Verwaltungsrecht

Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen

Aktenzeichen  M 2 S 17.5175

Datum:
12.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 139862
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayVwZVG Art. 21a, 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 38 Abs. 1 Satz 3

 

Leitsatz

1 Eine Mitteilung über die Fälligkeit eines Zwangsgelds stellt mangels Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt (Art. 35 S. 1 BayVwVfG) dar. Der Fälligkeitsmitteilung kommt nur deklaratorische Wirkung zu (ebenso BayVerfGH BeckRS 2007, 23711). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine isolierte, nicht mit dem zugrunde liegenden Grundverwaltungsakt verbundene Androhung eines Zwangsgelds kann nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird (Art. 38 Abs. 1 S. 3 VwZVG). Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausgeschlossen (ebenso BayVerfGH BeckRS 2007, 23711). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 175 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich in der Hauptsache (M 2 K 17.5170) gegen eine Fälligkeitsmitteilung und erneute Androhung eines Zwangsgeldes der Antragsgegnerin vom 29. September 2017, die ihr laut Zustellungsurkunde am 30. September 2017 zugegangen ist. Die Antragstellerin bezeichnet den bzw. die angegriffenen Bescheide als „Bescheide vom 16. Oktober 2017“, fügt als Anlage K2 (bezeichnet als „Bescheide der Beklagten vom 16. Oktober 2017“) jedoch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. September 2017 bei. Bescheide vom 16. Oktober 2017 existieren ausweislich der Behördenakten nicht. In Nr. 1 der Verfügung vom 29. September 2017 lautet: “Mit Bescheid vom 25. November 2016 wurden sie verpflichtet, bis zum 10.2.2017 eine satzungsgemäße Hausnummernbeschilderung anzubringen. Da Sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind, ist das in diesem Bescheid angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 250 € zur Zahlung fällig.“ In Nr. 2. der Verfügung vom 29. September 2017 erließ die Antragsgegnerin eine erneute Androhung eines Zwangsgeldes und drohte für den Fall, dass die mit Bescheid vom 25. November 2016 angeordnete Pflicht zur Anbringung einer satzungsgemäßen Hausnummernbeschilderung nicht bis spätestens 11. Dezember 2017 erfüllt wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € an. In Nr. 3. wurden der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen i. H. v. 107,19 €) auferlegt. Gegen den Bescheid vom 29. September 2017 erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. Oktober 2017 Klage mit dem Antrag, „die Bescheide vom 16. Oktober 2017“ aufzuheben.
Zugleich wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag mit Schreiben vom 22.11.2017 entgegengetreten und beantragt,
der Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 2 K 17.5170 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Soweit sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf die in Nr. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 29. September 2017 enthaltene Fälligkeitsmitteilung erstreckt, ist der Antrag schon unstatthaft und damit unzulässig. Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur dann statthaft, wenn ein gegenüber dem Antragsteller noch nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG vorliegt, der entweder kraft Gesetzes oder kraft behördlicher Vollzugsanordnung sofort vollziehbar ist. Eine Fälligkeitsmitteilung stellt keinen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, da ihr nur deklaratorische Wirkung zukommt. Die Fälligkeit des angedrohten Zwangsgeldes ist in Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG unmittelbar gesetzlich geregelt. Der Mitteilung kommt daher nicht die für einen Verwaltungsakt erforderliche Regelungswirkung zu, sie stellt nur eine an sich gesetzlich nicht vorgeschriebene Mitteilung des Bedingungseintritts da (vgl. BayVerfGH, B.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05, Rdnr. 46 juris).
Gegen eine Fälligkeitsmitteilung kann sich ein Betroffener in der Hauptsache mit einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO und im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sonach allein mit einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zur Wehr setzen.
Selbst wenn man vorliegend den Antrag der anwaltlich nicht vertretenen Antragstellerin entgegen des ausdrücklichen Wortlauts in einen Antrag nach § 123 VwGO, gerichtet auf einstweilige Untersagung der Beitreibung des Zwangsgeldes bis zur Entscheidung in der Hauptsache, umdeuten würde, hätte dieser keinen Erfolg, da die Fälligkeit des mit Bescheid vom 25. November 2016 angedrohten Zwangsgeldes eingetreten ist.
Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird die Zwangsgeldforderung fällig i. S. d. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG, wenn die Pflicht zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG nicht bis zum Ablauf der Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird. Den Ausführungen der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen das mit Bescheid vom 25. November 2016 angedrohte Zwangsgeld vorliegend nicht fällig geworden sein soll. Solche Gründe sind weder ersichtlich noch seitens der Antragstellerin vorgetragen worden. Soweit sich die Antragstellerin in der Begründung ihres Antrags auf die aus ihrer Sicht gegebene Rechtswidrigkeit der Bescheide der Antragsgegnerin vom 25. November 2013 bzw. vom 25. November 2016 bezieht, ist dieses Vorbringen unbehelflich, da diese Bescheide bestandskräftig sind.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wurde die Fälligkeitsmitteilung auch ordnungsgemäß bekannt gegeben. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid vom 29. September 2017, der in seiner Begründung Bezug nimmt auf den vorausgehenden Bescheid vom 25. November 2016 (Androhung des Zwangsgeldes) sowie den Einnummerierungsbescheid vom 25. November 2013, ergibt sich eindeutig, dass Schuldner der Verpflichtung zur Anbringung des Sammelhinweisschildes und – im Falle der Nichtvornahme – Schuldner des Zwangsgeldes der Grundstückseigentümer ist.
2. Soweit sich der Antrag gegen die in Nr. 2 des Bescheids vom 29. September 2017 enthaltene erneute Zwangsgeldandrohungen richtet, ist der Antrag gemäß Art. 21a VwZVG statthaft, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die erneute Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 29. September 2017 begegnet keinen rechtlichen Bedenken, sodass die in der Hauptsache hiergegen erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Vorliegend handelt es sich um eine isolierte, nicht mit dem zugrunde liegenden Grundverwaltungsakt verbundene Androhung eines Zwangsgeldes. Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG schränkt die Anfechtung derartiger isolierter Androhungen von Zwangsmitteln ein. Diese können nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind damit ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH, B.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05, Rdnr. 53 juris). Möglich ist nur noch die Rüge von Rechtsverletzungen, die die gesetzlichen Voraussetzungen der Zwangsmittelandrohung als solche betreffen, wie sie etwa in Art. 31, 36 VwZVG vorgesehen sind. Eine Rechtsverletzung durch die Zwangsgeldandrohung selbst ist vorliegend nicht ersichtlich. Der der Vollstreckung zu Grunde liegende Grundverwaltungsakt, der Einnumerierungsbescheid vom 25. November 2013, ist unanfechtbar im Sinne von Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG.
3. Schließlich bleibt auch ein Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der in Nr. 3 des Bescheids vom 29. September 2017 erhobenen Bescheidskosten ohne Erfolg. Ein solcher Antrag ist vorliegend bereits unzulässig, da die Antragstellerin keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Behörde gestellt hat (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO, § 80 Abs. 2, Satz 1 Nr. 1 VwGO). Diesbezüglich wurde von der Antragstellerin materiellrechtlich auch nichts vorgetragen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Streitwert basiert auf §§ 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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