Verwaltungsrecht

Rechtmäßigkeit einer allgemeinärztlichen Untersuchungsanordnung

Aktenzeichen  3 CE 17.895

Datum:
29.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123

 

Leitsatz

Hat sich der Antragsteller bislang nicht zu der Ursache seiner aktuellen Arbeitsunfähigkeit geäußert, ist ihm die Berufung auf eine Entbehrlichkeit der allgemeinärztlichen Untersuchungsanordnung verwehrt. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 17.1564 2017-04-18 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der am 5. Mai 1969 geborene Antragsteller steht als akademischer Rat (BesGr. A 13) im Dienst des Antragsgegners. Er wird bei der TU München am Institut für I… beschäftigt. Seit dem 3. November 2015 ist der Antragsteller ununterbrochen dienstunfähig erkrankt.
Mit Schreiben vom 23 November 2016 ordnete die TU München gegenüber dem Antragsteller eine allgemeinmedizinische Untersuchung an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Zweifel an der Dienstfähigkeit des Antragstellers bestünden, weil dieser seit dem 3. November 2015 durchgehend erkrankt sei. Mit Schreiben vom 11. Januar 2017 dehnte die TU München die Untersuchungsaufforderung auf eine nervenärztliche Untersuchung aus. Auf die Begründung dieses Schreibens wird verwiesen.
Der Antragsteller beantragte beim Verwaltungsgericht, ihn vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnungen vom 23. November 2016 und 11. Januar 2017 freizustellen. Das Verwaltungsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 18. April 2017 insoweit statt, als der Antragsteller von der Verpflichtung zur Durchführung einer anderen als einer allgemeinmedizinischen Untersuchung freizustellen ist. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter und begehrt vorläufig insgesamt von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung freigestellt zu werden.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 123 VwGO, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinärztlichen Untersuchung freizustellen, mit Beschluss vom 18. April 2017 zu Recht abgelehnt. Die durch den Antragsgegner mit Schreiben vom 23. November 2016 angeordnete amtsärztliche Untersuchung auf allgemeinmedizinischem Gebiet ist formell und inhaltlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – juris; BayVGH, B.v. 16.7.2015 – 3 CE 15.1046 – juris Rn. 27). Ein Anordnungsanspruch wurde nicht glaubhaft gemacht, auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (im Hinblick auf zeitlich überholte konkrete Untersuchungstermine) kommt es insofern nicht an.
Die mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
Die Beschwerde rügt, die verbleibende Anordnung (allgemeinärztliche Untersuchung) erweise sich als unverhältnismäßig, weil sie nicht geeignet sei, zur Beurteilung der Dienstfähigkeit des Antragstellers beizutragen. Der Antragsgegner habe hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Erkrankung des Antragstellers psychischer Natur sei. Das trifft nicht zu. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht lediglich fest, dass die AU-Bescheinigungen durchgängig von Dr. med. G……… S…….., einem Neurologen, ausgestellt worden sind. Die Neurologie ist ein Fachgebiet der Medizin, das sich mit der Erforschung, Diagnostik und Behandlung der Erkrankung des Nervensystems und der Muskulatur befasst (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 265. Auflage 2014, Stichwort: Neurologie). Angesichts der denkbaren Krankheitsbilder (z.B. Kopfschmerzleiden bis hin zu Multipler Sklerose oder Parkinson-Syndrom, vgl. die aufgezählten Behandlungsschwerpunkt von Dr. S……… in seinem Internetauftritt; vgl. http://www.dr-s…, zuletzt besucht am 29.6.2017) ist allein der Umstand, dass der Antragsteller wohl an einer Erkrankung aus dem neurologischen Formenkreis leidet, nicht ausreichend, ohne nähere Kenntnis von der Erkrankung eine neurologische Untersuchung anzuordnen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2017 – 3 CE 17.64 – juris Rn. 4). Eine Schärfung des Krankheitsbildes ergibt sich auch nicht aus dem Gesundheitszeugnis der MUS der Regierung von Oberbayern vom 18. Mai 2016, wonach der Antragsteller einen schwerwiegenden psychosomatischen Beschwerdekomplex entwickelt haben soll. Die Psychosomatik betrachtet die psychischen Einflüsse auf körperliche Vorgänge und die Auswirkungen körperlicher Erkrankungen auf psychische Prozesse (vgl. Pschyrembel a.a.O. Stichwort: Psychosomatik). Mit der Feststellung einer psychosomatischen Erkrankung allein ist also keine Klarheit über die konkrete Erkrankung des Klägers gewonnen. Da sich auch der Antragsteller bislang nicht zur Ursache seiner aktuellen, seit dem 3. November 2015 bestehenden ununterbrochenen Arbeitsfähigkeit geäußert hat, ist ihm die Berufung auf eine Entbehrlichkeit der hier verfahrensgegenständlichen Untersuchungsanordnung auf allgemeinärztlichem Gebiet verwehrt.
2. Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Vorinstanz). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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