Verwaltungsrecht

Nutzungsregelnde Allgemeinverfügung bezüglich der Kirrung von Reh- und Rotwild

Aktenzeichen  M 7 K 18.4597

Datum:
17.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50232
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AVBayJG § 23a Abs. 1
BayJG Art. 43 Abs. 2 S. 1
BJagdG § 1 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 10
BayVwVfG Art. 35 S. 2, Art. 37 Abs. 1, Art. 39

 

Leitsatz

1. Auch bei fehlender zeitlicher Begrenztheit kann bei der Abgrenzung zwischen einer Allgemeinverfügung und einer Rechtsnorm auf den Einzelfallcharakter der Regelung bereits allein aus ihrer räumlichen Begrenztheit und Anlassbezogenheit geschlossen werden. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Kirrung liegt nur dann vor, wenn eine so geringe Menge an Futter ausgebracht wird, dass damit kein Fütterungseffekt erzielt wird. Da in Bayern gesetzlich keine festen Vorgaben dahingehend bestehen, was als eine noch geringe Menge angesehen werden kann, gilt als Richtwert ein Kirrplatz je 100 ha Revierfläche beschickt mit ca. 1 kg artgerechtem Kirrmaterial. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Jede Futtergabe, die nach Art oder Umfang nicht (mehr) als Kirrung zu qualifizieren ist und im Einzelfall keinen Sonderzweck verfolgt, ist missbräuchliche Fütterung iSd § 23a Abs. 2 S. 1 AVBayJG, wenn damit eine Gefährdung des Hegeziels einhergeht. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei dem Tatbestandsmerkmal “missbräuchliche Wildfütterung” iSd § 23a Abs. 2 S. 1 AVBayJG bezieht sich der Terminus “missbräuchlich” allein auf die objektiven Gegebenheiten und unterstellt keine subjektiven Missbrauchsabsichten Einzelner. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. Kirrungen, die sich nur an eine bestimmte Wildart richten, sind so auszubringen, dass sie für andere Wildarten nicht erreichbar oder aufnehmbar sind. Bei der Kirrung von Schwarzwild kann die Einarbeitung in den Boden oder die Abdeckung des Kirrmaterials mit bodenständigem Material so erfolgen, dass die Aufnahme durch anderes Schalenwild ausgeschlossen ist. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Allgemeinverfügung zur Regelung der Kirrung vom 13. August 2018 in der Fassung vom 5. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihre streitgegenständlichen Regelungen weisen im Hinblick auf die Rechtsposition des Klägers keine rechtlich zu beanstandenden Mängel auf.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Klage gegen einen Dauerverwaltungsakt, mit dem – wie hier – bestimmte andauernde Verhaltens- bzw. Unterlassenspflichten angeordnet werden (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 224), der Zeitpunkt der letzten tat-sachengerichtlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2010 – 3 C 32/09 – juris Rn. 17 m.w.N.), hier also am 17. November 2020.
Das Landratsamt stützt die streitgegenständliche Allgemeinverfügung auf § 23a Abs. 1 AVBayJG. Danach kann die Jagdbehörde zur Verhinderung einer missbräuchlichen Wildfütterung die erforderlichen Regelungen im Einzelfall treffen.
1.1 Die vom Landratsamt gewählte Form der Allgemeinverfügung stellt eine Einzelfallregelung i.S.d. § 23a Abs. 1 AVBayJG dar. Nach Art. 35 Satz 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG – ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Als Unterfall des Verwaltungsakts gelten für die Allgemeinverfügung die Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts gleichermaßen. Daher setzt auch die Allgemeinverfügung eine hoheitliche Regelung eines Einzelfalls durch eine Behörde mit Außenwirkung voraus und stellt damit ebenfalls eine Einzelfallregelung dar (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 22 m.w.N.; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 267; von Alemann/Scheffczyk in BeckOK, VwVfG, Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 249). Um eine solche Einzelfallregelung handelt es sich bei den streitgegenständlichen Regelungen der äußeren Form nach. Dass das Landratsamt die streitigen Anordnungen zur Regelung der Kirrung in der Rechtsform einer Allgemeinverfügung und nicht als abstrakt-generelle Rechtsnorm erlassen wollte, wird schon aus deren ausdrücklicher Bezeichnung als Allgemeinverfügung ersichtlich. Entsprechend ist die behördliche Verfügung auch mit einer Begründung gemäß Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen.
Die behördliche Entscheidung durfte vorliegend auch in Form einer Allgemeinverfügung i.S.d. Art. 35 Satz 2 BayVwVfG ergehen. Die klägerseits hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die formell als Allgemeinverfügung anzusehende Maßnahme stellt auch ihrem Inhalt nach eine Verfügung i. S. d. Art. 35 Satz 2 BayVwVfG dar. Materiell ist sie als nutzungsregelnde Allgemeinverfügung i.S.d. Art. 35 Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG einzuordnen.
1.1.1 Maßgebliches Kriterium, durch das sich die Allgemeinverfügung materiell von einer Rechtsnorm unterscheidet, ist der Einzelfallcharakter der Allgemeinverfügung. Während eine Rechtsnorm als abstrakt-generelle Regelung für eine unbestimmte Anzahl möglicher Sachverhalte ergeht, bezieht sich die Allgemeinverfügung im Gegensatz hierzu als konkret-generelle Regelung auf einen räumlich und bzw. oder zeitlich konkretisierten Sachverhalt (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 22 m.w.N.). Dabei sprechen – wie auch klägerseits angeführt – für das Vorliegen einer Einzelfallregelung die konkreten Bezüge, die eine Regelung in zeitlicher, örtlicher, personeller oder sachlicher Hinsicht aufweist (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 37). Danach stellt sich die hier im Streit stehende Verfügung entgegen der klägerischen Ansicht wegen ihrer örtlichen Begrenztheit und Anlassbezogenheit aber nicht als abstrakt-generelle Regelung, sondern als eine einzelfallbezogene Verfügung dar.
Für eine Einzelfallregelung spricht es zunächst, wenn es sich nicht um eine abstrakte Anordnung für einen größeren räumlichen Bereich handelt, sondern – wie hier – um eine konkrete, örtlich begrenzte Anordnung (vgl. VGH BW, U.v. 11.7.1997 – 8 S 2683/96 – juris Rn. 22). Die von der Verfügung umfassten Regelungen haben einen sachlich und räumlich bestimmten Sachverhalt zum Gegenstand. Sachlich bezieht sich die Verfügung konkret auf die Kirrung von Reh- und Rotwild. Ihr konkreter örtlicher Bezug ergibt sich aus den in der Überschrift explizit aufgezählten Revieren, die innerhalb der HHG als zusammenhängendes Hauptverbreitungsgebiet des Reh- und Rotwildes auszumachen sind. Damit bezieht sich die Allgemeinverfügung auf einen eng wie eindeutig umgrenzten örtlichen Geltungsbereich. Dass darüber hinaus keine Differenzierung zwischen den einzelnen Revieren nach den dort vorherrschenden Verhältnissen erfolgt, vermag am Einzelfallcharakter der Regelungen nichts zu ändern. Das Kriterium des Einzelfalls umfasst nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG neben konkret-individuellen gerade auch konkret-generelle Regelungen (vgl. von Alemann/Scheff-czyk in BeckOK, VwVfG, Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 249). Der Einzelfallcharakter ergibt sich daher nicht etwa erst aus der Geltung für nur ein Revier oder einen ganz bestimmten Jagdausübungsberechtigten, sondern maßgeblich aus der Konkretheit des durch die Verfügung geregelten Einzelsachverhalts in sachlich-räumlicher Hinsicht.
Die Regelungen sind zudem auch anlassbezogen ergangen, was neben der örtlichen Begrenzung ebenfalls dafürspricht, dass es sich vorliegend nicht lediglich um abstrakt-generelle Regelungen handelt (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 39; VGH BW, B.v. 8.9.2003 – 5 S 1274/03 – juris Rn. 4). Anlass der getroffenen Verfügung war die vom Landratsamt festgestellte fehlerhafte und – vor dem Hintergrund des seit vielen Jahren bestehenden unzureichenden Zustand des Waldes in der HHG – bedenkliche Kirrpraxis in verschiedenen Revieren der HHG. Im Zusammenhang mit dem Bemühen, die Verbisssituation durch verschiedene Maßnahmen zu verbessern, wurde das Bedürfnis nach einer Reduzierung der praktizierten Kirrung zur Auflösung der den Wald stark schädigenden Wildkonzentration in verschiedenen Revieren der HHG auch von den beteiligten Kreisen – zu denen auch der Kläger zählt – festgestellt (vgl. Protokoll der Besprechung am 20. Dezember 2017 im Landratsamt in … zum Thema Fütterung und Kirrung von Rotwild in der HHG …, Bl. 2 bis 4 der am 5. Oktober 2018 vorgelegten Behördenakte). Eine zunächst beabsichtigte einvernehmliche Regulierung der Kirrung in der HHG auf Grundlage einer freiwilligen Anerkennung verbindlicher Regelungen durch die Jagdausübungsberechtigten ließ sich mangels Konsensfähigkeit jedoch nicht umsetzen (vgl. E-Mail von Herrn M. vom 23. Juli 2018, a.a.O. Bl. 27 f.). Vor diesem Hintergrund wurden schließlich für die besonders von der schädigenden Wildkonzentration betroffenen Reviere der HHG die Regelungen in Form der streitgegenständlichen Verfügung zur Beseitigung eines konkreten Missstandes erlassen.
Dass die getroffenen Regelungen keiner zeitlichen Begrenztheit unterliegen, vermag entgegen der klägerischen Ansicht den Einzelfallcharakter der behördlichen Verfügung nicht in Zweifel zu ziehen. Zwar wird – wie klägerseits zutreffend angeführt – die zeitlich begrenzte Gültigkeit in der Literatur und Rechtsprechung ebenfalls als Abgrenzungskriterium zwischen einer Allgemeinverfügung und einer Rechtsnorm herangezogen (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 285; von Alemann/Scheffczyk in BeckOK, VwVfG, Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 258; BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 40). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Abgrenzungskriterien nicht in jedem Fall kumulativ vorliegen müssen, um eine Einzelfallregelung zu begründen (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 285). Die generelle Natur der Allgemeinverfügung schließt es sogar regelmäßig aus, dass der geregelte Einzelsachverhalt sowohl sachlich als auch räumlich, zeitlich und hinsichtlich des betroffenen Personenkreises konkretisiert wird (vgl. BGH, B.v. 29.4.2008 – KVR 28/07 – juris Rn. 11). Auch bei fehlender zeitlicher Begrenztheit kann daher auf den Einzelfallcharakter der Regelung – wie auch hier – bereits allein aus ihrer räumlichen Begrenztheit und Anlassbezogenheit geschlossen werden (vgl. VGH BW, B.v. 8.9.2003 – 5 S 1274/03 – juris Rn. 4).
1.1.2 Die streitgegenständliche Verfügung zur Regelung eines Einzelfalls erfüllt auch im Übrigen den Tatbestand einer Allgemeinverfügung i.S.d. Art. 35 Satz 2 BayVwVfG. Sie regelt die Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit und ist somit materiell als nutzungsregelnde Allgemeinverfügung i.S.d. Art. 35 Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG einzuordnen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ergibt, kommt dieser Alternative des Art. 35 Satz 2 BayVwVfG ein eigenständiger Regelungsgehalt zu (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 41; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 328 m.w.N.). Die vom Landratsamt erlassenen Anordnungen betreffen die Benutzung einer bzw. mehrerer Sachen durch die Allgemeinheit, indem sie auf jeweils konkret bestimmten Grundstücksflächen die Beschickung von Kirrstellen außerhalb eines konkret zugelassenen Zeitraums sowie entgegen konkret festgelegter Vorgaben zu Art und Weise einer Kirrung von Reh- und Rotwild mit Wirkung gegenüber jedermann untersagen. Es werden mithin Vorgaben zu Art und Weise der Bejagung der betroffenen Grundstücksflächen gemacht und damit Regelungen für deren Nutzung zu Jagdzwecken getroffen. Die Entscheidung des Landratsamts entspricht dabei auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals “einer Sache” Art. 35 Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG. Unter den Sachbegriff fallen zunächst auch Grundstücke, und zwar unabhängig davon, ob sie zu öffentlichen Zwecken gewidmet sind oder nicht dem öffentlichen Sachenrecht unterliegen (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2018 – 7 C 22/16 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 42; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 310a). Mehrere Grundstücke im zivilrechtlichen Sinne stellen dabei auch dann eine Sache im Sinne des Art. 35 Satz 2 BayVwVfG dar, wenn sie wegen eines bestehenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammenhangs oder sonst nach Maßgabe der Verkehrsanschauung eine Einheit bilden (vgl. Stelkens, a.a.O. Rn. 311 m.w.N.). Eine solche Einheit ist nach der Verkehrsanschauung hinsichtlich der von einem Jagdrevier umfassten Grundstücksflächen gegeben. Unschädlich ist, dass sich die angegriffene Verfügung auf mehrere Reviere und damit auf mehrere zusammengefasste Sachen bezieht. Die behördliche Entscheidung stellt eine rechtlich unbedenkliche Bündelung mehrerer Allgemeinverfügungen dar, die jeweils eine Sache i.S.d. Art. 35 Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG erfassen (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2018 – 7 C 22/16 – juris Rn. 19; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 315). Schließlich richtet sich die Allgemeinverfügung auch an die Allgemeinheit i.S.d. Art. 35 Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG. Dem steht es nicht entgegen, dass die Allgemeinverfügung ausdrücklich alle Revierinhaber, Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer der betroffenen Reviere anspricht. Zwar betrifft die Allgemeinverfügung in erster Linie die Nutzungsberechtigten, verpflichtet aber zugleich auch jeden beliebigen Dritten, der ohne Berechtigung auf den betroffenen Flächen die geregelte Nutzung vornehmen will (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2016 – 8 BV 14.1102 – juris Rn. 43). Durch die dem Regelungsinhalt vorausgehende Ansprache bestimmter Personengruppen wird lediglich dieser von der Verfügung vorrangig betroffene Personenkreis hervorgehoben, dessen regelkonformes Nutzungsverhalten zur Erreichung des Regelungszwecks in erster Linie maßgeblich ist. Eine Beschränkung der Regelungsadressaten ist darin jedoch nicht zu sehen. Der klägerische Einwand, die Regelung sei ungeeignet, weil sie sich nicht auch an Personen richte, die alleine jagdausübungsberechtigt seien, ohne selbst Revierinhaber oder Eigenjagdbesitzer zu sein, verfängt somit nicht. Vielmehr ist aufgrund des nutzungsregelnden Charakters gerade jede Person vom Adressatenkreis erfasst, die in den betroffenen Revieren eine Kirrung ausbringen will, gänzlich ungeachtet einer etwaig bestehenden Jagdausübungsberechtigung.
1.2 Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung ist auch im Übrigen mit § 23a Abs. 1 AVBayJG vereinbar und rechtmäßig. Mit der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung hat das Landratsamt die zur Verhinderung einer missbräuchlichen Wildfütterung erforderlichen Regelungen im Einzelfall getroffen.
1.2.1 Nach § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG i.V.m. Art. 43 Abs. 2 Satz 1 BayJG ist eine Wildfütterung als missbräuchlich anzusehen, wenn sie die Verwirklichung des Hegeziels nach § 1 Abs. 2 BJagdG gefährdet. Nach § 1 Abs. 2 BJagdG hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel. Die Hege muss dabei so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden. Die Gefährdung dieses Hegeziels durch Bereitstellung eines künstlichen Futterangebots kann dabei nach § 23a Abs. 2 Satz 2 AVBayJG sowohl den Wildbestand selbst betreffen als auch die Landeskultur. Mit Blick auf den Wildbestand sieht § 23a Abs. 2 Satz 2 AVBayJG regelmäßig eine Gefährdung des Hegeziels bei der Verwendung von nicht artgerechten Futtermitteln gegeben (Nr. 1), mit Blick auf die Landeskultur bei der Fütterung von Schalenwild außerhalb der Notzeit – ausgenommen Ablenkungsfütterungen für Schwarzwild – (Nr. 2) sowie bei Fütterungen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit Schutzwäldern, wenn dadurch die Schutzfunktion des Waldes beeinträchtigt oder gefährdet wird (Nr. 3) (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 16.23a, zu § 23a AVBayJG Anm. 3). Die exemplarische Aufzählung in § 23a Abs. 2 Satz 2 AVBayJG ist jedoch nicht abschließend. Die Annahme einer dem Hegeziel widersprechenden Wildfütterung kann daher auch aus anderen Umständen hergeleitet werden (vgl. Leonhardt, a.a.O. Anm. 4; Nr. 15.43, zu Art. 43 BayJG Anm. 7). Eine Gefährdung des Hegeziels i.S.d. Art. 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG kann demnach immer dann angenommen werden, wenn eine Wildfütterung nach ihrer konkreten Ausgestaltung die Verwirklichung einer oder mehrerer der in § 1 Abs. 2 BJagdG genannten Zielgrößen behindert oder deren Erreichung entgegensteht. Im Falle einer Regelung durch die Jagdbehörde hat diese die Beeinträchtigung oder Gefährdung des Hegeziels darzutun (vgl. Käsewieter in Nick/Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Stand Mai 2018, Art. 43 BayJG/§ 23a AVBayJG Anm. 2).
Vorliegend ist eine solche Gefährdung des Hegeziels durch das Landratsamt hinreichend dargetan. Die (auch) durch die festgestellte Kirrpraxis bedingte zu hohe Reh- und Rotwildkonzentration in den von der Allgemeinverfügung umfassten Revieren und die damit einhergehende überhöhte Verbissbelastung des Waldes widerspricht dem Ziel eines an die landeskulturellen Verhältnisse angepassten Wildbestandes und läuft damit insbesondere der Zielgröße einer Vermeidung von Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung entgegen.
1.2.1.1 Ein gegenüber den naturgegebenen Äsungsverhältnissen überhöhter Wildbestand mit der Folge einer vermehrten Verbissbelastung des Waldes stellt eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung dar. In diesem Zusammenhang normiert § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG die bestmögliche Vermeidung von Wildschäden ausdrücklich als Zielgröße. Die Jagd und ihre Ausübung sind von wesentlichem Einfluss auf die Vegetation, insbesondere den Wald. Aufgrund der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt (vgl. § 1 Nr. 1 Bundeswaldgesetz) stehen Regelungen über die Jagdausübung unter dem aus Art. 141 Abs. 1 Verfassung des Freistaates Bayern abzuleitenden Verfassungsgebot, den Wald auch vor Schäden durch zu hohen Wildbestand zu schützen (BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 19 ZB 17.1601 – juris Rn. 16). Denn Kennzeichen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft ist insbesondere die Erhaltung der Waldökosysteme als Lebensraum einer artenreichen Pflanzen- und Tierwelt durch Hinwirken auf gesunde, stabile und vielfältige Wälder (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 11.01, zu § 1 BJagdG Anm. 16). Dies setzt unter anderem die stetige Verjüngung des Waldes voraus. Für eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung entsprechend den Zwecken und den Zielen der Waldgesetze (vgl. etwa Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Bayerisches Waldgesetz) besteht daher ein unmittelbarer Anspruch der Forstwirtschaft auf Gewährleistung der Waldverjüngung (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 49). Zum Gelingen dieser landeskulturellen Maßnahme der Forstwirtschaft muss daher auch auf eine entsprechende Anpassung der Schalenwildbestände hingewirkt werden (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 11.01, zu § 1 BJagdG Anm. 10). Zwar bedeutet der Hegeauftrag nicht, dass jeglicher Wildschaden abgewendet werden müsste (vgl. den Wortlaut “möglichst”). Akzeptabel sind aber nur solche Wildschäden, die trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten unvermeidbar und daher hinzunehmen sind (vgl. Leonhardt, a.a.O. Anm. 15). Dies kann nur für Verbissschäden gelten, die auch bei einem den landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestand unvermeidbar entstehen. Vermeidbare Verbissschäden hingegen, die auf einer zu hohen Wildkonzentration beruhen, stehen der Verwirklichung des Hegeziels entgegen.
Dass in der HHG seit vielen Jahren ein gegenüber den naturgegebenen Äsungsverhältnissen überhöhter Bestand von Reh- und Rotwild besteht, kommt in der durch die Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung festgestellten Verbissbelastung des Waldes in der HHG zum Ausdruck, die 2015 und auch 2018 unverändert mit zu hoch angegeben wurde (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2015, Ergebnisse der Hegegemeinschaft, Ergebnisteil S. 9, abrufbar unter https://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/wald/jagd/dateien/hegegemeinschaft_2015_gesamt_zur_veroeffentlichung.pdf sowie Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2018, Ergebnisse der Hegegemeinschaft, Ergebnisteil S. 7, abrufbar unter https://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/wald/jagd/dateien/hegegemeinschaftsergebnisse_2018.pdf). Die Einstufung “zu hoch” bescheinigt in der HHG eine Gefährdung des Hegeziels dahingehend, dass weniger verbissgefährdete Baumarten zwar nur in geringem Ausmaß verbissen werden, an stärker verbissgefährdeten Baumarten jedoch starker Schalenwildverbiss festzustellen ist. Letztere geraten dadurch ins Hintertreffen und werden von weniger verbissgefährdeten Baumarten überwachsen. In der Folge ist eine Entmischung der Verjüngung gegeben bzw. zu erwarten (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, a.a.O. jeweils S. 4). Die forstlichen Gutachten bieten dabei auch eine objektive und hinreichend umfassende Ermittlung der Schadenssituation (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 96; U.v. 30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 56; B.v. 20.11.2018 – 19 ZB 17.1601 Rn. 21, 28).
Es bestehen seitens des Gerichts keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Beurteilung der vorherrschenden Schadenssituation – wie in der gemeinsamen Stellungnahme des AELF und des Jagdberaters vorgetragen – auch nach wie vor noch Bestand hat. Insbesondere ist der Einwand des Klägers, die Feststellungen zur Situation des Waldes im Gutachten 2015 seien veraltet – zwischenzeitlich seien zahlreiche Maßnahmen ergriffen worden, wie etwa die enorme Erhöhung der Abschusszahlen, die Anordnung körperlicher Nachweise und der Erlass der Allgemeinverfügung zur Verhinderung missbräuchlicher Fütterung, nicht geeignet solche Zweifel zu wecken. Das Forstliche Gutachten 2018 zeigt, dass eine Verbesserung der Verbissbelastung gegenüber 2015 insgesamt nicht zu erreichen war. Im Gegenteil hat sich die Verbisssituation im Hinblick auf die Hauptbaumarten Fichte (Anteil der Pflanzen mit Verbiss 2015: 14%, 2018: 18,5%), Tanne (Anteil der Pflanzen mit Verbiss 2015: 70,4%, 2018: 75,9%) und Buche (Anteil der Pflanzen mit Verbiss 2015: 40,7%, 2018: 42,0%) sogar noch weiter verschlechtert. Die im Vorfeld der Allgemeinverfügung ergriffenen Maßnahmen haben die beabsichtigte Trendumkehr mithin nicht bewirken können. Daneben ist nichts vorgetragen oder ersichtlich, woraus sich eine maßgebliche Verbesserung der Schadenssituation hätte ergeben können. So räumt der Kläger auch selbst ein, dass der Wildbestand insgesamt zu hoch sei, wie die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom … November 2020 zur Ursache für den zu hohen Wildbestand und die Schälschäden sowie die vom Kläger vorgelegten Wildzahlen in Anlage K6 belegen. Danach geht der Kläger aufgrund eigener Berechnungen mangels ausreichender Abschöpfung der Zuwachsträger von einem nach wie vor stetigen Anwachsen der ohnehin überhöhten Wildpopulation aus.
1.2.1.2 Vor diesem Hintergrund stellt die vom Landratsamt in verschiedenen Revieren der HHG festgestellte Art und Weise der Beschickung von Kirrstellen eine missbräuchliche Fütterung i.S.d. § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG dar.
Zwar stellt Kirrung grundsätzlich keine Fütterung dar; denn Fütterungen sind Stellen zur Darreichung von artgerechtem Futter in einer dem Wildbestand angepassten Menge zum Zwecke der Erhaltung des Wildes (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 15.29, zu Art. 29 BayJG, Anm. 12). Kirrung wiederum ist das Ausbringen von artgerechten, vornehmlich energiearmen Futtermitteln in kleinen Mengen im Jagdbezirk entweder auf einer Stelle konzentriert oder über eine übersichtliche Fläche verteilt mit dem Ziel, Wild zum Zwecke der Erlegung anzulocken. Im Gegensatz zur Fütterung, die neben einer Jagdschutzeine Hegemaßnahme darstellt, ist die Kirrung eine Maßnahme der Jagdausübung (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 11.19, zu § 19 BJagdG Anm. 20 sowie Nr. 15.29, zu Art. 29 BayJG, Anm. 12). Da jedoch sowohl bei der Fütterung als auch bei der Kirrung dem Wild ein künstliches Futterangebot gemacht wird und eine Unterscheidung sich vornehmlich nach dem subjektiv mit der Futtergabe verfolgten Zweck richtet, kann eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien im Einzelfall schwierig sein. Von einer – gegebenenfalls missbräuchlichen – Fütterung kann dabei immer dann ausgegangen werden, wenn ein künstliches Futterangebot nicht als Kirrung anzusehen ist und im Einzelfall auch keinen Sonderzweck verfolgt (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 16.23a, zu § 23a AVBayJG Anm. 7). Da das Vorliegen eines Sonderzwecks sich auf eindeutige Fälle beschränken dürfte (z.B. bei der Verabreichung von Impfködern), ist im Rahmen der Abgrenzungsentscheidung regelmäßig eine Negativabgrenzung der Fütterung von der Kirrung vorzunehmen. Hierfür kommt es maßgeblich darauf an, wann im konkreten Fall (noch) eine Kirrung vorliegt.
Die Art und Weise der Kirrung ist in Bayern gesetzlich nicht weiter geregelt. Erwähnung findet die Kirrung im Gesetz lediglich in Art. 29 Abs. 4 BayJG, der klarstellt, dass das Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 10 BJagdG, wonach Schalenwild in Notzeiten in einem Umkreis von 200 m von Fütterungen nicht erlegt werden darf, nicht für Kirrungen gilt. Nach der allgemein anerkannten Definition muss eine Kirrung aber jedenfalls die folgenden drei Voraussetzungen erfüllen: Es müssen (i) artgerechte Futtermittel (ii) in geringer Menge (iii) zum Zweck der Erlegung des Wildes ausgebracht werden. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt per Definition bereits keine Kirrung, sondern eine – bei festgestellter Gefährdung des Hegeziels missbräuchliche – Fütterung vor.
Danach liegt zunächst bei der Beschickung einer Kirrstelle mit nicht artgerechten Futtermitteln nach der Regelvermutung des § 23a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AVBayJG keine Kirrung sondern eine missbräuchliche Fütterung vor. Artgerechte Futtermittel sind im Umkehrschluss zu § 23a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AVBayJG solche, die nach Zusammensetzung, Qualität oder Menge den ernährungsphysiologischen Bedürfnissen der jeweiligen Wildart entsprechen, sodass nachteilige Auswirkungen auf Gesundheit und Kondition des Wildes verhindert werden (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 16.23a, zu § 23a AVBayJG Anm. 4). § 23a Abs. 2 AVBayJG gilt zwar zunächst nur für Fütterungen. In Bezug auf die grundsätzliche ernährungsphysiologische Geeignetheit von Futtermitteln kann aber zwischen Kirrung und Fütterung im Hinblick auf das Ziel der Erhaltung eines gesunden Wildbestandes (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG) kein Unterschied bestehen. Unterschiede können sich in der praktischen Anwendung ggf. im Hinblick auf die ernährungsphysiologisch geeignete Menge des jeweiligen Futtermittels ergeben. So ist es denkbar, dass ein Futtermittel in geringer Menge ernährungsphysiologisch unbedenklich ist, in höheren Mengen jedoch nachteilige Auswirkungen auf das Wild hätte. Während ein solches Futtermittel zur Kirrung uneingeschränkt geeignet wäre, könnte es im Rahmen einer Fütterung allein aufgrund der für einen Fütterungseffekt erforderlichen höheren Menge nicht oder nur in Kombination mit anderen Futtermitteln verwendet werden. Diese Differenzierung kommt jedoch in der Definition des § 23a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AVBayJG, die eine Unterscheidung nach Menge und Zusammensetzung vorsieht, bereits hinreichend zum Ausdruck.
Weiter kann auch die Beschickung einer Kirrstelle mit einer nicht mehr geringen Menge artgerechter Futtermittel eine missbräuchliche Fütterung i.S.d. § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG darstellen, wenn mit der Fütterung eine Gefährdung des Hegeziels einhergeht. Eine Kirrung liegt nur dann vor, wenn eine so geringe Menge an Futter ausgebracht wird, dass damit kein Fütterungseffekt erzielt wird (vgl. VGH BW, U.v. 7.10.2020 – 5 S 2617/19 – juris Rn. 31). Da in Bayern gesetzlich keine festen Vorgaben dahingehend bestehen, was als eine noch geringe Menge angesehen werden kann, kann die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein. Als Richtwert gilt jedoch ein Kirrplatz je 100 ha Revierfläche beschickt mit ca. 1 kg artgerechtem Kirrmaterial. Bei einer erheblichen Überschreitung dieses Richtwerts kann i.d.R. nicht mehr von einer Kirrung ausgegangen werden (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 15.29, zu Art. 29 BayJG Anm. 12; Nr.
I. 10 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landwirtschaft und Forsten über die Richtlinien für die Hege und Bejagung des Schalenwildes in Bayern vom 9.12.1988 (AllMBl.1989 S. 73), zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 31.8.2012 (AllMBl. S. 596) – Schalenwildrichtlinie – zur Schwarzwildbejagung). Somit ist das Auslegen von Futtermitteln jedenfalls dann nicht mehr als Kirrung sondern als Fütterung anzusehen, wenn dem Wild – ungeachtet der zugrundeliegenden subjektiven Zielsetzung – eine nicht mehr geringe Menge an Futter dargeboten wird, sodass ein Fütterungseffekt einsetzt.
Schließlich stellt die Beschickung einer Kirrstelle auch dann eine missbräuchliche Fütterung i.S.d. § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG dar, wenn der Zweck einer Kirrung mit der Futtervorlage objektiv nicht erreicht werden kann. Es liegt nämlich auch dann keine Kirrung vor, wenn zwar eine noch geringe Menge artgerechter Futtermittel ausgelegt wird, sodass die Futtervorlage ihrem Umfang nach noch als Kirrung anzusehen wäre, die Futtervorlage aber nach Art und Weise ihrer konkreten Ausgestaltung dem mit einer Kirrung verfolgten Zweck nicht mehr gerecht werden kann. Legt ein Jagdausübungsberechtigter also eine zwar noch geringe Futtermenge aus, betreibt damit aber objektiv eine nicht mehr am Ziel der Erleichterung der Jagd ausgerichtete Futtergabe, etwa weil an der Kirrstelle kein Auflauern möglich oder kein Abschuss zu erwarten ist oder sich aus anderen Gründen ergibt, dass ein Abschuss gar nicht erfolgen soll, liegt keine Kirrung sondern eine Fütterung vor (vgl. VGH BW, U.v. 7.10.2020 – 5 S 2617/19 – juris Rn. 31). Dasselbe gilt, wenn die Futtergabe erfolgt, z. B. um Wild über die Reviergrenze zu locken, um Wild zur Förderung des Fremdenverkehrs zur Schau zu stellen oder um einen höheren Wildbestand zu halten, als es die natürliche Vegetationsdecke verträgt (vgl. Käsewieter in Nick/Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Stand Mai 2018, Art. 43 BayJG/§ 23a AVBayJG Anm. 2).
Somit ist jede Futtergabe, die nach Art oder Umfang nicht (mehr) als Kirrung zu qualifizieren ist und im Einzelfall keinen Sonderzweck verfolgt dann missbräuchliche Fütterung i.S.d. § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG, wenn damit – wie hier – eine Gefährdung des Hegeziels einhergeht.
Das Vorkommen von Fütterungen “unter dem Deckmantel der Kirrung”, die bereits per Definition keine Kirrungen mehr darstellen, hat das Landratsamt in verschiedenen Revieren der HHG auch tatsächlich festgestellt. So wurden etwa ausweislich der gemeinsamen Stellungnahme des AELF und des Jagdberaters im Eigenjagdrevier des Klägers anlässlich eines Kontrollbeganges am 17. November 2017 durch das AELF mindestens vier beschickte Kirrstellen in unmittelbarer Nähe zu der bereits zu diesem Zeitpunkt betriebenen Rotwildfütterung festgestellt. Da jedoch nach § 19 Abs. 1 Nr. 10 BJagdG der Abschuss innerhalb einer Zone von 200 m um eine Fütterung nicht zulässig ist, konnte der Kirrzweck an dieser Stelle aber nicht erreicht werden. Weiter wurde dem Landratsamt gegenüber angezeigt, dass am 2. Januar 2018 im Gemeinschaftsjagdrevier W.-H. zwei Tresterhaufen mit je ca. 30 Litern sowie 13 Zucker- oder Futterrüben an einer Kirrstelle (durch Bilddokumentation festgehalten) sowie am 18. Januar 2018 erneut zwei Tresterhaufen und 23 Futter- oder Zuckerrüben festgestellt worden seien. Bereits ein Tresterhaufen mit 30 Litern liegt so erheblich über dem Richtwert, dass hier nicht mehr von einer geringen Menge ausgegangen werden kann. Definitionsgemäß handelt es sich bei diesen Formen der Futtervorlage nicht um Kirrungen, sondern um Fütterungen.
Die durch das Landratsamt festgestellten, als Fütterungen zu qualifizierenden “Kirrungen” waren auch missbräuchlich i.S.d. § 23a Abs. 2 AVBayJG. Soweit sie außerhalb der Notzeit erfolgten, ergibt sich die Missbräuchlichkeit als Regelfall bereits aus § 23a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AVBayJG. In Bezug auf die Fütterung von Rotwild ist zudem eine Umgehung der Allgemeinverfügung zur Verhinderung einer missbräuchlichen Fütterung vom 10. Mai 2016 gegeben. Darüber hinaus sind die festgestellten Fütterungen auch deshalb missbräuchlich, da sie aufgrund der mit der Futtergabe einhergehenden Lockwirkung zu einer Verstetigung der Reh- und Rotwildkonzentration beitragen und damit eine Perpetuuierung der festgestellten Gefährdung des Hegeziels zur Folge haben. Durch Futtergaben wird ein Besiedlungsanreiz geschaffen, der zu einer ganzjährig hohen Wilddichte oberhalb der natürlichen Biotopkapazität und zu hohem Verbiss an der Waldverjüngung führt (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 16.23a, zu § 23a AVBayJG Anm. 5). Ein derartiges künstliches Futterangebot im natürlichen Aktionsradius des Schalenwildes ist geeignet, auf dieses eine erhebliche Anziehungskraft zu entfalten und dessen Wanderungsverhalten maßgeblich zu beeinflussen (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 19 N 15.420 – juris Rn. 80). Unerheblich wäre es insoweit, wenn die unnatürliche Konzentration des Wildes – wie klägerseits vorgebracht – ursprünglich auf anderen Ursachen beruhen würde. Entscheidend hinsichtlich der aktuellen Gefährdung des Hegeziels in den von der Allgemeinverfügung betroffenen Revieren ist allein, dass solche Futtergaben, die weder Kirrung noch nach dem Gesetz oder der Allgemeinverfügung vom 10. Mai 2016 zulässige Fütterungen darstellen, aktuell eine Konzentration des Wildes bewirken und gleichzeitig die Auflösung der entstandenen unnatürlichen Konzentration von Reh- und Rotwild behindern. Somit stellen derartige Futtergaben Wildfütterungen dar, durch die das Hegeziel gefährdet wird.
Insgesamt liegt damit eine missbräuchliche Wildfütterung i.S.d. § 23a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG vor. Dabei bezieht sich der Terminus “missbräuchlich” allein auf die objektiven Gegebenheiten und unterstellt keine subjektiven Missbrauchsabsichten Einzelner, auch nicht des Klägers (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 – 19 B 99.2193 – juris Rn. 59).
1.3 Bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 23 a Abs. 2 Satz 1 AVBayJG liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der Jagdbehörde (“kann”), die zur Verhinderung der missbräuchlichen Wildfütterung erforderlichen Regelungen im Einzelfall zu treffen. Neben einer Prüfung der allgemeinen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung gemäß § 114 VwGO darauf, ob die Behörde die Grenzen des Ermessens überschritten oder sie von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Das Gericht ist somit auf die Prüfung von Ermessensfehlern beschränkt und kann nicht sein Ermessen an die Stelle der Einzelfallentscheidung der Behörde setzen. Der Kläger hat dementsprechend lediglich einen Anspruch auf sachgemäße Ermessensausübung; dagegen hat er keinen Anspruch auf eine andere Lösung, die vielleicht zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 – 19 B 99.2193 – juris Rn. 68).
Gemessen daran begegnen die mit der Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen zur Kirrung keinen durchgreifenden Bedenken.
1.3.1 Die auf Grundlage der Ermächtigung des § 23a Abs. 1 AVBayJG mit der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung ergangenen Regelungen sind entgegen dem klägerischen Vortrag hinreichend bestimmt. Hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und der Verwaltungsakt zudem geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG in stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 – juris Rn. 13 m.w.N.). Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist dabei durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 14; BayVGH, B.v. 8.12.2016 – 20 CS 16.1609 – juris Rn. 23). Insbesondere genügt eine Regelung auch dann dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, soweit unbestimmte und generalisierende Begriffe verwendet werden, wenn deren Bestimmbarkeit im konkreten Fall nicht ausgeschlossen ist (vgl. Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 37 VwVfG Rn. 18). So ist es nicht nur ausreichend, wenn der Bedeutungsgehalt eines Begriffs gesetzlich festgelegt oder durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt ist. Vielmehr genügt es bereits, wenn sich der Begriffsinhalt aus dem üblicherweise mit dem Begriff verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde unzweifelhaft ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 – juris Rn. 18).
Nach diesem Maßstab sind die Regelungen der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung hinreichend bestimmt. Sämtliche Regelungen beziehen sich ausweislich der insoweit eindeutigen Überschrift ausschließlich auf die “Kirrung von Reh- und Rotwild”. Weitere Wildarten, wie etwa das klägerseits mehrfach in Bezug genommene Schwarzwild, sind erkennbar nicht von den Regelungen der Allgemeinverfügung erfasst. Schließlich genügt auch die Regelung in Nummer 1 dem Bestimmtheitsgebot, soweit sie die Kirrung von Reh- und Rotwild “bis zum Ende der jeweiligen Jagdzeit” erlaubt. Die für Reh- und Rotwild im Bereich der von der Allgemeinverfügung umfassten Reviere geltenden Jagdzeiten sind in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 der Verordnung über die Jagdzeiten – JagdZVO – i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und c AVBayJG verbindlich festgelegt. Der Zeitraum, in dem die Kirrung von Reh- und Rotwild nach der Allgemeinverfügung zulässigerweise praktiziert werden darf, ist somit jedem Adressaten – erst recht dem Kläger als mit den geltenden Jagdzeiten vertrautem Eigenjagdrevierinhaber – unzweifelhaft erkennbar.
1.3.2 Im Übrigen sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.
1.3.2.1 Ein Ermessensausfall ist vorliegend, anders als der Klägerbevollmächtigte unter Verweis auf eine fehlende bzw. unzureichende Begründung meint, nicht gegeben. So kann zwar grundsätzlich ein beachtlicher Ermessensfehler vorliegen, wenn die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht (erkennbar) betätigt. Denn der nach Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte gerichtliche Rechtsschutz setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass die Behörde offenbart, von welchen Gesichtspunkten sie sich bei der Ausübung des Ermessens hat leiten lassen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 8 CS 18.2364 – juris Rn. 29 m.w.N.). Art. 39 BayVwVfG verlangt jedoch nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG in stRspr, z.B. U.v. 27.11.2014 – 4 C 31/13 – juris Rn. 8). Bei einem Einschreiten gegen rechtswidrige oder auch nur ordnungswidrige Zustände etwa stehen sich nicht in dem Sinne eines “Für und Wider” gegenüber, dass es der zuständigen Behörde ohne gesetzliche Intention freigegeben wäre, zwischen dem Einschreiten und dem Nichteinschreiten zu wählen. Bei der Ermessensentscheidung über das Einschreiten gegen rechtswidrige und ordnungswidrige Zustände geht es vielmehr darum, dass die zuständige Behörde in die Lage versetzt werden soll, von dem an sich aus der Natur der Sache gerechtfertigten, ja, gebotenen Einschreiten (ausnahmsweise) absehen zu dürfen, wenn sie dies für nach den konkreten Umständen opportun hält. Angesichts dessen braucht bei der (Ermessens-) Entscheidung über das Einschreiten das “Für und Wider” nur dann abgewogen zu werden, wenn der Fall so gelagert ist, dass ganz bestimmte konkrete Anhaltspunkte für die Angemessenheit einer Ausnahme, d.h. der hier (ausnahmsweise) in Kauf zu nehmenden Duldung eines rechtswidrigen oder ordnungswidrigen Zustandes, bestehen. Kommt die zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass es daran fehlt, enthält sie sich dementsprechend einer besonderen “Abwägung des Für und Wider” und schweigt sich infolgedessen dazu auch die ihrer Anordnung beigefügte Begründung aus, so kann allenfalls – dann nämlich, wenn die Behörde zu Unrecht zu diesem Ergebnis gekommen ist – ein Ermessensfehler, nicht aber eine mangelhafte Begründung vorliegen. Mit Rücksicht darauf ist bei einem Einschreiten gegen rechtswidrige und ordnungswidrige Zustände der Begründungspflicht regelmäßig damit genügt, dass die Behörde zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit oder Ordnungswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.1980 – 4 B 67/80 – juris Rn. 6).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe genügt die Begründung der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung den rechtlichen Anforderungen. Soweit der Klägerbevollmächtigte hinsichtlich der verschiedenen Regelungen mit Ausnahme von Nummer 2 – die als einzige Regelung unter Nennung der Ziffer gesondert in der Begründung aufgeführt ist – einen Ermessensausfall wegen einer gänzlich fehlenden Begründung rügt, kann dem nicht gefolgt werden. Die gegebene Begründung erstreckt sich vielmehr auf die Gesamtheit der Regelungen. So heißt es in der Begründung etwa “Ziel der einheitlichen Kirrung ist es (…)”. Die revierübergreifend einheitliche Kirrung wird aber gerade durch die Gesamtheit der Vorgaben in den Nummern 1 bis 4 sichergestellt. Hierzu wurde beklagtenseits auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nochmals bekräftigt, dass die Vorgaben nach den Nummern 1 bis 4 der Allgemeinverfügung zur Zielerreichung in ihrer Gesamtheit zwingend erforderlich und daher ihrem Zweck nach untrennbar miteinander verbunden seien. Auch im Übrigen ist ein Ermessensausfall nicht gegeben. Die streitgegenständliche Verfügung ist ihrer Begründung nach auf die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes gerichtet. Das Landratsamt hat in der gegebenen Begründung den entscheidungserheblichen Sachverhalt unter den als Rechtsgrundlage benannten § 23a Abs. 1 AVBayJG subsumiert und erkennbar ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass sie die getroffenen Regelungen in ihrer Gesamtheit für notwendig, angemessen und erforderlich hält, um eine ordnungsgemäße Hege sicherzustellen. Mit der festgestellten und in der Begründung ausgeführten Gefährdung des Hegeziels aufgrund der massiven Schädigung des Waldes hat das Landratsamt den Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG und damit das Bestehen eines rechtswidrigen Zustands ausreichend aufgezeigt. Da das Landratsamt in der Begründung auch hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, dass der beanstandete Zustand des Waldes wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden muss (“zur Erreichung des Hegeziels die Konzentration von Reh- und Rotwild in den genannten Revieren zu vermeiden, sowie Verbiss- und Schälschäden zu minimieren”, “Maßnahmen zu einer Trendumkehr”, “ordnungsgemäße Hege sicherstellen”), ist der Begründungspflicht vorliegend auch ohne weitere Abwägung eines Für und Wider genügte getan. Die Frage, ob die privaten Interessen des Klägers an einem ganzjährigen Einsatz der Kirrung – wie klägerseits bezweifelt – im Rahmen der Ermessensentscheidung ausreichende Berücksichtigung gefunden haben, stellt sich daher im Hinblick auf die Erfüllung der Begründungspflicht nicht. Dem steht auch die vom Klägerbevollmächtigten zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichts München (U.v. 22.6.2016 – M 9 K 15.3888 – juris) nicht entgegen, da die Entscheidung über die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts hinsichtlich des Maßstabs für die Abwägung eines “Für und Wider” nach dem einschlägigen materiellen Recht gerade nicht mit dem behördlichen Einschreiten gegen einen rechts- oder ordnungswidrigen Zustand vergleichbar ist.
1.3.2.2 Auch eine Überschreitung des eingeräumten Ermessens ist nicht erkennbar. Die vom Landratsamt getroffenen Regelungen halten sich im Rahmen der Rechtsgrundlage. Dass der Verordnungsgeber, dessen Ermächtigung nach Art. 43 Abs. 2 Satz 2 BayJG sich ebenfalls auf Vorschriften zur Verhinderung einer missbräuchlichen Wildfütterung beschränkt, die Kirrung grundsätzlich als einen zulässigen Regelungsgegenstand zur Verhinderung missbräuchlicher Wildfütterung erachtet, kommt in § 23a Abs. 3 AVBayJG zum Ausdruck, der neben der Fütterung auch für die Kirrung gilt (vgl. Leonhardt, Jagdrecht, Stand 1.10.2018, Nr. 16.23a, zu § 23a AVBayJG Anm. 7). Auch bildet § 23a Abs. 1 AVBayJG die Rechtsgrundlage für die ergangenen Regelungen, soweit hierdurch nicht nur eine missbräuchliche Wildfütterung verhindert wird, sondern auch solche objektiv sachgerechte Kirrungen, insbesondere während des Verbotszeitraums, ausgeschlossen werden, die per se keine missbräuchliche Fütterung darstellen. Denn Absatz 1 dieser Norm ermächtigt die Behörde ausdrücklich zu den “erforderlichen Regelungen im Einzelfall”. So lassen sich neben der Kernregelung zur Verhinderung missbräuchlicher Fütterung auch darüberhinausgehende, die Kernregelung flankierende Regelungen, wie insbesondere auch ein Verbot sachgerechter Kirrung, auf § 23a Abs. 1 AVBayJG stützen, soweit die Behörde sie im Einzelfall für erforderlich hält, um die mit der Kernregelung verfolgte Verwirklichung des Hegeziels zu gewährleisten (vgl. so im Ergebnis auch BayVGH, U.v. 7.4.2005 – 19 B 99.2193 – juris Rn. 71). Vorliegend hat das Landratsamt die Regelungen in ihrer Gesamtheit für erforderlich erachtet, um durch verbindliche Vorgaben zu Art und Weise sachgerechter Kirrung von Reh- und Rotwild dessen unsachgemäße – als missbräuchliche Fütterung zu qualifizierende – Kirrung zu verhindern. Dadurch und durch gleichzeitige Festlegung revierübergreifender einheitlicher Regeln sowie einer zeitlichen Begrenzung der Kirrung soll die von – sachgerechten wie unsachgemäßen – Kirrungen ausgehende Lockwirkung möglichst gering gehalten werden, um so die Konzentration von Reh- und Rotwild in den betroffenen Gebieten vermeiden bzw. auflösen zu können. Die Regelungen lassen sich somit insgesamt ermessensgerecht auf § 23a Abs. 1 AVBayJG stützen.
1.3.2.3 Schließlich sind die streitgegenständlichen Regelungen auch verhältnismäßig. Sie sind in ihrer Gesamtheit geeignet, erforderlich und angemessen, um missbräuchliche Fütterungen in Form unsachgemäßer Kirrungen zu vermeiden und die im Zusammenhang mit der Jagdmethode Kirrung stehende Gefährdung des Hegeziels im Hinblick auf eine zu hohe Reh- und Rotwildkonzentration in der HHG zu beseitigen.
Die zeitliche Beschränkung der Kirrung ist mit den weiteren Anordnungen zur einheitlichen Regelung der Kirrung geeignet, eine missbräuchliche Wildfütterung zu verhindern. Dabei genügt es, dass das eingesetzte Mittel dem verfolgten Zweck förderlich ist. Nicht notwendig ist der Nachweis, dass der angegebene Zweck durch das eingesetzte Mittel vollständig erreicht wird; es genügt, dass das Mittel die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der angestrebte Erfolg zumindest teilweise eintritt (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Stand August 2020, Art. 20 Rn. 112). Gemessen daran bestehen gegen die Geeignetheit der Regelungen keine Bedenken. Die Festlegung klarer Rahmenbedingungen für eine zulässige Kirrung ist geeignet, solche Fälle missbräuchlicher Wildfütterung zu vermeiden, die auf einer Fehlvorstellung von den Voraussetzungen sachgerechter Kirrung beruhen. Auch ohne dass bewusst vorschriftswidrige “Kirrungen” hierdurch verhindert werden können, ist dies somit dem Zweck, missbräuchliche Wildfütterungen zu verhindern, jedenfalls förderlich. Durch das zeitweise Verbot der Kirrung wird zudem sichergestellt, dass in dem vom Verbot umfassten Zeitraum weder bewusst noch unbewusst vorschriftswidrige “Kirrungen” ausgebracht werden dürfen, sodass auch hierdurch missbräuchliche Wildfütterungen verhindert werden können. Der Geeignetheit der Regelungen stünde es auch nicht entgegen, wenn – wie klägerseits vorgetragen – die Bejagung von Reh- und Rotwild ohne die Möglichkeit zur Kirrung erschwert würde und in der Folge mit einem weiteren Anstieg des Wildbestandes zu rechnen wäre. Denn eine Reduzierung des Wildbestandes konnte bislang über viele Jahre hinweg trotz unbeschränkt zulässigem Einsatz von Kirrungen nicht erreicht werden. Im Gegenteil haben die Wildzahlen trotz sukzessiver Erhöhung der Abschusszahlen immer weiter zugenommen. Insoweit wäre auch bei uneingeschränkt zugelassener Kirrung vorliegend mit einem weiteren Anstieg des Wildbestandes zu rechnen. Demgegenüber erhöhen die Vermeidung unsachgemäßer – als missbräuchliche Fütterung zu qualifizierender – Kirrungen sowie eine weitestgehende Reduzierung der durch jede Futtervorlage bedingten Lockwirkung durch Regulierung der Kirrung die Wahrscheinlichkeit, im Zusammenwirken mit den weiteren ergriffenen Maßnahmen die Konzentration von Reh- und Rotwild in bestimmten Bereichen der HHG langfristig auflösen zu können, um so die bestehende Gefährdung des Hegeziels zu beseitigen.
Zweifel an der Geeignetheit ergeben sich auch nicht daraus, dass die Vorgaben zur Kirrung sich nicht auch auf die Kirrung von Schwarzwild erstrecken. Das Gericht teilt die klägerseits vorgebrachten Bedenken, Reh- und Rotwild würde sich auch durch das ganzjährig für Schwarzwild ausgebrachte Kirrmaterial anlocken lassen, nicht. Kirrungen, die sich nur an eine bestimmte Wildart richten (dürfen), sind – wie auch beklagtenseits betont wurde – so auszubringen, dass sie für andere Wildarten nicht erreichbar oder aufnehmbar sind (vgl. auch Hinweise und Empfehlungen des Landesjagdverbandes Bayern e.V. zur Durchführung der Kirrjagd auf Schalenwild, abgedruckt in Nick/Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Stand Mai 2018, Anhang IV Nr. 6). Bei der Kirrung von Schwarzwild kann etwa die Einarbeitung in den Boden oder die Abdeckung des Kirrmaterials mit bodenständigem Material so erfolgen, dass die Aufnahme durch anderes Schalenwild ausgeschlossen ist (vgl. auch Landesverordnung über die Fütterung und Kirrung von Schalenwild (Rheinland-Pfalz) v. 4.8.2005 zuletzt geändert durch Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften vom 12.9.2012 (Kirrungsverordnung) – KirrVO).
Schließlich bestehen auch angesichts der Wahl von Apfeltrester als zulässiges Kirrmittel keine Bedenken hinsichtlich der Geeignetheit der Regelungen zur Verhinderung einer missbräuchlichen Wildfütterung (vgl. für Rehwild etwa auch § 3 Abs. 3 KirrVO). Wie bereits ausgeführt, fördert die Festlegung klarer und einheitlicher Rahmenbedingungen einer zulässigen Kirrung – was das zu verwendende Futtermittel einschließt – die Verhinderung solcher Fälle missbräuchlicher Wildfütterung, die auf einer Fehlvorstellung von den Voraussetzungen sachgerechter Kirrung beruhen. Durch die Festlegung eines konkreten artgerechten Futtermittels kann demnach verhindert werden, dass Kirrplätze mit nicht artgerechtem Futter beschickt werden. Die grundsätzliche ernährungsphysiologische Eignung von Apfeltrester für Reh- und Rotwild bezweifelt auch der Kläger nicht (“gegen Apfeltrester als Grundlage nichts einzuwenden”). Selbst wenn – wie klägerseits vorgetragen – die Gabe von Apfeltrester mangels vorhandener Struktur grundsätzlich Verbiss zur Folge hätte, ließe dieser Effekt die Geeignetheit vorliegend nicht entfallen, da ein solcher Ausgleichsverbiss angesichts der nach der Allgemeinverfügung geringen auszubringenden Menge über einen kurzen Zeitraum und im Hinblick auf den ohnehin beabsichtigten Abschuss des angekirrten Wildes an der Kirrung allenfalls in einem zu vernachlässigenden Umfang zu erwarten wäre.
Die Regelungen der Allgemeinverfügung sind in ihrer Gesamtheit auch erforderlich, da mildere, gleich effektive Mittel nicht ersichtlich sind. Trotz der bislang ergriffenen Maßnahmen besteht – wie oben ausgeführt – die Gefährdung des Hegeziels durch eine zu hohe Reh- und Rotwildkonzentration in der HHG unverändert fort.
Insbesondere stellt die Allgemeinverfügung zur Verhinderung einer missbräuchlichen Fütterung von Rotwild vom 10. Mai 2016 kein gleich effektives, milderes Mittel dar, um missbräuchliche Fütterung des Reh- und Rotwildes zu verhindern, die auf einer Fehlvorstellung von den Voraussetzungen sachgerechter Kirrung beruht. Allein, dass es sich dabei auch um missbräuchliche Fütterungen handeln kann, die nach der Allgemeinverfügung vom 10. Mai 2016 geahndet werden könnten, hat nicht dazu geführt, dass solche unsachgemäßen “Kirrungen” in der HHG unterblieben sind. Mangels eines einheitlich vorhandenen Bewusstseins für die Grenzen sachgerechter Kirrung innerhalb der HHG trägt eine klarstellende Regelung dazu bei, dass etwaig zu ahndende Verstöße gar nicht erst vorkommen. Die damit einhergehende Effektivierung der Verhinderung missbräuchlicher Fütterungen durch Festlegung klarer Rahmenbedingungen für die Kirrung ist daher unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nicht zu beanstanden. Zudem dient die Festlegung revierübergreifender, einheitlicher Vorgaben für die Kirrjagd dazu, dass die Kirrung über die einzelnen Reviere hinweg so gleichförmig ausgestaltet ist, dass die von einer Kirrung grundsätzlich ausgehende Lockwirkung der im Hinblick auf die Verwirklichung des Hegeziels beabsichtitgen gleichmäßigen Verteilung des Wildbestandes über die Reviere nicht entgegensteht. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Allgemeinverfügung vom 10. Mai 2016 bereits nicht gleich geeignet, um den legitimen Regelungszweck – die Beseitigung der mit der Kirrpraxis einhergehenden Gefährdung des Hegeziels durch Entzerrung der Wildbestände – zu erreichen.
Dasselbe gilt hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung der Kirrjagd. Zwar würde bereits durch eine ganzjährig zulässige Kirrung nach klar vorgegebenen Rahmenbedingungen ebenfalls eine missbräuchliche Fütterung in Gestalt unsachgemäßer Kirrungen verhindert. Die zeitliche Begrenzung der Kirrung ist jedoch darüber hinaus als erforderlich anzusehen, um im Hinblick auf die Verwirklichung des Hegeziels die (Aufrechterhaltung der) Konzentration von Reh- und Rotwild in den betroffenen Gebieten zu vermeiden und damit Verbiss- und Schälschäden zu reduzieren. Missbräuchliche Fütterung außerhalb der Notzeit soll – auch durch die Allgemeinverfügung vom 10. Mai 2016 – insbesondere vor dem Hintergrund verhindert werden, dass es aufgrund eines künstlichen Futterangebots zur Konzentration des Wildes an bestimmten Futterstellen kommen kann (vgl. auch Begründung der Allgemeinverfügung zur Verhinderung einer missbräuchlichen Fütterung von Rotwild vom 10. Mai 2016, Bl. 19 der am 13. Oktober 2020 vorgelegten Behördenakte). Die unterjährige Auflösung einer so entstandenen Konzentration kann effektiv nur in der Zeit erreicht werden, in der die Natur so ausreichend Nahrung zur Verfügung stellt, dass sich das Wild in Abwesenheit künstlicher Futteranreize grundsätzlich frei über die Reviere verteilen kann. Dabei kann das erwünschte natürliche Zugverhalten des Wildes jedoch durch Futtervorlagen, insbesondere auch durch Kirrungen, selbst wenn diese sich im grundsätzlich zulässigen Rahmen halten, aufgrund der hiervon ausgehenden Lockwirkung behindert werden (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 – 19 B 99.2193 – juris Rn. 71; U.v. 13.2.2019 – 19 N 15.420 – juris Rn. 80). Durch das Verbot jeder Art der Futtervorlage, auch einer – an sich sachgerechten – Kirrung, wird eine solche künstliche Rückhaltewirkung auf das Wild verhindert, sodass eine ungehinderte Verteilung entsprechend der natürlich vorhandenen Äsung erfolgen kann. Insoweit ist auch das zeitweise Verbot der – sachgemäßen wie unsachgemäßen – Kirrung in der vegetationsreicheren Zeit erforderlich, da mildere, gleich effektive Mittel zur nachhaltigen Entzerrung der Wildbestände, worauf die streitgegenständlichen Regelungen zur Verhinderung von unsachgemäßen – als missbräuchliche Fütterungen zu bewertenden – Kirrungen ihrem Kern nach gerichtet sind, nicht ersichtlich sind.
Schließlich kann sich eine mangelnde Erforderlichkeit auch nicht aus der Tatsache ableiten lassen, dass Schwarzwild keine Schälschäden verursacht, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung erkennbar nicht für die Kirrung von Schwarzwild gilt. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten sind insoweit unbehelflich.
Die Regelungen der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sind zudem auch angemessen. Eine übermäßige Belastung des Klägers durch die streitgegenständlichen Regelungen ist nicht ersichtlich.
Das Jagdrecht als besonderer Bestandteil des Grundstückseigentums und das Jagdausübungsrecht als vermögenswertes subjektives Recht nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums teil. Jagdrechtliche Vorschriften können aber das Jagd- und das Jagdausübungsrecht beschränken, ohne deren Wesensgehalt zu verletzen (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2018 – 19 ZB 17.1601 – juris Rn. 16). Das von der Beschränkung betroffene Jagdausübungsrecht des Klägers muss sich vorliegend an dem von der Rechtsprechung entwickelten Anspruch der anderen Waldbesitzer, von übermäßigen Wildschäden durch Verbiss verschont zu bleiben (vgl. insbesondere BVerwG, U.v. 30.3.1995 – 3 C 8/94 – juris Rn. 45) messen lassen. Dabei ist von einem grundsätzlichen Vorrang der waldbaulichen vor den jagdlichen Interessen aufgrund der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt auszugehen (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.1995 – 3 C 8/98 – juris Rn. 45 unter Verweis auf BGH, U.v. 22.5.1984 – III ZR 18/83 – juris). Demgegenüber beschränkt sich der durch die Allgemeinverfügung bewirkte Eingriff in die Jagdausübungsfreiheit des Klägers ausschließlich auf die Jagdmethode der Kirrung und damit auf einen sehr begrenzten Teilausschnitt der Jagdausübung. Denn der Kernbereich des Jagdausübungsrechts – das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wildtieren gemäß § 1 Abs. 4 BJagdG und die vielfältigen Befugnisse im Rahmen der Hege – bleibt ungeschmälert erhalten. Mit der Regulierung der Kirrung soll demgegenüber ein erheblicher jagdrechtlicher Missstand beseitigt werden, der im Hinblick auf die Verwirklichung des Hegeziels nicht hingenommen werden kann. Zudem dient die Allgemeinverfügung gerade auch der Umsetzung der dem Jagdrechtsinhaber nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BJagdG obliegenden Verpflichtung zur Hege. Denn die Verhinderung missbräuchlicher Fütterung und die bezweckte Auflösung hoher Wildkonzentrationen trägt dazu bei, entsprechend Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 BayJG einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten und die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen (vgl. VGH BW, U.v. 7.10.2020 – 5 S 2617/19 – juris Rn. 48).
Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Angemessenheit der zeitlichen Beschränkung der Kirrung in Nummer 1 der Allgemeinverfügung keine Bedenken. Danach ist dem Kläger die Kirrung insbesondere nicht ganzjährig untersagt. Die Möglichkeit der Kirrung wird lediglich auf einen bestimmten Zeitraum des Jagdjahres beschränkt. Im Hinblick darauf, dass die Kirrung – wie dargelegt – in der äsungsreicheren Zeit zur Vermeidung jeglicher Lockwirkung auf das Wild gänzlich verboten ist, um das natürliche Zugverhalten des Wildes und damit eine Entzerrung der Wildpopulation nicht zu behindern, bleibt die Kirrung in der äsungsärmeren Zeit, in der das Wild sich in Richtung auf die verbleibenden Futterstellen bewegt und dort konzentriert, ab 1. November möglich. Die zeitliche Beschränkung erfolgt damit nicht willkürlich, sondern vor dem Hintergrund, dass die von einer nach Maßgabe der Nummern 2 bis 4 ausgebrachten Kirrung ausgehende Lockwirkung die Entzerrung der Wildpopulation dann nicht mehr wesentlich behindert, wenn ohnehin mit einer natürlichen Konzentration des Wildes an bestimmten Stellen zu rechnen ist.
Auch die Regelungen in Nummern 2 bis 4 stellen vor diesem Hintergrund keine gegen das Übermaßverbot verstoßenden Beeinträchtigungen des Jagdausübungsrechts des Klägers dar. Die Vorgaben zu Kirrmaterial, Kirrmenge und -häufigkeit sowie Anzahl und Dauer zulässiger Kirrungen halten sich vollumfänglich im Rahmen der Hinweise und Empfehlungen des Landesjagdverbandes Bayern e.V. zur Durchführung der Kirrjagd auf Schalenwild (abgedruckt in Nick/Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Stand Mai 2018, Anhang IV Nr. 6; vgl. zudem Definitionen des DJV zur Fütterung, Ablenkungsfütterung und Kirrung in Nick/Frank/Käsewieter, a.a.O., Anhang IV Nr. 9) und begegnen insoweit keinen Bedenken. Verglichen mit den für Schwarzwild in der Schalenwildrichtlinie vorgegebenen Werten – ein Kirrplatz je 100 ha Revierfläche beschickt mit ca. 1 kg artgerechtem Kirrmaterial – erweisen sich die Vorgaben mit einem Kirrplatz pro 50 ha Revierfläche mit 5-10 Litern Kirrmaterial zudem als eher großzügig, denn als übermäßig streng. Soweit klägerseits im Hinblick auf die vorgegebene Anzahl der Kirrungen und die Menge des Kirrmaterials aufgrund der Vielzahl unterschiedlichster Revierverhältnisse sowie denkbarer Einzelfallsituationen eine flexible Handhabung für erforderlich gehalten wird, auch zumal die jeweiligen Plätze eine unterschiedliche Akzeptanz beim Wild hätten, ist dem entgegenzuhalten, dass die streitgegenständlichen Regelungen gerade darauf abzielen, einer solchen unterschiedlichen Akzeptanz verschiedener Kirrplätze infolge unterschiedlicher Art und Weise der Beschickung, insbesondere auch durch die Verwendung unterschiedlich attraktiven Kirrmaterials, entgegenzuwirken. Eine Unangemessenheit dahingehend, dass nur noch eine reduzierte Anzahl an Kirrplätzen gleichzeitig beschickt werden darf, ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Vorgaben ermöglichen weiterhin eine Beschickung aller im Revier vorhandenen und vom Jagdrechtsinhaber als erforderlich erachteten Kirrplätze. Sie verhindern lediglich deren gleichzeitigen und auf Dauer angelegten Betrieb, der sich bei einer deutlich über den Vorgaben liegenden Anzahl von Kirrplätzen sowie Dauer der Beschickung angesichts der insgesamt über das Revier ausbrachten Futtermengen regelmäßig als stetige Fütterung und nicht mehr als sachgerechte Kirrung darstellen dürfte. Denn auch kleinere “Fütterungen”, über das ganze Revier verteilt und in der Gesamtmenge zur Erhaltung des Wildbestandes ausreichend, sind als Fütterung anzusehen (vgl. Hinweise und Empfehlungen des Landesjagdverbandes Bayern e.V. zur Durchführung der Kirrjagd auf Schalenwild, abgedruckt in Nick/Frank/Käsewieter, Das Jagdrecht in Bayern, BayJG, Stand Mai 2018, Anhang IV Nr. 6).
Dem Verhältnismäßigkeitsgebot i.e.S. wird weiter auch dadurch Rechnung getragen, dass sich die streitgegenständlichen Regelungen ausschließlich auf diejenigen Reviere erstrecken, die für eine gleichmäßige Verteilung der Wildpopulation zwingend einzubeziehen sind, weil sie deren Hauptverbreitungsgebiet darstellen. Im Hinblick darauf, dass in diesen Revieren – gerade ungeachtet etwaiger reviertypischer Besonderheiten – eine durch verschiedene künstliche Futteranreize erzeugte bzw. aufrechterhaltene Konzentration vermieden werden muss, um eine Entzerrung des Wildes entsprechend seinem natürlichen Zugverhalten zu ermöglichen, stellt es insbesondere keinen Ermessensfehler dar, dass die Allgemeinverfügung trotz der verschiedenen Revierverhältnisse keine Ausnahme- oder Befreiungsregelung vorsieht. Das Gericht teilt insoweit die Auffassung der Beklagtenseite, dass etwaige Ausnahme- und Befreiungsregelungen das Ziel der Entzerrung der Wildpopulation durch Schaffung einheitlicher Verhältnisse konterkarieren würden. Eine andere Entscheidung ist auch nicht vor dem Hintergrund des vom Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz (U.v. 23.6.2015 – 1 K 1092/14.KO – juris) angezeigt, mit dem über die Rechtmäßigkeit eines Abschussverbots für Rebhühner für einen gesamten Landkreis entschieden wurde. Dessen Urteilsbegründung stützt sich – unter Verweis auf ein Urteil des OVG Rheinland-Pfalz (U.v. 5.1.1982 – 10 C 16/80 – juris) zur Rechtmäßigkeit einer Rechtsverordnung – maßgeblich auf die starke Annäherung der dort verfahrensgegenständlichen Allgemeinverfügung an eine abstrakt-generelle Norm. Eine vergleichbare Annäherung ist bei der vorliegenden Allgemeinverfügung aufgrund ihrer konkreten Anlassbezogenheit und ihrer örtlichen Begrenztheit – dazu bereits oben – aber bereits nicht erkennbar. Darüberhinausgehend ist dem zitierten Urteil keine generelle Aussage dahingehend zu entnehmen, dass öffentlich bekannt gemachte Allgemeinverfügungen ebenso wie abstrakt-generelle Rechtsnomen stets eine Befreiungs- und Ausnahmeregelung vorsehen müssten, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausreichend Rechnung zu tragen. So sieht etwa auch der Paradefall der öffentlich bekannt gemachten nutzungsregelnden Allgemeinverfügung – das Verkehrsschild – regelmäßig keine Ausnahme- oder Befreiungsmöglichkeit vor. Denn Einzelfallregelungen ist es grundsätzlich immanent, dass sie aufgrund ihrer Regelung eines konkreten Einzelfalls anders als Rechtsnormen, die für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen Geltung beanspruchen, flexibel auf geänderte Umstände durch Rücknahme, Widerruf oder Änderung angepasst werden können. Dabei kann die erlassende Behörde ggf. die Pflicht treffen, die fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen und den Verwaltungsakt so “unter Kontrolle” zu halten (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35 Rn. 223). Vor diesem Hintergrund begegnet auch die zeitlich unbegrenzte Gültigkeit der Regelung keinerlei Bedenken.
Schließlich ist auch kein Ermessensfehler dahingehend ersichtlich, dass darüber hinaus private Belange des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt worden wären. Insbesondere geht das private Interesse des Klägers an einer ihm günstiger erscheinenden Jagdausübungsmöglichkeit nicht dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Hegeverpflichtung vor (vgl. BayVGH, U.v. 7.4.2005 – 19 B 99.2193 – juris Rn. 72). Allein, dass der Kläger seinen Jagderfolg bislang ausschließlich auf den Einsatz von Kirrungen zurückführt und die vom Kläger praktizierte Ansitzjagd sich ohne Kirrungen als deutlich weniger erfolgreich erwiesen hat, vermag eine übermäßige Belastung des Klägers nicht zu begründen. Dies gilt insbesondere auch, soweit sich der Kläger auf die Nichterfüllbarkeit der für ihn geltenden hohen Abschussforderung sowie die faktische Unmöglichkeit der Bejagung vor dem 1. November beruft. Während durch die Allgemeinverfügung lediglich die Kirrjagd beschränkt wird, stehen dem Kläger als Jagdausübungsberechtigtem grundsätzlich eine Vielzahl verschiedener Jagdmethoden – auch in Kombination – zur Verfügung. Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, weshalb gerade der Kläger durch die Allgemeinverfügung in seinem Jagdausübungsrecht stärker belastet sein sollte, als die übrigen Jagdausübungsberechtigten der betroffenen Reviere. Soweit klägerseits vorgetragen wird, dass aufgrund der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse im Eigenjagdrevier des Klägers sämtliche Jagdmethoden mit Ausnahme der Ansitzjagd nicht geeignet oder nicht erfolgsversprechend zur Bejagung von Reh- und Rotwild seien, kann diese vornehmlich subjektive und im Übrigen nicht weiter belegte Bewertung seitens des Klägers eine übermäßige Beschränkung seines Jagdausübungsrechts nicht begründen. So lässt sich etwa allein daraus, dass das Ergebnis einer Drückjagd – die in Bezug genommenen Aussagen über die Drückjagd am 4. November 2017 beziehen sich im Übrigen nicht auf das Revier des Klägers – nicht zufriedenstellend gewesen sei, noch nicht der allgemeine Schluss ziehen, dass Bewegungs- oder Drückjagden generell ungeeignet seien. Angesichts der Beschränkung der Kirrjagd dürfte vielmehr eine Neubewertung der anderen Jagdmethoden erforderlich werden. Sinn der Beschränkung der Kirrjagd ist es nicht zuletzt auch, die einzelnen Jagdausübungsberechtigten angesichts der Stagnierung der Schadenssituation trotz bereits ergriffener Maßnahmen zu neuen, kreativen Lösungsansätzen zu ermuntern und altbekannte Verhaltensmuster zu durchbrechen, um so eine Trendumkehr erreichen zu können (vgl. Bl. 30 der am 5. Oktober 2018 vorgelegten Behördenakte: “neue Wege gehen”). Vor diesem Hintergrund scheint es nicht ausgeschlossen und dem Kläger zumutbar, neue Lösungsansätze zur erfolgreichen Bejagung seines Reviers zu entwickeln, im Rahmen derer er im zugelassenen Zeitraum ebenfalls auf die Kirrjagd zurückgreifen kann. Andere konkrete Gründe, weshalb die Bejagung im Revier des Klägers aufgrund der klägerseits benannten Unterschiede zwischen den einzelnen Revieren – namentlich das Vorkommen des Rotwildes, die vorhandene Äsung, den herrschenden Freizeitdruck sowie die vorhandenen Wildschäden – bei Beachtung der nach der Allgemeinverfügung geltenden Beschränkungen der Kirrjagd wesentlich stärker erschwert wäre als in den sonstigen Revieren, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.
Nach all dem erweist sich die Allgemeinverfügung als rechtmäßig.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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