Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Umsiedlung in neue Aufnahmeeinrichtung für Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf

Aktenzeichen  W 7 S 16.30100

Datum:
4.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 47 Abs. 1a

 

Leitsatz

Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1a AsylG ist es, Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf, die aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen, eine schnelle Bearbeitung des Asylverfahrens und eine raschere Beendigung des Aufenthalts zu gewährleisten.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Antragsteller sind albanische Staatsangehörige. Sie meldeten sich am 27. August 2014 als asylsuchend und stellten in der Folge Asylanträge, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Bescheid der Regierung von Unterfranken – Regierungsaufnahmestelle Würzburg – vom 10. September 2014 wurden die Antragsteller ab dem 11. September 2014 dem Landkreis Bad Kissingen zugewiesen. Als künftiger Wohnsitz wurde ihnen die … , 9. B. – W. zugewiesen.
Mit Bescheid der Regierung von Oberfranken vom 8. Januar 2015 wurde den Antragstellern als künftiger Wohnsitz die …, 9. B., zugewiesen (Ziffer 1). Die Antragsteller wurden verpflichtet, spätestens eine Woche nach Aushändigung des Bescheides in diese Unterkunft einzuziehen (Ziffer 2). Für den Fall, dass sie dieser Aufforderung nicht rechtzeitig nachkommen, wurde die Vollstreckung durch unmittelbaren Zwang angedroht (Ziffer 3). Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 50 AsylG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) aus Gründen des öffentlichen Interesses eine landesinterne Umverteilung erfolgen könne. Ein öffentliches Interesse daran bestehe insbesondere aufgrund der Regelung des Art. 4 Abs. 1 und 4 des Aufnahmegesetzes (AufnG). Nach dieser Vorschrift finde die Regelunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften nicht statt, solange eine Wohnpflicht in einer Aufnahmeeinrichtung bestehe. Diese ergebe sich aus § 47 Abs. 1a AsylG. Gründe, die im Falle der Antragsteller dafür sprächen, von ihrer Umverteilung abzusehen, seien nicht ersichtlich. Ein soziales, medizinisches und gegebenenfalls adäquates unterrichtliches Angebot sei auch in Bamberg sichergestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller mit Schreiben vom 14. Januar 2016, am selben Tag beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen, Klage und beantragten gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Sie begründeten dies insbesondere damit, dass sie seit 29. August 2014 in Deutschland asylsuchend seien und zur Aufnahme in Zirndorf untergebracht gewesen seien. Als Anschlussunterbringung seien sie nach Bad Brückenau -Wernarz verteilt worden. Sie wohnten seit 11. September 2014 in ihrer Unterkunft. Der Antragsteller zu 3) besuche seitdem die …schule in Bad Brückenau. Er sei in die Klasse integriert und habe hier Freunde. Eine Umsiedlung nach Bamberg hätte zur Folge, dass er die Schule nicht mehr besuchen könne, ein adäquates unterrichtliches Angebot sei in der … … in Bamberg nicht vorhanden. Ihre sozialen Kontakte würden unterbrochen werden. Sie hätten lange vor dem Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes um Asyl nachgesucht und ihren Asylantrag auch vorher gestellt.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiege, es wurde auf die Gründe des angefochtenen Bescheides verwiesen. Im Übrigen werde das Bildungsangebot in der … … als ausreichend angesehen, der Wunsch nach einem Verbleib in der ehemaligen Schule sei kein Hinderungsgrund für eine Umverteilung.
Mit Beschluss vom 19. Januar 2016 erklärte sich das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth für unzuständig und verwies die Streitsache an das Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist unbegründet, da der angegriffene Bescheid der Regierung von Oberfranken nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache in ihrer bisherigen Unterkunft verbleiben zu können, überwiegt.
Das Gericht folgt dabei den Feststellungen und der Begründung im angegriffenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Vorliegend sind keine neuen Tatsachen und Argumente vorgebracht worden, die zu einer abweichenden Entscheidung führen können.
Ergänzend gilt Folgendes:
Der angegriffene Bescheid wurde zutreffend auf § 50 AsylG, § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 DVAsyl i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 AufnG i.V.m. § 47 Abs. 1a AsylG gestützt. Diese Vorschriften erfassen auch eine landesinterne Umverteilung, wenn eine Pflicht zum Wohnen in der Aufnahmeeinrichtung erstmals oder erneut entsteht. Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 – 21 CS 15.30249 – juris, Rn. 7 – ausdrücklich auf die Gesetzesbegründung und den Sinn und Zweck der Vorschrift des § 47 Abs. 1a AsylG verwiesen, wonach die neuen Aufnahmeeinrichtungen eigens für den Zweck geschaffen wurden, bei Personen ohne flüchtlingsrelevanten Schutzbedarf, wie er bei Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten nach § 29a AsylG angenommen wird, eine abschließende sowie im Ergebnis schnelle Bearbeitung des Asylverfahrens und eine raschere Beendigung des Aufenthalts zu gewährleisten. Die Vorschrift des § 47 Abs. 1a AsylG bezweckt gerade die Entlastung der anderweitigen Kapazitäten für die Unterbringung von Asylbewerbern außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen. Denn im Jahr 2015 sind wegen des starken Anstiegs der Flüchtlingszahlen Verteilungen aus den Aufnahmeeinrichtungen in eine Anschlussunterbringung offensichtlich auch aus Kapazitätsproblemen erfolgt (vgl. VG Regensburg – RO 7 S. 15.32072), was bei den Antragstellern allerdings nicht der Fall war.
Es liegt vorliegend auch keine unzulässig (unechte) Rückwirkung durch die Gesetzesänderung vor. Denn die Antragsteller konnten von Anfang an nicht darauf vertrauen, in der Unterkunft, in der sie sich seit September 2014 befinden, dauerhaft und nicht nur vorübergehend zu bleiben. Denn gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 AsylG, der in dieser Fassung bereits vor Einreise der Antragsteller in Kraft war, hat ein Asylsuchender keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (vgl. dazu Bodenbender, GK-AsylVfG, Rn. 53ff zu § 55). Das Vertrauen der Antragsteller, dass sich die Regelungen über die landesinterne Umverteilung angesichts der Bewältigung der stark angestiegenen Flüchtlingszahlen für die Zukunft nicht ändern, ist daher nicht schutzwürdig.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller zu 3) keine adäquate Möglichkeit des Schulbesuchs in der … … haben könnte. In Bamberg sind alle erforderlichen Bildungseinrichtungen – hier der Besuch einer …schule – vorhanden.
Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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