Verwaltungsrecht

Nichtbestehen der Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst

Aktenzeichen  Au 8 K 18.1360

Datum:
12.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 8230
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
LAPVgZD § 40 Abs. 2 S. 3, § 44 Abs. 2 S. 1
VwGO § 68, § 113

 

Leitsatz

1. Prüfungsbewertungen sind gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar, ob die Prüfer anzuwendendes Recht verkannt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen; prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (ebenso BVerfG BeckRS 9998, 56725; BayVGH,BeckRS 2014, 50529). (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen; vielmehr hat das Gericht aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings darüber zu befinden, ob eine vom Prüfer als falsch bewertete Lösung richtig oder zumindest vertretbar ist (sog. Antwortspielraum des Prüflings). (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist teilweise unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Prüfungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2018 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist teilweise unzulässig.
In der Rechtsprechung wird die Frage nach der statthaften Klageart für Prüfungen, in denen der vorgetragene Bewertungsfehler einen ersten Teil oder Abschnitt der aus mehreren Teilen bestehenden Prüfung betrifft und die Prüfung schon danach für nicht bestanden erklärt worden ist, nicht einheitlich beantwortet. Insofern wird auch die Verpflichtungsklage als statthafte Klageart angesehen (vgl. dazu Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht 7. Aufl. 2018, S. 388 f. mit Fn. 104). Das Gericht folgt jedoch der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die insoweit von einer Anfechtungsklage als statthafter Klageart ausgeht (BayVGH, U.v. 5.12.2006 – 7 B 05.2683 – juris Rn. 12), so dass der in Ziffer II. gestellte Antrag auf Verpflichtung der Beklagten unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine Neubewertung vorzunehmen und den Kläger hinsichtlich des Gesamtergebnisses erneut zu bescheiden sowie der unter Ziffer III. gestellte Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten, den Kläger erneut zu einer Wiederholungsprüfung zuzulassen, bereits unzulässig sind.
2. In der Sache ist die Klage jedenfalls unbegründet. Der Bescheid des … – Generalzolldirektion – vom 20. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2018 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche schriftliche Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst des Bundes ist die Verordnung über die Laufbahnen, Ausbildung und Prüfung für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst des Bundes (LAPVgZD) vom 20. Juli 2001 (BGB. I S. 1683), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 12 der Verordnung vom 12. Februar 2009. Gemäß § 50 Abs. 1 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst des Bundes (GntZollDVDV) vom 15. Juli 2017 findet für Studierende, die – wie der Kläger – bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung mit dem Vorbereitungsdienst begonnen haben, die LAPVgZD vom 20. Juli 2001 Anwendung.
b) Der Bescheid erging in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtsfehlerfrei.
aa) Das gebotene Überdenkungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
Der Prüfling muss die Möglichkeit haben, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen „rechtzeitig und wirkungsvoll“ vorzutragen, um derart ein „Überdenken“ dieser Bewertung durch die ursprünglichen Prüfer zu erreichen. Dieser Anspruch auf ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren besteht unabhängig von dem Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, da die gerichtliche Kontrolle von Prüfungsentscheidungen nur eingeschränkt möglich ist. Für die Durchführung eines derartigen Überdenkungsverfahrens bietet sich etwa das in §§ 68 ff. VwGO grundsätzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren an, wobei zwischen Widerspruchs- und Überdenkungsverfahren zu differenzieren ist (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1998 – 7 B 97.2986 – juris Rn. 27 m.w.N.). Ein gebotenes Überdenkungsverfahren kann zeitlich grundsätzlich auch noch während eines bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durchgeführt bzw. nachgeholt werden. Der Anspruch des Prüflings auf Überdenken ist insbesondere auch erfüllt, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Stellungnahmen der Prüfer zu den beanstandeten Bewertungen eingeholt worden sind und dem Prüfling Gelegenheit gegeben worden ist, hierzu Stellung zu nehmen. Auch – ggf. ergänzende – Stellungnahmen der Prüfer in der mündlichen Verhandlung können den Überdenkungsanspruch erfüllen (vgl. BVerwG, B.v. 2.5.1996 – 6 B 75.95 – juris Rn. 8; B.v. 15.9.1994 – 6 B 42.94 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 19.3.2004 – 7 BV 03.1953 – juris Rn. 49; VG Augsburg, U.v. 18.3.2015 – Au 3 K 14.881 – juris Rn. 49). Die Einleitung eines eigenständigen Überdenkungsverfahrens setzt seitens des Prüflings die Erhebung substantiierter Einwände gegen die Leistungsbewertung voraus, d.h. gegen die mit einem prüfungsrechtlichen Bewertungsspielraum verbundene Einordnung der erbrachten Leistungen in ein Bewertungssystem. Der Prüfling muss wirkungsvolle Hinweise geben, d.h. die Einwände müssen konkret und nachvollziehbar begründet werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.10.2009 – 6 PKH 6.09 – juris Rn. 5; B.v. 18.12.2008 – 6 B 70.08 u.a. – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2005 – 6 B 45.05 – juris Rn. 10; U.v. 24.2.1993 – 6 C 32.92 – juris Rn. 19).
Hiervon ausgehend hat vorliegend – soweit erforderlich – ein ordnungsgemäßes Überdenkungsverfahren durch die Prüfer stattgefunden.
Hinsichtlich der Prüfung „AO“ hat der Kläger weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren substantiierte Einwände gegen die Leistungsbewertung erhoben, so dass diesbezüglich die Durchführung eines Überdenkungsverfahrens nicht erforderlich war.
Hinsichtlich der Prüfungen „RGW I“ und „RGW II“ hat die Beklagte den Erst- und Zweitkorrektoren die vorgetragenen Einwendungen im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren zugeleitet und um Stellungnahme gebeten. Die Erst- und Zweitkorrektoren haben jeweils eine schriftliche Stellungnahme verfasst, die der Beklagten zugeleitet wurden. Die Korrektoren haben demnach nach Kenntnis der Einwendungen an ihrer Prüfungsbewertung festgehalten (S. 39 der Behördenakte; S. 43 ff. der Gerichtsakte).
bb) Auch die vom Kläger behauptete Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Prüflingen während seiner Vorbereitungszeit auf die Wiederholungsprüfung führt nicht zur Fehlerhaftigkeit des Prüfungsverfahrens.
Da die prüfungsspezifische Bewertung der Leistungen des Prüflings sich einer Reglementierung weitgehend entzieht, ist es umso wichtiger, dass das Verfahren zur Ermittlung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten rechtlich fehlerfrei geordnet ist. Ein besonderes Gewicht hat daher im Bereich des Prüfungsverfahrens das Gebot der Chancengleichheit, Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG. Dieses verlangt, dass für vergleichbare Prüfungen so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungsmaßstäbe gelten. Für das Prüfungsverfahren, d.h. für Form und Verlauf der Prüfungen, müssen einheitliche Regeln gelten, die auch einheitlich angewandt werden; die tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung müssen gleichartig sein. Bevorzugungen und Benachteiligungen einzelner Teilnehmer oder Teilnehmergruppen müssen möglichst vermieden werden, um gleiche Erfolgschancen zu gewährleisten. Jeder Prüfling hat einen Anspruch auf chancengleiche Behandlung im Prüfungsverfahren. Unterschiedliche Prüfungsbedingungen sind mit dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit nur vereinbar, wenn hierfür ein gewichtiger sachlicher Grund besteht und die Ungleichbehandlung keine ungleichen Erfolgschancen nach sich zieht (BVerwG, B.v. 22.6.2016 – 6 B 21/16 – juris Rn. 13 f.; B.v. 30.6.2015 – 6 B 11/15 – juris Rn. 8 ff.; Niehues/Jeremias/Fischer, Prüfungsrecht, S. 192 f.). Unter Prüfungsbedingungen sind dabei diejenigen Regeln und Umstände zu verstehen, die das Verfahren gestalten, in dem die Prüfungsleistung erbracht wird. Sie bilden den äußeren Rahmen für die Ermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Prüflinge. Insoweit verlangt das prüfungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit einheitliche Regeln für Form und Verlauf der Prüfungen sowie Gleichartigkeit der tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung (BVerwG, B.v. 30.6.2015 – 6 B 11/15 – juris Rn. 9).
Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 LAPVgZD bestimmt das Prüfungsamt auf Vorschlag der Prüfungskommission, innerhalb welcher Frist die Prüfung wiederholt werden kann, welche Teile der Ausbildung zu wiederholen und welche Leistungsnachweise zu erbringen sind. Mit Schreiben vom 14. Juli 2017 empfahl die Prüfungskommission eine Wiederholung der Prüfung im November 2017 sowie eine praktische Ausbildung im Ausbildungs-Hauptzollamt in allen Bereichen, vornehmlich im Sachgebiet B (Bl. 45 der Behördensachakte). Dieser Empfehlung der Prüfungskommission hat sich das Prüfungsamt mit Schreiben vom 20. Juli 2017 angeschlossen (Bl. 44 der Behördensachakte). Dementsprechend ist auch der vor der eigentlichen schriftlichen Prüfung liegende Vorbereitungszeitraum unter dem Aspekt des Gebots der Chancengleichheit zu betrachten, um gleiche Erfolgschancen zu gewährleisten (vgl. VG Aachen, U.v. 30.5.2011 – 4 K 627/10 – juris Rn. 40 ff.).
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger im Vergleich zu anderen Prüflingen ungleich behandelt worden wäre.
Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG haben Beamtinnen und Beamte sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Diese Pflichtenregelung zielt primär auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht des Beamten in qualitativ/inhaltlicher Hinsicht. Durch die Hingabepflicht wird u.a. eine Arbeitspflicht des Beamten begründet, die grundsätzlich auf die regelmäßige Arbeitszeit begrenzt ist (Werres in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 14. Edition, Stand: 1.2.2019, § 61 Rn. 4 f.). Somit waren der Kläger, wie auch alle anderen Prüflinge, verpflichtet, zum Dienst zu erscheinen. Dass Prüflinge von dieser Dienstleistungspflicht gänzlich freigestellt gewesen sein sollen, ist nicht erkennbar. Zwischen den Beteiligten ist zudem unstrittig, dass für den Kläger zur Vorbereitung auf die Wiederholungsprüfung ein Einteilungsplan „Praxis/Vorbereitung LP“ erstellt wurde. Dieser sah 13 Tage zur Vorbereitung auf die Laufbahnprüfung und zehn Tage Praxisarbeit im Sachgebiet B vor. Daher wurde der Kläger nach Aktenlage genauso behandelt wie die andere Nachwuchskraft beim Hauptzollamt, die ebenfalls die Laufbahnprüfung wiederholen musste. Eine Ungleichbehandlung ist auch insoweit nicht ersichtlich. Daran vermag der pauschale, nicht unter Beweis gestellte und damit unsubstantiierte Vortrag des Klägers, er habe weniger Lernzeit als andere Prüflinge gehabt, nichts zu ändern, zumal jegliche Ungleichbehandlung des Klägers im Zeitraum bis zur Wiederholungsprüfung von der Beklagten bestritten wurde.
c) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Prüfungsbescheid nicht zu beanstanden.
Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie eine gerichtliche Überprüfung der Prüfungsbewertungen verfolgen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist somit nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird. Dieser prüfungsrechtliche Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Praxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (vgl. BVerwG, B.v. 14.5.2004 – 6 B 25/04 – juris Rn. 11). Prüfungsbewertungen sind daher gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) gebotenen gerichtlichen Überprüfung unterliegt der erhobene Einwand, die Prüfer hätten anzuwendendes Recht verkannt, seien von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, hätten allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 34/50 ff.; B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 1529/84 – BVerfGE 84, 59/77 ff.; BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 7 ZB 14.389 – juris Rn. 9).
Fachliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Prüfling sind der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35.92 u.a. – NVwZ 1993, 686). Vielmehr hat das Gericht aufgrund hinreichend substantiierter Einwendungen des Prüflings – notfalls mit sachverständiger Hilfe – darüber zu befinden, ob eine vom Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegensatz zu dessen Beurteilung richtig oder zumindest vertretbar ist, sog. Antwortspielraum des Prüflings (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34/55; BayVGH, U.v. 13.8.2003 – 7 B 02.1652 – juris Rn. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Kläger mit seinen Einwänden gegen den Prüfungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juli 2018 nicht durchzudringen. Hierin wurde vielmehr zu Recht festgestellt, dass der Kläger die Laufbahnprüfung für den gehobenen nichttechnischen Zolldienst des Bundes endgültig nicht bestanden hat, da seine schriftlichen Leistungen in drei Prüfungen mit der Note „mangelhaft“ benotet wurden.
Eine Überschreitung des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums ist vorliegend nicht erkennbar. Anhand der Korrekturanmerkungen, der Musterlösungen, der Stellungnahmen der Erst- und Zweitkorrektorin im Überdenkungsverfahren sowie der Einvernahme dieser Korrektoren – soweit gegen deren Bewertung noch Einwände erhoben sind – in der mündlichen Verhandlung lässt sich hinreichend nachvollziehen, aus welchen Gründen die Prüfungsleistungen des Klägers positiv und negativ bewertet wurden und mit welchem Gewicht sie in die Bewertung der Gesamtleistung eingeflossen sind.
aa) Hinsichtlich der Prüfungsarbeiten in den Fächern „AO“ sowie „RGW II“ wurden Einwendungen gegen deren jeweilige Bewertung entweder nicht geltend gemacht bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2019 nicht mehr aufrecht erhalten (S. 2 der Niederschrift), so dass nur noch über die Einwendungen hinsichtlich der Bewertung der Prüfung „RGW I“ zu entscheiden ist.
bb) Soweit der Kläger beanstandet, dass die Erstkorrektorin seine Ausführungen in Teil I. Aufgabe 2 zum Tatbestandsmerkmal „einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionsware“ nicht berücksichtigt hat, kann er daraus eine fehlerhafte Bewertung der Erstkorrektorin nicht ableiten. Denn nach den Stellungnahmen der Erst- und Zweitkorrektorin im Überdenkungsverfahren bzw. nach deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2019 (S. 3, 6 der Niederschrift) hat die Erstkorrektorin die Ausführungen des Klägers zum Tatbestandsmerkmal „einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionsware“ gewertet. Zwar hat sie diese entsprechend ihrer Korrekturbemerkung („Daher wird das bisher Geschriebene unter Art. 79 UZK nicht gewertet, sondern erst ab hier“) zunächst nicht berücksichtigt und dem Kläger daher für diese Ausführungen keine Leistungspunkte zuerkannt. Die Zweitkorrektorin dagegen hat die Ausführungen des Klägers berücksichtigt und dafür vier Leistungspunkte zuerkannt. Nachdem die Erstkorrektorin von der diesbezüglichen Bewertung der Zweitkorrektorin Kenntnis erlangt hatte, hat sie die Ausführungen des Klägers zum Tatbestandsmerkmal „einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionsware“ bewertet und dementsprechend ihre ursprüngliche Vergabe von fünf Leistungspunkten für den gesamten Teil I. Aufgabe 2 um vier Leistungspunkte auf insgesamt neun Leistungspunkte angehoben.
cc) Soweit der Kläger beanstandet, dass die Zweitkorrektorin die Ausführungen des Klägers zum Tatbestandsmerkmal „einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionsware“ berücksichtigt und dennoch in Teil I. Aufgabe 2 wie die Erstkorrektorin neun Leistungspunkte vergeben hat, obwohl sie keine anderen Kritikpunkte geltend gemacht hat als die Erstkorrektorin, kann er daraus keine fehlerhafte Bewertung der Zweitkorrektorin ableiten. Wie gerade dargelegt haben sowohl die Erstwie auch die Zweitkorrektorin die Ausführungen des Klägers zum Tatbestandsmerkmal „einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionsware“ berücksichtigt.
dd) Soweit der Kläger einwendet, dass eine Subsumption in „Teil II unter II. Formelle Voraussetzungen“ bezüglich laut Sachverhalt ausdrücklich vorliegender Umstände überflüssig erscheint, folgt daraus keine fehlerhafte Bewertung der Korrektorinnen. Zwar hat laut Seite 4 Nr. 10 der Sachverhaltsangabe die OHG einen Antrag nach Art. 86 Abs. 3 UZK gestellt, nach den Korrekturbemerkungen der Korrektorinnen bzw. nach deren Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2019 (S. 4, 7 der Niederschrift) wurden die Ausführungen des Klägers zum Antrag nach § 86 Abs. 3 UZK berücksichtigt. Ein Punktabzug erfolgte jeweils, weil eine Subsumption hinsichtlich der Antragstellung nicht stattgefunden hat. Sachfremde Erwägungen lassen sich daraus nicht ableiten, da Seite acht der Lösungsskizze eine Subsumption hinsichtlich der Antragstellung vorsieht.
ee) Aus der Beanstandung des Klägers, dass in „Teil II unter III. Materielle Voraussetzungen“ die Vergabe von sechs anstatt von fünf Leistungspunkten durch die Erstkorrektorin gerechtfertigt gewesen wäre, folgt kein Bewertungsfehler der Erstkorrektorin. Zwar hat die Zweitkorrektorin dem Kläger für diese Teilaufgabe sechs Leistungspunkte zuerkannt, dies führt jedoch nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Bewertung durch die Erstkorrektorin mit fünf Leistungspunkten. Wie oben dargelegt, verbleibt den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum, der sich auch auf die Noten- bzw. Punktvergabe erstreckt. Da beim Zusammenwirken mehrerer Prüfer bei der Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen jeder der beteiligten Prüfer die Leistungen des Prüflings beurteilen muss (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 558), steht jedem dieser Prüfer der genannte Entscheidungsspielraum zu, so dass die Entscheidung, für eine Teilaufgabe fünf oder sechs Leistungspunkte zu vergeben, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Ein Einwand des Klägers, der einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist jedoch nicht erkennbar, insbesondere hat sich die Erstkorrektorin nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Nach der Stellungnahme der Erstkorrektorin im Überdenkungsverfahren hat sie dem Kläger deshalb einen Leistungspunkt weniger als die Zweitkorrektorin zuerkannt, weil präzise Art. 117 Abs. 1 Satz 1 UZK zu nennen gewesen ist sowie, dass dies der zu entrichtende Betrag gemäß Art. 85 Abs. 1 UZK ist. Diese Erwägungen sind nicht sachfremd, da Seite 9 der Lösungsskizze zur Prüfung „RGW I“ Art. 117 Abs. 1 Satz 1 UZK sowie den zu entrichtende Betrag gemäß Art. 85 Abs. 1 UZK nennt.
ff) Soweit der Kläger beanstandet, dass in Teil III Aufgabe 1 die Vergabe von 17 anstatt von 16 Leistungspunkten durch die Zweitkorrektorin gerechtfertigt gewesen wäre, folgt daraus kein Bewertungsfehler der Zweitkorrektorin. Zwar hat die Erstkorrektorin dem Kläger für diese Teilaufgabe 17 Leistungspunkte zuerkannt, dies führt jedoch nicht zu einer Fehlerhaftigkeit der Bewertung durch die Zweitkorrektorin mit 16 Leistungspunkten. Wie oben dargelegt, verbleibt jedem Prüfer ein Entscheidungsspielraum, der sich auch auf die Noten- bzw. Punktvergabe erstreckt. Ein Einwand des Klägers, der einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist jedoch nicht erkennbar, insbesondere hat sich die Zweitkorrektorin nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Nach der Stellungnahme der Zweitkorrektorin im Überdenkungsverfahren beruht die Vergabe von 16 Leistungspunkten auf einer im Vergleich zur Erstkorrektorin unterschiedlichen Wertung hinsichtlich Darstellung und Gewandtheit des Ausdrucks in der Klausur. Diese Erwägungen sind nicht sachfremd, da gemäß § 40 Abs. 2 Satz 3 LAPVgZD neben der fachlichen Leistung die Gliederung und Klarheit der Darstellung und die Gewandtheit des Ausdrucks angemessen berücksichtigt werden. Auch der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Klägers, die Zweitkorrektorin habe sogar erkannt, dass entgegen der Beanstandung der Erstkorrektorin festgestellt worden sei, dass es sich um ein Erzeugnis der in Anhang A aufgeführten Art handeln würde, ist in der Sache unzutreffend. Wie sich den in der Klausur befindlichen Randbemerkungen bzw. den Stellungnahmen der Erst- und Zweitkorrektorin im Überdenkungsverfahren entnehmen lässt, hat die Erstkorrektorin mit ihrer Korrekturanmerkung („Darüber hinaus muss es ein Erzeugnis Anhang A sein, hätte hier nochmal explizit genannt werden müssen, da Tatbestandsmerkmal“) die ungenaue Formulierung des Klägers („solche Exemplare“) bemängelt. Diesen Mangel hat die Zweitkorrektorin mit ihrer Korrekturbemerkung („Erzeugnis aus toten Exemplaren des Anhangs A“) bestätigt bzw. ergänzt.
gg) Soweit der Kläger beanstandet, dass die Korrektorinnen seine Ausführungen zur Beschlagnahme in Teil III. Aufgabe 1 nicht berücksichtigt hätten, kann er daraus keine fehlerhafte Bewertung der Korrektorinnen ableiten, da die Beanstandung in der Sache nicht zutrifft. Den Randbemerkungen bzw. Stellungnahmen der Erst- und Zweitkorrektorin im Überdenkungsverfahren nach wurden die in der Klausurbearbeitung zwei Seiten später erfolgten Ausführungen des Klägers zur Beschlagnahme unter „…1“ jeweils bewertet.
hh) Soweit der Kläger vorträgt, es sei in der Vergangenheit versucht worden, ihn los zu werden, folgt daraus kein Bewertungsfehler der Korrektorinnen, da sie sich erkennbar nicht von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 wurde dem Kläger für alle sechs schriftlichen Prüfungsarbeiten jeweils eine Kennziffer zugewiesen (Bl. 25 der Sachakte), die so auch auf dem jeweiligen Prüfungsbogen eingetragen ist. Dadurch ist nach Aktenlage die Anonymität der Korrektur gewährleistet, so dass sachfremde Erwägungen – wie etwa den Kläger absichtlich durchfallen zu lassen – ausgeschlossen sind. Daran vermag der pauschale, nicht unter Beweis gestellte und damit unsubstantiierte Vortrag des Klägers, die Beklagte habe versucht, ihn los zu werden, nichts zu ändern, zumal solche Versuche beklagtenseits bestritten wurden.
3. Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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