Verwaltungsrecht

Rechtswidrige Nichteinbeziehung in Beförderungsauswahl – Fortsetzungsfeststellungsklage

Aktenzeichen  Au 2 K 14.1618

Datum:
11.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 34
BGB BGB § 839
GG GG Art. 33 Abs. 2
BefRPolVS Nr. 6.2.1, Nr. 4.5.5
BayLlbG BayLlbG Art. 56 Abs. 4

 

Leitsatz

1 Nach Art. 56 Abs. 4 BayLlbG und den Beförderungsrichtlinien für Beamte der Bayerischen Polizei (BefRPolVS) waren den Beförderungsentscheidungen zum 1.8.2014 die zum Stichtag 31.5.2011 erstellten dienstlichen Beurteilungen zugrunde zu legen, da es sich dabei um die damals aktuellsten dienstlichen Beurteilungen handelte. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Nichteinbeziehung eine Beamten in die Beförderungsauswahl, obwohl er die nach der BefRPolVS erforderlichen Beförderungsvoraussetzungen (mindestens 9 Punkte in der letzten Beurteilung und Bewährungszeit von 36 Monaten in einem Amt nach A 9 mit Amtszulage) erfüllt hat, ist rechtswidrig und kann mit der Fortsetzungsfeststellungsklage angegriffen werden. Bezieht sich die für den Bewerber maßgebliche Beurteilung auf ein Amt nach A 9 ohne Amtszulage, ist die Vergleichbarkeit mit Beurteilungen, die sich auf ein Amt nach A 9 mit Amtszulage beziehen, durch entsprechende Gewichtung herzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Aus der rechtswidrigen Nichteinbeziehung in die Beförderungsauswahl ergibt sich noch kein Anspruch auf Beförderung. Denn nur in den Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum auf null reduziert ist, dh ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren und sein Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Polizeipräsidiums … vom 21. August 2014 rechtswidrig war. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Beteiligten haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Kammer konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO); der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, da er gemäß seiner Angabe beabsichtigt, den Beklagten wegen fehlerhafter Ablehnung seines Beförderungsbegehrens (gemäß Art. 34 GG i. V. m. § 839 BGB) auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen und dieses Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheint (BVerwG, U. v. 24.1.1992 – 7 C 24.91 – NVwZ 1992, 563).
Die Klage ist auch – teilweise – begründet. Die angegriffene Entscheidung des Polizeipräsidiums … vom 21. August 2014 war rechtswidrig; der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, den Kläger zum 1. August 2014 in die Auswahl der Bewerber um ein Beförderungsamt einzubeziehen. Eine Verpflichtung, den Kläger zu diesem Zeitpunkt in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu befördern, lässt sich jedoch nicht feststellen. Auch der hilfsweise gestellte Antrag hat keinen Erfolg.
1. Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Beförderung (st. Rspr..; vgl. BVerwG, GB. v. 21.9.2005 – 2 A 5.04 – juris Rn. 17 m. w. N.; BayVGH, B. v. 13.3.2012 – 6 ZB 11.1093 – juris Rn. 6; Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 9 BeamtStG Rn. 12). Das folgt daraus, dass dem Dienstherrn bei der Prüfung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht und ihm in der Regel zusätzlich Ermessen eingeräumt ist. Ein Anspruch auf Beförderung kann nur in dem eng begrenzten Ausnahmefall bestehen, dass eine freie und besetzbare Beförderungsstelle vorhanden ist, die der Dienstherr im Zeitpunkt der Entscheidung über den Beförderungsantrag auch tatsächlich besetzen will, und dass er seine Beurteilungsermächtigung und sein Ermessen dahin ausgeübt hat, dass er nur den klagenden Beamten für den am besten Geeigneten hält (BVerwG, GB. v. 21.9.2005, a. a. O., juris Rn. 18; B. v. 24.9.2008 – 2 B 117.07 – juris Rn. 8). Diese Voraussetzungen lagen bei dem Kläger nicht vor. Er hatte lediglich Anspruch darauf, dass über seine Beförderung oder die Zurückstellung seiner Beförderung ohne Rechtsfehler entschieden wird und nicht grundlos oder aufgrund sachwidriger Erwägungen zu seinem Nachteil von praktizierten, die Verwaltung bindenden Richtlinien, wie den hier anzuwendenden Beförderungsrichtlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für die Beamten und Beamtinnen der Bayerischen Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz – BefRPolVS – vom 21. Januar 2014 (IC 3 – 0406 – 400) abgewichen wird (BayVGH, B. v. 29.4.2015 – 3 ZB 12.1801 – juris Rn. 6).
2. Gemäß Art 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Mit den Begriffen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG bei Beförderungsentscheidungen einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Dieser unterliegt einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. Art. 19 Abs. 4 GG verleiht Beamten in diesem Rahmen das Recht, eine Auswahlentscheidung dahingehend überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über ihre Bewerbung entschieden hat. Damit korrespondiert ein Bewerbungsverfahrensanspruch, dass die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (BayVGH, B. v. 17.5.2013 – 3 CE 12.2469 – BayVBl 2014, 84 m. w. N.).
Kommen mehrere Bewerber für eine Beförderung auf höherwertige Dienstposten in Betracht, müssen die am besten Geeigneten ausfindig gemacht werden. Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Der Dienstherr bestimmt im Rahmen seines organisatorischen Ermessens, welche Eignungsvoraussetzungen (Anforderungsprofil) der zukünftige Stelleninhaber erfüllen muss (BVerwG, B. v. 25.10.2011 – 2 VR 4.11 – juris Rn. 27 ff.). Soweit der Stellenbesetzung kein besonderes Anforderungsprofil zugrunde liegt, sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beförderungsbewerber in erster Linie anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen vorzunehmen, da diese den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Leistungsstand abbilden. Maßgebend für den anzustellenden Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B. v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 25).
Der Beurteilung kommt entscheidende Bedeutung bei der Auswahlentscheidung des Dienstherrn und der dabei erforderlichen „Klärung einer Wettbewerbssituation“ zu. Dies verlangt größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten. Daraus folgt, dass die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden müssen. Eine höchstmögliche Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen wird grundsätzlich durch einen gemeinsamen Stichtag und einen gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (BVerwG, U. v. 18.7.2001 – 2 C 41.00 – NVwZ-RR 2002, 201).
Dabei ist auch darauf zu achten, dass die Beurteilungen im gleichen Statusamt erzielt worden sind (BayVGH, B. v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris Rn. 108). Wenn das gleiche Prädikat in unterschiedlichen Statusämtern erzielt worden ist, fehlt es grundsätzlich an der Gleichwertigkeit von Beurteilungen (BayVGH, B. v. 6.8.2007 – 3 CE 07.1498 – juris Rn. 29). Allerdings kann ein Statusrückstand durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert werden (vgl. BayVGH, B. v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050 – juris Rn. 33). Beziehen sich die Beurteilungen konkurrierender Bewerber auf unterschiedliche Statusämter, so wird in der Rechtsprechung angenommen, dass bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Mitbewerbers. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amts von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amts (vgl. BVerfG, B. v. 20.3.2007 – 2 BvR 2470/06 – DVBl 2007, 563; BayVGH, B. v. 1.8.2006 – 3 CE 06.1241 – juris). Diese Rechtsprechung ist mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar.
3. Der Beklagte hat die Beförderungsvoraussetzungen in den Beförderungsrichtlinien für die Beamten der Bayerischen Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz – BefRPolVS – vom 21. Januar 2014 im Einzelnen geregelt. Nach Nr. 4.5.5 der Richtlinien kann ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 an Beamte wie den Kläger, die in der zweiten Qualifikationsebene eingestellt wurden und nicht an der Ausbildungsqualifizierung für Ämter ab der dritten Qualifikationsebene erfolgreich teilgenommen haben, übertragen werden, wenn der Beamte in der letzten dienstlichen Beurteilung mindestens mit 9 Punkten beurteilt worden ist und er seit der Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage eine Bewährungszeit von mindestens 36 Monaten zurückgelegt hat.
Unter der letzten dienstlichen Beurteilung ist dabei die im Beförderungszeitpunkt vorhandene, geltende aktuellste Beurteilung zu verstehen. Dies ergibt sich nunmehr aus Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG. Danach ist eine periodische Beurteilung, die als Grundlage bei einer Beförderung herangezogen wird, bis zu dem in Verwaltungsvorschriften festzulegenden einheitlichen Verwendungsbeginn der nächsten regulären periodischen Beurteilung zu verwenden. Da als einheitlicher Verwendungsbeginn der zum Stichtag 31. Mai eines Jahres erstellten periodischen Beurteilung nach Nr. 6.2.1 der Beförderungsrichtlinien der 1. Oktober des jeweiligen Jahres gilt, musste das Polizeipräsidium zur Entscheidung über die zum 1. August 2014 anstehenden Beförderungen auf die letzten vorhandenen periodischen dienstlichen Beurteilungen zum Stichtag 31. Mai 2011 zurückgreifen. Das Staatsministerium des Innern hatte den einheitlichen Verwendungsbeginn der Beurteilungen des Jahres 2014 mit Schreiben vom 3. März 2014 (in Nr. 1.3) ebenfalls ausdrücklich auf den 1. Oktober 2014 festgesetzt; die Beurteilung des Klägers vom 18. Juni 2014 konnte daher für die im Juli 2014 zu treffende Entscheidung noch nicht verwendet werden und kam somit als Grundlage für eine Beförderung zum 1. August 2014 nicht in Betracht.
Die geschilderte Rechtslage ist eindeutig und einer Interpretation im Sinn des Klägers nicht zugänglich. Die dienstliche Beurteilung vom 18. Juni 2014 konnte vor dem 1. Oktober 2014 nicht Grundlage einer Beförderung sein. Die abweichende Rechtsmeinung des Klägers überzeugt die Kammer nicht. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf des Art. 56 Abs. 4 LlbG (LT-Drs. 16/15832) kann nichts anderes ersehen werden. Es mag sein, dass die Verwaltungsvorschriften als einheitlichen Verwendungsbeginn der nächsten Beurteilung auch auf ein Ereignis wie die jeweilige Beurteilungseröffnung hätten abstellen können; dem Vorschriftengeber war es jedoch nicht verwehrt, ein kalendarisches Datum als einheitlichen Verwendungsbeginn festzulegen (vgl. BayVGH, B. v. 4.12.2015 – 3 CE 15.2563 – juris Rn. 43).
Der Beklagte war daher gehalten, den Beförderungsentscheidungen zum 1. August 2014 die zum Stichtag 31. Mai 2011 erstellten dienstlichen Beurteilungen zugrunde zu legen, da es sich dabei um die damals aktuellsten vorhandenen dienstlichen Beurteilungen handelte. Die vom Kläger zu dieser Frage zitierte Entscheidung (BayVGH, B. v. 8.3.2010 – 3 CE 09.3208 – BayVBl 2011, 24) ist durch die nachfolgende Regelung des Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG überholt worden. Die hier maßgebliche periodische Beurteilung des Klägers datiert vom 1. Juni 2011; zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger allerdings noch in einem Amt der Besoldungsgruppe A 9 (Polizeihauptmeister). Die Aktualisierung einer Beurteilung, die nach Art. 56 Abs. 4 Satz 1 LlbG weiter zu verwenden ist, ist grundsätzlich möglich, jedoch nur unter den Voraussetzungen von Art. 56 Abs. 4 Satz 2 LlbG; sie soll danach auf seltene Ausnahmefälle beschränkt werden, etwa wenn sich die tatsächlichen Beurteilungsgrundlagen derart geändert haben, dass es angesichts des Leistungsgrundsatzes als nicht angemessen erscheint, mit deren Berücksichtigung bis zur nächsten periodischen Beurteilung abzuwarten (VV-BeamtR, Abschnitt 3 Nr. 9, FMBek. v. 13.7.2009, FMBl. 2009, 190, zuletzt geändert durch Bek. v. 22.7.2015, FMBl. 2015, 143). Dagegen sollen regelmäßig vorkommende Personalveränderungen wie Beförderungen oder übliche Leistungsschwankungen eines Beamten kein Anlass für eine Aktualisierung sein. Wenn der Dienstherr somit bei einer Beförderungsentscheidung eine zurückliegende Regelbeurteilung heranzieht, ist davon auszugehen, dass sich an den Beurteilungsgrundlagen nichts Wesentliches geändert hat; die Rechtsprechung hat dies nicht beanstandet (vgl. BayVGH, B. v. 28.10.2013 – 3 CE 13.1518 – juris Rn. 30 m. w. N.).
4. Das Polizeipräsidium wäre nach diesen Grundsätzen verpflichtet gewesen, den Kläger mit seiner Beurteilung aus dem Jahr 2011 in die Auswahl der zu befördernden Beamten einzubeziehen und auf diese Weise seinem Bewerbungsverfahrensanspruch Rechnung zu tragen. Denn der Kläger hatte die formalen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllt, da er in der noch heranzuziehenden Beurteilung des Jahres 2011 ein Gesamturteil von 14 Punkten erreicht und am 1. August 2014 eine Bewährungszeit von 36 Monaten seit der Übertragung eines Amts der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage zurückgelegt hatte (vgl. Nr. 4.5.5 der Beförderungsrichtlinien – BefRPolVS). Es entsprach dagegen nicht der Rechtslage, den Kläger bei der Beförderungsauswahl völlig unberücksichtigt zu lassen. Die Annahme der Polizei, dass eine Beförderung eine Beurteilung im aktuellen Statusamt voraussetze, lässt sich den Beförderungsrichtlinien nicht entnehmen. Um die erforderliche Vergleichbarkeit der auf das Statusamt A 9 bezogenen Beurteilung des Klägers mit den Beurteilungen anderer Beförderungsbewerber, die sich bereits im Statusamt A 9 mit Amtszulage befanden, herbeizuführen, hätte z. B. eine Gewichtung der jeweiligen Gesamturteile und die Vergabe von Zu- bzw. Abschlägen bei den Punktwerten vorgenommen werden können.
5. Die Entscheidung des Polizeipräsidiums vom 21. August 2014 ist auch insoweit rechtswidrig, als sie eine Zurückstellung der Beförderung des Klägers zum Inhalt hat. Dass die Beförderung nicht endgültig abgelehnt, sondern nur zurückgestellt werden sollte, ergibt sich bereits aus dem Schlusssatz der Begründung, wonach der Antrag des Klägers „vorerst“ abgelehnt werden müsse, und aus dem Hinweis auf die ab dem 1. Oktober 2014 zu berücksichtigende Beurteilung des Jahres 2014. Die Zurückstellung einer Beförderung unterliegt nach Nr. 2.3 der Beförderungsrichtlinien jedoch bestimmten Voraussetzungen, die im Fall des Klägers sämtlich nicht vorliegen. Eine Zurückstellung kommt danach etwa dann in Betracht, wenn schwerwiegende Eignungsmängel des Beamten vorliegen, seine Entlassung, Ruhestandsversetzung oder die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu erwarten sind, oder der Beamte langdauernd erkrankt ist (vgl. Nr. 2.3.1 BefRPolVS). Eine Zurückstellung ist dem Beamten rechtzeitig mitzuteilen; außerdem ist die Personalvertretung hierüber zu informieren (Nr. 2.3.1. Abs. 5 BefRPolVS). Andere als die in Nr. 2.3.1 BefRPolVS genannten schwerwiegenden Gründe können die Zurückstellung einer Beförderung nicht rechtfertigen.
6. Über die in Nr. 4 (siehe oben) benannte Einbeziehung des Klägers in die Beförderungsauswahl hinaus kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beklagte auch verpflichtet gewesen wäre, den Kläger zum 1. August 2014 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 zu befördern; insoweit ist die Klage unbegründet, weil es dem Beklagten vorbehalten bleiben musste, zu entscheiden, ob eine der freien und besetzbaren Beförderungsstellen unter den Gesichtspunkten von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung an den Kläger oder an einen anderen Bewerber zu vergeben gewesen wäre. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d. h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes (vgl. BVerwG, U. v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – BayVBl 2011, 275). Der Kläger hätte dagegen, wenn sein ursprüngliches Klagebegehren durch seine zum 1. Februar 2015 erfolgte Beförderung nicht erledigt worden wäre, lediglich eine erneute Entscheidung über seine Beförderung beanspruchen können. Seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, waren offen, seine Auswahl für ein Beförderungsamt erschien aber möglich (vgl. BVerfG, B. v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – ZBR 2002, 427).
7. Der hilfsweise gestellte Klageantrag konnte schließlich nicht erfolgreich sein; der Kläger hat auch insoweit unterstellt, dass der Beklagte seine Beförderungsentscheidung auf der Grundlage der zum Stichtag 31. Mai 2014 erstellten Beurteilung hätte treffen müssen, was jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht zutrifft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 20.468,22 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er die Voraussetzungen für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 bereits zum 1. August 2015 erfüllt hatte; der Rechtsstreit betrifft daher die Verleihung eines anderen (als des bis dahin innegehabten) Amtes. Der Streitwert ist in derartigen Fällen mit der Hälfte derjenigen Bezüge anzusetzen, die für das laufende Kalenderjahr (der Klageerhebung; hier: 2014) in der erstrebten Besoldungsgruppe zu zahlen gewesen wären (§ 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Sätzen 1 bis 3 GKG; § 40 GKG; § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG; vgl. BayVGH, B. v. 22.7.2015 – 3 C 15.670 – BeckRS 2015, 49593 Rn. 9, 10). Der Streitwert der Feststellungsklage ist dabei ebenso zu bewerten wie der Streitwert einer auf das vergleichbare Ziel gerichteten Verpflichtungsklage (vgl. Nr. 1.3 des Streitwertkatalogs).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,– EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.


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