Leinen- bzw. Maulkorbzwang für Innen- bzw. Außenbereich

Aktenzeichen  10 CS 17.405

Datum:
3.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 110437
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
LStVG Art. 18 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Anders als die Normsetzungsbefugnis in § 18 Abs. 1 LStVG, die auf den Bereich der ermächtigten Gebietskörperschaft begrenzt ist, beansprucht die Befugnisnorm für Einzelfallanordnungen in § 18 Abs. 2 LStVG bayernweite Geltung (Fortführung von BayVGH BeckRS 2004, 22014).(Rn. 3 und 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, geht auch dann eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter aus, wenn es in der Vergangenheit noch nicht zu Beißvorfällen gekommen ist (Fortführung von BayVGH BeckRS 2016,45082) (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anordnung des Leinenzwangs “in zusammenhängend bebauten Gebieten” ist bei großen Hunden gerechtfertigt und hinreichend bestimmt. (Rn. 5, 7 und 8) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Anordnung des Maulkorbzwangs bei freiem Auslauf außerhalb der zusammenhängenden Bebauung fehlt es auch bei großen Hunden grundsätzlich am Erfordernis einer konkreten Gefahr, weil bayernweit ein relevanter Publikumsverkehr außerhalb bebauter Ortsteile regelmäßig nicht stattfindet (vgl. BayVGH BeckRS 2016,45082). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 5 S 17.24 2017-02-06 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. In Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 6. Februar 2017 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Anordnung in Nr. 2. des Bescheids des Antragsgegners vom 28. November 2016 wiederhergestellt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28. November 2016 weiter. Darin verfügte der Antragsgegner unter Anordnung des Sofortvollzugs für die Schäferhündin der Antragstellerin „Darcy“ in zusammenhängend bebauten Gebieten den Leinenzwang (Nr. 1.) sowie bei freiem Auslauf außerhalb der zusammenhängenden Bebauung das Anlegen eines Maulkorbs (Nr. 2.) und drohte für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnungen ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- Euro an.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Abänderung der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung (nur) im tenorierten Umfang, weil die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin zu treffende Abwägungsentscheidung hinsichtlich des verfügten Maulkorbzwangs zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen. Denn der angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 28. November 2016 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bezüglich dieser in Nr. 2. getroffenen Anordnung zur Haltung der Schäferhündin „Darcy“ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig (nachfolgend 2.). Dagegen ist der in Nr. 1. angeordnete Leinenzwang nach zutreffender Auffassung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich rechtmäßig (nachfolgend 1.) Mit den Ausführungen des Erstgerichts zur Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs (im Hinblick auf § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) sowie der Zwangsgeldandrohung im streitbefangenen Bescheid setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
1. Gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG können die Gemeinden zum Schutz der in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter Anordnungen zur Haltung von Hunden für den Einzelfall treffen. Solche Anordnungen wie insbesondere auch der verfügte Leinenzwang ergehen, soweit die Gemeinde nicht erkennbar nur zur Abwehr entsprechender Gefahren für die örtliche Gemeinschaft tätig wird, regelmäßig im übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde mit der Folge, dass die Anordnungen auch außerhalb des Gemeindegebiets und damit letztlich bayernweite Geltung beanspruchen (vgl. zum Leinenzwang bereits BayVGH, B.v. 7.4.2004 – 24 CS 04.53 – NVwZ-RR 2004, 490; U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 20; Schwabenbauer in Beck‘scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand: 1.1.2017, LStVG Art. 18 Rn. 119 f. m.w.N.).
Soweit die Antragstellerin geltend macht, gegen eine so weitgehende Ermächtigung zu Anordnungen im Einzelfall spreche vor allem die Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 LStVG und damit auch auf dessen örtliche Begrenzung (insb. Abs. 1 Satz 2), verkennt sie die grundlegenden Unterschiede dieser beiden Instrumente der Gefahrenabwehr und der jeweiligen Ermächtigungsgrundlagen. Während die Normsetzungsermächtigung in Art. 18 Abs. 1 LStVG (wie auch den anderen sicherheitsrechtlichen Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen) zwingend auf den räumlichen (Zuständigkeits-)Bereich der durch den Gesetzgeber ermächtigten Gebietskörperschaft beschränkt ist, gilt dies für Befugnisnormen zu sicherheitsrechtlichen Einzelfallanordnungen gerade nicht in gleicher oder entsprechender Weise; denn die damit regelmäßig verfolgte Schutzwirkung (Abwehr von konkreten Gefahren) endet nicht (zwangsläufig) an der Grenze des Gemeindegebiets. Auch das weitere Argument der Antragstellerin, für eine Beschränkung dieser Befugnisnorm sprächen auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das für Einzelfallanordnungen geltende Bestimmtheitsgebot (s. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), greift nicht durch. Wenn die Gemeinde – wie im vorliegenden Fall – mit der Anordnung des Leinenzwangs konkrete Gefahrensituationen nicht nur innerhalb ihrer gemeindlichen Grenzen, sondern auch außerhalb des Gemeindegebiets abwehren bzw. bekämpfen will, stehen dem grundsätzlich weder der Zweck dieser Ermächtigungsgrundlage noch etwa der zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) oder das Bestimmtheitsgebot (zu dessen Anforderungen bei einer Anordnung des Leinenzwangs vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.3.2017 – 10 ZB 17.136 – juris Rn. 7) entgegen. Denn die Gefahrensituation durch das freie Umherlaufen von (großen) Hunden innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile endet nicht etwa an der gemeindlichen Gebietsgrenze; der betroffene Hund soll nach der mit der Anordnung verfolgten Schutzwirkung vielmehr auch dann, wenn er sich z.B. auf dem Gebiet einer Nachbargemeinde aufhält, in der entsprechenden Situation an die Leine genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2004 – 24 CS 04.53 – NVwZ-RR 2004, 490).
Nicht durchgreifend ist auch die Rüge der Antragstellerin, bei „kritischer Gefahrenprognose“ seien im vorliegenden Fall schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 LStVG nicht erfüllt, weil sich hier „eine allgemeine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung nicht realisiert“ habe, es keine Belege für weitere Vorfälle mit der Hündin der Antragstellerin gebe, beim (Beiß-) Vorfall am 22. August 2016 eine „klassische Passant-Hund“-Konstellation nicht vorgelegen, sondern vielmehr die Geschädigte mit ihrem Hund die Reaktion bzw. den Reflex der Schäferhündin „Darcy“ (mit-)verursacht habe. Zwar darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die betreffenden Schutzgüter vorliegt (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 19 m.w. Rspr-nachweisen). Jedoch geht von großen Hunden wie der Schäferhündin der Klägerin, wenn sie auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, nach ständiger Rechtsprechung des Senats selbst dann eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter aus, wenn es in der Vergangenheit noch nicht zu konkreten Beißvorfällen gekommen ist (BayVGH a.a.O. Rn. 19). Erst recht gilt dies, wenn es wie hier – aus welchen Gründen auch immer (z.B. Reflex, Fehlreaktion anderer Personen) – schon zu einem Beißvorfall gekommen ist. Gerade weil das Verhalten von frei laufenden Hunden bei innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile regelmäßig zu erwartenden Kontakten mit anderen Menschen oder Hunden, wie die Antragstellerin selbst ausführt, „nur begrenzt vorhersehbar“ ist, hat das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zu Recht im konkreten Fall eine tatbestandsmäßige konkrete Gefahr angenommen. Der Einwand der Antragstellerin, die bei dem Vorfall geschädigte Hundeführerin könne gerade nicht einem „Passanten“ gleichgestellt werden, ist deshalb schon im Ansatz verfehlt. Letztlich unerheblich ist im Rahmen der anzustellenden Gefahrenprognose demzufolge auch, ob es Belege für zwei weitere Vorfälle mit der Hündin der Klägerin gibt oder ob der zuständige Sachbearbeiter der Gemeinde tatsächlich erklärt hat, dass er (noch) keinen Anlass für sicherheitsbehördliche Maßnahmen nach Art. 18 LStVG sehe. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht in Kenntnis der Behördenakte auch die von der Antragstellerin verlangten „weiteren Ermittlungen“ zur Frage der „Herrenlosigkeit“ der Schäferhündin „Darcy“ in der konkreten Situation und zur „Verletzung von Halterpflichten der Geschädigten“ zu Recht als nicht erforderlich angesehen.
Keine mit Blick auf die anzustellende Gefahrenprognose maßgeblich veränderte Sachlage bewirkt schließlich der von der Antragstellerin geltend gemachte Umstand, sie habe inzwischen „vorsorglich einen Begleithundeschein und diverse Prüfungen abgelegt“.
Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die somit grundsätzlich mögliche Anordnung des Leinenzwangs nicht ermessensfehlerhaft und bei Abwägung der gegenläufigen Interessen insbesondere nicht unverhältnismäßig (Art. 8 LStVG) ist, weil sie im Grunde lediglich ein Verhalten bestimmt, das ein verantwortungsbewusster Hundehalter von sich aus ohnehin beachten würde. Durchgreifende Einwände hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren insoweit nicht erhoben.
Die Anordnung des Leinenzwangs „in zusammenhängend bebauten Gebieten“ genügt entgegen der Auffassung der Antragstellerin schließlich auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (zu diesen Anforderungen vgl. BayVGH, B.v. 10.3.2017 – 10 ZB 17.136 – juris Rn. 7). Damit wird für die Antragstellerin als Adressatin dieser Verfügung klar und unzweideutig erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Verpflichtung nur innerhalb der im Zusammenhang bebauten Gebiete bzw. Ortsteile gelten soll, wobei der Antragsgegner hier in nicht zu beanstandender Weise auf einen vom Gesetzgeber im Bauplanungsrecht zur Abgrenzung des Innenvom Außenbereich verwendeten Begriff (s. § 34 BauGB) zurückgreift. In den Gründen des streitbefangenen Bescheids wird die Begrenzung des Leinenzwangs auf den sogenannten Innenbereich ebenfalls hinreichend deutlich.
2. Dagegen erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die in Nr. 2. getroffene Anordnung zur Haltung der Schäferhündin „Darcy“ (Maulkorbzwang bei freiem Auslauf außerhalb der zusammenhängenden Bebauung) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig.
Insoweit ist nämlich im konkreten Fall bereits das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 LStVG zweifelhaft. Auch wenn von großen Hunden in der Regel eine konkrete Gefahr ausgeht, wenn sie sich auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr unangeleint bewegen, kann außerhalb von bewohnten Gebieten nach der Rechtsprechung des Senats eine solche Gefahr nicht ohne weiteres angenommen werden, weil es dort gerade nicht zwangsläufig zu den die konkrete Gefahrenlage begründenden Kontakten mit anderen Menschen oder Hunden kommt bzw. kommen muss; die bloße entfernte oder abstrakte Möglichkeit, dass die Schäferhündin der Klägerin (auch) außerhalb bewohnter Gebiete auf Menschen oder andere Hunde treffen und diese angreifen und von ihrer Halterin in solchen Situationen nicht oder nicht rechtzeitig zurückgehalten werden könnte, reicht für das Erfordernis einer konkreten Gefahr im oben genannten Sinn nicht aus (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 20 m.w. Rspr-nachweisen). Zu dieser Frage verhält sich der Antragsgegner im streitbefangenen Bescheid aber nicht, sondern verweist zur Begründung des Maulkorbzwangs lediglich auf bei freiem Auslauf erforderliche „effektive Sicherungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr“ und beruft sich insoweit auf eine Entscheidung des Senats vom 9. November 2010 (10 BV 06.3053), wonach eine solche Anordnung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Abgesehen davon, dass im Fall der angeführten Senatsentscheidung vom 9. November 2010 ein Maulkorbzwang durch die Sicherheitsbehörde nicht angeordnet worden ist, genügt dies den oben dargelegten Anforderungen an eine tragfähige Gefahrenprognose nicht. Soweit das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf (ältere) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris bezüglich Einzelfallanordnungen zur Haltung einer Rottweiler-Hündin, darunter Maulkorbzwang) verweist, genügt dies hier ebenfalls nicht. In der angeführten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass es dann, wenn ein Hund außerhalb geschlossener Ortschaften frei umherläuft, in gleicher Weise wie innerhalb des Ortes zu Kontakt mit dritten Personen kommen könne, weil der Hund auf Jogger, Spaziergänger, Radfahrer oder andere Nutzer des Außenbereichs treffen werde und es sich dabei keinesfalls um Einzelfälle, sondern um eine vielfach auftretende Problematik handle (BayVGH a.a.O. Rn. 43). Diese Annahme kann in dieser Pauschalität gerade bei Anordnungen, die auch außerhalb des Gemeindegebiets und damit letztlich bayernweite Geltung beanspruchen, so nicht aufrechterhalten werden. Denn eine Frequentierung des „Außenbereichs“ durch Passanten, Freizeitsportler und anderweitige Nutzer, die auch nur annähernd der des Innenbereichs entspricht, lässt sich in der Allgemeinheit gerade bayernweit nicht feststellen; ein relevanter Publikumsverkehr, der dem im Bereich bebauter Ortsteile in etwa vergleichbar ist und daher eine entsprechende Gefahrenlage begründen könnte, findet außerhalb bebauter Ortsteile regelmäßig gerade nicht statt, weil hier allenfalls gelegentlich mit Spaziergängern, Radfahrern, Joggern oder anderen Hunden zu rechnen ist (BayVGH, U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 20). Hinreichend tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass von der Schäferhündin der Klägerin auch dann, wenn diese außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile unangeleint und ohne Maulkorb ausgeführt wird, konkrete Gefahren für die in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Schutzgüter zu befürchten sind, ergeben sich damit derzeit weder aus der Begründung des angefochtenen Bescheids des Antragsgegners noch aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung.
Auch hinsichtlich der Ermessensausübung des Antragsgegners und der Verhältnismäßigkeit der Anordnung eines (bayernweiten) Maulkorbzwangs bei Freilauf der Schäferhündin der Antragstellerin bestehen bei summarischer Prüfung insofern ernsthafte Zweifel. Einer etwaigen unerwarteten Begegnung des unangeleinten Hundes vor allem mit anderen Hunden, aber auch mit Spaziergängern, Radfahrern oder Joggern und daraus unter Umständen resultierenden Gefährdungen könnte nämlich z.B. auch dadurch Rechnung getragen werden, den freien Auslauf außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur in entsprechend übersichtlichem Gelände zuzulassen, wo sich nähernde Passanten oder Hunde rechtzeitig wahrgenommen werden können und so gegebenenfalls eine unerwartete Begegnung wirksam ausgeschlossen werden kann (BayVGH, U.v. 6.4.2016 – 10 B 14.1054 – juris Rn. 21 f.). Eine solche wirksame Maßnahme zur Abwehr eines möglicherweise bestehenden „Restrisikos“ wird aber weder vom Antragsgegner im angefochtenen Bescheid noch vom Verwaltungsgericht in Erwägung gezogen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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