Verwaltungsrecht

Mindestlohn nicht nachgewiesen, Ablehnung Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 9 S 20.5270

Datum:
21.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16943
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 39, 18 a, § 18 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.
Der Antragsteller ist marokkanischer Staatsangehöriger und reiste am 11. Oktober 2018 mit einem bis zum 7. Januar 2019 gültigen Visum zur Beschäftigung als Spezialitätenkoch in das Bundesgebiet ein. Die Bundesagentur für Arbeit hatte dafür auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 15.3.2018 über eine 39 Stunden-Woche und eines Nettolohns von 2 500,- Euro die Zustimmung erteilt (Bl.157 BA).
Am 7. Januar 2019 erhielt der Antragsteller eine bis zum 30. September 2019 gültige Aufenthaltserlaubnis. Vorgelegt wurden der Antragsgegnerin Gehaltsabrechnungen für November und Dezember 2018 über einen Monatslohn in Höhe von 2.340,-EUR brutto/ 1579,42 Euro netto und ein Mietvertrag, wonach der Antragstelle 550,- EUR Miete warm zu zahlen habe.
Der Antragsteller beantragte am 10. November 2019 die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Vorgelegt wurde eine Arbeitgeberbescheinigung (Bl.112 BA), wonach der Antragsteller jetzt 42 Stunden wöchentlich zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.340,- EUR arbeitet. Die Bundesagentur für Arbeit lehnte mit Entscheidung vom 13. Januar 2020 die Zustimmung zur Arbeitsaufnahme ab, da der Antragsteller den im Arbeitsvertrag vom 15.3.2018 ursprünglich vereinbarten Lohn von 2.500,- EUR brutto /39 Stunden-Woche nicht erhalten habe und ausweislich des jetzt vorgelegten Arbeitsvertrags mit gleichem Datum der monatliche Nettolohn 1.300,- EUR für eine 42 Stunden-Woche betrage.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers legte daraufhin eine neue Stellenbeschreibung des Arbeitgebers vor, wonach der Antragsteller für eine 40 Stunden-Woche ein monatliches Bruttogehalt von 2.340,- EUR erhält (Bl.116 BA). Die Bundesagentur für Arbeit lehnte mit Entscheidung vom 28. Februar 2020 erneut ihre Zustimmung ab, da der Antragsteller nach den nunmehr vorgelegten Konditionen nach wie vor nicht wie vereinbart entlohnt werde.
Der Bevollmächtigte legte im Rahmen der Anhörung mit Datum vom 23. Juli 2020 wiederum eine neue Stellenbeschreibung vor (Bl. 145 BA). Danach erhält der Antragsteller für eine 40 Stunden-Woche 3.000,- EUR brutto. Die Bundesagentur für Arbeit lehnte am 14.September 2020 erneut die Zustimmung ab. Der Antragsteller habe das ursprünglich vereinbarte Gehalt nie bekommen. Es würden fortlaufend widersprüchliche Vereinbarungen vom Arbeitgeber vorgelegt.
Mit Bescheid vom14. Oktober 2020 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab (Ziff. 1) und verpflichtete den Antragsteller zum Verlassen des Bundesgebiets bis 30. November 2020 (Ziff. 2). Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für ein Jahr wurde für den Fall des schuldhaften und erheblichen Überschreitens der Ausreisefrist angedroht (Ziff. 3). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Marokko angedroht (Ziff. 4). Die Bundesagentur für Arbeit habe wiederholt die Zustimmung zu einer weiteren Beschäftigung nicht erteilt, da der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt durch seinen Arbeitgeber eine Entlohnung erhalte, die mit Arbeitsvertrag vom 15. August 2018 vereinbart worden sei und der die Entscheidungsgrundlage für die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit im Visumsverfahren gewesen sei. Deshalb liege die Erteilungsvoraussetzung nach § 18a i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht vor. Die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus sonstigen Gründen fehlten ebenfalls. Persönliche Interessen, die neben dem öffentlichen Interesse bei der Entscheidung über die Ablehnung des Antrags zu berücksichtigen waren, lägen nicht vor, da der Antragsteller im Bundesgebiet keine familiären oder sozialen Bindungen habe.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erhob mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2020 Klage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO:
Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Eine Begründung fehlt.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 3. Dezember 2020
Antragsablehnung.
Auf die Begründung des angefochtenen Bescheids werde Bezug genommen.
Der Antragstelle hatte zuletzt bis zum Erlass des Bescheides seit dem 25. September 2020 eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, da der Antragsteller zuletzt im Besitz einer Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 AufenthG war. Der Antragsteller hat vor Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis die Verlängerung seines Aufenthaltstitels beantragt.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit Bescheid der Antragsgegnerin keine rechtlichen Bedenken. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat daher keinen Erfolg.
Der Antragsteller ist Fachkraft im Sinne des § 18 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG und hat ein konkretes Arbeitsangebot, § 18 Abs. 2 AufenthG. Im vorliegenden Fall fehlt jedoch die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 39 AufenthG mit der Folge, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18a i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht vorliegen.
Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft ist gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG, dass die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG zugestimmt hat. Dies ist hier nicht der Fall mit der Folge, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht vorliegen.
Die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG hat den Zweck, u.a. zu gewährleisten, dass hier beschäftigte Arbeitnehmer zu einem angemessenen Lohn beschäftigt werden. Im vorliegenden Verfahren wurde die Arbeitgeberbescheinigung und der Arbeitsvertrag mehrfach verändert und angepasst. Es bestehen begründete Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Arbeitnehmer beschäftigt wird, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Die Gehaltsabrechnungen für November und Dezember 2018 zeigen, dass der Antragsteller damals nicht den vertraglich vereinbarten Nettolohn erhalten hat. Es ist nicht ersichtlich, dass sich in der Folgezeit daran etwas geändert hat.
Da auch keine andere Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommt, war der Antrag mit der kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


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