Verwaltungsrecht

Prinzip der Bestenauslese bei Konkurrenz zwischen Beförderungs- und Umsetzungsbewerbern

Aktenzeichen  M 5 K 16.3452

Datum:
24.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 33 Abs. 2
Richtlinie über die Bestellung auf Dienstposten der Polizei – RBestPol Nr. 3

 

Leitsatz

1 Legt der Dienstherr sich in der Ausschreibung bei einer Konkurrenz zwischen Beförderungs- und Umsetzungsbewerbern nicht auf das Prinzip der Bestenauslese fest, weil nach seiner Richtlinie (RBestPol Nr. 3) bei besonderen dienstlichen Gründen eine Stelle vorrangig mit Umsetzungsbewerbern besetzt werden kann, ist kein Leistungsvergleich der Bewerber erforderlich. (redaktioneller Leitsatz)
2 In der gezielten Personalentwicklung einer langjährigen Führungskraft durch Erhöhung der Verwendungsbreite sowie der Qualifizierung für weitere Führungsaufgaben liegt ein besonderer dienstlicher Grund für die vorrangige Stellenbestzung mit einem Umsetzungsbewerber. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage (vgl. NdsOVG, B.v. 8.6.2011 – 5 ME 91/11 – NVwZ 2011, 891) ist unbegründet. Das als Verwaltungsakt zu qualifizierende Absageschreiben vom 19. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, er hat keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über die Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Dienstherr in der Ausschreibung zwischen Beförderungs- und Versetzungsbewerbern unterscheiden kann. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs-/Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes/GG ausgerichtetes Auswahlverfahren (Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese) fest. Da in der Ausschreibung ausdrücklich angegeben ist, dass Umsetzungen nach Nr. 3 RBestPol (Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und des höheren Dienstes der … Polizei vom 20. August 1997 i. d. F. vom 21. März 2003/RBestPol) vorrangig durchgeführt werden können, hat sich das Ministerium nicht auf ein Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese beschränkt. Der Beigeladene, der Umsetzungs-/Versetzungsbewerber ist, musste deshalb nicht nach dem Grundsatz der Bestenauslese behandelt werden. Die getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen muss daher nur den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen (aber sehr weit gespannten) Ermessens genügen und darf nicht willkürlich sein (BayVGH, B.v. 9.1.2015 – 3 ZB 12.1126 – juris Rn. 5; B.v. 9.1.2013 – 3 CE 12.2491 – juris Rn. 17 m. w. N.).
a) Eine Rechtsverletzung des Klägers in der Konkurrenz um den streitigen Dienstposten kommt dementsprechend in Bezug auf den Grundsatz der Bestenauslese nicht in Betracht. Dementsprechend hat der Beklagte auch im angefochtenen Bescheid vom 19. Juli 2016 die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen als Versetzungsbewerber nicht auf einen Leistungsvergleich gestützt, sondern auf das Vorliegen besonderer dienstlicher Gründe.
b) Die getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Gemäß Nr. 3.1.1 RBestPol können Beamte, die bereits einen gegenüber dem ausgeschriebenen Dienstposten mindestens gleichwertigen Dienstposten innehaben, vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern. Das vom Beigeladenen innegehaltene Amt der Besoldungsgruppe A 15 ist gegenüber der höchsten Bewertung des hier in Streit stehenden Dienstpostens (A 14/15) gleich bewertet.
Soweit in Nr. 3.1.1 RBestPol besondere dienstliche Gründe als Tatbestandsvoraussetzung für die vorrangige Besetzung einer Stelle mit einem Umsetzungs-/Versetzungsbewerber genannt sind, muss allgemein für eine Versetzung nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG auf den ausgeschriebenen Dienstposten ein dienstliches Bedürfnis bestehen. Wenn der Dienstherr in den Besetzungsrichtlinien besondere dienstliche Gründen voraussetzt, so wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Umstände, die eine Versetzung eines Beamten auf einen ausgeschriebenen Dienstposten rechtfertigen, gegenüber dem eher weit gefassten dienstlichen Bedürfnis in Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG (vgl. Summer in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2016, Art. 48 BayBG Rn. 32) enger gefasst sind und eine vom Leistungsprinzip losgelöste Besetzung der Stelle mit einem zu versetzenden Beamten auch im Vergleich mit anderen Umsetzungs-/Versetzungsbewerbern rechtfertigen. Eine vom Wortlaut naheliegende Orientierung an der Auslegung des Begriffs der dienstlichen Gründe in Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayBG ist nicht angebracht, da die dort genannten Voraussetzungen für die Situation, dass ein Beamter auch gegen seinen Willen in eine andere Fachlaufbahn, auch bei einem anderen Dienstherrn, versetzt wird, spezifisch eng ausgelegt werden müssen (vgl. Summer in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, a. a. O., Art. 48 BayBG Rn. 28, 32). Bei der vorrangigen Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle in derselben Fachlaufbahn bei demselben Dienstherrn mit einem Umsetzungs-/Versetzungsbewerber liegt eine solche in Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayBG umschriebene Interessenlage aber nicht vor.
Die besonderen dienstlichen Gründe im Sinn von Nr. 3.1.1 RBestPol liegen hier vor.
Die Gesichtspunkte der gezielten Personalentwicklung einer langjährigen Führungskraft durch Erhöhung der Verwendungsbreite sowie der Qualifizierung für weitere Führungsaufgaben sind sachlich begründet. Wenn das Ministerium diesen Aspekten ein solches Gewicht zumisst, dass es darin besondere dienstliche Gründe sieht, die nach Nr. 3.1.1 RBestPol ein Absehen von der Auswahl nach Leistungsgrundsätzen rechtfertigen, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Entwicklung einer langjährigen, bewährten Führungskraft durch die Leitung einer Verkehrspolizeiinspektion, die ersichtlich wesentlich andere Aufgaben als eine klassische Polizeiinspektion wahrnimmt (vgl. Möller, NZV 2017, 19), ist ein wichtiges Element der Personalführung des Beklagten. Es ist rechtlich nicht dagegen zu erinnern, wenn diese Umstände mit einem entsprechenden Gewicht bemessen werden. Soweit die Klagepartei anführt, dass eine Beförderung nichts anderes als eine Personalentwicklung sei, wird verkannt, dass es auch andere Formen der Personalentwicklung wie hier durch stufenweises Gewinnen an Erfahrung gibt. Diesen Punkten darf der Dienstherr im Einzelfall den Vorrang einräumen, wenn sie ein solches Gewicht haben, dass sie als besondere dienstliche Gründe angesehen werden. Die dargestellten besonderen dienstlichen Gründe werden durch die örtlichen Kenntnisse des Beigeladenen im Einsatzbereich der Verkehrspolizeiinspektion aufgrund einer früheren Tätigkeit sowie den privaten Aspekt der erheblichen Verkürzung des Anfahrtswegs zur Dienststelle abgerundet (vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 11.12.2013 – M 5 K 12.6165 – juris Rn. 22 f).
Diese Umstände sind auch hinreichend im Auswahlvermerk vom 3. Juni 2016, dem Schreiben an den Hauptpersonalrat vom 6. Juni 2016 und dem Absageschreiben an den Kläger vom 19. Juli 2016 in den Akten dokumentiert (vgl. hierzu VG München, U.v. 25.6.2013 – M 5 K 12.645 – juris Rn. 20 ff.).
c) Bei der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens mit dem Beigeladenen im Wege der Versetzung sind auch keine rechtlich relevanten Ermessensfehler ersichtlich. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Kontrolle des der Verwaltung zukommenden Ermessens begrenzt ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Besetzungsentscheidung zugunsten des Beigeladenen genügt den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens und ist nicht willkürlich.
2. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da er ausdrücklich keinen Antrag gestellt und sich insoweit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.


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