Verwaltungsrecht

Rechtswidriger Prüfungsbescheid – Befangenheit des Prüfers

Aktenzeichen  M 3 K 15.3680

Datum:
29.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130286
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Allgemeine Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Technischen Universität München § 18

 

Leitsatz

1. Eine Befangenheit iSv Art. 21 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG kann erst dann angenommen werden, wenn der Prüfer – ohne Rücksicht auf individuelle Befindlichkeiten des Prüflings – diesem gegenüber eine aus objektiven Anhaltspunkten ableitbare Voreingenommenheit zeigt, also die notwendige persönliche Distanz zum Prüfling und die fachliche Neutralität im Prüfungsverfahren nicht mehr gewährleistet erscheinen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Tätigwerden im Sinne von Art. 21 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG liegt vor, wenn der Ausgeschlossene in der Sache Einfluss auf das Verwaltungsverfahren und die dessen Abschluss bildende Entscheidung der Behörde genommen hat, wobei die Kausalität gesondert zu prüfen ist; von der Mitwirkung an der Entscheidung ausgeschlossen sind nicht nur diejenigen Personen, die zur Entscheidung berufen sind, sondern alle Personen, denen von der Behörde eine aktive Rolle in einem Verwaltungsverfahren zugewiesen wurde, die sich nicht in gänzlich untergeordneten Verrichtungen erschöpft. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Prüfungsbescheid der Beklagten vom 7.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2015 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die eingereichte Bachelorarbeit des Klägers unter Ausschluss von Professor … neu zu bewerten.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Prüfungsbescheid der Beklagten vom 7.1.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2015 war rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die streitgegenständliche Bewertung der Bachelorarbeit des Klägers mit der Note 4,3 („nicht ausreichend“) ist rechtsfehlerhaft erfolgt, da sie die Bewertung eines bezüglich des Klägers befangenen Prüfers zugrunde legt. Der Kläger hat daher einen Anspruch gegen die Beklagte, auf Neubewertung seiner eingereichten Bachelorarbeit (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
I.
Rechtsgrundlage für das Bestehen und Nichtbestehen der streitgegenständlichen Prüfung ist § 23 Abs. 1 S. 1 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der Technischen Universität vom 18.3.2011 in der Fassung der Änderungssatzung vom 29.10.2012 (APSO). Hiernach ist ein Modul, wozu nach § 18 Abs. 1 S. 1 APSO auch die Abschlussarbeit zählt, bestanden, wenn die Modulprüfung mindestens mit „ausreichend“ (4,0) bewertet wurde. Die Bewertung der gegenständlichen Bachelorarbeit erfolgte gemäß § 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 11 APSO. Gemäß § 18 Abs. 11 S. 2 APSO sind Abschlussarbeiten, die als nicht bestanden bewertet werden sollen, durch einen zweiten Prüfenden zu bewerten. Die Noten beider Prüfenden werden gemittelt und an die Notenskala des § 17 Abs. 1 und 2 angepasst, wobei der Mittelwert auf die Note der Skala mit dem geringsten Abstand gerundet wird (§ 18 Abs. 11 S. 3 APSO). Dementsprechend wurde in korrekter Weise für die Bewertung der Bachelorarbeit des Klägers eine Bewertung mit der Mittelnote 4,3 (nicht ausreichend) errechnet, die sich aus der Erstbewertung mit der Note 5,0 (nicht ausreichend) und der Zweitbewertung mit der Note 3,7 (ausreichend) zusammensetzte.
II.
Allerdings ist die Prüfungsentscheidung bereits deshalb rechtswidrig, weil an der Erstbewertung eine Person mitgewirkt hat, die wegen Besorgnis der Befangenheit an der Entscheidung nicht hätte mitwirken dürfen; der Kläger hat daher Anspruch auf eine erneute Entscheidung der Beklagten über die Bewertung der von ihm eingereichten Bachelorarbeit ohne Mitwirkung des Erstprüfers (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Zwar sind Prüfungsbewertungen wegen des den Prüfern zustehenden Bewertungsspielraums gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen gerichtlichen Überprüfung unterliegt der erhobene Einwand, die Prüfer hätten anzuwendendes Recht verkannt, seien von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, hätten allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Prüfer ihre Bewertung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt haben, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, ob sie bei ihrer Bewertung den Zweck, dem die Prüfung dient, verkannt haben, ob die Bewertung in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und ob sie den Anforderungen rationaler Abwägung nicht widerspricht. Prüfungsspezifische Wertungen, die keinen von den Gerichten zu kontrollierenden Verstoß erkennen lassen, bleiben der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen (BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 7 ZB 14.389 – juris Rn. 9 unter Bezugnahme auf BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84, 50 ff. und B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 1529/84 – BVerfGE 84, 77 ff; BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16).
Gerade wegen der nicht vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit von Prüfungsentscheidungen kommt der Objektivität von Prüfern besondere Bedeutung zu.
Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). War eine solche Person in einem Verwaltungsverfahren bereits tätig, so hat dies grundsätzlich die Fehlerhaftigkeit der davon betroffenen Amtshandlung zur Folge.
Hier lag in der Person des Betreuers ein Grund vor, der geeignet war, Misstrauen gegen eine unparteiische Beurteilung der vom Kläger eingereichten Bachelorarbeit zu rechtfertigen (nachfolgend unter 1.), Prof. … hat sich diese Auffassung zu Eigen gemacht, sodass das Tätigwerden des Betreuers für die Entscheidung der Beklagten kausal war (nachfolgend unter 2.), es liegt der für die Rüge der Befangenheit erforderliche Kausalzusammenhang vor (nachfolgend unter 3.) schließlich ist die Rüge der Befangenheit auch rechtzeitig vom Kläger vorgetragen worden (nachfolgend unter 4.)
1. Eine Befangenheit i.S.v. Art. 21 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG kann erst dann angenommen werden, wenn der Prüfer – ohne Rücksicht auf individuelle Befindlichkeiten des Prüflings – diesem gegenüber eine aus objektiven Anhaltspunkten ableitbare Voreingenommenheit zeigt, also die notwendige persönliche Distanz zum Prüfling und die fachliche Neutralität im Prüfungsverfahren nicht mehr gewährleistet erscheinen (BayVGH, B.v. 17.11.2014 – 22 ZB 14.1633 – juris Rn. 18).
Die Ankündigung von Herrn … gegenüber dem Kläger vom 4.8.2014, er werde ihn im Fall, dass er die Firma wechseln würde, durchfallen lassen, stellt einen solchen Umstand dar. Herr … war mit dem Vorschlag des Klägers, die externe Firma während der Ausarbeitung seiner Bachelorarbeit wechseln zu wollen, nicht einverstanden; der Kläger hatte seinen Wunsch nach dem Wechsel mit den aus seiner Sicht damit verbundenen Vorteilen für seine Arbeit begründet, außerdem hatte er zu diesem Zeitpunkt eigener Aussage zufolge die bei der Firma … im Rahmen der Arbeit durchzuführenden Studien oder Testungen bereits erledigt. Dass ein gegen Ende der Bearbeitungszeit erfolgter Wechsel der externen Firma für sich genommen einen Grund darstellen sollte, eine Bachelorarbeit mit der Note „nicht ausreichend“ zu bewerten, ist nicht ersichtlich und wurde auch von der Beklagten nicht begründet. In § 18 Abs. 4 S. 3 APSO heißt es lediglich, dass die Abschlussarbeit mit Zustimmung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses in einer Einrichtung außerhalb der Hochschule ausgeführt werden darf, wenn sie von einem Prüfenden der TUM betreut werden kann. Die erfolgreiche Bearbeitung einer Bachelorarbeit kann somit nicht davon abhängig gemacht werden, bei einer bestimmten durch die Hochschule ausgewählten Firma zu arbeiten. Die externe Firma ist vielmehr als Unterstützung des Studenten gedacht, um praktische Erfahrungen für seine wissenschaftliche Arbeit zu gewinnen. Schließlich hat auch der Prüfungsausschuss der Beklagten dem Kläger die Möglichkeit eines Firmenwechsels unter Beibehaltung des bereits bearbeiteten Themas angeboten.
Wenn ein Student wie hier, die zunächst gewählte Firma verlassen möchte, kann dessen Bestehen der Arbeit nicht vom Verbleiben bei der zunächst ausgewählten Firma abhängig gemacht werden. Genau dies hat Herr … jedoch dem Kläger angekündigt. Diese Äußerung reicht daher für den Anschein, Herr … werde dem Kläger gegenüber bei der Bewertung seiner Arbeit die erforderliche Unparteilichkeit und Objektivität vermissen lassen, aus.
2. Herr … war auch für die Beklagte tätig i.S.d. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
Zwar oblag es gemäß §§ 18 Abs. 11, 29 Abs. 6 S. 1, 2 APSO i.V.m. Art. 62 Abs. 1 BayHSchG ausschließlich Prof. …, als Erstprüfer die Bachelorarbeit des Klägers zu bewerten. Herr … war Betreuer der Bachelorarbeit des Klägers, nicht aber deren Prüfer, sodass er auch nicht selbständig und eigenverantwortlich die Bewertung vornehmen konnte. Gemäß § 18 Abs. 11 S. 1 APSO ist die Abschlussarbeit in der Regel durch den Themensteller der Abschlussarbeit zu bewerten. Themensteller ist gemäß § 18 Abs. 4 S. 1 APSO, § 50 Abs. 4 S. 1 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang Elektrotechnik und Informationstechnik an der Technischen Universität München vom 14.12.2012 (FPSO) der „fachkundige Prüfende“. Fachkundige Prüfende sind die Hochschullehrer der Fakultät, sowie Lehrbeauftragte oder Hochschullehrer anderer Fakultäten, die ein Pflicht-, Wahlpflicht- oder Wahlmodul in der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik lehren (§ 50 Abs. 4 S. 2 FPSO). Herr … war weder Lehrbeauftragter noch Hochschullehrer, sodass nicht er der Themensteller war, sondern Prof. … Die Anmeldung einer Bachelorarbeit der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik sieht die Unterschrift des Hochschullehrers vor; die vorliegende Anmeldung vom 20.5.2014 war dementsprechend von Prof. L. unterzeichnet, Herr … wird lediglich als betreuender Assistent genannt.
Auf die Befangenheit des Betreuers kommt es dennoch vorliegend an, da er im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG bei der Bewertung der Bachelorarbeit des Klägers für die Beklagte tätig geworden ist. Ein Tätigwerden im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG liegt vor, wenn der Ausgeschlossene in der Sache Einfluss auf das Verwaltungsverfahren und die dessen Abschluss bildende Entscheidung der Behörde genommen hat, wobei die Kausalität gesondert zu prüfen ist; von der Mitwirkung an der Entscheidung ausgeschlossen sind nicht nur diejenigen Personen, die zur Entscheidung berufen sind, sondern alle Personen, denen von der Behörde eine aktive Rolle in einem Verwaltungsverfahren zugewiesen wurde, die sich nicht in gänzlich untergeordneten Verrichtungen erschöpft (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.2013 – 22 B 11.2587 – BayVBl 2014, 50; BayVGH, B.v. 18.12.1981 – 8 B 81 A.1128 – LS in juris, jeweils zu den Personen, die nach Art. 20 BayVwVfG von einem Tätigwerden für die Behörde ausgeschlossen sind).
Eine solche Rolle hat hier Herr … im Bewertungsverfahren gespielt.
Eine Prüfungsleistung ist vom Prüfer selbst, unmittelbar und vollständig zur Kenntnis zu nehmen und aus eigener Sicht selbständig zu beurteilen (BVerwG, U.v. 29.9.1984 – 7 C 57.83, NVwZ 1985, 187; BVerwG, B.v. 12.2.1991 – 7 B 9.91, juris; Zimmerling/Brehm Prüfungsrecht 3. Auflage 2007, Rn. 608 m.w.N.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 4. Auflage 2004, Rn. 175). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Vorkorrekturen von Klausuren grundsätzlich zulässig, allerdings muss der Prüfer die Mitwirkung der Vorkorrektoren auf eine reine Hilfstätigkeit beschränken; das setzt voraus, dass die Vorkorrektoren den Weisungen des Prüfer untergeordnet und ihm nach fachlicher Kenntnis und Erfahrung unterlegen sind, denn nur dann bleibt die innere Unabhängigkeit des Prüfers erhalten, die es ihm erlaubt, sich über die Prüfungsleistung ein eigenes Bild zu machen (BVerwG, B.v. 31.7.1989 – 7 B 104.89, NVwZ 1990,65, juris Rn. 5f.; BVerwG, U.v.10.10.2002 – 6 C 7.02 – NJW 2003, 1063, juris, Rn. 13).
Das Bundesverwaltungsgericht verlangt auch, dass Vorkorrekturen im „Prüfungsverfahren vorgesehen“ sein müssen (BVerwG, U.v.10.10.2002, a.a.O.); auch wenn vorliegend nichts darüber bekannt ist, ob die Fakultät für Maschinenwesen der Beklagten eine Vorkorrektur der Bachelorarbeiten vorsieht, so dürfte dies vorliegend dennoch nicht zu einem grundsätzlichen Verbot von Vorkorrekturen führen, da eine ausdrückliche normative Ermächtigung nicht zu fordern ist. Dass die Prüfungsordnungen der Beklagten keine Möglichkeiten einer Vorkorrektur geregelt haben, würde somit nicht schon per se zum Verbot der Vorkorrektur führen.
Hier war jedoch eine von Prof. … selbst vorgenommene Durchsicht der Arbeit des Klägers oder eine Überarbeitung des von Herrn … erstellten Bewertungsvorschlags aus den Akten nicht erkennbar. Dann ist jedoch unabhängig davon, ob – wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde – zwischen dem Prüfer und dem Betreuer der Arbeit ein steter Austausch über die Arbeit des Klägers stattgefunden hat, davon auszugehen, dass Herr … auf die Prüfungsentscheidung der Beklagten einen maßgeblichen Einfluss genommen hat, der es rechtfertigt, allein wegen der gegen ihn vorliegenden berechtigten Besorgnis der Befangenheit die Fehlerhaftigkeit der Prüfungsentscheidung festzustellen. Denn im Rahmen der Art. 20, 21 BayVwVfG geht es gerade darum, jeglichen Anschein einer unparteilichen Amtsführung auszuschließen.
3. Es liegt auch der für die Rüge der Befangenheit erforderliche Kausalzusammenhang vor. Unbeachtlich ist ein materieller Bewertungsfehler in der Gestalt von Korrektur- oder Bewertungsfehlern nur dann, wenn sich seine Auswirkung auf die Notengebung mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen lässt (BVerwG, U.v. 27.4.99 – 2 C 30/98 – NVwZ 2000, 921). Nur dann folgt – ebenso wie bei unwesentlichen Verfahrensfehlern – aus dem Grundsatz der Chancengleichheit, dass ein Anspruch auf Neubewertung nicht besteht, weil sich die Prüfungsentscheidung im Ergebnis als zutreffend und damit als rechtmäßig darstellt. Dies ist bei einer Prüfungsentscheidung, die ihr Urteil nicht allein auf formale Fehler (z.B. Versäumnis der Abgabefrist) stützt, jedoch im Hinblick auf den den Prüfern zustehenden Beurteilungsspielraum der Fall.
Dies zeigt sich schließlich im vorliegenden Fall auch insbesondere darin, dass der Zweitkorrektur die Arbeit mit der Note 3,7 bewertet hat.
4. Der Vorwurf der Befangenheit eines Prüfers stellt einen Verfahrensmangel dar, der unverzüglich nach Kenntnis zu rügen ist; dies hat der Kläger vorliegend getan. Ihm wurde das Nichtbestehen am 6.10.2014 im Anschluss an die mündliche Vorstellung seiner Arbeit mitgeteilt. Bereits der am 7.11.2014 gestellte Antrag auf Einsicht in die Bachelorthesis enthält eine Befangenheitsrüge zu lesen. Hierin trägt der Kläger unter Bezugnahme auf die E-Mail von Herrn … vom 4.8.2014 vor, dass dessen Entschluss, ihm eine 5,0 zu geben, bereits am 4.8.2014 festgestanden hätte, obwohl er zu diesem Zeitpunkt seine Arbeit noch gar nicht abgegeben hatte, Herr … also diese Aussage gemacht hätte, ohne die Arbeit gelesen und nach wissenschaftlichen Kriterien bewertet zu haben. Die Rüge wurde somit noch vor Bekanntgabe des verfahrensrechtlich korrekt ermittelten Gesamtergebnisses – dem Prüfungsbescheid vom 7.1.2015 – vorgetragen. Diese Rüge wiederholte der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 21.1.2015. Ausdrücklich als Befangenheitsrüge, auch bezüglich des Prüfers Prof. … formuliert, findet sich der Vorwurf schließlich in der Klagebegründungsschrift vom 13.11.2015 unter Punkt 3.
IV.
Die Bewertung der Prüfungsleistung ist fehlerhaft erfolgt, sodass sie aufzuheben war, der Bescheid daher materiell rechtsfehlerhaft war und den Kläger berechtigt, von der Beklagten die Neubewertung seiner eingereichten Arbeit zu fordern. Zwar ergibt sich der Ausschluss eines für befangen erklärten Prüfers nicht schon aus dem gerügten Umstand, dass der Professor bereits im Rahmen der ersten Bewertung mitgewirkt hat. Der Ausschluss der Mitwirkung von Prof. … an der erneuten Bewertung der Bachelorarbeit des Klägers ist jedoch allein im Hinblick auf die – mehrfach erwähnte – Vermeidung des Anscheins einer voreingenommenen Beurteilung gerechtfertigt. Da das Gericht nach Aktenlage von der unveränderten Übernahme des von Herrn … erstellten Bewertungsvorschlags durch Prof. … auszugehen hatte, war für die Neubewertung nicht nur der für Prof. … als Betreuer der klägerischen Arbeit tätige Herr …, sondern auch der als Erstprüfer nach außen in Erscheinung getretene Prof. … auszuschließen.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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