Verwaltungsrecht

Prozessführungsbefugnis, personenbeförderungsrechtliche Zuverlässigkeit

Aktenzeichen  M 23 E 20.2489

Datum:
17.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51229
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
PBZugV § 1 Abs. 1 S. 1
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Betriebsleiter der … S. … GmbH mit Sitz auf dem Betriebsgelände des Münchner Flughafens Franz Josef Strauß. Er begehrt für die GmbH im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung der Genehmigung zum Verkehr mit Mietwagen.
Die GmbH ist eine am … Februar 2019 gegründete, am … Juni 2019 in das Handelsregister und am .. Juli 2019 in das Gewerberegister eingetragene Gesellschaft, welche neben Bewachungsdienstleistungen auch die geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zum Gegenstand hat. Über den Antragsteller ist ein Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 47 der Behördenakte) sowie mehrere Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vorgenommen worden (Bl. 48 ff.) Zudem ist gegen ihn als Betriebsleiter des mit der … S. … GmbH formal nicht identischen Unternehmens „… . C. … GmbH“ ein rechtskräftiger (Bl. 181) Bußgeldbescheid vom 31. August 2018 (Bl. 176) wegen Verstößen gegen das PBefG erlassen worden. Dieser hat die nicht ordnungsgemäße Führung des Mietwagenbuchs und Verstöße gegen die Rückkehrpflicht zum Gegenstand.
Auf einen Antrag der … S. … GmbH vom 17. Juli 2019 zur Erteilung von fünf Genehmigungen zum Verkehr mit Mietwagen beim Landratsamt Freising forderte dieses die GmbH mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 auf, weitere Unterlagen, darunter eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts, Abschlussmitteilungen zu den einzelnen benannten Eintragungen im Schuldnerverzeichnis des Betriebsleiters, Büromietvertrag, Arbeitsvertrag des Betriebsleiters sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen aller Krankenkassen der Angestellten vorzulegen (Bl. 57 f.).
Mit Schreiben vom 9. November 2019 beantragte die … S. … GmbH unter Übersendung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts die Aushändigung der Genehmigungsurkunde, da die Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Das Landratsamt Freising lehnte dies mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 ab.
Hierauf beantragte die … S. … GmbH am 13. Dezember 2019 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr den Eintritt der Genehmigungsfiktion über den Antrag vom 18. Juli 2019 für den Mietwagenverkehr vorläufig schriftlich zu bescheinigen und die Genehmigungsurkunde vorläufig auszuhändigen, hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antrag vom 18. Juli 2019 für den Mietwagenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens für die Dauer eines Jahres, zu genehmigen (M 23 E 19.6255).
Mit Bescheid vom 4. Februar 2020 lehnte das Landratsamt Freising den Antrag der … S. … GmbH – zugestellt ausweislich Postzustellungsurkunde am 6. Februar 2020 (Bl. 237) – vom 17. Juli 2019 ab.
Hiergegen ließ die … S. … GmbH mit Schreiben vom 3. März 2020 Widerspruch erheben, über den bislang nicht entschieden wurde.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 4. März 2020 (M 23 E 19.6255) wurde der Antrag nach § 123 VwGO vom 13. Dezember 2019 abgelehnt. Eine hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. April 2019 (11 CE 20.561) zurückgewiesen und hinsichtlich eines Hilfsantrags verworfen.
Mit Schreiben vom 20. März 2020 übersandte die Geschäftsführerin der … S. … GmbH dem Antragsgegner eine eidesstattliche Versicherung, wonach die GmbH bis zum heutigen Tage keine Arbeitnehmer eingestellt hätte und der Betrieb nicht aufgenommen worden sei. Sobald die notwendigen Mietwagengenehmigungen erteilt worden seien, werde der Antragsteller bei der GmbH als Betriebsleiter einschließlich aller Pflichten für den Mietwagenbetrieb und das Bewachungsgewerbe eingestellt werden.
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2020 ließ die … S. … GmbH dem Landratsamt Freising am 4. Juni 2020 eine Bescheinigung in Steuersachen des Finanzamts Freising vom 28. April 2020, eine steuerliche Bescheinigung der Gemeinde Hallbergmoos vom 27. April 2020, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der BG Verkehr vom 5. Mai 2020, einen Arbeitsvertrag zwischen GmbH und dem Antragsteller vom 24. April 2020 sowie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Minijobzentrale vom 4. Mai 2020 vorlegen.
Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2020 ließ der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, der … S. … GmbH eine Genehmigung zur Ausübung des Mietwagenverkehrs für die Dauer eines Jahres ab der Ausstellung zu erteilen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller sei als Betriebsleiter der GmbH antragsbefugt. Zwar sei die GmbH Inhaltsadressatin des ablehnenden Bescheids, allerdings sei der Antragsteller wegen des auf seine Unzuverlässigkeit gestützten belastenden Verwaltungsakts unmittelbar in seinen Rechten betroffen und daher an seiner Tätigkeit als Betriebsleiter im Mietwagengewerbe gehindert. Ein Anordnungsgrund bestehe, da der Antragsteller ohne Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen angewiesen sei. Ein Verweis auf seine Tätigkeit als Betriebsleiter im Bewachungsgewerbe sei nicht möglich, weil dieses erst seit dem 15. Januar 2020 genehmigte Gewerbe für die GmbH neu sei und daher noch keine nennenswerten Umsätze generiere. Schließlich läge auch ein Anordnungsanspruch vor, da der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 PBefG besitze. Dass er bei der Betriebsleitung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachten oder die Allgemeinheit schädigen oder gefährden werde, sei auch aufgrund der beispielhaften Anhaltspunkte des § 1 Abs. 2 PBZugV nicht ersichtlich. Insbesondere seien keine schweren Verstöße nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a PBZugV hinsichtlich einer zum 30. Oktober 2019 rechtskräftig gewordenen Verurteilung des Antragstellers zu einem Bußgeld in Höhe von 300 EUR ersichtlich, da hier insgesamt fünf Vorwürfe im Raum gestanden hätten, das Strafverfahren aber hinsichtlich der ersten beiden Vorwürfe eingestellt und der Antragsteller hinsichtlich des dritten Vorwurfs freigesprochen worden sei. Dass die zwei abgeurteilten Vorwürfe ein solch schweres Gewicht erreichten, sei nicht ersichtlich. Soweit sich das Landratsamt hinsichtlich der Unzuverlässigkeit des Antragstellers auf eine strafrechtliche Verurteilung zu 40 Tagessätzen wegen Missbrauchs von Notrufen berufe, sei dies unbeachtlich, da dieser Verstoß nicht in das Führungszeugnis einzutragen gewesen sei. Schließlich ließe sich die behauptete Unzuverlässigkeit auch nicht aus den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis und dem ab dem 7. Mai 2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Privatvermögen des Betriebsleiters entnehmen. Denn bei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis handle es sich um keine Verstöße im Sinne des § 1 PBZugV. Gleiches gelte für das Insolvenzverfahren über das private Vermögen des Antragstellers. Im Übrigen sei über die Steuerschätzung des Finanzamts München, aufgrund derer das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, nicht rechtskräftig entschieden. Das Landratsamt verkenne, dass die Prüfung der Zuverlässigkeit eines angestellten Betriebsleiters nicht in gleichem Maßstab zu erfolgen habe, wie die Prüfung der Zuverlässigkeit eines Mietwagenunternehmers bzw. Genehmigungsinhabers. Zuletzt habe das Landratsamt auch nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller vom 18. Juli 2014 bis zum 17. Juli 2019 den Mietwagenverkehr in einer dem öffentlichen Verkehrsinteresse entsprechenden Weise (§ 13 Abs. 3 PBefG) betrieben habe.
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 7. Juli 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antrag sei bereits unzulässig, da gegen den Antragsteller kein Verwaltungsakt erlassen worden sei. Im Übrigen sei schon kein Anordnungsgrund ersichtlich; insoweit werde auf den Schriftsatz der Landesanwaltschaft vom 9. April 2020 (Bl. 333 ff.) Bezug genommen. Des Weiteren sei auch kein Anordnungsanspruch ersichtlich, da der Antragsteller weiterhin als unzuverlässig anzusehen sei. Zum einen wirke sich auch das private Insolvenzverfahren hierauf aus; im Übrigen ergebe sich aus den Berichten des Insolvenzverwalters, dass sich der Antragsteller wiederholt behördlichen und gerichtlichen Maßnahmen entzogen habe und nicht kooperationsbereit sei (Bl. 249 ff.). Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass seit 2015 gegen den Antragsteller insgesamt elf Ermittlungsverfahren, überwiegend wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruch, geführt worden seien. Überdies seien durch das Amt für Wohnen und Migration der Landeshauptstadt München mehr als 100 Entscheidungen in Form von Beschlüssen und Urteilen des Verwaltungsgerichts München und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wegen Verstößen des Antragstellers gegen die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt herbeigeführt worden. Es seien in einer Gesamtschau folgende Verstöße festzustellen, aus der sich letztendlich die Unzuverlässigkeit des Antragstellers ergebe:
– rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung
– Verstoß gegen personenbeförderungsrechtliche Vorschriften
– wiederholte Verstöße gegen die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München
– Häufung von polizeilichen Ermittlungen wegen Hausfriedensbruchs und Körperverletzung
– Behinderung behördlicher Ermittlungen
– Eintragungen im Schuldnerverzeichnis
– Insolvenzverfahren im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit.
Mit Schriftsatz vom 23. September 2020 ließ der Antragsteller ergänzend vortragen, er sei antragsbefugt, da sich bereits die Mitteilung über seine angebliche Unzuverlässigkeit in dem Bescheid an die GmbH als ein gegenüber ihm verfügtes Beschäftigungsverbot auswirke.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsund vorgelegten Behördenakten, auch im beigezogenen Verfahren M 23 E 19.6255, Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist bereits unzulässig, da sich der Antragsteller weder auf eigene Rechte berufen kann, noch befugt ist, den (vermeintlichen) Anspruch auf Erteilung einer Mietwagenkonzession für die GmbH im eigenen Namen i.S.e. gewillkürten Prozessstandschaft geltend zu machen.
Unter gewillkürter Prozessstandschaft versteht man die Übertragung der Prozessführungsbefugnis als überlassbare Machtposition auf einen anderen als den Rechtsinhaber zur Geltendmachung des fremden Rechts im eigenen Namen. Während ihre Zulässigkeit im Zivilprozess allgemein anerkannt ist (vgl. nur Weth in Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 51 Rn. 25 ff.), ist dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren umstritten, wird jedoch mehrheitlich abgelehnt (vgl. BVerwG, U.v. 26.10.1995 – 3 C 27/94 – juris, NVwZ-RR 1996, 537; Wahl/Schütz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: September 2018, § 42 Rn. 33 f.; Sennekamp in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 42 VwGO Rn. 179; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 82; Czybulka/Siegel in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018 § 62 Rn. 18 ff.; Schmidt-Kötters in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1.7.2017, § 42 Rn. 114).
Handelt es sich – wie vorliegend – in der Hauptsache um eine Verpflichtungsklage, zeigt sich aus § 42 Abs. 2 VwGO (im einstw. Rechtsschutz in entsprechender Anwendung), dass es sich bei dieser Klageart um einen auf Individualrechtsschutz abzielenden, ein eigenes subjektivöffentliches Recht des Antragstellers voraussetzenden Rechtsbehelf handelt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO: „in seinen Rechten verletzt“). Jedenfalls für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen schließt § 42 Abs. 2 VwGO die gewillkürte Prozessstandschaft regelmäßig aus (BVerwG, U.v. 26.10.1995 – 3 C 27.94 – NVwZ-RR 1996, 537; BayVGH, B.v. 16.8.2000 – 19 B 99.2247 – NVwZ 2001, 339). Daraus folgt, dass der Antragsteller zwar als Betriebsleiter der GmbH ohne weiteres nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 VwGO für diese vertretungsbefugt wäre, ihm aber eine erforderliche Prozessführungsbefugnis für den konkreten Antrag fehlt. Damit scheidet die Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen jedenfalls im Rahmen der Verpflichtungsklage – und diesbezüglich im Verfahren nach § 123 VwGO – aus. Die von dem Antragsteller dargestellten Auswirkungen einer (fehlenden) Genehmigung für die GmbH auf seine Person bestehen allenfalls mittelbar. Eine anderweitige Auslegung des Antrags (§§ 88, 122 VwGO) war nicht sachdienlich, da der Antrag von einem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt gestellt wurde und trotz gerichtlichem Hinweises aufrechterhalten blieb.
Im Übrigen bliebe der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO aber auch in der Sache erfolglos.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Antragsteller einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag – wie hier – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
Der Antrag scheitert zwar nicht bereits an § 15 Abs. 4 PBefG. Danach ist die Erteilung einer vorläufigen Genehmigung ausdrücklich ausgeschlossen. Zur Wahrung der Garantie auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG – und der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG ist die Bestimmung jedoch dahingehend auszulegen, dass das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung die Hauptsache teilweise vorwegnehmen und den Antragsgegner verpflichten kann, eine zeitlich begrenzte endgültige Genehmigung zu erteilen. Eine solche Anordnung kommt jedoch allenfalls in Betracht, wenn der Antragsteller die Genehmigungsvoraussetzungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt (VGH BW, B.v. 30.7.2018 – 9 S 1272/18 – juris Rn. 7 m.w.N.). Diese hohe Voraussetzung rechtfertigt sich zum einen aus dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache und vorliegend auch aus der gesetzgeberischen Wertung des § 15 Abs. 4 PBefG, wonach zunächst vom Grundsatz keine vorläufigen Genehmigungen zu erteilen sind.
An diesem Maßstab gemessen wäre ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft dargelegt. Eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Antragsteller bzw. die GmbH die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt, ist gerade nicht gegeben, denn die im Bescheid vom 4. Februar 2020 vom Landratsamt dargestellten und belegten Tatsachen stehen einer zumindest hohen Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit entgegen, insbesondere die vom Landratsamt im Wege einer Gesamtbetrachtung angestellte Prognose der Zuverlässigkeit des Betriebsleiters gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PBZugV. Insoweit nimmt das Gericht auf die Begründung dieses Bescheids und auf die Gründe im Beschluss des Verfahrens der GmbH selbst (M 23 E 19.6255) Bezug, § 117 Abs. 5 VwGO analog. An den zu dem Betriebsleiter erlassenen und den dort getroffenen Feststellungen insbesondere zu Verstößen gegen die Rückkehrpflicht gem. § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG sieht das Gericht keine Veranlassung zu Zweifeln, zumal die dem Betriebsleiter zur Last gelegten Verstöße vorliegend nicht bestritten sind. Insoweit stünde jedenfalls die Zuverlässigkeit des Antragstellers in Frage, was zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit ausschließt.
Zuletzt könnte auch ein relevanter Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht werden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller die Mietwagenkonzession – für die GmbH – „dringend und unbedingt benötigt“, um keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Hierzu wurden lediglich eine Abmeldung bei der Krankenkasse sowie eine Anmeldung bei der Minijobzentrale vorgelegt, aus denen sich diesbezüglich keine weiteren Schlüsse entnehmen lassen. Insbesondere fehlt es an einer Vorlage bzw. Offenlegung sämtlicher (Neben-)Einkünfte des Antragstellers, vor allem aus seiner Tätigkeit als Betriebsleiter im Bewachungsgewerbe, die zwar seit dem 15. Januar 2020 genehmigt ist, aber – ohne dies weiter glaubhaft gemacht zu haben – nach Angaben des Antragstellers noch keine Umsätze generiere.
Der Antrag war demzufolge unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG unter Beachtung der Ziff. 1.5 und 47.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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