Verwaltungsrecht

örtliche Zuständigkeit des Gerichts bei Einstellungen (kein dienstlicher Wohnsitz)

Aktenzeichen  AN 1 E 21.01910

Datum:
29.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50667
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 83 S. 1
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 52 Nr. 4 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach erklärt sich für örtlich unzuständig.
2. Der Rechtsstreit wird an das Bayerische Verwaltungsgericht München verwiesen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass eine Stellenbesetzung unterbleibt, bis eine neue Auswahlentscheidung hierüber getroffen wurde.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (nachfolgend: LGL) schrieb die Stelle eines Toxikologen (Kennziffer …*) u.a. über seine Homepage aus. In der Stellenausschreibung wird u.a. ausgeführt:
„… BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNIS / BEWERTUNG
Die Einstellung erfolgt bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen vorrangig im Beamtenverhältnis. Die Einstellung bzw. Übernahme kann bis einschließlich Besoldungsgruppe A 14 erfolgen. Alternativ erfolgt die Einstellung im Wege eines unbefristeten tarifrechtlichen Arbeitsverhältnisses. Die Vergütung richtet sich nach den Regelungen des TV-L. Die beabsichtigte Eingruppierung erfolgt je nach Qualifikation und persönlichen Voraussetzungen in Entgeltgruppe 14. …“
Der Antragstellerin wurde mit E-Mail vom 2. September 2021 mitgeteilt, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt worden sei. In einem weiteren Schreiben des Antragsgegners vom 20. Oktober 2021 wurde nochmals mitgeteilt, dass eine Besetzung der Stelle mit einer anderen Bewerberin zum 1. November 2021 erfolgen solle.
Daraufhin ließ die Antragstellerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2021 einen Antrag nach § 123 VwGO stellen.
Die örtliche Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach beruhe auf § 52 Nr. 4 Sätze 1 und 2 VwGO. Die Antragstellerin begehre eine Einstellung als Beamtin.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2021 teilte das Gericht den Beteiligten mit, dass Bedenken an der örtlichen Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach bestünden, da § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO nicht einschlägig sei und daher der Wohnsitz der Antragstellerin in … maßgeblich sei.
Die anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragstellerin sowie der Antragsgegner schlossen sich dieser Auffassung jeweils mit Schreiben vom 28. Oktober 2021 an.
II.
Der Rechtsstreit war nach Anhörung der Beteiligten und deren Zustimmung (analog mit Schreiben vom 28. Oktober 2021) gemäß § 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht München zu verweisen, da sich die örtliche Zuständigkeit vorliegend nach § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO bestimmt.
Demnach ist für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Maßgeblich für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit ist der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG).
Im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Antrages nach § 123 VwGO war der, mangels dienstlichen Wohnsitzes, alleine maßgebliche Wohnsitz der Antragstellerin im Regierungsbezirk Oberbayern (* …*) begründet. Demnach richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO, da die Antragstellerin die Einstellung als Beamtin begehrt. Zuständig ist damit das Bayerische Verwaltungsgericht München (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 AGVwGO). Gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG war analog die Verwaltungsstreitsache dorthin zu verweisen.
Entgegen der zunächst geäußerten Auffassung der anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragstellerin ist die eng auszulegende Ausnahmevorschrift des § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO vorliegend nicht einschlägig. Da das LGL für den gesamten Freistaat Bayern zuständig ist und somit die Antragstellerin ihren Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde (LGL) hat, ist § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO nicht anwendbar. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass so der Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen wird, dass die Antragstellerin Rechtsschutz bei dem wohnortnächsten Gericht ersuchen kann (VG München, B.v. 27.4.2017 – M 12 K 16.2276 – juris Rn. 9; VG München, B.v. 17.12.2018 – M 5 K 17.2384 – juris Rn. 4 ff.).
Die Kostenentscheidung bleibt dem Bayerischen Verwaltungsgericht München vorbehalten (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Satz 2 VwGO).


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