Verwaltungsrecht

Ordnungsgeld gegen Gemeinderatsmitglied wegen Verstoß gegen das Stimmenthaltungsverbot

Aktenzeichen  M 7 K 17.2395

Datum:
4.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 8637
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 47 Abs. 2, Art. 48 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Aus dem „schlechten Gewissen“ eines Gemeinderatmitglieds, nicht ausreichend auf eine Gemeinderatssitzung vorbereitet zu sein bzw. sich nicht so vorbereitet zu haben, kann objektiv jedenfalls dann keine anerkennenswerte Ausnahme vom Verbot der Stimmenthaltung erwachsen, wenn es ordnungsgemäß zur Sitzung geladen wurde. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es kann offen bleiben, ob für eine ordnungsgemäße Ladung betreffend die Genehmigung eines notariellen Kaufvertrags die genauere Situierung des Grundstücks überhaupt zwingende Voraussetzung ist, da es in einer Gemeinde mit rund 3.600 Einwohnern – anders als in einer Großstadt – nicht zahlreiche parallel verlaufende Projekte aus dem Bereich der Bauleitplanung bzw. Orts-/Stadtentwicklung gibt, so dass es einem verständigen Gemeinderatsmitglied ohne weiteres möglich ist, aufgrund der Bezeichnung des Tagesordnungspunkts den dahinterstehenden Beratungsgegenstand zu identifizieren. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten darauf verzichtet haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der (mittlerweile wohl nach allgemeiner Meinung als Verwaltungsakt zu qualifizierende) Bescheid vom 28. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger somit nicht in eigenen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Bescheidsaufhebung (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das gegen den Kläger festgesetzte Ordnungsgeld basiert vorliegend auf Art. 48 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 GO, wonach der Gemeinderat gegen Mitglieder, die sich den Verpflichtungen zur Teilnahme an den Sitzungen und Abstimmungen ohne genügende Entschuldigung entziehen, Ordnungsgeld bis zu zweihundertfünfzig Euro im Einzelfall verhängen kann. Dabei steht sowohl die Frage, ob ein Ordnungsgeld verhängt wird, als auch dessen Höhe im Ermessen der Beklagten. Bei Ermessensentscheidungen überprüft das Gericht neben den eigentlichen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 114 Satz 1 VwGO, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Insoweit muss sich aus der Begründung des Bescheids ergeben, dass die Beklagte ihr Ermessen ausgeübt und dabei die Interessen des Betroffenen berücksichtigt und abgewogen hat, ferner von welchen Tatsachen sie ausgegangen ist und welche rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe sie angewandt hat.
Der streitgegenständliche Bescheid wird diesen Anforderungen gerecht. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 GO waren vorliegend erfüllt, weil der Kläger ohne genügende Entschuldigung gegen seine Pflicht zur Teilnahme an Abstimmungen bzw. das Verbot der Stimmenthaltung verstoßen hat (dazu 1.1). Für diese Pflichtverletzung hat die Beklagte ermessengerecht ein Ordnungsgeld in der konkreten Höhe verhängt. Gerichtlich überprüfbare Ermessensfehler enthält der Bescheid insoweit nicht (dazu 1.2).
1.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach Art. 48 Abs. 2 GO sind erfüllt, weil der Kläger gemäß Art. 48 Abs. 1 GO Satz 1 Alt. 2 GO verpflichtet war, bei der Abstimmung über den TOP Nr. 30 a) der Sitzung vom 9. November 2016 teilzunehmen und nicht berechtigt war, sich der Stimme zu enthalten (vgl. Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GO).
Da der Kläger sich unstrittig seiner Stimme enthalten hat, ist allein fraglich, ob zu seinen Gunsten ein (ungeschriebener) Ausnahmefall vom Verbot des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GO greift, der eine Stimmenthaltung rechtfertigen würde. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.1984 – 4 B 83 A.1860 – BayVBl 1985, 339) muss es die Möglichkeit einer genügenden Entschuldigung nicht nur bzgl. der Teilnahmepflicht an sich, sondern auch bzgl. des Stimmenthaltungsverbots geben. Neben dem Wortlaut von Art. 48 Abs. 2 GO spricht dafür auch, dass in untypischen Situationen eine Konfliktlage bestehen mag, die eine Stimmenthaltung ausnahmsweise als genügend entschuldigt erscheinen lassen kann (vgl. BayVGH a.a.O. unter Verweis auf BayVerfGH, Entsch.v. 23.7.1984 – Vf. 15 – VII/83 – BayVBl 1984, 621). Allein als Ausdruck von Meinungsverschiedenheiten politischer oder rechtlicher Art rechtfertigt sich eine solche Enthaltung allerdings nicht (in diesem Sinne BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 4 ZB 14.1494 – juris Rn. 7 für den Fall des „Entfernens“ aus der Sitzung). Andernfalls würde das Stimmenthaltungsverbot vielfach in den Fällen nicht greifen, in denen rechtlich oder politisch umstrittene Beschlüsse inmitten stehen; gerade hier aber kommt dem Gebot, einer Sachentscheidung nicht durch Stimmenthaltung auszuweichen, eine erhöhte Bedeutung zu. Die Stimmenthaltung kann deshalb nur in besonderen Ausnahmesituationen als genügend entschuldigt angesehen werden. Voraussetzung hierfür ist eine Konfliktlage, die vom einzelnen Gemeinderatsmitglied nicht anders als durch Stimmenthaltung gelöst werden kann, weil ihm ein Abstimmen mit Ja oder Nein auch bei objektiver Betrachtung nicht zumutbar ist. Das mag z.B. der Fall sein bei einem echten Gewissenskonflikt, bei einer vom Wortlaut des Art. 49 Abs. 1 GO nicht erfassten persönlichen Beteiligung, oder wenn der Gemeinderat die persönliche Beteiligung nach Art. 49 Abs. 2 GO zu Unrecht verneint hat (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.1984 – 4 B 83 A.1860 – BayVBl 1985, 339).
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Stimmenthaltung des Klägers nicht als genügend entschuldigt angesehen werden.
Soweit er sich auf eine angebliche Überschreitung des gemeindlichen Aufgabenkreises bei den Grundstücksverkäufen bzw. allgemein auf eine angebliche Rechtswidrigkeit des Handelns der Beklagten beruft, handelt es sich um eine rechtliche Meinungsverschiedenheit, die nicht mit dem Mittel der Stimmenthaltung ausgetragen werden kann. Hält ein Gemeinderatsmitglied einen Beschluss für rechtswidrig, so ist ihm die Ablehnung dieses Beschlusses nicht nur zumutbar; sie entspricht vielmehr der gewissenhaften Wahrnehmung seiner Obliegenheiten (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.1984 – 4 B 83 A.1860 – BayVBl 1985, 339).
Soweit sich der Kläger auf einen angeblichen Gewissenskonflikt beruft, kann ihm hierin nicht gefolgt werden. Objektiv betrachtet behandelt der Beschlussgegenstand schlicht die Genehmigung eines Grundstückverkaufs, d.h. eine Angelegenheit, mit welcher der Gemeinderat der Beklagten in gleichgelagerten Konstellationen in der Vergangenheit bereits wiederholt und regelmäßig befasst war und welche in mehreren Gemeinderatssitzungen beginnend mit der initiierten Bauleitplanung thematisch vorbereitet wie konkretisiert worden war. Vor diesem Hintergrund liegt es fern, dies als Gewissensentscheidung einzuordnen, also einer Entscheidung, die den Charakter eines unabweisbaren, den Ernst eines die gesamte Persönlichkeit ergreifenden, an den Kategorien von “Gut” und “Böse” orientierten sittlichen Gebots trägt (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.1984 – 4 B 83 A.1860 – BayVBl 1985, 339 unter Verweis auf die st. Rspr. des BVerfG). Soweit der Kläger Bedenken gegen den Verkauf an sich oder spezifische Vertragsinhalte gehabt hätte, wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, mit Nein zu stimmen. Ebenso wenig rechtfertigt der vom Kläger geltend gemachte bzw. von ihm subjektiv als solcher empfundene Zwiespalt eine Enthaltung aus Gewissengründen. Soweit er vorträgt, dass er in einen inneren Konflikt mit seinem als Gemeinderat geleisteten Eid, seine Aufgaben gewissenhaft wahrzunehmen, gekommen sei, weil er sich aus seiner Sicht nicht ausreichend zum Beschlussgegenstand informiert gefühlt habe, verkennt der Kläger, dass ihn dieser Eid auch dazu verpflichtet, sich in einem gewissen Umfang eigenverantwortlich auf die jeweilige Gemeinderatssitzung vorzubereiten, sofern er dies im Vorfeld und über die ihm bisher zur Verfügung gestellten Materialen als notwendig erachtet. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs steht der Pflicht des ersten Bürgermeisters zu einer ordnungsgemäßen Ladung und Vorbereitung der Beratungsgegenstände (vgl. Art. 47 Abs. 2, Art. 46. Abs. 2 Satz 1 und 2 GO) korrespondierend bzw. ergänzend die Pflicht des einzelnen Gemeinderatsmitglieds gegenüber, sich vor Beschlussfassung eigenverantwortlich über die Rechtslage zu informieren (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 4 ZB 13.2225 – juris Rn. 15). Dementsprechend räumt § 3 Abs. 5 Satz 2 GeschO dem Kläger bzw. jedem Gemeinderatsmitglied „zur Vorbereitung von Tagesordnungspunkten der nächsten Sitzung nach vorheriger Terminvereinbarung das Recht zur Einsicht in die entscheidungserheblichen Unterlagen“ ein. Der Kläger hatte vor und während der Sitzung ausreichend Gelegenheit, sich zum Beratungsgegenstand zu informieren, so dass seinem jedenfalls aus der Geschäftsordnung ableitbaren Individualanspruch genüge getan wurde (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 4 ZB 13.2225 – juris Rn. 14). Allein der Umstand, dass seine E-Mail nicht als solche beantwortet wurde, ändert hieran nichts (eine Übersendung des Volltextes des Notarvertragsentwurfs war ohnehin nicht veranlasst, dazu s.u.). Aus dem „schlechten Gewissen“ eines Gemeinderatmitglieds, nicht ausreichend auf eine Gemeinderatssitzung vorbreitet zu sein bzw. sich nicht so vorbereitet zu haben, kann objektiv jedenfalls dann keine anerkennenswerte Ausnahme vom Verbot der Stimmenthaltung erwachsen, wenn – wie vorliegend – es ordnungsgemäß zur Sitzung geladen wurde.
Der Kläger wurde ordnungsgemäß zur Gemeinderatssitzung am 9. November 2016 geladen; insbesondere genügen die zu TOP Nr. 30 a) in der Ladung enthaltenen Informationen vorliegend den von der Rechtsprechung zu Art. 47 Abs. 2 GO entwickelten Anforderungen. Zudem war eine Übersendung des vollständigen Vertragsentwurfs keine Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Ladung. Unter Ladung im Sinne von Art. 47 Abs. 2 GO ist der technische Vorgang des fristgemäßen Zusendens der schriftlichen Einladungen zu verstehen. Die Angabe der Tagesordnung erfordert eine konkrete Benennung der einzelnen Beratungsgegenstände (Tagesordnungspunkte), damit es den Gemeinderatsmitgliedern ermöglicht wird, sich auf die Behandlung der einzelnen Gegenstände vorzubereiten. Über die Beifügung von Unterlagen enthält die Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern – anders als beispielsweise § 34 Abs. 1 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg – keine Regelung (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2008 – 4 BV 07.211 – juris Rn. 22). Inwieweit die Bezeichnung eines Tagesordnungspunkts diesen Anforderungen genügt, ist letztendlich eine Frage des Einzelfalls und hängt von Faktoren wie etwa einer bereits erfolgten Vorbefassung bzw. der Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Befassung mit derartigen oder thematisch ähnlichen Tagesordnungspunkten, der Größe der Gemeinde, der Bedeutung der Angelegenheit usw. ab (vgl. in diesem Sinne jedenfalls bzgl. des Aspekts der Vorbefassung auch BayVGH, B.v. 4.10.2010 – 4 CE 10.2403 – juris Rn. 7). Nach diesen Prämissen beurteilt war die Angabe zu TOP Nr. 30/31 a) „Notarangelegenheiten, Kaufvertrag vom xx.xx.2016, URNr. …/2016 mit den Eheleuten Dr. P. und A. B“ ausreichend, um es den Gemeinderatsmitgliedern zu ermöglichen, den hinter dem Tagesordnungspunkt stehenden Beratungsgegenstand zu erkennen und sich auf dessen Behandlung vorzubereiten. Zwar ist dem Kläger insoweit zuzustimmen, dass es gegebenenfalls noch präziser gewesen wäre, etwa die Erschließungsstraße oder das Baugebiet, in welchem das Grundstück situiert ist, ergänzend zu benennen. Letztendlich war es aber den Gemeinderatsmitgliedern auch ohne diese Angaben möglich zu erkennen, dass es sich um einen Grundstücksverkauf im Rahmen des Baugebiets „Steinleiten“ handelt. Wie die Bevollmächtigten der Beklagten zutreffend vortragen, war der Gemeinderat der Beklagten ab November 2015 bis zur Gemeinderatssitzung am 9. November 2016 mehrfach und in zeitlich relativ kurzen Abständen mit den bauleitplanungsrechtlichen wie fiskalischen (Grunderwerb-) Aspekten dieses Baugebiets befasst. Berücksichtigt man zudem, dass es in einer Gemeinde mit der Größe der Beklagten (rund 3.600 Einwohner) – anders als in einer Großstadt – nicht zahlreiche parallel verlaufende Projekte aus dem Bereich der Bauleitplanung bzw. Orts-/Stadtentwicklung gibt, so war es einem verständigen Gemeinderatsmitglied ohne weiteres möglich, aufgrund der Bezeichnung des Tagesordnungspunkts den dahinterstehenden Beratungsgegenstand zu identifizieren. Daher kann offen bleiben, ob für eine ordnungsgemäße Ladung betreffend die Genehmigung eines notariellen Kaufvertrags die genauere Situierung des Grundstücks überhaupt zwingende Voraussetzung ist. Ebenso wenig führt die unterlassene Übersendung eines Volltexts des Vertragsentwurfs zu einem Ladungsmangel.
§ 23 Abs. 1 Satz 3 GeschO bestimmt insoweit, dass „der Tagesordnung weitere Unterlagen, insbesondere Beschlussvorlagen für den öffentlichen Teil sowie der öffentliche Teil der letzten Gemeinderatssitzung beigefügt werden sollen, wenn und soweit das sachdienlich ist und Gesichtspunkte der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen“. Im Umkehrschluss daraus ist abzuleiten, dass für nichtöffentliche Tagesordnungspunkte im Regelfall gerade keine Übersendung vorbereitender Unterlagen vorgesehen ist. Unabhängig davon würde selbst ein Verstoß gegen § 23 GeschO die Ordnungsmäßigkeit der Ladung nicht berühren (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2008 – 15 NE 08.1522 – juris Rn. 16 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 18.6.2008 – 4 BV 07.211 – juris Rn. 22 ff.).
Eine Enthaltung ist schließlich ebenso wenig gerechtfertigt, weil der Vertragungsantrag des Klägers in der Sitzung durch die Mehrheit der anwesenden Gemeinderatsmitglieder abgelehnt wurde, da dem Kläger als einzelnem Mitglied des Gemeinderats bereits kein solches Recht auf Vertagung (wegen subjektiv empfundenem, weiteren „Aufklärungsbedarfs“) zusteht (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2014 – 4 ZB 13.2225 – juris Rn. 16).
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass der Kläger sich ohne genügende Entschuldigung seiner Stimme enthalten und damit gegen das Stimmenthaltungsverbot des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GO verstoßen hat. Zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Gemeinderats darf in derartigen Fällen ein Ordnungsgeld verhängt werden (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 4 ZB 14.1494 – juris Rn. 7 für den vergleichbaren Fall des „Sich-Entfernens“).
1.2 Der Gemeinderat hat daher ermessensgerecht die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Kläger beschlossen (Art. 48 Abs. 2 GO; zum Ausschluss des Klägers wegen persönlicher Beteiligung ohne diesbezüglichen formalen Beschluss vgl. Glaser in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand Mai 2018, Art. 49 Rn. 16 m.w.N.). Die Beklagte hat auch das ihr in Bezug auf die Höhe des Ordnungsgeldes zustehende Ermessen ordnungsgemäß und zweckentsprechend ausgeübt. Das Ordnungsgeld verfolgt den Zweck, das Gemeinderatsmitglied zukünftig zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Verpflichtungen aus Art. 48 Abs. 1 GO anzuhalten. Es ist entgegen der Ansicht des Klägers weder Strafe oder Geldbuße, sondern eine disziplinäre Maßnahme mit Beugecharakter. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses war der Kläger im Amt und der Zweck des Ordnungsmittels somit erreichbar. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte stattdessen nicht lediglich eine Rüge – etwa als milderes Mittel – erteilt hat. Da sich der Kläger bereits in der Vergangenheit wiederholt und trotz Hinweises auf Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GO der Abstimmung enthalten hat, erscheint dem Gericht die Einschätzung der Beklagten, dass dies deutlich weniger, wenn nicht gänzlich ineffektiv gewesen wäre, nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund weisen auch die Erwägungen zur Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes keine Ermessensfehler auf. Das verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 150,- EUR hält sich in einem mittleren Bereich innerhalb des aus Art. 48 Abs. 2 GO ersichtlichen Rahmens bis 250,- EUR und ist angesichts der konkreten Umstände des Pflichtenverstoßes insgesamt verhältnismäßig.
Einwände gegen die Nrn. II und III des Bescheids vom 28. April 2017 sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
4. Gründe i.S.v. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO für die vom Kläger beantragte erstinstanzliche Zulassung der Berufung lagen nicht vor.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben