Verwaltungsrecht

Mangels hinreichender Darlegung einer Gehörsverletzung erfolglose Anhörungsrüge

Aktenzeichen  10 AE 18.2469

Datum:
30.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35588
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 152a Abs. 1 S. 1
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Anhörungsrüge kann keinen Erfolg haben, wenn sie sich im Ergebnis gegen die gerichtliche Tatsachenwürdigung wendet. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

10 AE 18.1908 2018-11-08 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Mit der Anhörungsrüge erstrebt der Antragsteller die Fortführung des Verfahrens über seinen mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. November 2018 abgelehnten Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen durchzuführen und ihm wieder eine Duldungsbescheinigung auszustellen.
Die Anhörungsrüge ist unbegründet. Die Voraussetzungen des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO liegen nicht vor, weil der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO darzulegen. Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um ein formelles Recht, das dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich mit ihm nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (vgl. BVerwG, B. v. 1.4.2015 – 4 B 10.15 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 24.11.2011 – 8 C 13.11 – juris Rn. 2 m.w.N.; BayVGH, B.v. 30.6.2015 – 10 ZB 15.1197 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Der Antragsteller bringt vor, der Senat habe nicht den ganzen relevanten Sachverhalt gewürdigt, da er zur Verneinung des Duldungsanspruchs lediglich auf die Kürze der Ehe abgestellt habe. Es sei vorgetragen worden, dass sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller mit einer Deutschen verheiratet sei und mit dieser auch in tatsächlicher Lebensgemeinschaft lebe, ein Duldungsgrund ergebe, ferner dass die Beziehung auch schon vor der Heirat bestanden habe und die Heirat lange vorbereitet worden sei, ferner dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Heirat im Besitz einer Duldung gewesen sei. Diese Umstände seien für die Beurteilung, ob bzw. wie schützenswert die Ehe ist, von Belang. Auch sei dem Gericht bekannt gewesen, dass ein Zusammenleben des Paares in Afghanistan nicht möglich sei, weil die Ehefrau als westlich erzogene Frau ohne relevante Sprachkenntnisse und ohne eigenen biographischen Bezug zu Afghanistan dort nicht unbeschadet leben könnte.
Damit hat er jedoch eine entscheidungserhebliche Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG durch den angegriffenen Beschluss des Senats vom 8. November 2018 nicht hinreichend dargelegt.
Es trifft nicht zu, dass der Senat in seinem Beschluss vom 8. November 2018 „lediglich auf die Kürze der Ehe“ abgestellt habe. Vielmehr hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass die Ehe des Antragstellers und seiner deutschen Ehefrau dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG bzw. des Art. 8 Abs. 1 EMRK unterfällt (Rn. 13), und sodann die Zulässigkeit von Eingriffen in diese Rechte dargelegt (Rn. 14 u. 15). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom 5. November 2018 und in dem vorangegangenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Juni 2018 wurde sodann ausgeführt (Rn. 16), dass die gewichtigen, gegen den weiteren Verbleib des Antragstellers im Inland sprechenden Umstände nicht durch die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen aufgewogen werden, denn die Eheschließung sei erst während der Haft und im Wissen um die Straftaten und damals bereits erfolgte Ausweisung, somit im Wissen um eine unsichere Aufenthaltsperspektive, geschlossen worden. Dringende Gründe für das Erfordernis einer ununterbrochenen Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die abschließende Feststellung, allein aus dem ohnehin erst kurzzeitigen Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft könne ein Verbot einer Abschiebung nicht abgeleitet werden, bezog sich auf den Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 6. September 2018 („Der Umstand, dass der Antragsteller mit einer Deutschen verheiratet ist und mit dieser auch in tatsächlicher Lebensgemeinschaft zusammenlebt, hat einen Duldungsanspruch zur Folge.“), bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass der Senat allein das erst kurzzeitige Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft gewürdigt hat. Die weiteren vorgetragenen tatsächlichen Umstände, insbesondere dass das Paar bereits vor der Inhaftierung des Antragstellers zusammengelebt habe, sind zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden, wie sich auch aus der Zusammenfassung des Vortrags des Antragstellers (Rn. 5) ergibt. Im Ergebnis wendet sich der Antragsteller gegen die Tatsachenwürdigung des Senats, was jedoch einer Anhörungsrüge nach § 152a VwGO nicht zum Erfolg verhelfen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil für das Verfahren über die Anhörungsrüge nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).


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