Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Abschiebungsandrohung – Bedrohung durch radikale Muslime – Inländische Fluchtalternative für Christen in Nigeria

Aktenzeichen  W 8 S 20.30148

Datum:
3.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2030
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwVfG § 51
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5
AsylG § 36 Abs. 4
AsylG § 43 Abs. 3 S. 1
AsylG § 71a
AsylG § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7
Dublin III-VO Art. 18 Abs. 1 Buchst. d u. Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger vom Volke der Yoruba. Er reiste am 20. März 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 1. April 2019 einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 23. April 2019 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe Nigeria im Jahr 2010 verlassen. Zuvor habe er in Lagos gelebt, aber in der Stadt Jos gearbeitet. Der Grund für die Ausreise sei gewesen, dass er, der selbst Muslim sei, dort mit einem Freund mehrmals eine Kirche besucht habe. Er sei der Meinung gewesen, sie würden zu demselben Gott beten. Bei den Kirchenbesuchen sei er von Personen aus seiner Moschee beobachtet worden. Von diesen sei er bedroht worden, habe die Drohungen aber zunächst nicht ernst genommen. Er habe dann auch an einer Gebetswanderung teilgenommen und sei wieder beobachtet worden. Es habe sich bei den Personen um radikale Muslime („Teblic“) gehandelt. Diese hätten dann das Haus in Brand gesetzt, in dem der Antragsteller gewohnt habe. Der Antragsteller habe sich nur durch einen Sprung aus dem Fenster retten können, wobei er sich am Knie verletzt habe. Die Personen hätten ihn dann mit Messern bewaffnet verfolgt. Er sei weggerannt und habe ein Auto angehalten, welches ihn nach Niger gebracht habe. Von dort sei er mit Hilfe eines Freundes über Libyen nach Italien gekommen. Dort sei er am 23. Juli 2016 eingereist. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, dieser sei abgelehnt worden. Er sei auch bei einem Anwalt gewesen, der ihm gesagt habe, er habe eine Ablehnung bekommen. Die jetzt vorgetragenen Gründe seien die gleichen Gründe, die er bereits in Italien vorgebracht habe. Ferner gab der Antragsteller an, er habe Probleme mit dem Knie und dem Nacken. Sein kleiner Finger links sei amputiert.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2020 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (in der Folge: Bundesamt) den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde aufgefordert die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und die Abschiebung nach Nigeria oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 3). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot aus § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Zur Begründung führt das Bundesamt im Wesentlichen aus, es handle sich um einen Zweitantrag gemäß § 71a Abs. 1 AsylG. Mit Schreiben vom 7. Mai 2019 hätte Italien dem Bundesamt mitgeteilt, dass der Antragsteller bereits in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Das Verfahren sei erfolglos abgeschlossen, da Italien gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO seine Zuständigkeit erklärt habe. Im Übrigen sei der Antrag unzulässig, da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen. Der Antragsteller habe keine neuen Asylgründe vorgetragen. Im Übrigen lägen keine Abschiebungsverbote vor. Selbst wenn man die Verfolgung des Antragstellers wegen seiner Nähe zum Christentum als wahr unterstelle, wären innerstaatliche Schutzalternativen, insbesondere in den Millionenstädten des Südwestens (z.B. Lagos), gegeben. Wegen des nicht vorhandenen Meldewesens in Nigeria, sei nicht ersichtlich, wie die radikale Gruppe den Antragsteller in einer solchen Großstadt finden solle. Auch wenn trotz der verfassungsmäßig garantierten Religionsfreiheit auf lokaler Ebene die Toleranz gegenüber anderen Religionen teilweise unzureichend sei, bestehe gerade im Südwesten hiervon eine Ausnahme, da sich die dort mehrheitlich siedelnden Yoruba gegenüber anderen Religionen tolerant zeigen würden. Der Antragsteller habe zudem in der Vergangenheit als Bäcker gearbeitet und es sei nicht ersichtlich, weshalb er nach seiner Rückkehr nicht in der Lage sein solle, sich einen Lebensunterhalt zu verdienen. Im Übrigen gebe es Hilfseinrichtungen sowie auch Rückkehr- und Starthilfen sowie Reintegrationsprogramme. Ferner könne erwartet werden, dass der Antragsteller Hilfe von seiner Großfamilie erhalten könne. Hinsichtlich seiner gesundheitlichen Probleme, habe der Antragsteller bereits keine Atteste oder andere Nachweise vorgelegt.
Am 29. Januar 2020 erhob der Antragsteller zu Protokoll der Urkundsbeamtin im Verfahren W 8 K 20.30146 Klage und beantragte im vorliegenden Verfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
Zur Begründung verweist der Antragsteller zunächst auf die beim Bundesamt schriftlich vorgebrachten Gründe. Ferner könne der Antragsteller nicht zurück nach Nigeria. Er sei vom Islam zum Christentum konvertiert und werde in Nigeria von verschiedenen Gruppen bedroht. Es sei für ihn lebensgefährlich dort zu leben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte W 8 K 20.30146) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid dahingehend auszulegen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 22. Januar 2020 begehrt.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen (§ 36 Abs. 3 und 4 AsylG). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt es darauf an, ob die Entscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Wiederaufgreifens- und Asylgründe bei der hier gebotenen summarischen Prüfung mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.
1. Der Asylantrag des Antragstellers ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG unzulässig, weil er nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führt.
Richtigerweise ist das Bundesamt davon ausgegangen, dass der Antragsteller bereits ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) – hier Italien – erfolglos abgeschlossen hat und durfte sich deshalb in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufgreifensgründen beschränken.
Der Antragsteller hat bereits in der Bundesrepublik ein „Dublin-Verfahren“ durchlaufen, in welchem die italienischen Behörden mit Schreiben vom 7. Mai 2019 (Bl. 116 der Behördenakte) ihre Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO erklärt haben. Dies stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass das Asylerstverfahren des Antragstellers in Italien tatsächlich erfolglos abgeschlossen wurde. Jedoch kann hieraus für sich allein nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass das Verfahren auch im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG unanfechtbar erfolglos geblieben ist, weil es sich bei den Regelungen der Dublin III-VO um Zuständigkeitsregelungen handelt und die Einlegung von Rechtsmitteln grundsätzlich noch möglich ist (vgl. Art. 18 Abs. 2 UA 3 Dublin III-VO), wenn der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt wurde.
Gleichwohl kann von einer weiteren Amtsermittlung seitens des Bundesamtes im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 34 Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 Dublin III-VO abgesehen werden, wenn es keine gegenläufigen Anhaltspunkte gibt und sich die Angaben des Asylbewerbers mit den Behördenangaben decken (vgl. VG Gelsenkirchen, B.v. 8.2.2019 – 9a L 139/19.A – juris m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31917 – juris Rn. 41).
So liegt es hier. Der Antragsteller hat selbst angegeben, er habe zweimal eine Ablehnung bekommen. Einmal habe er Asyl beantragt und sich einen Anwalt genommen. Dieser habe gesagt, er sei abgelehnt worden (Bl. 88 der Behördenakte). Hieraus und auch aus dem sonstigen Vortrag des Antragstellers ergibt sich nicht, dass er gegen die ablehnende Entscheidung über seinen Asylantrag in Italien Rechtsmittel eingelegt hat bzw. dass über diese noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Im Zusammenhang mit der erklärten Zuständigkeit der italienischen Behörden nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO bestand aus diesem Grund keine weitere Pflicht zur Amtsermittlung seitens des Bundesamts.
2. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG, insbesondere eine entscheidungsrelevante Veränderung der dem Erstverfahren zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, liegen nicht vor.
Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid, macht sich diese zu Eigen und sieht insbesondere von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen des Bundesamtes decken sich mit den vorliegenden Erkenntnissen.
Das Bundesamt hat schon zu Recht darauf hingewiesen, dass der Antragsteller keine neuen relevanten Wiederaufgreifensgründe geltend gemacht hat, sondern vielmehr die Gründe vorgebracht hat, die er auch schon in seinem erfolglosen Asylverfahren in Italien angegeben hatte, und zwar Probleme mit radikalen Muslimen, welche ihn aufgrund seiner Nähe zum Christentum verfolgt hätten. Der Antragsteller hat selbst gegenüber dem Bundesamt angegeben, dass er die gleichen Gründe vorbringe, wie bei seinem Asylantrag in Italien (Bl. 89 der Behördenakte). Auch wenn der Antragsteller in seiner Antragsbegründung nunmehr erstmals vorbringt, er sei zum Christentum konvertiert, ergibt sich hieraus keine andere Sichtweise in Bezug auf das Vorliegen etwaiger Wiederaufgreifensgründe.
Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG müsste sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Antragstellers geändert haben (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO bestehen (Nr. 3). Insbesondere in Bezug auf die in der Antragsbegründung vorgetragene Konversion des Antragstellers vom Islam zum Christentum, ergibt sich keine entscheidungsrelevante Veränderung der dem Erstverfahren zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, die eine für den Antragsteller günstigere Entscheidung möglich erscheinen lässt.
Der Antragsteller hat in Nigeria keine landesweite Verfolgung wegen seiner nunmehr angegebenen christlichen Religionszugehörigkeit zu befürchten. Insbesondere im Südwesten Nigerias dominiert, anders als im zum Teil stark muslimisch geprägten Norden des Landes, keine bestimmte Religion. Zwar sind viele der dort lebenden Menschen Moslems oder praktizieren traditionelle Religionen. Daneben bekennt sich aber auch eine große Zahl der dort lebenden Menschen zum Christentum (vgl. dazu VG Minden, U.v. 14.3.2017 – 10 K 2413/16.A – juris Rn. 17 m.w.N.). Der Antragsteller würde somit als Christ zumindest im Südwesten Nigerias, der für ihn auch tatsächlich erreichbar sein wird, keiner religiösen Minderheit angehören. Es ist nicht ersichtlich, dass er dort aufgrund seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert würde oder in anderer Weise gefährdet wäre. In den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln, vor allem in dem Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Bundesrepublik Nigeria (vom 16. Januar 2020, Stand: September 2019) finden sich zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass für Christen im Südwesten des Landes in absehbarer Zeit eine ähnlich bedrohliche Situation entstehen könnte wie in anderen Landesteilen. In der Region gibt es seit Jahrhunderten ein friedliches Zusammenleben zwischen Christen und Moslems. Mischehen zwischen Angehörigen beider Religionen sind häufig (vgl. zu allem VG Minden, U.v. 14.3.2017 – 10 K 2413/16.A – juris, Rn. 20 ff.; Lagebericht des Auswärtigen Amtes, a.a.O., S. 12 f.; EASO, Country of Origin Report, Nigeria – Country Focus, June 2017, S. 53). Der Antragsteller genießt Freizügigkeit in ganz Nigeria, sodass er seinen Wohn- und Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen kann.
Neue Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG hat der Antragsteller nicht vorgelegt, Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Des Weiteren geht das Gericht bezüglich der vorgebrachten Verfolgung des Antragstellers durch radikale Muslime, ungeachtet dessen, ob man die Schilderung für glaubhaft erachtet, jedenfalls davon aus, dass es dem Antragsteller möglich und zumutbar ist sich in einem anderen Landesteil Nigerias niederzulassen, in welchem er auch vor seinen privaten Verfolgern sicher wäre (vgl. § 3e, 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Der Antragsteller kann sich beispielsweise in einer der zahlreichen Großstädte Nigerias, insbesondere in der Hauptstadt Abuja, oder im christlich geprägten Südwesten des Landes, beispielsweise in Lagos oder in einer anderen Stadt niederlassen. Wenn der Antragsteller die Stadt Jos meidet, erscheint es darüber hinaus unwahrscheinlich, dass der Antragsteller von seinen Verfolgern in einer anonymen Großstadt mit mehreren Millionen Einwohnern nach mehrjähriger Abwesenheit (seit dem Jahr 2010) aufgefunden würde, zumal Nigeria etwa 190 Millionen Einwohner hat, eine Fläche von 925.000 m² aufweist und dabei nicht über ein funktionierendes Meldewesen verfügt. Grundsätzlich besteht nach der Erkenntnislage in den meisten Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung, Repressionen Dritter sowie Fällen massiver regionaler Instabilität durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dem Antragsteller ist ein Umzug in einen anderen Landesteil Nigerias auch zumutbar. Zwar geht aus den vorliegenden Erkenntnissen hervor, dass ein Umzug in einen anderen Landesteil unter Umständen mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein kann, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, an dem sie kein soziales Umfeld haben. Insbesondere familiären Bindungen kommt in der nigerianischen Gesellschaft eine gesteigerte Bedeutung zu (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Nigeria, Stand: 18.12.2019, S. 46 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: September 2019, vom 16.1.2020, S. 16). Der Antragsteller könnte jedoch im Fall der Rückkehr nach Nigeria – wie auch schon vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt – als junger Mann ohne gravierende gesundheitlichen Einschränkungen in einer der zahlreichen Großstädte eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit aufnehmen, um seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Zudem hat der Antragsteller angegeben, dass sein Bruder noch in Lagos lebe. Vorstehendes gilt umso mehr, als der Antragsteller im Falle einer freiwilligen Rückkehr sowohl Start- als auch Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen kann. Ferner hat der Antragsteller in der Vergangenheit in Nigeria als Bäcker gearbeitet. Er hat beruflich Erfahrungen gesammelt und ist auch mit den Umständen in Nigeria vertraut. Somit ist davon auszugehen, dass sich der Antragsteller seinen Lebensunterhalt zumindest am Rande des Existenzminimums erwirtschaften kann (VG München, B.v. 13.12.2019 – M 12 S 19.34141 – juris; ebenso schon VG Würzburg, B.v. 20.12.2019 – W 10 S 19.32023).
Des Weiteren ist auch in dem Zusammenhang nochmals darauf hinzuweisen, dass abgesehen von privaten Hilfemöglichkeiten und Hilfsorganisationen auch auf Rückkehr- und Starthilfen sowie auf Reintegrationsprogramme zurückgegriffen werden kann. So hat der Antragsteller die Option, seine finanzielle Situation in Nigeria aus eigener Kraft zu verbessern, um Startschwierigkeiten bei einer Rückkehr besser zu überbrücken. Gegen diese Möglichkeiten kann der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, dass Start- bzw. und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehr, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung, erfolgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbotes verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – BVerwGE 104, 265; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris).
Ernstliche Zweifel ergeben sich nach den vorstehenden Ausführungen des Weiteren nicht mit Bezug auf § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG, auch nicht im Hinblick auf eventuelle gesundheitlichen Probleme. Auch insofern kann das Gericht auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides Bezug nehmen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Hinsichtlich der vorgetragenen Knie- und Nackenprobleme hat der Antragsteller keinerlei Atteste oder sonstige Nachweise vorgelegt. Auch bezüglich des amputierten kleinen Fingers der linken Hand, fehlt es bereits an einem Vortrag inwieweit der Antragsteller hierdurch negativ gesundheitlich beeinflusst ist.
Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Nigeria. Diese betreffen jedoch nigerianische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
Der Antrag war nach alledem abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


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