Verwaltungsrecht

Nigeria, Anhörungsrüge, Ablehnung eines Zweitantrags als unzulässig, erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens in Italien, keine Wiederaufgreifensgründe geltend gemacht, Abschiebungsverbote (verneint)

Aktenzeichen  Au 9 S 22.30074

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5440
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
VwGO § 152a Abs. 1
VwGO § 152a Abs. 5
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5
AsylG § 71a
VwVfG § 51
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Auf die Anhörungsrüge vom 15. Februar 2022 hin wird das Verfahren Au 9 S 22.30074 fortgeführt.
II. Die Entscheidung vom 3. Februar 2022 bleibt aufrechterhalten.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich mit der Anhörungsrüge gegen einen ablehnenden Beschluss vom 3. Februar 2022 und begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.
Der am … 1983 in … (Nigeria) geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Yoruba und christlichem Glauben (Pfingstbewegung).
Seinen Angaben zufolge reiste der Antragsteller erstmalig am 6. Juni 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 28. Juni 2019 einen Asylantrag stellte.
Unter dem 30. November 2021 teilte die Republik Italien dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit, dass der Antragsteller bereits in Italien einen Asylantrag gestellt habe, der am 23. Juli 2018 abgelehnt worden sei. Hiergegen habe der Antragsteller am 10. Oktober 2018 Berufung eingelegt, die am 15. März 2019 zurückgewiesen wurde. Die dem Antragsteller erteilte Aufenthaltsgestattung für die Republik Italien ist seit dem 17. September 2019 erloschen. Das Asylverfahren ist seit dem 20. Mai 2019 abgeschlossen.
Mit Bescheid des Bundesamts vom 10. Januar 2022 (Gz: …) wurde der vom Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheides). In Nr. 2 des vorbezeichneten Bescheids wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) beim Antragsteller nicht vorliegen. Der Antragsteller wurde in Nr. 3 des Bescheids aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. In Nr. 4 des Bescheids wird das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt u.a. aus, dass der Asylantrag unzulässig sei, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Ein Asylantrag sei unzulässig, wenn im Fall eines Zweitantrages nach § 71a Asylgesetz (AsylG) ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen sei (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG). Ein weiteres Asylverfahren gemäß § 71a Abs. 1 AsylG sei nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erfüllt seien. Zugunsten des Ausländers müssten Wiederaufgreifensgründe vorliegen. Vorliegend sei davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits in Italien abschließend erfolglos ein Asylverfahren betrieben habe. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG lägen zugunsten des Antragstellers nicht vor. Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage sei nicht zu erkennen. Im Rahmen seiner Anhörung habe der Antragsteller ausschließlich Asylgründe vorgetragen, die zeitlich vor der Ausreise aus seinem Heimatland gelegen hätten. Die Umstände, aufgrund derer der Antragsteller Nigeria verlassen habe, hätten sich seit seiner Ausreise aus Nigeria im Juni 2016 nicht verändert. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine Abschiebung sei gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergebe. Bei Wahrunterstellung des Sachvortrags des Antragstellers sei vorliegend keine landesweite Bedrohung des Antragstellers durch Angehörige eines Kultes erkennbar. Ein Verbot aufenthaltsbeendender Maßnahmen aus Art. 3 EMRK bestehe nicht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Abschiebung nicht beachtlich. Der Antragsteller sei volljährig, jung, gesund und erwerbsfähig. Es drohe dem Antragsteller auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führe. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 34 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung, aufgrund schutzwürdiger Belange, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auf die weiteren Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 10. Januar 2022 wird ergänzend verwiesen.
Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 25. Januar 2022 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 10. Januar 2022 aufzuheben (Az: Au 9 K 22.30073). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 25. Januar 2022 hat der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die unter Ziff. 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. Januar 2022 verfügte Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Das Bundesamt ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 28. Januar 2022 entgegengetreten und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 3. Februar 2022 wurde der Antrag des Antragstellers abgelehnt.
Auf die Gründe der diesbezüglichen Entscheidung wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2022 hat der Antragsteller gegen den vorbezeichneten Beschluss Anhörungsrüge gem. § 152a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschluss vom 3. Februar 2022 das Recht des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletze, weshalb das Verfahren fortzuführen sei. Die Anhörungsrüge sei im vorliegenden Fall insbesondere statthaft, da der Beschluss des Verwaltungsgerichts gem. § 80 AsylG unanfechtbar sei. In der Sache ist ausgeführt, dass der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO auch begründet sei. Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig sei rechtswidrig erfolgt. § 71a AsylG setze den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) voraus. Erfolgloser Abschluss des in einem sicheren Drittstaat betriebenen Asylverfahrens meine, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden sei. Die Anwendung des § 71a AsylG setze aber voraus, dass das Bundesamt sich im Zuge der nach § 24 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) gebotenen Amtsermittlung Kenntnis von den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedsstaat verschafft habe. Nur so könne das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen i.S.v. § 51 VwVfG beurteilt werden. Angaben der jeweiligen Antragsteller seien keine verlässliche Tatsachengrundlage. Es könne die Antragsgegnerin trotz aller möglichen und zumutbaren Ermittlungen keine gesicherte Erkenntnis über den Ausgang des Erstverfahrens erlangen, so müsse dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt werden, dass Verfahren fortzuführen, ohne das es als Folge- bzw. Zweitantragsverfahren behandelt werde. Eine Übermittlung der Informationen sei im Rahmen des Informationsaustausches nach Art. 34 Abs. 1 Buchst. b Abs. 2 Buchst. 9 Dublin III-VO auch vorgesehen und damit unschwer möglich. Die Antragsgegnerin habe sich hier weitestgehend auf eine schriftliche Mitteilung der italienischen Behörden vom 30. November 2021 verlassen. Dieser Mitteilung sei weder der Tenor noch die Entscheidungsgründe zu entnehmen. In Ermangelung einer ausreichenden Amtsermittlung durch das Bundesamt sei die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Es obliege dem Bundesamt, im Hauptsacheverfahren weitere Sachaufklärung zu betreiben.
Auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 15. Februar 2022 wird ergänzend verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
1. Auf die Anhörungsrüge des Antragstellers bzw. dessen Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. Februar 2022 war das Verfahren gem. § 152a Abs. 5 Satz 1 VwGO fortzuführen. Entgegen der schriftsätzlichen Ankündigung des Bundesamts im Schreiben vom 13. Januar 2022 (Behördenakte Blatt 509), wonach in den Fällen der Unzulässigkeit gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 als Anlage eine Kopie der Akte dem Bescheid beigefügt ist (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 1 AsylG), wurde dem Antragsteller bzw. dessen Bevollmächtigten die Verwaltungsakte des Bundesamts nicht übersandt. Das Bundesamt hat dies dem Gericht am 17. Februar 2022 fernmündlich bestätigt. Vor diesem Hintergrund kann nicht an der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG festgehalten werden, wonach Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung innerhalb einer Woche vom Gericht zu entscheiden sind. Diese Wochenfrist setzt die vorausgehende Akteneinsicht gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 AsylG, der hier über die Vorschrift des § 71a Abs. 4 AsylG entsprechende Anwendung findet, voraus. Vor diesem Hintergrund war die Begründung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO von einer vorherigen Akteneinsicht des Bevollmächtigten des Antragstellers abhängig, die dieser im Schriftsatz vom 25. Januar 2022 auch entsprechend beantragt hat. Akteneinsicht wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 2. Februar 2022 gewährt. Damit ist aber die Anhörungsrüge des Antragstellers begründet und das Verfahren gem. § 152a Abs. 5 Satz 1 VwGO fortzuführen. Nach zwischenzeitlich erfolgter Akteneinsicht und Begründung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Schriftsatz vom 15. Februar 2022 war vom Gericht nochmals über den mit Schriftsatz vom 25. Januar 2022 gestellten Eilantrag des Antragstellers zu entscheiden.
2. Der zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung unter Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts vom 10. Januar 2022 (Gz.: …) anzuordnen, ist unter Berücksichtigung der nunmehr erfolgten Begründung des Antrags im Schriftsatz vom 15. Februar 2022 zwar zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Daher war auf die begründete Anhörungsrüge hin auszusprechen, dass der Beschluss vom 3. Februar 2022 aufrechterhalten bleibt.
2.1 Der Antrag ist zulässig.
Insbesondere ist der Antrag gemäß §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft, soweit er sich gegen kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat richtet, und wurde auch fristgerecht gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG bei Gericht gestellt.
2.2 Der Antrag bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg, weil die Entscheidung des Bundesamts, zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote zugunsten des Antragstellers nicht festzustellen und ihm die Abschiebung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat anzudrohen, keinen ernstlichen Zweifeln begegnet (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG).
Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 und 4 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, der nach § 71a Abs. 4 AsylG entsprechende Anwendung findet, darf die aufschiebende Wirkung der Klage nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Nach diesem Maßstab darf die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme im maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – DVBl. 1996, 729, juris). Dabei genügt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine summarische Prüfung, weil mit dem Vollzug einer rechtswidrigen Abschiebungsandrohung Grundrechtsverletzungen verbunden sind und effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung nicht mehr möglich ist (vgl. BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris Rn. 18). Es gelten deshalb auch im vorliegenden Fall einer Ablehnung des Zweitantrags gemäß § 71a Abs. 4 AsylG auch für den Fall, dass auf einen Zweitantrag ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird die Kriterien, welche das Bundesverfassungsgericht zur Offensichtlichkeitsprüfung im Rahmen eines Eilverfahrens gegen eine Abschiebungsandrohung aufgrund der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet aufgestellt hat. Danach darf sich das Verwaltungsgericht nicht mit einer bloßen Prognose der voraussichtlichen Richtigkeit des Offensichtlichkeitsurteils begnügen, sondern muss die Frage der Offensichtlichkeit, wenn es sie bejahen will, erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit allein für das Eilverfahren klären und insoweit über eine lediglich summarische Prüfung hinausgehen (BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris Rn. 18; B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris Rn. 21). Allerdings bleiben bei dieser Prüfung von den Beteiligten nicht angegebene und nicht gerichtsbekannte Tatsachen und Beweismittel gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG unberücksichtigt (vgl. BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris Rn. 18). Das Vorbringen, welches nach § 25 Abs. 3 AsylG im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie dort nicht angegebene Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2 AsylG kann das Gericht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 3 AsylG unberücksichtigt lassen, wenn anderenfalls die Entscheidung verzögert würde.
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt getroffenen Entscheidung zur Unzulässigkeit des Asylantrages und zu den zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG.
Zu Recht ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass der vom Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland am 28. Juni 2019 gestellte Asylantrag gemäß § 71a AsylG als Zweitantrag zu werten ist, weil der Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat – hier der Republik Italien – ein Asylverfahren erfolglos abgeschlossen hat.
Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen. Andernfalls ist der Antrag als unzulässig abzulehnen, §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 31 Abs. 3 AsylG.
§ 71a AsylG geht von einer Zweistufigkeit der Prüfung von Asylzweitanträgen aus. Bei der Beachtlichkeits- oder Relevanzprüfung geht es zunächst – im ersten Prüfungsschritt – darum, festzustellen, ob das Asylverfahren wiederaufgegriffen werden muss, also die erforderlichen Voraussetzungen für die Durchbrechung der Bestandskraft der Erstentscheidung erfüllt sind. § 51 Abs. 1 VwVfG fordert einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung des internationalen Schutzes (§§ 3 ff., 4 AsylG) zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe (dazu BVerfG, B. v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32). Liegen die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens dagegen nicht vor, darf kein weiteres Asylverfahren durchgeführt werden und dem Kläger steht – weil § 71a Abs. 1 AsylG den § 51 Abs. 5 VwVfG nicht in Bezug nimmt – auch kein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung über die Eröffnung eines neuen Asylverfahrens nach den §§ 48, 49 VwVfG zu (BVerwG; U.v. 15.12.1987 – 9 C 285.86 – juris Rn. 21). In diesem Fall ist zwingend der Asylantrag in der Form des Zweitantrags gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, 31 Abs. 3 AsylG als unzulässig abzulehnen.
Ein erfolgloser Abschluss des in einem sicheren Drittstaat betriebenen Asylverfahrens setzt voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig – d.h. ohne die Möglichkeit einer Wiederaufnahme auf Antrag des Asylbewerbers – eingestellt worden ist (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 29 ff.). Dabei muss sich das im sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossene Asylverfahren auch auf die Gewährung des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes beziehen (ebenso: VG München, B. v. 3.4.2017 – M 21 S 16.36125 – juris Rn. 18 m.w.N.). Maßgeblich für die entsprechende Beurteilung ist die Rechtslage in dem betreffenden sicheren Drittstaat (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 33 ff.). Diese Voraussetzungen müssen feststehen – bloße Mutmaßungen genügen nicht (Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 71a AsylG, Rn. 3 und 9 m.w.N). Ist dem Bundesamt der aktuelle Stand des Verfahrens in dem sicheren Drittstaat nicht bekannt, muss es diesbezüglich zunächst weitere Ermittlungen anstellen, insbesondere im Rahmen der für den Informationsaustausch vorgesehenen sog. Info- Request (vgl. Art. 34 Dublin III -VO; BayVGH, U.v. 13.10.2016 – 20 B 14.30212 – juris Rn. 39 ff.; U.v. 13.10.2016 – 20 B 15.30008 – juris Rn. 42 ff.). Erforderlich sind danach stets die Informationen zum Verfahrensstand und zum Tenor einer ggf. getroffenen Entscheidung in dem sicheren Drittstaat (vgl. Art. 34 Abs. 2 Buchst. g Dublin III-VO). Das Bundesamt muss damit Kenntnis von der verfahrensbeendenden Entscheidung und deren Unanfechtbarkeit bzw. Unrevidierbarkeit haben (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 33; VG München, U.v.30.8.2017 – M 1 K 16.35575 – juris Rn. 11 f.). Die Klärung des Vorliegens eines erfolglosen Abschlusses des Asylverfahrens im sicheren Drittstaat ist aber nicht nur Sache des Bundesamts, sondern auch des Ausländers, den gemäß §§ 15, 25 Abs. 2 Satz 2 AsylG eine Mitwirkungspflicht trifft (Camerer in BeckOK MigR, 7.Ed. 1.1.2021, AsylG § 71a Rn. 8 und 9; Dickten in BeckOK AuslR, 28. Ed. 1.1.20211, AsylG § 71a Rn. 3; Houben in BeckOK AuslR, 28. Ed. 1.1.2021, AsylG § 15 Rn. 8 und 12; Schönenbroicher/Dickten in BeckOK AuslR, 28. Ed. 1.1.2021, AsylG § 25 Rn. 5), ebenso wie gemäß § 71a Abs. 2 AsylG entsprechend bei der Klärung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (siehe obige Kommentarzitate).
Nach diesen Maßstäben liegt ein endgültig erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren des Antragstellers in Italien zur Überzeugung des Gerichts vor. Im Rahmen des Informationsaustausches des Art. 34 der VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III) haben die zuständigen italienischen Behörden unter dem 30. November 2021 (Behördenakte Blatt 470) gegenüber dem Bundesamt ausgeführt, dass der Antragsteller am 13. September 2016 erkennungsdienstlich in Italien erfasst worden sei. Am 23. Juli 2018 sei sein Asylantrag zurückgewiesen worden, wogegen er Rechtsmittel am 10. Oktober 2018 eingelegt habe. Unter dem 15. März 2019 wurde das Asylbegehren des Antragstellers endgültig zurückgewiesen. Seine Aufenthaltsgestattung sei am 17. September 2019 abgelaufen. Das Asylverfahren in Italien sei gesetzlich endgültig am 20. Mai 2019 abgeschlossen worden. Eine Wiederaufnahme sei nicht mehr möglich. Einen Widerspruch zur Erklärung des Präfekts der Provinz … (Italien) vermag das Gericht nicht zu erkennen, da auch dort von einer ablehnenden Entscheidung im Asylverfahren, die dem Antragsteller am 20. März 2019 bekannt gegeben worden ist, die Rede ist. Auch das vorbezeichnete Dekret vom 13. Mai 2019 verweist darauf, dass das Aufenthaltsrecht des Antragstellers widerrufen werde aufgrund der gegen ihn ergangenen ablehnenden Entscheidung.
Die Voraussetzung des § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen voraussichtlich zugunsten des Antragstellers nicht vor.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Ein weiteres Asylverfahren ist durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen (§ 71a Abs. 1 AsylG). Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG müsste sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Klägers geändert haben (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO bestehen (Nr. 3). § 51 Abs. 1 VwVfG fordert, wie oben schon ausgeführt, einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung des internationalen Schutzes (§§ 3 ff., 4 AsylG) zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (dazu BVerfG, B. v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32). Außerdem ist der Antrag gemäß § 51 Abs. 2 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen.
Der Antragsteller hat zur Begründung seines Zweitantrags keine in diesem Sinne rechtlich relevanten neuen Gründe vorgetragen. Soweit überhaupt asylrechtlich relevante Umstände vorliegen, hätte der Antragsteller diese bereits im Rahmen des in Italien durchgeführten Asylverfahren vortragen können bzw. müssen. Gründe, die dem entgegenstehen wurden nicht geltend oder glaubhaft gemacht. Die dem angegriffenen Bescheid zugrundeliegende Sachlage hat sich demnach nicht gem. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich zugunsten des Antragstellers geändert.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass es sich bei dem Vortrag des Antragstellers zu seinem Asylbegehren bereits nicht um relevante Verfolgungsgründe im Sinne der §§ 3, 3b AsylG handelt. Soweit der Antragsteller auf eine vermeintliche Verfolgung durch einen nigerianischen Kult verweist, handelt es sich allenfalls um kriminelles Unrecht, welches asylrechtlich ohne Relevanz bleibt. Der Antragsteller ist insoweit verpflichtet, staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Selbst bei Wahrunterstellung wäre der Antragsteller jedenfalls auf die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG zu verweisen.
Auch an der Rechtmäßigkeit der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keine ernstlichen Zweifel.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Im Falle einer Abschiebung wird eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 EMRK dann begründet, wenn erhebliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene im Fall der Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung kann sich aus einer allgemeinen Situation der Gewalt im Zielstaat ergeben, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beidem (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2018 – 13a B 18.30632 – juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 25).
Auch schlechte humanitäre Verhältnisse können in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn diese Verhältnisse ganz oder überwiegend auf staatlichem Handeln, auf Handlungen von Parteien eines innerstaatlichen Konflikts oder auf Handlungen sonstiger nichtstaatlicher Akteure, die dem Staat zurechenbar sind, beruhen, weil er der Zivilbevölkerung keinen ausreichenden Schutz bieten kann oder will (EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 – 8319/07 und 11449/07 – NVwZ 2012, 681). Aber auch dann, wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, weil es an einem verantwortlichen Akteur fehlt und „nichtstaatliche“ Gefahren für Leib und Leben im Zielgebiet aufgrund prekärer Lebensbedingungen vorliegen, können schlechte humanitäre Bedingungen im Zielgebiet dennoch in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK als unmenschliche Behandlung zu qualifizieren sein (VGH BW, U.v. 24.7.2013 – A 11 S 697/13 – juris Rn. 79 ff.).
Schlechte humanitäre Verhältnisse können somit nur in ganz „besonderen Ausnahmefällen“ Art. 3 EMRK verletzen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2018 – 13a B 18.30632 – juris Rn. 26).
Dabei können Ausländer aber grundsätzlich kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach der Rechtsprechung allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Denn Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten nicht, Unterschiede im Fortschritt in der Medizin sowie Interschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23). Nur in ganz außergewöhnlichen Fällen können auch schlechte humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, wie beispielsweise im Fall einer tödlichen Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium, wenn im Zielstaat diesbezüglich keine Unterstützung besteht (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23 ff.).
Dies zugrunde gelegt, ist zugunsten des Antragstellers kein Abschiebeverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK gegeben. Das Gericht ist mit der Antragsgegnerin der Auffassung, dass der volljährige Antragsteller durchaus erwerbsfähig ist. So kann der Antragsteller nach seinen Angaben zumindest einen sechsjährigen Schulbesuch in Nigeria vorweisen. Auch hat er bereits erste berufliche Erfahrungen als Lkw-Fahrer gemacht. Auch verfügt der Antragsteller offensichtlich noch über mehrere Familienangehörige in Nigeria. Deshalb ist beim Antragsteller davon auszugehen, dass dieser bei einer Rückkehr nach Nigeria durchaus in der Lage sein sollte, ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Bei einer aktuellen Analphabetenquote in Nigeria bei Männern von etwa 30% erweist sich auch der Schulbesuch des Antragstellers als überdurchschnittlich. Nennenswerte gesundheitliche Einschränkungen sind beim Antragsteller nicht bekannt geworden. Die beim Antragsteller vormals vorliegende Asthma-Erkrankung bzw. die bei ihm immer wieder auftretenden Beinschmerzen, können jedenfalls ein gesundheitsbedingtes Abschiebungsverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht begründen. Insoweit handele es sich bereits um keine lebensbedrohlichen Erkrankungen, die einer Abschiebung nach Nigeria entgegenstehen könnten. Überdies kann allgemein festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, bei einer Rückkehr keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Derartige Personen können ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn im Konventionsstaat – Bundesrepublik Deutschland – Rückkehrhilfe angeboten wird (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich – BFA – Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 20. Mai 2020, Nr. 22, S. 62).
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor. Diesbezüglich fehlt es bereits an einem berücksichtigungsfähigen Vortrag des Antragstellers. Nennenswerte gesundheitliche Einschränkungen sind im Verfahren nicht geltend gemacht worden. Überdies gewährt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt der extremen Gefahrenlage keinen weitergehenden Schutz als es § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK tut. Liegen also – wie hier – die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen schlechter humanitärer Bedingungen nicht vor, so scheidet auch eine im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante, extreme Gefahrenlage aus.
Weiter ist auch die sich wohl auch in Afrika ausbreitende Corona-Pandemie nicht geeignet, zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 1 AufenthG zu führen. Insoweit gilt es die Vorschrift des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG zu beachten. Danach sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, nur bei einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine derartige allgemeine Entscheidung hinsichtlich des Zielstaats Nigeria i.S.d. § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegt derzeit nicht vor. Eine persönliche Betroffenheit von der Krankheit selbst hat der Antragsteller bereits nicht aufgezeigt.
3. Hinsichtlich der übrigen Entscheidungen des streitgegenständlichen Bescheids sind Rechtsfehler weder vorgetragen noch ersichtlich; das Gericht folgt der Begründung des Bescheids und nimmt hierauf gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug.
4. Damit war auf die Anhörungsrüge des Antragstellers hin auszusprechen, dass der Beschluss vom 3. Februar 2022 aufrechterhalten bleibt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 152a Rn. 15).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80AsylG).


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