Verwaltungsrecht

Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen

Aktenzeichen  21 ZB 15.1783

Datum:
10.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 99
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Satzung der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen § 12 Abs. 1, § 17 Abs. 3 S. 1
Tarifordnung für die deutschen Theater § 1 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4
UStG § 14 Abs. 4

 

Leitsatz

1. Die Verpflichtung zur Versicherung eines Bühnenschaffenden und damit die Mitgliedschaft in der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen setzt voraus, dass der Bühnenschaffende im Theaterbetrieb in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn der Bühnenschaffende in den Theaterbetrieb eingegliedert ist, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffenden Weisungsrecht des Theaterunternehmers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhat. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme genügt zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

12 K 14.2467 2015-02-26 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten in erster Linie darüber, ob die Klägerin Pflichtmitglied der beklagten Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) ist.
Die Klägerin betreibt seit mehr als 20 Jahren in … ein Musiktheater für Kinder. Ein Fragebogen zur Prüfung der Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft bei der VddB, den die Klägerin der Beklagten am 27. November 2012 zurückleitete, enthält unter anderem folgende Angaben: Die Theateraufführungen werden als eigene Produktionen erarbeitet. Die Mitwirkenden werden produktionsweise verpflichtet („Gast-Ensemble“), wobei der mit diesen geschlossene Vertrag als „Honorarvertrag“ bezeichnet wird. In der Spielzeit finden etwa 300 Aufführungen statt und die Spielstätte hat einen Fassungsraum von 480/150 Plätzen.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2013 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin ab dem 1. Januar 2014 Pflichtmitglied bei der VddB ist (Nr. 1). Zudem regelte sie Folgendes: Die Klägerin ist verpflichtet, ab 1. Januar 2014 über die fälligen Pflichtbeiträge für die in ihren Eigenproduktionen mitwirkenden Sänger und Schauspieler satzungsgemäß abzurechnen und die sich ergebenden Beträge monatlich zu überweisen (Nr. 2). Die Klägerin ist verpflichtet, ab 1. Januar 2014 über die fälligen Pflichtbeiträge für die sonstigen in ihren Eigenproduktionen überwiegend künstlerisch tätigen Mitwirkenden aus dem nichtdarstellerischen Bereich nach Maßgabe der Vollzugsvorschrift zu § 17 der Satzung der VddB satzungsgemäß abzurechnen und die sich ergebenden Beträge monatlich zu überweisen (Nr. 3). Die Klägerin ist verpflichtet, über die fällige Altersversorgungsabgabe für ihre Produktionen monatlich abzurechnen und die sich ergebenden Beträge zu überweisen (Nr. 4). Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt: Es lägen die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten gemäß der Tarifordnung für die deutschen Theater in Verbindung mit § 12 Abs. 1 der Satzung der Beklagten vor. Die Klägerin bringe eigene Theaterproduktionen öffentlich zur Aufführung und beschäftige hierfür Bühnenkünstler abhängig gegen Entgelt. Die Versicherungspflicht der mitwirkenden Sänger und Schauspieler ergebe sich aus § 17 der Satzung der Beklagten.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2014 zurück.
Die Klägerin hat am 10. Juni 2014 Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag erhoben, den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2013 und deren Widerspruchsbescheid aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2015 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung der Beklagten vom 12. Dezember 1991 in der zuletzt durch Satzung vom 20. Dezember 2013 geänderten Fassung lägen im Fall des von der Klägerin betriebenen Theaters vor. Die Klägerin beschäftige mindestens einen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Bühnenschaffenden. Sie unterliege deshalb auch den an die Pflichtmitgliedschaft anknüpfenden Verpflichtungen aus §§ 17, 26 Abs. 1 und § 46 der Satzung.
Die Klägerin hat gegen das am 15. Juli 2015 zugestellte Urteil am 12. August 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Das von der Klägerin innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, die Berufung zuzulassen.
1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
1.1. Die Klägerin meint, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die bei ihr tätigen Schauspieler keine abhängig Beschäftigten. Das ergebe sich bereits aus den Regelungen eines „Honorarvertrags“ mit den „Anlagen A und B“, der zwischen ihr und den bei ihr tätigen Darstellern für jeweils eine Spielzeit abgeschlossen und in der Praxis wie vereinbart umgesetzt werde. Danach würden Proben- und Aufführungszeiten nicht von der Klägerin vorgegeben, sondern im Einvernehmen zwischen den Vertragspartnern und den weiteren Beteiligten an einer Inszenierung abgestimmt. Die Zahlung der Honorare erfolge nach eigenständiger Rechnungsstellung durch die einzelnen Schauspieler. Der Spielplan werde ausdrücklich nach Abstimmung mit allen beteiligten Schauspielern, Musikern, Tänzern und Sängern erstellt (Anlage A Nr. 2 und Anlage B Nrn. 13 ff.). In der „Anlage A“ zum Honorarvertrag sei klargestellt, dass seitens der Klägerin keine Weisungsbefugnis über „Ort und Zeit der Schauspieler“ bestehe. In Nr. 8 der Anlage A zum Honorarvertrag sei geregelt, dass die Schauspieler verpflichtet seien, sich eigenverantwortlich um Kostüme, die Reinigung und Pflege der Kostüme und Requisiten sowie um die Maske zu kümmern. Das Verwalten der Betriebsmittel zur Ausführung der Tätigkeit widerspreche nach dem Beschluss des BayVGH vom 4. Januar 2007 (9 ZB 05.2157 – Rn. 25) einer Eingliederung in den Betrieb. Gegen eine persönliche Abhängigkeit der Schauspieler spreche darüber hinaus, dass alle Darsteller, die bei der Klägerin beschäftigt seien, in der Regel noch anderen Beschäftigungen nachgingen.
Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin nach § 12 Abs. 1 der Satzung der Beklagten vom 12. Dezember 1991 (BAnz 1991 S. 8326 und 1992 S. 546) in der bei Erlass des angefochtenen Bescheids geltenden Fassung der Änderungssatzung vom 20. Dezember 2013 (BAnz 2014 AT vom 15.1.2014 B 2 – im Folgenden: Satzung) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Tarifordnung für die deutschen Theater vom 27. Oktober 1937 (RABl. IV S. 1080 – im Folgenden: TO) deshalb Pflichtmitglied der Beklagten ist, weil sie für (mindestens eine) in ihrem Theaterbetrieb beschäftigte Bühnenschaffende eine Alters- und Hinterbliebenenversicherung abzuschließen hat.
Die Verpflichtung zur Versicherung eines Bühnenschaffenden nach § 1 Abs. 1 TO, und damit die Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten, setzt voraus, dass der Bühnenschaffende im Theaterbetrieb in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig ist (vgl. BayVGH, U.v. 18.12.2003 – 9 B 03.1286 – juris Rn. 30). Das ist dann der Fall, wenn er in den Theaterbetrieb eingegliedert ist, sei es, dass er umfassend einem Zeit, Dauer und Ort der Arbeit betreffenden Weisungsrecht des Theaterunternehmers unterliegt, sei es auch nur, insbesondere bei Diensten höherer Art, dass er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhat. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit insbesondere durch das eigene Unternehmerrisiko und eine eigene Betriebsstätte gekennzeichnet. Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen. Grundlage der Beurteilung sind die tatsächlichen Verhältnisse. Die in einer vertraglichen Vereinbarung gewählte Bezeichnung oder rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist dagegen nicht maßgebend (vgl. BSG, U.v. 28.1.1999 – B 3 KR 2/98 R – juris Rn. 20 und U.v. 20.3.2013 – B 12 R 13/10 R – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 4.1.2007 – 9 ZB 05.2157 – juris Rn. 24).
Einer Eingliederung der Darsteller in den Theaterbetrieb der Klägerin steht nicht schon der Umstand entgegen, dass das mit dem Honorarvertrag vereinbarte Engagement nach dem Zulassungsvorbringen jeweils auf eine Spielzeit begrenzt ist. Zwar erfordert das Kriterium der Eingliederung eine gewisse zeitliche Dauer, die aber bei der hier für eine gesamte Spielzeit verabredeten Zusammenarbeit ohne Weiteres erreicht ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2007 – 9 ZB 05.2157 – juris Rn. 25).
Der Klägerin ist einzuräumen, dass den Schauspielern nach dem Inhalt des Honorarvertrags hinsichtlich der Probensowie Aufführungszeiten und bei der Erstellung des Spielplans eine weitgehende Mitbestimmung zugestanden ist. Allerdings hat das für die Frage, ob bei der Klägerin Schauspieler abhängig beschäftigt sind, keine durchgreifende Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr, dass die Schauspieler nach dem Inhalt des Honorarvertrags, der nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin auch die tatsächliche Ausgestaltung des Theaterbetriebs prägt, Bindungen unterworfen sind, die sicherstellen, dass sie funktionsgerecht dienend an dem Arbeitsprozess im Theater teilhaben. Eine solchermaßen vorhandene Eingliederung in den Betrieb der Klägerin ergibt sich aus Folgendem:
Nach dem vorgelegten Muster eines Honorarvertrags wird der jeweilige Schauspieler für genau bezeichnete Projekte und eine bestimmte Spielzeit engagiert. In dieser Zeit ist der Schauspieler vertraglich verpflichtet, an den gemeinsam abgesprochenen Proben und Aufführungen teilzunehmen. Denn nach der „Leistungsbeschreibung“ des „Honorarvertrags“ werden lediglich die Proben- und Aufführungszeiten im Einvernehmen zwischen beiden Vertragspartnern und allen anderen Beteiligten abgestimmt. Umgekehrt ergibt sich daraus, dass die abgesprochenen Proben und Aufführungen nicht in das Belieben des einzelnen Mitwirkenden gestellt sind. Dem entspricht die Regelung in Nr. 10 der „Anlage B zum Honorarvertrag“ (Anlage B), wonach eine Probe in der Regel bis zu sechs Stunden dauert und sich die Schauspieler und Musiker die Endprobenwoche komplett für Proben frei halten „müssen“. Die Pflicht zur Teilnahme an den (gemeinsam abgestimmten) Vorstellungen verdeutlicht die Regelung in Nr. 18 der Anlage B. Danach können selbst vereinbarte „Optionstermine“ nur nach „Absprache (!!)“ ersatzlos und kostenfrei abgesagt werden. Für die übrigen Termine gilt demgegenüber Nr. 7 der Anlage B. Danach muss ein Darsteller das anfallende Honorar für die anderen Kollegen oder eventuelle Umbesetzungsproben bezahlen sowie die dem Theater entstehenden Einnahmeverluste ausgleichen, wenn Vorstellungen z.B. wegen Dreharbeiten des Darstellers ausfallen müssen und die Vorstellung nicht ohne Verluste verlegt werden kann.
Letztlich räumt auch die Klägerin ein, dass die von ihr engagierten Schauspieler und Musiker die vereinbarten Proben- und Aufführungstermine wahrzunehmen haben, wenn sie vorbringt, Schauspieler und Musiker seien nicht verpflichtet, an Probenterminen teilzunehmen, welche sie vorgebe.
Auf eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess und damit eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zielt auch Nr. 6 der „Anlage A zum Honorarvertrag“ (Anlage A), nach der das Theater bei Urlaubsplanungen oder anderweitigen Engagements, die einen Sperrzeitraum von sieben Tagen (und mehr) zur Folge haben, um Rücksprache bittet. Entsprechendes gilt auch für die Bestimmungen der Nr. 5 der Anlage B. Danach müssen die Requisiten, Kostüme und Instrumente von jedem Schauspieler/Musiker eine Stunde vor Vorstellungsbeginn eigenverantwortlich bereit gelegt werden, damit der Soundcheck in Ruhe durchgeführt werden kann; nach der letzten Vorstellung eines Sets sind Requisiten, Kostüme und Instrumente an die Bühnenkante zum Verpacken hinzustellen.
Ohne die solchermaßen bestehende Eingliederung der Darsteller in den Theaterbetrieb wäre es der Klägerin kaum möglich, in der Spielzeit etwa 300 Vorstellungen zu geben. Vor diesem Hintergrund spricht es nicht gegen die für eine abhängige Beschäftigung erforderliche Eingliederung in den Theaterbetrieb der Klägerin, dass die Schauspieler dort nach dem Zulassungsvorbringen weder über einen festen Arbeitsplatz und einen eigenen Telefonanschluss verfügen noch über Visitenkarten des Betriebs der Klägerin. Vielmehr ist das im Wesentlichen dem Umstand zuzuschreiben, dass die Klägerin kein Ensembletheater betreibt, sondern die Darsteller über Spielzeitverträge verpflichtet.
Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind von der Klägerin nicht dargetan.
So ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nichts dafür, dass die Schauspieler über einen eigenen, unabhängig von der Betriebsstätte der Klägerin bestehenden Betrieb verfügen.
Die für die Klägerin tätigen Schauspieler tragen kein erhebliches, für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Unternehmerrisiko. Sie erhalten nach dem Inhalt des Honorarvertrages für jeden Probentag und für jede Vorstellung einen festen, erfolgsunabhängigen Honorarsatz und zudem nach Nr. 6 der Anlage B für eine ausgefallene Vorstellung ein Ausfallhonorar von 45,00 Euro oder ein Honorar für eine ersatzweise angesetzte Probe. Das Ausfallhonorar kann nach seiner Höhe auch als eine das Unternehmerrisiko ausschaltende Garantie eines Mindestlohns angesehen werden (vgl. dazu BSG, U.v. 19.12.1979 – 12 RK 52.78 – juris Rn. 14).
Demgegenüber hat der mit dem Zulassungsantrag hervorgehobene Umstand keine maßgebende Bedeutung, dass die Schauspieler nach Nr. 8 der Anlage A verpflichtet sind, sich eigenverantwortlich um die Maske zu kümmern und für die Vollständigkeit und Pflege ihrer Kostüme oder Requisiten zu sorgen. Das gilt umso mehr, als es sich bei dem vorgelegten „Honorarvertrag“ ersichtlich um einen Formularvertrag handelt und weder dargelegt noch offensichtlich ist, dass die Schauspieler in irgendeiner Weise die konkrete Vertragsgestaltung und die Rahmenbedingungen der Leistungserfüllung hätten mitbestimmen können (vgl. BayLSG, U.v. 25.6.2010 – L 5 R 140.08 – juris Rn. 24). Unzutreffend ist im Übrigen der Hinweis der Klägerin, nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs widerspreche das Verwalten der Betriebsmittel durch den Schauspieler einer Eingliederung in den Betrieb. Der als Beleg von der Klägerin angeführte Beschluss vom 4. Januar 2007 (9 ZB 05.2157) enthält einen solche Feststellung nicht.
Das Vorbringen der Klägerin, die bei ihr engagierten Darsteller gingen in der Regel noch anderen Beschäftigungen nach, rechtfertigt es in der Gesamtschau ebenfalls nicht, von deren selbständiger Tätigkeit auszugehen. Die Mehrfachbeschäftigung ist nicht auf den Personenkreis der Selbständigen beschränkt, sondern auch für abhängig Tätige zur Sicherung des Lebensunterhalts bedeutsam (so bereits BayVGH, B.v. 4.1.2007 – 9 ZB 05.2157 – juris Rn. 25).
Der ebenfalls auf eine Selbständigkeit der Darsteller zielende Vortrag der Klägerin, die Zahlung der Honorare erfolge nach eigenständiger Rechnungsstellung durch die einzelnen Schauspieler, ist schon zu unsubstantiiert. Er lässt nicht einmal ansatzweise erkennen, dass die Darsteller die von ihnen erbrachte Leistung wie beruflich selbständig Tätige (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) mit einer Rechnung abrechnen, die den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht. Dagegen spricht im Übrigen die Aussage der Zeugin L* …, wonach sie ihre Spiel- und Probetage in eine Tabelle eintrage, die dann am Ende des Monats vergütet werde.
1.2 Zur Darlegung ernstlicher Richtigkeitszweifel wendet die Klägerin im Hinblick auf Nr. 2 des angefochtenen Bescheids ohne Erfolg ein, das Verwaltungsgericht habe aus der Annahme der abhängigen Beschäftigung einer einzelnen Schauspielerin im Betrieb der Klägerin auf eine generelle Beitragspflicht für alle an den unterschiedlichen Inszenierungen tätigen Darsteller geschlossen, obgleich die Klägerin vorgetragen habe, dass die „Ausgestaltung des Inhalts und des Umfangs der bei ihr tätigen Darsteller unterschiedlich“ sei.
Das Verwaltungsgericht hat eine solche Schlussfolgerung weder im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Nr. 1 des angefochtenen Bescheids noch im Hinblick auf Nr. 2 des Bescheids gezogen.
1.2.1 Es hat bezogen auf die angefochtene Feststellung der Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten (Nr. 1 des Bescheids) ausgeführt: Es sei festzustellen, dass die Klägerin mindestens einen abhängig beschäftigten Schauspieler angestellt hätte, aus Sicht der Kammer würden die für eine abhängige Tätigkeit der Künstlerin S* … L* … sprechenden Merkmale überwiegen. Das Verwaltungsgericht orientiert sich damit an der mit dem Zulassungsantrag nicht in Zweifel gezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten voraussetzt, dass der Theaterunternehmer mindestens einen Bühnenschaffenden in einem abhängigen Arbeitsverhältnis beschäftigt (vgl. BayVGH, U.v. 20.1.1989 – 9 B 83 A. 2480 – unveröffentlicht).
1.2.2 Bezüglich der mit der Klage ebenfalls angefochtenen Verpflichtung der Klägerin, über die fälligen Pflichtbeiträge für die in den Eigenproduktionen der Klägerin mitwirkenden Sänger und Schauspieler satzungsgemäß abzurechnen und die sich ergebenden Beträge monatlich zu überweisen (Nr. 2 des Bescheids), hat das Verwaltungsgericht zum Personenkreis der Versicherten, für die Beiträge abzuführen sind, auf die Regelung des § 17 Abs. 1 der Satzung i.V.m. § 1 Abs. 3 TO verwiesen. Es hat damit deutlich gemacht, dass sich diese Verpflichtung nicht auf alle im Rahmen der Inszenierungen beschäftigten Darsteller bezieht, sondern nur auf die im Sinn der genannten Vorschriften abhängig beschäftigten Bühnenschaffenden. Das verdeutlicht auch der angefochtene Bescheid.
1.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich nicht aus dem Vorwurf der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung aufgrund einer falschen Wertung der Aussagen der Zeuginnen L* … und G* … unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt.
Das Gericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Der Zulassungsantrag zeigt nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die Grenzen der ihm danach obliegenden freien Beweiswürdigung überschritten hat. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn das Gericht gesetzliche Beweisregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hätte oder wenn dessen Beweiswürdigung offensichtlich sachwidrig und damit willkürlich wäre. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme genügt dagegen zur Begründung ernstlicher Zweifel nicht (vgl. Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2020, § 124 Rn. 26g m.w.N.).
1.3.1 Eine solchermaßen fehlerhafte Beweiswürdigung ergibt sich nicht aus dem Zulassungsvorbringen, die Zeugin L* … habe ausdrücklich mitgeteilt, dass sie neben der Beschäftigung bei der Klägerin mehreren weiteren Tätigkeiten nachgehe. Sie habe zudem bestätigt, dass sie keinerlei Ausfallhonorar oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bekomme und verpflichtet sei, sich selbst zu schminken und einzukleiden. Das Verwaltungsgericht schließe aus diesen und anderweitigen Aussagen der Zeugin eine abhängige Beschäftigung. Es verkenne damit, dass die Zeugin L* … den klägerischen Vortrag, dass eine weisungsgebundene Eingliederung in den Betrieb gerade nicht bestehe, bestätigt habe. Die Klägerin setzt damit lediglich ihre Bewertung der Aussage der Zeugin L* … an die Stelle der gerichtlichen Bewertung, ohne konkret aufzuzeigen, dass diese auf einer mangelhaften Bewertung beruht.
1.3.2 Ebenso wenig greift die Rüge durch, das Verwaltungsgericht habe die Aussage der Zeugin G* … aus dem Zusammenhang gerissen und in einen neuen, die Begründung einer abhängigen Beschäftigung stützenden Zusammenhang gestellt, welcher der tatsächlichen Aussage der Zeugin nicht entspreche. So sei in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Zeugin L* … habe auch noch keine Vorstellung wegen besser dotierter Aufgaben abgesagt, solches werde nach Aussage der Zeugin G* … auch nicht gern gesehen. Das Verwaltungsgericht hat damit die Aussagen der Zeuginnen L* … und G* … in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise in ihrer Gesamtheit gewürdigt.
1.3.3 Ein Mangel der Beweiswürdigung ist schließlich nicht darin zu sehen, dass in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ausgeführt ist, zwar könnten auch Schauspieler bei der Entwicklung eines Stückes Ideen einbringen, letztlich entscheide jedoch der Regisseur, wie sich aus der Aussage der Zeugin G* … ergebe, welche Ideen weiterverfolgt und in das Stück aufgenommen würden. Die Klägerin verweist zwar zu Recht darauf, dass die Zeugin G* … nach dem Inhalt des Sitzungsprotokolls die Letztentscheidungsbefugnis des Regisseurs als nach ihrer aus dem Engagement für das Stück „… …“ gewonnenen Erfahrung als – nicht eingetretene – Möglichkeit beschrieben hat. Nicht anders ist die von der Klägerin gerügte Feststellung des Verwaltungsgerichts zu verstehen, die auf eine gegenüber den Darstellern letztlich vorhandene Weisungsbefugnis des Regisseurs abstellt.
2. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Zu der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderlichen Darlegung einer Grundsatzrüge hat der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, ihre Entscheidungserheblichkeit für den Rechtsstreit auszuführen, die Klärungsbedürftigkeit der Frage zu erläutern und darzulegen, warum die Frage über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72).
Dem genügt der Zulassungsantrag nicht. Es wird schon keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert. Stattdessen wird in der Art einer Berufungsbegründung die Rechtsauffassung erläutert, § 17 der Satzung i.V.m. § 1 Abs. 3 TO verletze die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 3 und 14 GG, weil § 17 Abs. 3 der Satzung eine Befreiung von der „Pflichtmitgliedschaft“ lediglich für die Bühnenmitglieder vorsehe, die gleichzeitig zu der Beschäftigung im Theater in einem Beamtenverhältnis stünden, während für alle anderen Fälle einer ausreichenden Altersversorgung eine solche Befreiungsmöglichkeit nicht gewährt werde.
Die Grundsatzrüge bliebe auch dann ohne Erfolg, wenn davon auszugehen sein sollte, dass die Klägerin als grundsätzlich bedeutsam die Frage aufwerfen wollte, ob die Regelungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 der Satzung aus dem vorgenannten Grund gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) verstößt. Mit dem Zulassungsantrag wäre nicht dargelegt, dass es für die mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte und durch das Verwaltungsgericht bestätigte Pflichtmitgliedschaft der Klägerin auf die Klärung der Frage ankommt, ob die durch § 17 Abs. 3 Satz 1 der Satzung eingeräumte Möglichkeit der Befreiung eines Bühnenangehörigen von der Pflichtversicherung bei der Beklagten gegen höherrangiges Recht verstößt.
3. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
Die Klägerin sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Verwaltungsgericht von den in der Klageschrift vom 11. Juni 2014 angebotenen 18 Zeugen nur zwei gehört habe und das auch nur zu einer geringen Auswahl der von der Rechtsprechung bei der Gesamtbetrachtung zugrunde zu legenden Abgrenzungskriterien.
Die damit der Sache nach geltend gemachte Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ausreichend von Amts wegen erforscht, wurde entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO schon nicht hinreichend dargelegt.
Zur Begründung einer Aufklärungsrüge ist darzulegen, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. (BVerwG, B.v. 24.3.2003 – 8 B 168/02 – juris Rn. 22).
Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es wird schon nicht substantiiert dargelegt, zu welchen Abgrenzungskriterien es einer weiteren Aufklärung bedurft hätte. Zudem bleibt offen, aus welchen Gründen sich dem Verwaltungsgericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt, wonach die Pflichtmitgliedschaft eines Theaterunternehmers bei der Beklagten bereits bei einem abhängig beschäftigten Bühnenschaffenden besteht, die Vernehmung weiterer Zeugen hätte aufdrängen müssen.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2015 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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