Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Abschiebung

Aktenzeichen  B 6 E 19.28

Datum:
29.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53798
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. Nr. 3, § 60a Abs. 2 S. 1, Abs. 2c u. Abs. 2d
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 6 Abs. 1
EGBGB Art. 13 Abs. 4 S. 1
AufenthG § 60a Abs.
BGB § 226, § 1310 Abs. 1 S. 1
EMRK Art. 6 Abs. 1, Abs. 2, Art. 8 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.250 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, seine Abschiebung vorläufig auszusetzen.
Der Antragsteller, geb. am …1990 in … (Königreich Marokko), ist marokkanischer Staatsangehöriger und ist Inhaber eines am 06.02.2018 ausgestellten, bis 20.02.2028 gültigen marokkanischen Reisepasses.
Am 07.11.2015 reiste er erstmals ohne Visum und Ausweispapiere ins Bundesgebiet ein, wurde aufgegriffen, erkennungsdienstlich behandelt und in die Aufnahmeeinrichtung D … weitergeleitet. Nachdem er sich dort wenige Tage aufgehalten hatte, tauchte er am 12.11.2015 unter und hielt sich seither im Bundesgebiet auf, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen oder sich anzumelden.
Nach eigenen Angaben lebte er zunächst in Nordrhein-Westfalen und anschließend in G … (Kreis …, Schleswig-Holstein). Am 14.07.2017 brachte die verheiratete deutsche Staatsangehörige A.H., die zum Antragsteller eine außereheliche Beziehung unterhielt, in G … ein Kind zur Welt. Das Mädchen A.N. hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Da das Amtsgericht S … auf der Grundlage eines Abstammungsgutachten festgestellt hatte, dass ihr damaliger Ehemann nicht der leibliche Vater des Kindes ist und damit auch seine rechtliche Vaterschaft beseitigt war, übte Frau A.H. die elterliche Sorge für ihre Tochter zunächst alleine aus.
Nach eigenen Angaben ging die Beziehung des Antragstellers zu der seit …2018 rechtskräftig geschiedenen Frau im Jahr 2018 in die Brüche. Nachdem er sich bis 07.08.2018 noch in G … aufgehalten hatte, wohnte er seit 08.08.2018 bei seiner jetzigen Verlobten, der deutschen Staatsangehörigen D.J. in N … (Landkreis N …, Thüringen).
Da er seine deutsche Verlobte standesamtlich heiraten wollte, meldete er sich bei der Ausländerbehörde des Landkreises N … Als er dort nach Ansicht der Behörde ein Asylbegehren geäußert hatte, wurde er zum Transitzentrum D … geschickt, wo er sich am 15.08.2018 meldete. Von dort wurde er als unerlaubt eingereister Ausländer nach B … weitergeleitet. Am 21.08.2018 stellte er ausdrücklich keinen Asylantrag, sondern verlangte eine Duldung, „um heiraten zu können“. Einen Reisepass legte er nicht vor, sondern gab an, das Dokument liege bei einem Freund, den er derzeit nicht erreichen könne.
Mit Bescheid vom 21.08.2018, ausgehändigt am gleichen Tag, forderte die Regierung von … – Zentrale Ausländerbehörde (ZAB), Dienststelle B … ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu verlassen (Ziff. 1), drohte ihm, falls er der Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme, die Abschiebung nach Marokko an (Ziff. 2) an und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf drei Jahre und sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 3).
Zur Begründung führte die Behörde aus, der Antragsteller besitze keinen Aufenthaltstitel und sei ausreisepflichtig. Nach Ablauf der angemessenen Ausreisefrist sei er vollziehbar zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verpflichtet. Duldungsgründe bestünden nicht. Bei der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sei insbesondere berücksichtigt worden, dass er über keinerlei Nachweise über schutzwürdige Bindungen im Bundesgebiet verfüge und sich seit nunmehr knapp drei Jahren unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte.
Anschließend begab sich der Antragsteller wieder zu seiner Lebensgefährtin nach N … Obwohl er gegenüber dem Antragsgegner versichert hatte, er sei über die Anschrift seiner Lebensgefährtin zu erreichen, konnte ihm eine Anhörung zu einer Wohnsitzauflage betreffend die Aufnahmeeinrichtung in B … und eine Aufenthaltsbeschränkung auf das Stadtgebiet B … am 10.09.2018 nicht per Postzustellungsurkunde in N … zugestellt werden. In der Folgezeit wurde ein Bescheid mit entsprechendem Inhalt nicht erlassen.
Am 10.09.2018 erkannte der Antragsteller mit Zustimmung der Kindsmutter die Vaterschaft für seine deutsche Tochter an. Am gleichen Tag erklärten die Eltern vor dem Notar in G …, sie wollten die elterliche Sorge künftig gemeinsam ausüben. Dabei wies sich der Antragsteller durch einen marokkanischen Pass aus. Ebenfalls am 10.09.2018 vereinbarten die Eltern mit einer formlosen schriftlichen Erklärung, dass der Antragsteller berechtigt sei, das gemeinsame Kind „zur Ausübung des Umgangsrechts“ in Begleitung der Mutter nach vorheriger Absprache mit der Mutter zu sehen bzw. etwas gemeinsam mit dem Kind zu unternehmen.
Mit Telefax vom 20.09.2018 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und mit Schriftsatz vom 07.12.2018 beantragt, die Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom 21.08.2018 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung von Ziffer 3 des Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Befristung zu entscheiden, sowie hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Duldung zu erteilen bzw. über seinen Antrag auf Erteilung einer Duldung zu entscheiden. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K … geführt.
Außerdem beantragte er für dieses Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Aus den beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass der Antragsteller von den seiner Lebensgefährtin und deren zwei Kindern aus einer anderen Beziehung vom jobcenter des Landkreises N … bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lebte.
Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller könne die von ihm beantragte Duldung beanspruchen.
Werde seine Abschiebung nicht ausgesetzt, werde es ihm erschwert oder vereitelt, seinen offensichtlich gegebenen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet zu verfolgen. Er sei Vater eines deutschen Kindes, für das er gemeinsam mit der Mutter die elterliche Sorge ausübe. Er habe seine Tochter beispielsweise am 25. und 26.08.,vom 08. bis 10.09.2018, am 22.09 und am 30.09.2018 besucht. Als wichtige Bezugsperson seit der Geburt pflege er nicht nur den Umgang, sondern nehme Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahr. Seine Deutschkenntnisse erlaubten ihm, Dinge des Alltags zu besprechen. Zudem versuche er, in der Nähe von G … ein Zimmer anzumieten. Außerdem sei seine jetzige deutsche Lebensgefährtin von ihm laut Attest ihrer Gynäkologin im 3. Monat schwanger. Voraussichtlicher Entbindungstermin sei der …2019.
Abgesehen davon habe er auch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als (nach islamischem Recht in einer Moschee am …2018 getrauter) Ehegatte einer Deutschen. Die zivilrechtliche Eheschließung bereite er derzeit durch Legalisation und Übersetzung seiner Geburtsurkunde vor.
Da er das Kind seit seiner Geburt begleitet habe und befürchte, in diesem Fall den Kontakt zu dem Kind zu verlieren, sei er nicht bereit, aus Deutschland auszureisen und ein Visumverfahren durchzuführen.
Darüber hinaus habe er auch einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK. Seiner minderjährigen deutschen Tochter sei es nicht zuzumuten, wenn sein Aufenthalt im Bundesgebiet zwangsweise beendet würde. Demgegenüber falle nicht ins Gewicht, dass er sich längere Zeit in Deutschland aufgehalten habe, ohne den Kontakt mit Behörden zu suchen oder Anträge zu stellen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe nicht. Der Antragsteller habe noch keinen entsprechenden Antrag gestellt. Außerdem sei der Antragsteller nicht mit dem erforderlichen Visum eingereist. Von diesem Erfordernis könne nicht abgesehen werden, weil der Antragsteller, der durch seinen dreijährigen unerlaubten Aufenthalt ein Ausweisungsinteresse verwirklicht habe, wegen des Fehlens dieser Regelerteilungsvoraussetzung keinen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis habe. Es sei ihm auch zuzumuten, das Visumverfahren nachzuholen. Ein Duldungsanspruch ergebe sich auch nicht aus den familiären Bindungen des Antragstellers, weil es ihm zuzumuten sei, das Visumverfahren nachzuholen.
Am 10.01.2019 sprach er beim Standesamt in N … vor, um die Vaterschaft für das Kind seiner Verlobten vorgeburtlich anzuerkennen. Dabei wurde der seit Mitte September 2018 zur Festnahme ausgeschriebene Antragsteller von der herbeigerufenen Polizeiinspektion N … in Gewahrsam genommen. Sein Reisepass wurde sichergestellt.
Mit Beschluss vom 10.01.2019 ordnete das Amtsgericht N … gegen den Antragsteller Sicherungshaft bis zum 31.01.2019 an (Az. …). Die Abschiebungshaft wird seit 11.01.2019 in der Abschiebungshafteinrichtung in Dr … (Freistaat Sachsen) vollzogen.
Mit Telefax vom 10.01.2019 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 123 VwGO beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
die Abschiebung des Antragstellers vorläufig auszusetzen.
Der Antragsteller trägt dazu erneut vor, die Abschiebung sei rechtlich unmöglich, weil dadurch in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK eingegriffen werde und der Eingriff nicht gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sei. Außerdem legt er ein Attest einer Gynäkologin aus N … vom 10.01.2019 vor, die bei der Verlobten des Antragstellers eine Risikoschwangerschaft wegen Schwangerschaftsdiabetes und Bluthochdruck diagnostizierte. Im Übrigen beruft er sich auf das Vorbringen im Klageverfahren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er berief sich zunächst auf die Ausführungen im Klageverfahren und teilte dann am 23.01.2019 mit, der Antragsteller habe in der Abschiebungshafteinrichtung seit 11.01.2019 die Nahrungsaufnahme verweigert. Da es in der Einrichtung keine Krankenstation gebe, sei er am 14.01.2019 kurz nach Mitternacht in ein … Krankenhaus gebracht worden. Dort werde er gemäß sofort vollziehbarer einstweiliger Anordnung des Amtsgerichtes Dr … vom 17.01.2019 (Az. …) bis zum 29.01.2019 zwangsernährt. Der Antragsgegner halte an der Abschiebung während des Haftzeitraums fest. Eine engmaschige ärztliche Begleitung und eine Sicherheitsbegleitung während des Fluges würden sichergestellt.
Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers erwiderten am 25.01.2019 darauf, dem Antragsteller, der sehr geschwächt sei, nicht mehr laufen und sein Handy nicht mehr halten könne sowie schwer depressiv sei, drohten aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes während des Fluges als auch bei und nach der Ankunft in Marokko erhöhte Lebensgefahr bzw. der Tod. Dies werde schon daran deutlich, dass Amtsgericht Dr … Zwangsernährung angeordnet habe. Diese Maßnahme hätte nicht ergehen dürfen, wenn keine Gefahr für Leib und Leben bestanden hätte. Unter diesen Umständen sei die Vorlage einer qualifizierten ärztlichen Stellungnahme zu seinem Gesundheitszustand nicht möglich und auch entbehrlich.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des Eil- und des Klageverfahrens sowie die Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
a) Der Antrag ist, jedenfalls nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung, bereits unzulässig. Für den Antrag fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse.
Einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat nur, wer mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung, die auch im Verfahren gemäß § 123 VwGO vorliegen muss, leitet sich ab aus dem Gebot von Treu und Glauben, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Vor § 40 Rn. 30).
Das Rechtsschutzinteresse fehlt dann, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten deutlich macht, dass er eine gerichtliche Entscheidung, sofern sie seinem Begehren nicht entspricht, nicht befolgen, sondern unterlaufen wird. Denn wenn er den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz derart leerlaufen lässt, enthebt er ihn seiner grundgesetzlich geschützten Kontrollfunktion, verstößt gegen seine Pflichten als Verfahrensbeteiligter und hat nach Treu und Glauben keinen Anspruch auf eine gerichtliche Entscheidung, die er ohnehin missachten wird (OVG Bautzen, B. v. 20.08.1999 – 3 S. 495-99 – NJW 1999, 2986/2987; zustimmend Külpmann in Finkelnburg//Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 892 zu§ 80 Abs. 5 VwGO).
Der Antragsteller hat deutlich gemacht, dass er die Entscheidung des Antragsgegners, ihn nach Marokko abzuschieben, unabhängig davon, wie das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeht ist, nicht bereit ist zu akzeptieren. Das wird an seinem Verhalten seit seiner Festnahme deutlich. Nachdem er am 10.01.2019 im Standesamt N … verhaftet und gegen ihn in Abschiebungshaft angerordnet worden war, stellte er noch am gleichen Tag einen Antrag gemäß § 123 VwGO. Seit seiner Überstellung in die Abschiebungshafteinrichtung Dr … am 11.01.2019 verweigert er die Nahrungsaufnahme, so dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste und seit 17.01.2019 dort zwangsernährt wird. Mit diesem Hungerstreik, den er begonnen hat, bevor das Gericht über seinen Antrag über § 123 VwGO entschieden hat, will er die Durchsetzung seiner Ausreisepflicht verhindern will. Damit übt er nicht nur Selbsthilfe, ohne dass die Voraussetzungen nach § 226 BGB analog dafür vorlägen. Insbesondere hat er nicht zuvor den erfolglosen Ausgang des Gerichtsverfahrens abgewartet. Vielmehr hat er es bis zur Zwangsernährung kommen lassen, und damit deutlich gemacht, dass er eine Entscheidung des Gerichts, sollte sie negativ für ihn ausfallen, auf außerrechtlichem Weg unterlaufen wird, um zu verhindern, dass die bereits im Einzelnen vorbereitete Abschiebung, die spätestens bis zum Ende der Sicherungshaft am 31.01.2019 durchgeführt werden soll, stattfinden kann.
Damit hat er keinen Anspruch auf eine gerichtliche Überprüfung der behördlichen Entscheidung, ihn zur Durchsetzung seiner Ausreisepflicht abzuschieben.
b) Darüber hinaus ist der Antrag auch unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m.§ 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
aa) Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund geltend gemacht, weil der Antragsgegner hält an seiner Absicht festhält, ihn bis spätestens 31.01.2019 nach Marokko abzuschieben. Damit ist es ihm nicht zuzumuten, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
bb) Der Antragsteller hat jedoch den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus den von ihm vorgebrachten Gründen nicht mit der für die Glaubhaftmachung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ihm der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung zusteht.
aaa) Die Voraussetzungen für eine Abschiebung gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegen vor.
Der Antragsteller ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, weil er den für den beabsichtigten Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als marokkanischer Staatsangehöriger erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt. Die Ausreisepflicht ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar, weil er unerlaubt eingereist ist. Gemäߧ 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reist unerlaubt ein, wer ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel einreist. Dies hat der Antragsteller getan, weil er bei der Einreise nicht im Besitz eines Schengens- oder nationalen Visums war, das ein marokkanischer Staatsangehöriger für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet braucht (§ 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1, Abs. 3 AufenthG, Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Anhang I EG-Visa VO). Schließlich ist die Überwachung seiner Ausreise erforderlich, weil er insbesondere durch die Verweigerung der Nahrungsaufnahme zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird (§ 58 Abs. 3 Nr. 7 AufenthG).
bbb) Der Antragsteller hat keinen zu sichernden Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels glaubhaft gemacht.
aaaa) Gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG ist dem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis setzt weiter voraus, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 5 AufenthG erfüllt sind. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht.
Sofern sich der Antragsteller für einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis darauf beruft, seine Verlobte erwarte ein Kind von ihm, das nach seiner Mutter die deutsche Staatsangehörigkeit haben wird, liegen bereits die speziellen Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor.
Die Ausübung der Personensorge i.S. des § 1626 BGB scheidet beim ungeborenen Kind aus. Wie sich auch aus der Anknüpfung an den Geburtszeitraum in den Regelungen der§ 1626a Abs. 1, § 1626b Abs. 2 BGB ergibt, beginnt die elterliche Sorge mit der Geburt des Kindes. Damit kann dem Antragsteller auch die aufenthaltsrechtliche Sonderstellung der familiären Gemeinschaft in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB nicht zugutekommen, die auf dem bisherigen Zusammenleben mit einem Kind und der Ausübung der Personensorge durch tatsächliche Betreuung, Versorgung und Erziehung beruht (OVG Greifswald, B. v. 26.07.2012 – 2 M 111/12 – juris Rn. 9).
Soweit der Antragsteller seinen Anspruch darauf stützt, dass er die persönliche Sorge für seine in G … lebende Tochter ausübt, die er zusammen mit seiner früheren Lebensgefährtin hat, liegen dem Gericht nur Angaben über Besuche bis Ende September 2018 vor. Das Gericht kann aber offenlassen, ob der Antragsteller auch später die Personensorge nicht nur innehatte, sondern auch ausübte. Denn aktuell besteht ein Ausweisungsinteresse, so dass eine Regelerteilungsvoraussetzung fehlt.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist eine Aufenthaltserlaubnis in der Regel nicht zu erteilen, wenn ein Ausweisungsinteresse besteht.
Für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer tatsächlich ausgewiesen werden könnte. Vielmehr reicht es aus, dass ein Ausweisungsinteresse gleichsam abstrakt – d.h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen – vorliegt, wie es insbesondere im Katalog des § 54 AufenthG normiert ist (BVerwG, U. v. 12.07.2018 – 1 C 16/17 – InfAuslR 2018, 395/396f. Rn.15).
Ein Ausweisungsinteresse, das schwer wiegt, liegt u.a. dann vor, wenn der Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat (§ 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG). Kein geringfügiger Verstoß liegt jedenfalls dann vor, wenn die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Straftat erfüllt werden (BVerwG, U. v. 24.09.1996 – 1 C 9/94 – BVerwGE 102, 63/66f. = NVwZ 1997, 1123/1124 zum insoweit vergleichbaren§ 46 Nr. 2 AuslG). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Ausländer wegen des Verstoßes bereits bestraft wurde. Zu beachten ist allerdings, dass zwischen § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG und den anderen ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse begründenden Tatbeständen wie insbesondere § 54 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 AufenthG nicht dadurch eine Schieflage eintritt, dass§ 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG auch auf vergleichsweise unbedeutende Verstöße angewandt wird, die nicht einmal strafrechtlich geahndet worden sind (Bauer/Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 54 AufenthG Rn. 76f.).
Zudem muss das Ausweisungsinteresse aktuell noch bestehen. Das ist dann nicht der Fall, wenn ohne vernünftige Zweifel feststeht, dass die Gefahr, die mit dem Ausweisungsinteresse zusammenhängt, nicht mehr droht. Dabei sind umso geringere Anforderungen an das Vorhandensein einer akuten Gefährdung zu stellen, je gewichtiger das Ausweisungsinteresse ist (BayVGH, B. v. 26.08.2016 – 10 AS 16.1602 – juris Rn. 21f; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand November 2018 § 5 AufenthG, Rn. 31b). Kriterien dafür, ob das Ausweisungsinteresse noch erheblich ist, sind u.a. Art, Gewicht und Unrechtsgehalt der Straftaten des Ausländers sowie sein sonstiges Verhalten (BayVGH, B. v. 09.12.2015 – 19 B 15.1066 – juris Rn. 26f.).
Der Antragsteller hat nicht nur vereinzelt oder geringfügig gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Mit seiner Einreise ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel und die Nichtvorlage seines Passes beim Antragsgegner, die erst gegen seinen Willen durch Sicherstellung beim Standesamt N … in den Besitz der Ausländerbehörde gelangte, hat er vorsätzliche Straftaten gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AufenthG begangen.
Zwar ist nicht davon auszugehen, dass er, unterstellt er erhielte eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, erneut illegal einreisen und seinen Pass nicht vorlegen wird. Doch zeigt sein sonstiges jetziges Verhalten, dass von ihm auch aktuelle noch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Denn mit seinem Hungerstreik übt er in rechtlich unzulässiger Weise Selbsthilfe, ohne dass die Voraussetzungen nach § 226 BGB analog dafür vorlägen, weil ihm kein Recht zusteht, den Antragsgegner an der Durchsetzung seiner Ausreisepflicht vor Ergehen einer entsprechenden Gerichtsentscheidung zu seinen Gunsten zu hindern und versucht, ihn zu nötigen, ihm eine Duldung zu erteilen. Damit steht nicht zweifelsfrei fest, dass von ihm keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.
bbbb) Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen.
Diese Vorschrift greift nicht zu Gunsten des Antragstellers ein, weil er kein ausländischer Ehegatte einer Deutschen ist.
Gemäß § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB wird die Ehe nur dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB kann eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden.
Der Antragsteller und seine Verlobte haben am …2018 in der Moschee in N … die Ehe geschlossen. Da diese Ehe nicht der für eine (zivilrechtliche) Eheschließung in Deutschland vorgeschriebenen Form entspricht, ist keine wirksame Ehe zustande gekommen, aus der sich aufenthaltsrechtliche Wirkungen ableiten lassen (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 20.05.2014 – OVG 3 M 7/14 – NJW 2014, 2665/2666).
ccc) Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass seine Abschiebung aus anderen Gründen tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist.
aaaa) Die Abschiebung ist nicht tatsächlich unmöglich. Insbesondere ist es möglich, den Antragsteller auf dem Luftweg mit seinem sichergestellten Reisepass in sein Heimatland abzuschieben.
bbbb) Die Abschiebung ist auch nicht rechtlich unmöglich. Der Antragsteller hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Duldungsgrund glaubhaft gemacht.
aaaaa) Der Antragsteller kann keine Duldung auf der Grundlage der Vorwirkung von Art. 6 GG beanspruchen.
Die Zuerkennung von Abschiebungsschutz gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG für den ausländischen Vater eines noch nicht geborenen Kindes kommt in Betracht, wenn eine Gefahrenlage für das ungeborene Kind, für das der Ausländer gegenüber den zuständigen Behörden mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft wirksam anerkannt hat, oder die Mutter (Risikoschwangerschaft) besteht, die Unterstützung der Schwangeren medizinisch erforderlich ist und glaubhaft gemacht wird, dass der Ausländer sie leisten wird (OVG Magdeburg, B. v. 10.12.2014 – 2 M 127/14 – juris Rn. 1).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vollständig vor. Offen lassen kann das Gericht, ob der Antragsteller die Vaterschaft bereits wirksam anerkannt hat, weil er, als er die Vaterschaftsanerkennungserklärung dem zuständigen Standesamt überreichen wollte, festgenommen wurde und die Erklärung dem Gericht nicht vorliegt. Denn der Antragsteller hat zwar mit Schriftsatz vom 11.01.2019 eine Bescheinigung der behandelnden Gynäkologin, dass eine Risikoschwangerschaft vorliegt, beigebracht. Aus dem Attest geht jedoch nicht hervor, dass deswegen die Anwesenheit des Antragstellers vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin am …2019 unabdingbar geboten ist. Außerdem hat der Antragsteller nicht konkret vorgetragen, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang er seine schwangere Verlobte unterstützen muss und dass er dazu bereit und in der Lage ist.
Eine Duldung zum Zweck der Eheschließung kann Ausländern, die sich, wie der Antragsteller, unerlaubt im Bundesgebiet aufhalten, kann ohne vorherige Durchführung eines Visumverfahrens allenfalls dann erteilt werden, wenn die Eheschließung unmittelbar bevorsteht, d.h. wenn eine Befreiung von der Pflicht zur Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses vorliegt und ein zeitnaher Termin zur Eheschließung feststeht. Einen darüberhinausgehenden Anspruch auf Eheschließung im Bundesgebiet auch in den übrigen Fällen der beabsichtigten Eheschließung verleihen dagegen weder die aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende grundgesetzliche Eheschließungsfreiheit noch Art. 8 Abs. 1 EMRK noch Art. 9 Grundrechtecharta, die kein Recht gewähren, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, um gerade hier die Ehe zu schließen (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 02.03.2018 – OVG 12 S6.18 – FamRZ 2018, 1148/1148f.).
Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass seine Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Insbesondere hat er keinen zeitnahen Termin zur Eheschließung genannt, sondern lediglich angegeben, er bemühe sich derzeit um die Legalisation seiner Geburtsurkunde. In einem derartig frühen Stadium des Eheschließungsverfahrens kann ihm deshalb keine Duldung erteilt werden, damit er die Ehe im Bundesgebiet schließen kann.
bbbbb) Weiterhin hat der Antragsteller keinen Anspruch auf eine vorläufige Aussetzung seiner Abschiebung, weil es ihm im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG nicht zuzumuten wäre, von Marokko aus ein Visumverfahren durchzuführen.
Die Pflicht zur Einreise mit dem erforderlichen Visum soll gewährleisten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise geprüft werden können, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von vornherein zu verhindern. Dabei dürfen auch generalpräventive Aspekte Berücksichtigung finden, damit das Visumverfahren seine Funktion als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung wirksam erfüllen kann (BVerwG, U. v. 11.01.2011 – 1 C 23/09 – BVerwGE 138, 353/370 = NVwZ 2011, 871/876 jew. Rn.34). Es ist auch mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG grundsätzlich vereinbar, einen Ausländer auf die Einholung des erforderlichen Visums zu verweisen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einher gehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in das Bundesgebiet begehrt, regelmäßig hinzunehmen. Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, die keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt zu berechtigterweise in Deutschland lebenden Familienangehörigen vermitteln, verpflichten die Ausländerbehörden jedoch, bei ihren Entscheidungen die bestehenden familiären Bindungen eines Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und sie entsprechend ihrem Gewicht in den behördlichen Erwägungen zur Geltung zu bringen (BVerfG, B. v. 10.05.2008 – 2 BvR 588/08 – Inf AuslR 2008, 347/347). Für die Frage, wie lange einem (auch anderweitig betreuten) Kind die Abwesenheit eines Elternteils zugemutet werden kann, kommt es unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG insbesondere darauf an, wie lange ein Visumverfahren bei korrekter Sachbehandlung und gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO voraussichtlich dauern würde und welche Auswirkungen ein derartiger Auslandsaufenthalt des Antragstellers für das kleine Kind hätte, insbesondere ob es durch die verfahrensbedingte Abwesenheit des Antragstellers emotional unzumutbar belastet würde (BVerwG, U. v. 30.07.2013 – 1 C 15/12 – BVerwGE 147, 278/ 288 = ZAR 2014, 75/76, jew. Rn. 26). Auszugehen ist dabei nicht vom Fall einer Abschiebung, sondern von einer selbst organisierten freiwilligen Ausreise. Denn die mit der Beschaffung eines Visums verbundenen Kosten, Mühen und Zeitverluste sind nur dann unzumutbar, wenn sie dem Ausländer nicht selbst angelastet werden können und sein Verschulden nur gering war. Die Dauer des mit einer Abschiebung verbundenen Wiedereinreiseverbots ist daher für die Frage nicht relevant, ob dem Ausländer die Nachholung des Visumverfahrens zuzumuten ist (OVG Hamburg, B. v. 02.03.2018 – 1 Bs 264/17 – juris Rn. 20).
Ausgehend von diesen Grundsätzen setzen sich die öffentlichen Interessen, insbesondere das öffentliche Interesse an einer Beachtung des Visumverfahrens, gegenüber den Interessen des Antragstellers und seines im Bundesgebiet lebenden Kindes durch. Denn die Nachholung des Visumverfahrens ist voraussichtlich nicht mit einer unangemessen langen Trennung des Antragstellers verbunden.
Maßstab ist dabei eine freiwillige Ausreise des Antragstellers zur Durchführung eines Visumverfahrens. Insgesamt beträgt laut dem Internetauftritt der Deutschen Botschaft in Rabat (www.rabat.diplo.de) die Wartezeit für einen Termin, um einen Antrag auf ein Visum zur Familienzusammenführung zu stellen, ca. neun Monate, der sich eine Bearbeitungszeit von etwa drei Monate anschließt. Zu einer zügigen Durchführung des Verfahrens kann der Nachzugswillige im Übrigen auch selbst beitragen, indem er die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG) erforderlichen Unterlagen rechtzeitig beschafft und ggf. einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nimmt.
Nicht zu berücksichtigen ist, dass der Antragsteller es auf eine Abschiebung hat ankommen lassen – obwohl ihn seine Prozessbevollmächtigten auf der Grundlage des Schreibens des Gerichts vom 01.10.2018 gewarnt haben -, die eine Sperrfrist gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von drei Jahren und sechs Monaten nach sich zieht und nach Bestandskraft der Befristung erst gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ggf. zu verkürzen ist.
Die Trennung von einem Jahr ist dem minderjährigen Kind und dem Antragsteller zumutbar. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 GG formalrechtliche familiäre Bindungen nicht ausreichen, sondern im Einzelfall eine tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern vorliegen muss (BVerfG, B. v. 10.05.2008 – 2 BVR 588/08 – InfAuslR 2008, 347/347). Dabei ist zu unterscheiden zwischen gelegentlichen Umgangskontakten und dem darüberhinausgehenden Treffen von Entscheidungen und der aktiven Mitsorge für das Kind als Ausdruck der Personensorge. Der Antragsteller hat jedoch nicht im Einzelnen vorgetragen und belegt, dass er nicht nur bis Ende September 2018 Umgangskontakte hatte, sondern dass auch danach eine enge Bindung bestand zwischen ihm, der inzwischen in einer anderen Beziehung lebt, und seiner im 3 ½ Auto- bzw. 5 Zugstunden entfernten G … wohnenden Tochter. Damit hat der Antragsteller nicht dargetan, dass eine auch nur vorübergehende Trennung von seiner Tochter bleibende belastende Auswirkungen hätte.
Auf die Trennung von seiner Verlobten kann er sich schließlich nicht berufen. Denn eine nach deutschem einfachgesetzlichen Recht formwidrig und damit unwirksam geschlossene Ehe genießt nur dann grundrechtlichen Schutz gemäß Art. 6 GG, wenn die von zwei Partner als dauernde Gemeinschaft beabsichtigte und versprochene Verbindung zumindest durch die für einen der Partner maßgebliche Rechtsordnung anerkannt wird. Denn aus Art. 14 des marokkanischen Familiengesetzbuches 2004 ergibt sich, dass die Ehe eines Marokkaners, der sich in Deutschland aufhält, nur dann wirksam ist, wenn sie vor dem deutschen Standesbeamten geschlossen wird und zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind z.B. die Anwesenheit zweier muslimischer Zeugen (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand 2018, Artikel „Marokko“ S. 30).
ccccc) Schließlich ist die Abschiebung auch nicht deshalb rechtlich unmöglich, weil durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten wäre, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen wäre. Erforderlich ist dabei, dass in Folge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Ausländers konkret droht. In Betracht kommen dabei nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine Abschiebung scheidet damit zum einen aus; wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist. d.h. wenn sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – ein erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet, d.h. wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, sog. Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne (BayVGH, B. v. 05.11.2017 – 10 CE 17.30 – NVwZ-RR 2017, 345/345f.).
Gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, muss der Ausländer durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, die er der zuständigen Behörde unverzüglich vorzulegen hat (§ 60a Abs. 2c Satz 2, § 60a Abs. 2d Satz 1 AufenthG). Verletzt er diese Pflicht trotz eines entsprechenden Hinweises, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn er ist unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor (§ 60a Abs. 2d Satz 2 AufenthG).
Mit Telefax vom 25.01.2019 hat der Antragsteller vorgebracht, er sei gesundheitlich, auch durch schwere Depressionen, so sehr geschwächt, dass ihm bei dem Flug aber auch bei und nach der Ankunft in Marokko eine erhöhte Lebensgefahr drohe oder der Tod. Allerdings hat er darüber keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung vorgelegt, so dass die Behörde dieses Vorbringen nur berücksichtigen darf, wenn auch ohne die Bescheinigung tatsächliche Anhaltspunkte für die Erkrankung vorliegen. Geht man davon aus, dass es auf der Hand liegt, dass der Hungerstreik und die eingeleitete Zwangsernährung dazu geführt haben, dass der Antragsteller geschwächt ist, ist der Antragsgegner gehalten, die sich daraus ergebenden Gefährdungen, für die der Antragsteller selbst verantwortlich ist, zu beachten.
Das führt jedoch nicht ohne weiteres dazu, dass die Ausländerbehörde die Abschiebung von vornherein zu unterlassen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ausländer, der im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet ist, drohenden Gesundheitsgefahren durch eine Abschiebung vorzubeugen (Kluth/Breidenbach in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 01.11.2018, § 60a AufenthG Rn. 13), wie hier, im Gegenteil alles dafür tut, um nicht reisefähig zu sein. Vielmehr hat sie durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen, dass sich die geltend gemachten Gefahren für Leib und Leben nicht verwirklichen (BayVGH, B. v. 09.05.2017 – 10 CE 17.750 – juris Rn. 13).
Deshalb hält das Gericht eine Abschiebung dann, aber nur dann für rechtens, wenn der Antragsteller vor Beginn des Abschiebevorgangs nochmals auf seine Reisefähigkeit untersucht wird und, wenn die Abschiebung medizinisch zu verantworten ist, während des Abschiebevorgangs und insbesondere während des Fluges medizinisch begleitet wird, bis er an die Heimatbehörden übergeben wird. Dazu hat sich der Antragsgegner gegenüber dem Gericht bereits schriftlich bereit erklärt.
2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG, Ziffern. 1.5, 8.3 Streitwertkatalog 2013 (hälftiger Auffangstreitwert, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nochmals halbiert wird)


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